Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102340/2/Bi/Fb

Linz, 07.02.1995

VwSen-102340/2/Bi/Fb Linz, am 7. Februar 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn Helmut H, vom 23. Oktober 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 4. Oktober 1994, VerkR96-2380-1994-SR/HA, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Verfahrenskostenbeiträge sind nicht zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z3 VStG, §§ 18 Abs.1 iVm 99 Abs.3a StVO 1960.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 18 Abs.1 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil er am 17. April 1994 um 9.30 Uhr den PKW, Kennzeichen, auf der Bundesstraße 127 in Puchenau in Richtung Ottensheim bei Strkm 8,2 gelenkt und dabei beim Fahren hinter einem anderen Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten habe, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug vorschriftsmäßig plötzlich abgebremst worden wäre, da er trotz einer Geschwindigkeit von ca 80 km/h nur einen Abstand von ca 5 m zum Vorderfahrzeug eingehalten habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 100 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, obwohl in der Organstrafverfügung von einem Tatort km 8,8 die Rede sei, gehe die Behörde von km 8,2 aus. Der Beamte sei ihm nicht die ganze Zeit nachgefahren, sondern sei mit seinem Motorrad fast innerhalb der Linzer Stadtgrenze auf dem Radweg gestanden, was ebenso einen Verstoß gegen die StVO darstelle. Der vor ihm fahrende PKW-Lenker habe, als er den Beamten gesehen habe, seine Geschwindigkeit abrupt von 100 auf 60 km/h vermindert, weshalb sich aufgrund des Reaktionsweges der Sicherheitsabstand automatisch verringerte. Am Beginn des Bremsmanövers habe er den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand eingehalten. Da es nicht zu einem Auffahrunfall gekommen sei, werde seine Aussage bestätigt.

Seiner Ansicht nach habe der Beamte aus reiner Willkür Anzeige erstattet, denn er habe ihn erst verfolgt, als er ihn eindeutig am Steuer des Skoda erkannt habe. Er habe das Fahrzeug nicht kontrolliert, sondern nur den Führerschein angesehen. Er sei seit sechs Jahren im Besitz eines Führerscheins und seit drei Jahren als Mietwagenlenker beschäftigt, fahre pro Jahr ca 70.000 km und das sei seine erste Anzeige wegen Nichteinhaltung des Sicherheitsabstandes.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und folgendes erwogen:

Aus der vom Meldungsleger BI A vorgelegten Organstrafverfügung - eine Anzeige im üblichen Sinn findet sich im ganzen Verfahrensakt nicht - geht hervor, daß dieser über den Rechtsmittelwerber wegen einer Übertretung nach § 18 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 300 S verhängt hat, weil dieser den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand insofern nicht eingehalten habe, als er bei ca 80 km/h einen Nachfahrabstand von 5 m eingehalten habe. Als Tatzeit wurde der 17. April 1994, 9.30 Uhr, und als Tatort die B127, Gemeinde Puchenau bei Strkm 8,8, angegeben. Neben den Daten des Lenkers wurde das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug mit PKW Skoda, Kennzeichen angegeben.

Auf dieser Grundlage erließ die Erstinstanz die Strafver fügung vom 9. Juni 1994, bei der als Ort der Übertretung "Puchenau, B127, Strkm 8,2" angegeben ist.

Aufgrund der Einspruchsangaben des Rechtsmittelwerbers wurde der Meldungsleger am 8. Juli 1994 zeugenschaftlich einvernommen und verwies dabei auf "die Angaben in der Anzeige" und erhob "diese" zu seiner Zeugenaussage. Er schilderte weiters, daß er bereits ab Puchenau hinter dem Angezeigten nachgefahren sei und beobachten habe können, daß dieser trotz einer Geschwindigkeit von 80 km/h bis auf ca 5 m an das Vorderfahrzeug aufgefahren sei. Dies sei nicht nur kurzzeitig erfolgt, sondern bis zum Anhalteort, dh über eine Strecke von ca 2 km. Diesen Abstand habe er auch während seines Überholens beobachten können. Bei der Anhaltung habe der Lenker um Ausstellung eines Organmandats ersucht, da er kein Geld hätte.

Der Tatvorwurf der Erstinstanz bezieht sich von der Strafverfügung über die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 11. Juli 1994 bis zum nunmehr angefochtenen Straferkenntnis auf den Übertretungsort Strkm 8,2 der B127.

In der Strafverfügung ist auch erstmals angeführt, daß der Rechtsmittelwerber in Puchenau Richtung Ottensheim unterwegs war. Die Begründung des Straferkenntnisses stützt sich im wesentlichen auf die Zeugenaussage des Meldungslegers.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat steht fest, daß die von der Erstinstanz gesetzte erste Verfolgungshandlung, nämlich die Strafverfügung vom 9. Juni 1994, einen anderen Tatort enthält, als die Organstrafverfügung. Die dort umschriebene Verwaltungsübertretung bezieht sich auf einen einzelnen Strkm der B127, enthält aber keine Fahrtstrecke.

Aus diesem Grund kann die Tatortbezeichnung in der Strafverfügung, km 8,2, nicht als innerhalb einer bestimmten Fahrstrecke liegend angesehen werden.

Erst drei Monate nach dem Vorfall hat der Meldungsleger durch seine Angaben in der zeugenschaftlichen Einvernahme den Tatvorwurf auf eine Nachfahrtstrecke von ca 2 km ausgedehnt. Daß darin auch der seitens der Erstbehörde kreierte Tatort km 8,2 enthalten ist, kann nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates die Ortsbezeichnung der Erstinstanz nicht im Nachhinein richtigstellen.

Sollte der Meldungsleger tatsächlich bereits Angaben in einer Anzeige gemacht haben, so können diese im Rechtsmittelverfahren nicht herangezogen werden, weil sie von der Erstinstanz nicht vorgelegt wurde. Sollte der Meldungsleger mit "Anzeige" die Organstrafverfügung gemeint haben, so sind die Angaben darin jedenfalls nicht ausreichend, weil darin nicht der Tatvorwurf des zu geringen Nachfahrabstandes auf einer Strecke von 2 km enthalten ist. Die Nichteinhaltung eines ausreichenden Sicherheitsabstandes bei km 8,8 schließt aber nicht automatisch die Nichteinhaltung eines ausreichenden Sicherheitsabstandes bei km 8,2 ein. Eine Änderung des Tatvorwurfs im Hinblick auf die örtliche Umschreibung der Übertretung wurde seitens der Erstinstanz aber nicht durchgeführt.

Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, daß die unrichtige Tatortbeschreibung durch die im Nachhinein erfolgte Zeugenaussage des Meldungslegers - die im übrigen nicht aus schon bei der Anzeigeerstattung vorliegenden Feststellungen nachvollziehbar ist, obwohl dies im gegenständlichen Fall wesentlich gewesen wäre - nicht zu sanieren ist, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall der Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

 

 

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