Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102341/9/Fra/Ka

Linz, 19.12.1994

VwSen-102341/9/Fra/Ka Linz, am 19. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herbert B gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 3.10.1994, VerkR96-1049-1-1994-Ga, betreffend Übertretungen der StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 2. Dezember 1994, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen Übertretungen des § 20 Abs.2 StVO 1960 Strafen verhängt, weil er 1.) am 15.12.1993 um 15.48 Uhr den Kombi, auf der L 503, Strkm.46,080 im Ortsgebiet Aich in Richtung Gundertshausen gelenkt und hiebei die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 37 km/h überschritt und 2.) am 15.12.1993 um 16.11 Uhr den Kombi, BR-16 IE auf der L 503, Strkm.46,080 im Ortsgebiet Aich, in Richtung Mattighofen gelenkt und hiebei die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 30 km/h überschritt. Ferner hat die Erstbehörde gemäß § 64 VStG einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vorgeschrieben.

2. Über die fristgerecht durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Strittig ist die Lenkereigenschaft. Aufgrund der Mitteilung des Zulassungsbesitzers des in Rede stehenden PKW's vom 18.4.1994 an die Bezirkshauptmannschaft Braunau sowie aufgrund der Rechtfertigung des Beschuldigten vom 6.9.1994, wonach es der Beschuldigte für möglich hält, daß er damals das gegenständliche Fahrzeug gelenkt hat, konnte die Erstbehörde bis zur Erlassung des Straferkenntnisses zutreffend von der Lenkereigenschaft des Beschuldigten ausgehen.

In der Berufung bringt der Beschuldigte nun vor, daß er zum verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt den Kombi mit dem Braunauer Kennzeichen: tatsächlich nicht gelenkt habe.

Dies habe der Zulassungsbesitzer Erwin B zum Zeitpunkt der Abgabe seiner Lenkerauskunft nicht wissen können, weil es am 15.12.1993 tatsächlich so gewesen sei, daß er vom Firmengelände in Erlach 4 diesen PKW gegen 15.00 Uhr weggelenkt habe, dies aber nur bis zum Hause seiner Eltern in P. Dort sei ein anderer Firmen-PKW abgestellt gewesen, mit welchem er dann weitergefahren sei. Erwin B jun., geb. am 21.2.1969, welcher bis dahin Beifahrer gewesen sei, habe dann den verfahrensgegenständlichen Kombi nach Gundertshausen zum Elektriker und wieder zurückgelenkt und dabei die beiden Geschwindigkeitsüberschreitungen begangen. Zum Beweis dafür, daß er zur Tatzeit am Tatort den gegenständlichen PKW nicht gelenkt habe, macht der Berufungswerber die vorhin genannte Person namhaft.

Da die Lenkereigenschaft bestritten wird, war eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen, zumal der Berufungswerber nicht darauf verzichtet hat und die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn sich zur Erlassung einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt sah. Was die Frage der Berufungsvorentscheidung betrifft, so ergeben sich keine Anhaltspunkte, daß die Erstbehörde eine Plausibilitätsprüfung im Sinne des § 51b VStG durchgeführt hätte, zumal aufgrund der vorliegenden Beweislage sich eine Entscheidung gemäß § 51b leg.cit. geradezu "aufgedrängt" hätte. Daß die Erstbehörde auch davon ausging, daß die gegenständlichen Tatvorwürfe gegen Herbert B nicht mehr aufrechtzuerhalten sind, ist durch die Tatsache indiziert, daß sie bereits am 9.11.1994 ein Straferkenntnis gegen den Zulassungsbesitzer des ggst. PKW's, Herrn Erwin B, wegen Verletzung der Auskunftspflicht gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 zu erlassen hat, was zur absurden Situation geführt hat, daß zwei nicht rechtskräftige zueinander in unauflöslichem Widerspruch stehende Straferkenntnisse vorliegen (im Straferkenntnis gegen Herbert B geht die Erstbehörde nämlich von einer richtigen Lenkerauskunft des Zulassungsbesitzers Erwin B aus, während im "Nachfolgeerkenntnis" dem Erwin B eine unrichtige Lenkerauskunft zur Last gelegt wird).

Ergänzend sieht sich der unabhängige Verwaltungssenat zur Frage der Anwendung des § 51b VStG zur Feststellung veranlaßt, daß dieses Rechtsinstitut praktisch ohne Anwendung bleibt, wenn es nicht einmal bei einer Fallkonstellation wie der hier vorliegenden eingesetzt wird, was nicht nur für den Rechtsschutzsuchenden einen höheren Aufwand zur Folge hat, sondern auch für das Land als Gebietskörperschaft eine durchaus vermeidbare Kostenbelastung darstellt. Es ist an dieser Stelle auch darauf hinzuweisen, daß dem O.ö. Verwaltungssenat aufgrund des für ihn geltenden Unmittelbarkeitsgrundsatzes keine Möglichkeit offensteht, beispielsweise einen namhaft gemachten Zeugen im Rechtshilfewege vernehmen zu lassen.

Eine derartige vermeidbare Verlagerung des Verfahrens ist daher auch aus verwaltungsökonomischen Gründen abzulehnen, wobei hier auf die Grundsätze des § 39 Abs.2 letzter Satz AVG und Art.10 Abs.3 des O.ö. Landes-Verfassungsgesetzes 1991 ausdrücklich hingewiesen wird.

Wie nicht anders zu erwarten, hat nun der vom Beschuldigten namhaft gemachte Zeuge im Berufungsverfahren die (seine) Lenkereigenschaft bestätigt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Akt Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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