Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102362/5/Sch/<< Rd>> Linz, am 12. Dezember 1994 VwSen102362/5/Sch/<< Rd>>

Linz, 12.12.1994

VwSen 102362/5/Sch/<< Rd>> Linz, am 12. Dezember 1994
VwSen-102362/5/Sch/<< Rd>> Linz, am 12. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Wilhelm S, vom 7. November 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 21. Oktober 1994, VerkR96-2114-1994, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z3 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit Straferkenntnis vom 21. Oktober 1994, VerkR96-2114-1994, über Herrn Wilhelm S, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 8.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von acht Tagen verhängt, weil er sich am 17. Mai 1994 um 20.53 Uhr vor dem Hause Grünfeldstraße 42 in 4523 Neuzeug geweigert habe, die Prüfung der Atemluft auf Alkoholgehalt von einem hiezu von der Behörde ermächtigten und besonders geschulten Sicherheitswacheorgan durchführen zu lassen, obwohl vermutet werden konnte, daß er den PKW mit dem Kennzeichen SE-00007 am 17. Mai 1994 um 20.45 Uhr von Steyr kommend auf Straßen mit öffentlichem Verkehr in Richtung Neuzeug gelenkt habe, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 800 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind ua besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden.

Aus der Diktion dieser Gesetzesstelle ergibt sich zweifelsfrei, daß das Lenken eines Fahrzeuges (nach der Beweislage) Faktum sein muß, um einen Fahrzeuglenker zur Atemluftuntersuchung auf Alkoholgehalt aufzufordern. Bei bloßem Verdacht des Lenkens eines KFZ darf ein Alkotest nicht verlangt werden; eine diesbezügliche Weigerung kann daher keine Verwaltungsübertretung darstellen (VwGH 21.4.1969, 1392/68).

Als weiteres Tatbestandsmerkmal für eine solche Aufforderung ist die Vermutung einer Alkoholisierung entscheidend (VwGH 3.11.1972, 665/72).

Die Formulierung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses wurde so gewählt, daß der Eindruck erweckt wird, das Lenken des Fahrzeuges durch den Berufungswerber würde lediglich vermutet, dafür wird ihm allerdings vorgehalten, er habe sich hiebei in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden. Die Erstbehörde steht daher mit ihrer Formulierung im Widerspruch zu den eingangs angeführten Erörterungen, zumal jenes Sachverhaltselement, das als Faktum vorliegen muß, lediglich als Vermutung in den Bescheidspruch aufgenommen wurde, und anstelle der Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung die Tatsache derselben angenommen wurde (die übertretene Verwaltungsvorschrift wäre diesfalls § 5 Abs.1 StVO 1960).

Keinem der von der Erstbehörde getätigten Verfahrensschritte ist eindeutig zu entnehmen, daß dem Berufungswerber das Lenken eines Fahrzeuges vorgehalten worden wäre. Nicht einmal die Anzeige des GPK Sierning vom 17. Mai 1994 - diese könnte zusammen mit den entsprechenden Verfolgungshandlungen der Erstbehörde diesbezüglich verwertet werden - enthält Angaben darüber, daß der Berufungswerber zum relevanten Zeitpunkt ein Fahrzeug gelenkt habe. Die Niederschrift über die Beschuldigtenvernehmung vom 8. Juni 1994 enthält bereits die auch im Straferkenntnis verwendete Formulierung und kann daher vernachlässigt werden. Die weitere Niederschrift vom selben Tag, betreffend die Einleitung eines Verfahrens zur Entziehung der Lenkerberechtigung, enthält gleichfalls keinen entsprechenden Vorwurf. Die Niederschrift über die Einvernahme der Zeugin Sigrid S vom 9. Juni 1994 enthält zwar auf der ersten Seite ua die Formulierung "...

Wilhelm S als Fahrzeuglenker ...", dem unterfertigten Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich war es jedoch nicht möglich, den Kontext, innerhalb dessen diese Formulierung verwendet wurde, aufgrund der mangelhaften Grammatik dieses Teils der Niederschrift zu verstehen.

Die Ladung vom 24. Juni 1994 enthält nur eine sehr rudimentäre Umschreibung des dem Berufungswerber zur Last gelegten Deliktes. Am 4. Juli 1994 wurde mit dem Berufungswerber neuerlich eine Niederschrift aufgenommen, in der ihm ua angekündigt wurde, daß das Verfahren zur Entziehung der Lenkerberechtigung nicht abgeschlossen sei und er für den Fall, daß die Behörde davon auszugehen habe, daß sich aufgrund des Ermittlungsverfahrens ergeben sollte, daß er Lenker des Fahrzeuges am 17. Mai 1994 war, ihm die Lenkerberechtigung neuerlich zu entziehen sei. Die Berufungsbehörde hegt Zweifel daran, daß diese Formulierung als ausdrücklicher Tatvorwurf zu verstehen ist, zumal lediglich im Verfahren zur Entziehung der Lenkerberechtigung dem Berufungswerber die Aussetzung dieses Verfahrens mitgeteilt und ihm dessen Weiterführung für den Fall angekündigt wurde, daß er als Fahrzeuglenker anzusehen wäre. Aus dieser Formulierung kommt lediglich die Möglichkeit der Lenkereigenschaft, wie auch im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses mit "Vermutung" angeführt, zum Ausdruck.

Das Rechtshilfeersuchen vom 13. Juli 1994 enthält eine neue Variante des Tatvorwurfes, und zwar wurde hier dem Berufungswerber sowohl die Vermutung des Lenkens als auch die Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung zur Last gelegt. In den entsprechenden Zeugenniederschriften, die im Rechtshilfeweg angefertigt wurden, wird der Berufungswerber von den Zeugen nicht expressis verbis genannt. Schließlich wurde im Ladungsbescheid vom 23. September 1994 die im vorangeführten Rechtshilfeersuchen gewählte Formulierung wiederum abgeändert und erhielt nunmehr die Form des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses.

Abgesehen von diesen Feststellungen bzw. Erwägungen sieht sich der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich bei richtigem Verständnis seiner Aufgaben grundsätzlich nicht verhalten, gravierende Änderungen eines Spruches eines angefochtenen Straferkenntnisses, wie dies im vorliegenden Fall erforderlich wäre, durchzuführen (vgl.

Art. 129 und 129a B-VG).

Wenngleich die Ausführungen in der Berufung prima vista wenig überzeugend sind und nach der Aktenlage von der Lenkereigenschaft des Berufungswerbers zum Tatzeitpunkt auszugehen wäre, so vermag dieser Umstand nichts an der von der Berufungsbehörde getroffenen Entscheidung zu ändern.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

S c h ö n


 

 

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