Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102382/10/Fra/Ka

Linz, 04.04.1995

VwSen-102382/10/Fra/Ka Linz, am 4. April 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Jürgen A, gegn das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 27. Oktober 1994, VerkR96-3347-1994-SR/Ga, betreffend Übertretung des § 97 Abs.4 StVO 1960 des § 102 Abs.5 lit.a KFG 1967 und des § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967, nach der am 24.

März 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung am 4. April 1995, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung gegen das Faktum 1 (§ 97 Abs.4 iVm § 99 Abs.4 lit.i StVO 1960) wird hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abgewiesen; ihr wird jedoch hinsichtlich der verhängten Strafe insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) reduziert wird.

Der Berufung gegen die Höhe der in den Punkten 2 (§ 102 Abs.5 lit.a KFG 1967) und 3 (§ 102 Abs.5 lit.b KFG 1967) verhängten Strafen, wird insofern Folge gegeben, als je eine Geldstrafe von 300 S (Ersatzfreiheitsstrafen je 12 Stunden) verhängt wird.

Der Berufungswerber hat somit insgesamt 900 S Geldstrafe zu bezahlen.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem O.ö.

Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu leisten. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf je 10 % der neu bemessenen Strafen, d.s. insgesamt 90 S.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19, 24 und 51 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen Übertretungen nach 1.) § 99 Abs.4 lit.i iVm § 97 Abs.4 StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden), nach 2.) § 134 Abs.1 iVm § 102 Abs.5 lit.a KFG 1967 eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) und nach 3.) § 134 Abs.1 iVm § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt, weil er am 3.7.1994 um 16.00 Uhr den PKW, Kz: in Weidet, Gemeindegebiet Feldkirchen a.d. Donau, Badeseeringstraße im Freizeitzentrum Weidet gelenkt und 1.) der Anordnung eines Straßenaufsichtsorganes nicht Folge geleistet hat, obwohl dies ohne Gefährdung von Personen und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre, da er trotz des deutlichen Haltezeichens weiterfuhr und nicht wie angeordnet den PKW am rechten Fahrbahnrand abstellte, 2.) als Lenker des Kraftfahrzeuges auf der Fahrt den Führerschein nicht mitgeführt und einem Straßenaufsichtsorgan auf Verlangen zur Überprüfung ausgehändigt hat und 3.) den Zulassungsschein für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug nicht mitgeführt und auf Verlangen des Straßenaufsichtsorganes zur Überprüfung ausgehändigt hat.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in Höhe von 10 % der verhängten Strafen vorgeschrieben.

I.2. Die Bezirkshauptmannschaft stützt die Schuldsprüche auf die dienstliche Wahrnehmung des Straßenaufsichtsorgans Gr.Insp. Eichinger, GPK Feldkirchen, sowie auf die nachfolgende zeugenschaftliche Einvernahme dieses Organes am 5.9.1994, vor der belangten Behörde.

I.3. Dagegen richtet sich die fristgerecht bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Diese sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied entscheidet (§ 51c VStG).

Hinsichtlich der Fakten 2 und 3 (§ 102 Abs.5 lit.a und § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967) war die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entbehrlich, zumal sich die Berufung gegen diese Fakten nur gegen die Höhe der bemessenen Strafen richtet und diesbezüglich eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht verlangt wurde.

Hinsichtlich des Faktums 1 (§ 97 Abs.4 iVm § 99 Abs.4 lit.i StVO 1960) hatte der O.ö. Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen, zumal der Tatbestand auch in objektiver Hinsicht bestritten wurde. Diese wurde am 24.3.1995 an Ort und Stelle durchgeführt.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

I.4.1. Zur Strafbemessung hinsichtlich der Fakten 2 und 3 (§ 102 Abs.5 lit.a und § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967):

Der Berufungswerber vertritt die Auffassung, daß Strafen in der Höhe von jeweils 500 S in Relation zum Unrechtsgehalt der Übertretungen überhöht seien.

Der O.ö. Verwaltungssenat ist unter Berücksichtigung der Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten (kein Vermögen, Einkommen: ca. 16.500 S brutto monatlich, Sorgepflicht für ein Kind), aufgrund des Umstandes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbscholtenheit, welcher als strafmildernd zu werten ist sowie aufgrund des Umstandes, daß keine Straferschwerungsgründe vorliegen, zur Auffassung gelangt, daß die verhängten Strafen zu hoch angesetzt wurden, weshalb eine entsprechende Reduzierung geboten war. Mit den nunmehr verhängten Strafen wird der gesetzliche Strafrahmen zu 1 % ausgeschöpft; diese Strafen sind dem Berufungswerber selbst bei bescheidenen Einkommensverhältnissen zumutbar und eine weitere Herabsetzung der Strafe nicht vertretbar.

Von der Anwendung des Rechtsinstitutes § 21 VStG (Absehen von der Strafe und allenfalls Ausspruch einer Ermahnung) konnte nicht Gebrauch gemacht werden, da das Nichtmitführen des Führerscheines und des Zulassungsscheines nicht unbedeutende Folgen im Sinne dieser Bestimmung zur Folge hat (vgl. VwGH 30.5.1984, 84/02/0063).

I.4.2. Zum Faktum 1 (§ 97 Abs.4 iVm § 99 Abs.4 lit.i StVO 1960:

I.4.2.1. Der Berufungswerber bringt vor, daß er bei der Zufahrt beim Badesee aufgrund der Verkehrssituation ohne Aufforderung eines Straßenaufsichtsorganes angehalten und sich dahingehend erkundigt habe, ob eine Weiterfahrt möglich und ob umzukehren sei. Aufgrund der Information dieses Straßenaufsichtsorganes, daß umzukehren sei, habe er das Fahrzeug genau eben zu diesem Zweck in Bewegung gesetzt und eine entsprechende Umkehrmöglichkeit gesucht, was durch abreisende Badegäste und geparkte Autos entsprechende Umsicht erforderlich gemacht habe. Gerade als er eine Möglichkeit gefunden, sein Auto angehalten, den Rückwärtsgang eingelegt hatte und anfahren wollte, habe er diesen Vorgang abrupt abbrechen müssen, weil ein Einsatzfahrzeug an ihm in einer Art und Weise heranfuhr, daß es nur seine Reaktion zu verdanken gewesen sei, daß es zu keinem Unfall gekommen ist. Nachdem es weder direkt vor, noch neben, noch hinter dem Straßenaufsichtsorgan möglich war, umzukehren, habe er die sich nächst bietende Möglichkeit wahrgenommen, denn es sei ihm bei bestem Willen nicht möglich gewesen, ein Fahrzeug von 4,2 m Länge auf einer Fahrbahnhälfte umzudrehen. Nachdem er zu keinem Zeitpunkt die Absicht hatte, nicht umzukehren bzw der Anordnung des Straßenaufsichtsorganes nicht Folge zu leisten und er durch seine Vorgangsweise weder Personen gefährdet noch Sachen beschädigt, vielmehr den Verkehrsfluß nicht gestört habe und andere nicht gefährdet wurden, sei er der Auffassung, daß er die ihm zur Last gelegte Übertretung nicht begangen habe.

I.4.2.2. Der Meldungsleger Bez.Insp. E, Postenkommandant des Gendarmeriepostenkommandos Feldkirchen ad Donau, schilderte bei der Berufungsverhandlung, welche am Vorfallsort durchgeführt wurde, den Ablauf der Amtshandlung im wesentlichen wie folgt: Er habe am Tattage seit ca. 9.00 Uhr oder 10.00 Uhr vormittags Verkehrsüberwachungsdienst geleistet. Es war ein sehr heißer Sommertag. Sein Standort war bei der Kreuzung Badeseeringstraße, Zufahrt Wirtschaftsweg Luger bzw. Greiner. Die Badeseeringstraße war von seinem Standort in Richtung seeauswärts gesehen am linken Fahrbahnrand bis auf Höhe des 3. Mastens (laut Messung mit dem Meßrad beim Lokalaugenschein sind das 95 m) verparkt. Als der Berufungswerber mit seinem Fahrzeug zum Badesee zufahren wollte, stellte er sich auf die Fahrbahn und gab ihm mit dem rechten erhobenen Arm und der Hand nach links weisend ein deutliches Zeichen, das Fahrzeug am Fahrbahnrand abzustellen. Er habe den Eindruck gehabt, daß der Berufungswerber dieses Zeichen auch befolgt hatte. In diesem Moment wollte bei seinem Standort eine ältere Dame mit ihrem Fahrzeug ausparken. Diese habe ihn ersucht, ihr bei diesem Manöver behilflich zu sein. Diesem Ersuchen kam er nach, als der Berufungswerber als Lenker des verfahrensgegenständlichen PKW's an ihm vorbeifuhr. Er setzte sich daraufhin sofort in das Dienstfahrzeug, schaltete Blaulicht ein und fuhr dem Berufungswerber in Richtung Badesee nach, überholte ihn und stellte das Dienstfahrzeug quer vor dem Fahrzeug des Berufungswerbers.

Weil während dieses Nachfahrvorganges keine Verkehrsregelung stattfand, fuhren in diesem Zeitraum mehrere Fahrzeuglenker in Richtung Badesee ein, welche alle wieder im Retourgang mangels geeigneter Parkmöglichkeiten zurückfahren mußten.

I.4.2.3. Der O.ö. Verwaltungssenat hegt keine Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Aussagen. Die Angaben des Meldungslegers, eines geschulten Straßenaufsichtsorganes, stimmen einerseits mit seinen früheren Angaben im erstbehördlichen Verfahren überein. Bei der Berufungsverhandlung wirkte der Meldunsleger sehr überzeugend. Seine Angaben stehen unter Wahrheitspflicht und der O.ö. Verwaltungssenat findet keine plausiblen Gründe, warum der Meldungsleger den Berufungswerber wahrheitswidrig belasten sollte. Der Beschuldigte hingegen kann sich - was legitim ist - in jede Richtung verantworten, ohne daß er Rechtsnachteile zu befürchten hätte.

Auch die Aussage des Zeugen G konnte die oben zitierte Aussage hinsichtlich der Glaubwürdigkeit nicht erschüttern. Der Zeuge G hat sich an wesentliche Umstände nicht mehr erinnern können. So konnte er nicht mehr angeben, wo er im Fahrzeug des Berufungswerbers gesessen ist. Dies ist aber deshalb von Relevanz, weil es um die Wahrnehmbarkeit des vom Meldungsleger gegebenen Anzeichens geht. Dieser Zeuge konnte sich allerdings daran erinnern, daß der Berufungswerber dem Meldungsleger an seinem Standort bei heruntergelassenem Fenster gefragt habe, ob umzukehren sei, was dieser bejaht habe. Insofern stützt dieser Zeuge die Version des Berufungswerbers. Der Meldungsleger bestreitet, vom Berufungswerber an seinem Standort gefragt worden zu sein, ob er umkehren müsse, da er ja in diesem Moment der älteren Dame beim Ausparken behilflich war und er dem Berufungswerber, als dieser an ihm vorbeifuhr, den Rücken zukehrte. Dieser Umstand konnte aufgrund der widersprüchlichen Aussagen nicht ausreichend geklärt werden, ist jedoch nicht entscheidungsrelevant, weil es darum geht, ob der Meldungsleger das entsprechende Armzeichen zum Abstellen des Fahrzeuges gegeben hat. Es mag ja durchaus so gewesen sein, daß der Berufungswerber den Meldungsleger beim Vorbeifahren gefragt hat, ob er umkehren müsse und dies der Meldungsleger aufgrund der zweifellos vorliegenden Streßsituation (ca. 9 Stunden Dienst, heißer Sommertag, behilflichsein beim Ausparken eines anderen Fahrzeuglenkers) nicht richtig mitbekommen hat. Es ist auch die daran anschließende Amtshandlung möglicherweise heftig verlaufen, was jedoch auf den hier vorliegenden Tatbestand ohne Einfluß ist. Nicht entscheidungsrelevant ist auch die Frage, ob nun der Berufungswerber nach Gebung des Armzeichens sein Fahrzeug auf Höhe des 3. Mastens tatsächlich kurz am rechten Fahrbahnrand angehalten hat, wie dies der Meldungsleger ausgeführt hatte, oder ob er nur auf der Fahrbahn kurz angehalten hat oder überhaupt nicht angehalten hat und langsam weitergefahren ist, wie dies der Beschuldigte und der Zeuge G ausgeführt hat, denn entscheidend ist, ob der Meldungsleger das Armzeichen gegeben hat und dieses vom Beschuldigten - wie ihm dies das erstbehördliche Straferkenntnis zur Last legt - durch Unterlassen des Abstellens des Fahrzeuges am rechten Fahrbahnrand nicht befolgt wurde. Von einer Befolgung dieses Armzeichens kann selbst dann nicht gesprochen werden, wenn der Berufungswerber das Fahrzeug auch nur kurz angehalten hat und sofort wieder weitergefahren ist.

Zusammenfassend ist daher der O.ö. Verwaltungssenat zur Überzeugung gekommen, daß der Meldungsleger das verfahrensgegenständliche Armzeichen tatsächlich gegeben hat, welches vom Berufungswerber - obwohl die Befolgung dieses Zeichens ohne weiteres möglich und zumutbar sowie ohne Gefährdung und Behinderung anderer Straßenbenützer möglich war - nicht befolgt wurde.

Die Berufung war daher in der Schuldfrage abzuweisen.

I.4.2.4. Die Strafe war aus folgenden Gründen herabzusetzen:

Obwohl der Berufungswerber verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist, welcher Umstand strafmildernd ist und im Verfahren keine Erschwerungsgründe hervorgekommen sind, hat die Erstbehörde die Höchststrafe verhängt. Damit hat sie das Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes ausgeübt. Die Strafnorm des § 99 Abs.4 StVO 1960 sieht eine Geldstrafe bis zu 1.000 S vor. In Anpassung an diesen Strafrahmen war daher die verhängte Strafe entsprechend dem geringeren Unrechtsund Schuldgehalt der Übertretung herabzusetzen. Diese Strafe ist den Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnissen (Einkommen: ca. 16.500 S brutto monatlich, Sorgepflichten für zwei Kinder, kein Vermögen) des Berufungswerbers angepaßt und zumutbar.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Akt Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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