Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102404/2/Bi/Fb

Linz, 01.12.1994

VwSen-102404/2/Bi/Fb Linz, am 1. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung der Frau Martina H, Deutschland, vom 10. November 1994 gegen das Ausmaß der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 18.

Oktober 1994, VerkR96-3087-1994, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 verhängten Strafe zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis hinsichtlich der ausgesprochenen Strafe bestätigt.

II. Die Rechtsmittelwerberin hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 1.000 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), § 99 Abs.3 lit.a Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960).

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über die Beschuldigte wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 eine Geldstrafe von 5.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen verhängt und ihr einen Verfahrenskostenbeitrag von 500 S auferlegt. Der Beschuldigten wurde vorgeworfen, zu einem bestimmten Zeitpunkt als Lenkerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten PKW auf einem bestimmten Abschnitt der Westautobahn die auf österreichischen Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h erheblich überschritten zu haben. Aus der Begründung des Straferkenntnisses geht hervor, daß dem Tatvorwurf eine Fahrgeschwindigkeit von mindestens 194 km/h, festgestellt im Zuge einer Nachfahrt unter Verwendung eines geeichten Provida-Gerätes, zugrundegelegt wurde.

2. Gegen das Strafausmaß hat die Rechtsmittelwerberin fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil sich das Rechtsmittel nur gegen die Höhe der Strafe richtete und eine Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Die Rechtsmittelwerberin begründet die Berufung damit, daß die Behörde von einem zu hohen Monatseinkommen ausgegangen sei. Dem Rechtsmittel beigelegt war eine Einkommensbescheinigung eines Steuerberaters, aus der hervorgeht, daß die Rechtsmittelwerberin im Jahr 1993 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von insgesamt DM 15.512,-- erzielt habe.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 reicht bis 10.000 S Geldstrafe bzw zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Dem Verfahrensakt der Erstinstanz ist zu entnehmen, daß die Rechtsmittelwerberin mit Schreiben vom 5. September 1994, welches ihr am 28. September 1994 zugestellt wurde, aufgefordert worden ist, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ihre finanziellen Verhältnisse, insbesondere das monatliche Nettoeinkommen, bekanntzugeben. Die Erstinstanz hat im gleichen Schreiben darauf hingewiesen, daß, sollte die Auskunft nicht innerhalb der gesetzten Frist erteilt werden, von einem geschätzten Monatsnettoeinkommen von DM 4.000,-- ausgegangen werde, wobei die Behörde auch annehmen müsse, daß sie über kein Vermögen verfüge und keine Sorgepflichten zu tragen habe. Auf dieses Schreiben hat die Rechtsmittelwerberin nicht reagiert und insbesondere auch der Einkommensschätzung nicht widersprochen, sodaß diese dem nunmehr hinsichtlich der Strafhöhe bekämpften Straferkenntnis zugrundegelegt wurde.

Der unabhängige Verwaltungssenat vermag nicht zu erkennen, inwieweit die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum überschritten hätte. Im Gegensatz zur Erstinstanz wird aber die Auffassung vertreten, daß dem zutreffend angeführten Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit sehrwohl ein wesentlicher straferschwerender Umstand gegenübersteht, nämlich das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung.

Die zugrundegelegte Fahrgeschwindigkeit von 194 km/h wurde mittels Provida-Gerät ermittelt und stellt eine Durchschnittsgeschwindigkeit auf einem bestimmten Autobahnabschnitt dar. Diese Durchschnittsgeschwindigkeit liegt um immerhin 64 km/h über der in Österreich auf Autobahnen geltenden erlaubten Höchstgeschwindigkeit, die im Gegensatz zu Deutschland keine (Überschreitungen zulassende) Richtgeschwindigkeit darstellt. Eine Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit um 50 % läßt beim unabhängigen Verwaltungssenat nicht den Eindruck entstehen, daß die Rechtsmittelwerberin ihre Geschwindigkeit bloß geringfügig im Zuge von Überholmanövern oder ähnlichen Verkehrssituationen übersehen hat, sondern läßt vielmehr darauf schließen, daß sie die generell auf Autobahnen geltende Geschwindigkeitsbeschränkung in auffallender Sorglosigkeit mißachtet, möglicherweise sogar vorsätzlich ignoriert hat.

Im Akt befinden sich zwei Lichtbilder, die mit der mit dem Provida-Gerät verbundenen Videokamera aufgenommen wurden und aus denen einwandfrei hervorgeht, daß die Rechtsmittelwerberin sowohl auf freier Strecke als auch beim Überholen vor Lastkraftfahrzeugen die ihr vorgeworfene Geschwindigkeit eingehalten hat. Bei ihrer Anhaltung hat sie den Vorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung damit begründet, sie habe es eilig.

Nach sorgfältiger Wertung der oben angeführten Umstände gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß das nunmehrige Berufungsvorbringen schon allein aufgrund des hohen Unrechts- und Schuldgehalts der Übertretung nicht geeignet ist, eine Herabsetzung der verhängten Strafe zu rechtfertigen. Maßgebend dafür sind außer general- vor allem spezialpräventive Überlegungen, zumal es nicht Zweck der Verhängung einer Verwaltungsstrafe ist, ausländische Fahrzeuglenker in Österreich zu schikanieren, sondern diese zur genauesten Beachtung der in Österreich geltenden Geschwindigkeitsbeschränkungen anzuhalten.

Die Einkommenssituation der Rechtsmittelwerberin (ihre monatlichen Einkünfte aus Gewerbebetrieb belaufen sich im Gegensatz zur Schätzung der Erstinstanz von DM 4.000,-lediglich auf ca 1.300,--) war aus all diesen Erwägungen nur von untergeordneter Bedeutung.

Es steht ihr aber frei, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit, die Geldstrafe in Teilbeträgen zu bezahlen, anzusuchen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

 

 

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