Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102421/15/Bi/Km

Linz, 26.06.1995

VwSen-102421/15/Bi/Km Linz, am 26. Juni 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn Dr. Franz H, Vöcklabruck, vom 24. Oktober 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26. September 1994, VerkR96-10173-1994+1, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis vollinhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, daß die Wortfolge "auf der A10 (Tauernautobahn) im Gemeindegebiet von St. Michael im Lungau" zu entfallen hat.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 200 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a Z1, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG, §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des Kombi der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg über Aufforderung (zugestellt am 18. Mai 1994) nicht binnen zwei Wochen Auskunft darüber gegeben habe, wer den Kombi am 19. März 1994 um 10.55 Uhr auf der A10 (Tauernautobahn) im Gemeindegebiet von St. Michael im Lungau gelenkt habe. Er habe der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg mit Schreiben vom 31. Mai 1994 fälschlich mitgeteilt, daß Herr Dr. Herwig H aus 2195 J, Palmstreet, Northcliff, den Kombi gelenkt habe, obwohl sich Dr. H bereits seit November 1993 nicht mehr in Österreich aufgehalten habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 100 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 1. Juni 1995 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Zeugen Insp. Manfred S durchgeführt. Weder der Rechtsmittelwerber noch ein Vertreter der Erstinstanz sind erschienen.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er habe eine Auskunft am 31. Mai 1994 fristgemäß erteilt, sodaß der zweite Satz des Spruches einen Widerspruch zum ersten Satz darstelle. Wenn ihm vorgeworfen werde, er hätte fälschlich mitgeteilt, daß Herr Dr. Herwig H den PKW gelenkt habe, so sei der Standpunkt unrichtig. Er werde eine eidesstattliche Erklärung seines Bruders vorlegen, daß er das Fahrzeug zum angeführten Zeitraum gelenkt habe. Die Auskunft, die seine Mutter am 26. März 1994 telefonisch erteilt habe, sei deshalb kein schlüssiges Beweismittel, weil sie bei einer telefonischen Auskunft ohne jede Vorbereitungsmöglichkeit in der Eile irren konnte und auch nicht ausgeschlossen werden könne, daß seine Mutter vom Aufenthalt seines Bruders in Österreich keine Kenntnis gehabt habe. Dieser habe sich tatsächlich nur zu einem kurzen Aufenthalt in Österreich zwischen zwei ausländischen Geschäftsterminen befunden, und dabei habe er ihm für eine Reise nach Kärnten seinen PKW zur Verfügung gestellt. Da seine Verantwortung nicht widerlegt worden sei, beantrage er, das Verfahren einzustellen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Weiters wurde an den Bruder des Rechtsmittelwerbers an die Adresse in Südafrika das Schreiben vom 2. Dezember 1994 gerichtet, in dem dieser aufgefordert wurde, mitzuteilen, ob er sich am 19. März 1994 in Österreich aufgehalten und den PKW seines Bruders gelenkt habe. Er wurde außerdem ersucht, Unterlagen vorzulegen oder Personen zu benennen, die dies bestätigen könnten.

Da auf dieses Schreiben keine Reaktion erfolgte, wurde dem Rechtsmittelwerber dieser Umstand mitgeteilt und dieser zur Vorlage entsprechender Beweismittel für die Anwesenheit seines Bruders zum angegebenen Zeitpunkt aufgefordert. Der Rechtsmittelwerber hat daraufhin eine Bestätigung mit dem Wortlaut "Ich, Dr. Herwig H, derzeit wohnhaft in Johannesburg, bestätige, daß ich am 19.3.1994 den PKW meines Bruders Dr. Franz H auf der Tauernautobahn A10 im Gemeindegebiet von St. Michael im Lungau gelenkt habe." Das Schreiben war mit 19. April 1995 datiert und mit dem Schriftzug "H" unterschrieben.

In der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 3. Mai 1995 wurde der Rechtsmittelwerber aufgefordert, den zur Bestätigung vom 19. April 1995 gehörenden Briefumschlag vorzulegen.

Aus dem Akteninhalt geht hervor, daß der Lenker des PKW am 19. März 1994 um 10.55 Uhr auf der Tauernautobahn Scheitelstrecke von Salzburg Richtung Villach bei Strkm 103,5 in der Gemeinde von St. Michael im Lungau mit einer Geschwindigkeit von 135 km/h (wobei bereits die für Radargeräte festgelegten Toleranzwerte abgezogen wurden) gemessen wurde, obwohl dort nur eine Geschwindigkeit von 100 km/h erlaubt ist. Die Bezirkshauptmannschaft Tamsweg forderte daraufhin den Zulassungsbesitzer des PKW, den Rechtsmittelwerber, zur Lenkerauskunft auf, worauf dieser mit Schreiben vom 31. Mai 1994 mitteilte, daß Herr Dr. Herwig H den PKW gelenkt habe.

Aufgrund eines Erhebungsersuchens der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg, zu eruieren, ob sich der angegebene Lenker zum maßgeblichen Zeitpunkt in Österreich befunden hat, stellte der bei der mündlichen Verhandlung einvernommene Zeuge Insp.

Manfred S fest, daß Dr. Herwig H noch in Österreich gemeldet war. Er versuchte daraufhin, bei der angegebenen Adresse telefonisch jemanden zu erreichen, worauf sich die Mutter des Herrn Dr. Herwig H meldete. Dies habe er deshalb gewußt, weil die Frau, die er am Telefon gefragt habe, gesagt habe, sie sei die Mutter.

Auf die Frage, ob sich Herr Dr. H am 19. März 1994 in Österreich aufgehalten habe, habe die Mutter geantwortet, er sei zuletzt vor Weihnachten dagewesen und habe auch beabsichtigt, im Frühjahr noch einmal zu kommen, habe das aber kurzfristig abgesagt und sein Kommen für Sommer 1994 angekündigt. Der Zeuge hat bei der mündlichen Verhandlung angegeben, er habe am Telefon den Eindruck gehabt, daß die Mutter des Herrn Dr. H, die überaus freundlich gewesen sei, zeitlich und örtlich sicher orientiert gewesen sei und sie sich auch an den genauen Termin des letzten Besuches erinnern konnte. Die Frau habe weder einen verwirrten noch sonst irgendwie schutzbedürftigen Eindruck gemacht.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat.

Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Das Ersuchen um Lenkerauskunft wurde dem Rechtsmittelwerber am 18. Mai 1994 zugestellt, sodaß mit diesem Datum die zweiwöchige Frist zu laufen begann und demnach am 1. Juni 1994 ablief. Innerhalb dieser Frist hat der Rechtsmittelwerber die Auskunft vom 31. Mai 1994 erteilt.

Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt die bereits im Spruch des Straferkenntnisses von der Erstinstanz vertretene Auffassung, daß die erteilte Auskunft fälschlicherweise, das heißt unrichtig erteilt wurde, und zwar aus mehreren Gründen:

Für den unabhängigen Verwaltungssenat besteht kein Zweifel, daß der Zeuge Insp. Stadlbauer tatsächlich mit der Mutter des Rechtsmittelwerbers telefoniert hat. Auch der Rechtsmittelwerber hat nie bestritten, daß das Gespräch tatsächlich mit seiner Mutter stattgefunden hat. Die Auffassung des Rechtsmittelwerbers, die Auskunft seiner Mutter sei ohne jede Vorbereitung erfolgt und es sei tatsächlich so gewesen, daß sein Bruder nur zwischen zwei kurzen Geschäftsterminen in Österreich gewesen sei, ohne daß die Mutter davon Kenntnis gehabt habe, vermag der unabhängige Verwaltungssenat schon deshalb nicht zu teilen, weil nach der allgemeinen Lebenserfahrung Mütter sehr genau wissen, wann ihre im Ausland (noch dazu in Südafrika) lebenden Söhne zuletzt auf Besuch waren und ob ein angekündigter Besuch verschoben wurde. Inwiefern diesbezüglich eine "Vorbe reitung" erforderlich gewesen wäre, vermag der unabhängige Verwaltungssenat nicht nachzuvollziehen, wobei auch kein Anhaltspunkt für ein mangelndes Erinnerungsvermögen der Mutter besteht. Der Rechtsmittelwerber widerspricht sich außerdem selbst, wenn er anführt, sein Bruder sei nur kurz zwischen zwei ausländischen Geschäftsterminen in Österreich gewesen und habe zwar Zeit gehabt, einen PKW für eine Reise nach Kärnten (dazu hatte er offenbar Zeit) bei ihm auszuborgen, nicht aber, seine Mutter zu sehen.

Zur vorgelegten "Bestätigung" des Rechtsmittelwerbers ist auszuführen, daß diese schon vom äußeren Erscheinungsbild her nicht zu überzeugen vermag, jemals in Südafrika gewesen zu sein. Zum einen wurde das gleiche Papier verwendet wie für den übrigen Schriftsatz, mit dem Unterschied, daß das Blatt undefinierbare, offensichtlich von einem technischen Gerät stammende graue Längsstreifen aufweist. Die darauf befindliche "Unterschrift" umfaßt nur den Familiennamen und es ergibt sich keinerlei Hinweis darauf, daß es sich dabei um die Unterschrift des Herrn Dr. Herwig H handeln könnte. Zum anderen ist die "Bestätigung" genauso gefaltet wie der Schriftsatz und weist keine Spuren einer bereits vorher erfolgten Postversendung auf. Da es sich daher nicht um ein Fax handelt, wurde der Rechtsmittelwerber aufgefordert, den dazugehörigen Briefumschlag vorzulegen, was aber aus unbekannten Gründen unterblieben ist.

Auf dieser Grundlage ergeben sich für den unabhängigen Verwaltungssenat erhebliche Zweifel, zum einen betreffend die Zuordnung der "Bestätigung" zu Herrn Dr. Herwig Hitzenberger und zum anderen daran, daß dieser tatsächlich am 19.

März 1994 in Österreich den PKW des Rechtsmittelwerbers gelenkt haben könnte.

Der Rechtsmittelwerber hat trotz Aufforderungen, ent sprechende Beweismittel vorzulegen bzw. Personen zu benennen, die die Anwesenheit seines Bruders in Österreich zum damaligen Zeitpunkt bestätigen können, nichts zur Aufklärung der ihm bereits vom erstinstanzlichen Verfahren her bekannten Ungereimtheiten unternommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 21. Oktober 1992, 92/02/0146, ausgesprochen, daß die Bezeichnung einer Person, die sich ständig oder überwiegend im Ausland aufhält und deren verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung, aber auch deren Heranziehung zur Mitwirkung am administrativen Ermittlungsverfahren erheblich erschwert ist, als Lenker den Zulassungsbesitzer zu einer verstärkten Mitwirkung verpflichtet.

Laut Erkenntnis vom 4. Juli 1991, 90/18/0091 (verstärkter Senat) hat der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht, daß diese erhöhte Mitwirkungspflicht auch darin besteht, daß, wenn es um die Lenkereigenschaft des Beschuldigten im Tatzeitraum geht, dieser zumindest den Aufenthalt der angegebenen Personen in Österreich zum fraglichen Zeitpunkt glaubhaft machen muß.

Auf dieser Grundlage gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zur Auffassung, daß Herr Dr. Herwig H sich am 19. März 1994 nicht in Österreich aufgehalten hat und somit auch nicht in der Lage war, den auf den Rechtsmittelwerber zugelassenen PKW auf der Tauernautobahn zu lenken. Die vom Rechtsmittelwerber gegebene Lenkerauskunft vom 31. Mai 1994 ist daher als unrichtig anzusehen, weshalb der Rechtsmittelwerber seiner Verpflichtung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967, den Lenker des Fahrzeuges zum angeführten Zeitpunkt bekanntzugeben, nicht entsprochen hat.

Eine richtige Auskunft wurde innerhalb der gesetzten Frist nicht erteilt, sodaß er den ihm nunmehr zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Der Zulassungsbesitzer ist nicht verpflichtet, Auskünfte bezüglich des Lenkers an einem bestimmten Ort zu erteilen, weshalb der Spruch diesbezüglich einzuschränken war.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß die von der Erstinstanz verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung entspricht als auch den finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers (dieser ist Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei) angemessen ist.

Mildernd war die Sprucheinschränkung, wesentlicher Erschwerungsgrund aber eine einschlägige Vormerkung aus dem Jahr 1992.

Die verhängte Strafe liegt an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens (§ 134 Abs.1 KFG 1967 sieht Geldstrafen bis 30.000 S, Ersatzfreiheitsstrafen bis sechs Wochen vor) und hält sowohl general- wie auch spezialpräventiven Überlegungen stand.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zu lässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

 

 

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