Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-102499/22/Bi/Fb

Linz, 22.05.1995

VwSen-102499/22/Bi/Fb Linz, am 22. Mai 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn Dr. A S, M, Z, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M K, M, Z, vom 28. Dezember 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 6. Dezember 1994, VerkR96/13311/1992, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 9. Mai 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als Punkt 2) des Straferkenntnisses behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt wird.

Im Punkt 1) wird die Berufung abgewiesen und das Straferkenntnis sowohl hinsichtlich des Schuldspruches als auch der verhängten Strafe bestätigt.

II. Im Punkt 2) entfällt jeglicher Verfahrenskostenbeitrag.

Im Punkt 1) hat der Rechtsmittelwerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 900 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 19 VStG, §§ 20 Abs.2, 7 Abs.1 und 99 Abs.3a StVO 1960.

zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 und 2) §§ 7 Abs.1 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 4.500 S und 2) 500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 168 und 2) 24 Stunden verhängt, weil er am 13. Juni 1992 um 15.05 Uhr den PKW auf der A, W, in Richtung S gelenkt und zwischen km und km in den Gemeindegebieten von S und S 1) die für Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 65 km/h überschritten habe.

2) Während der Zeit der Geschwindigkeitsüberschreitungen habe er den linken Fahrstreifen benutzt und sei somit nicht so weit rechts gefahren, als ihm dies zumutbar gewesen wäre.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 500 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 9. Mai 1995 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, der Vertreterin der Erstinstanz Frau B, der Zeugen RI S und AI P sowie des technischen Amtssachverständigen Ing. H durchgeführt.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe die von ihm beantragte Zeugin D K bislang nicht einvernommen und habe auch den gesetzlich vorgeschriebenen Eichbericht hinsichtlich des Tachographen des Dienstkraftfahrzeuges nicht vorgelegt.

Er macht weiters geltend, daß laut VwGH-Judikatur gesetzliche Grundlage für einen einem Bescheid zugrundeliegenden Meßwert nur das Ergebnis eines geeichten Meßgerätes sein könne; das alleinige Ablesen einer Geschwindigkeit vom Tachometer sei keine objektivierbare Grundlage, weil die Ordnungsgemäßheit des Tachometers fraglich sei. Überdies habe sich Insp. S an den Vorgang nicht mehr genau erinnern können. Für ein Schätzen der Fahrgeschwindigkeit seien jedoch die erforderlichen Kriterien nicht erfüllt, sodaß dies kein taugliches Beweismittel sein könne. Überdies lägen Widersprüche hinsichtlich der Eichung des Tachometers vor.

Die von ihm angeführten Zeugen Dr. P und U S hätten sehr wohl Angaben über die Fahrgeschwindigkeit gemacht, die als taugliches Beweismittel heranzuziehen seien, wobei auch die Aussagen der Zeugen bezüglich des Vorwurfs der Nichteinhaltung der Rechtsfahrordnung heranzuziehen gewesen wären. Insbesondere der Zeuge Dr. P habe ausgeschlossen, daß er über längere Strecken den linken Fahrstreifen benutzt habe. Die Erstinstanz habe Insp. S frank und frei Glauben geschenkt, ohne Nachforschungen darüber einzuholen, ob mit dem verwendeten Dienstkraftfahrzeug überhaupt derart immens hohe behauptete Fahrgeschwindigkeiten auch technisch gefahren werden könnten. Er beantrage daher die Einstellung des Verfahrens in beiden Punkten, in eventu nach Durchführung und Ergänzung des Beweisverfahrens.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, insbesondere in die Niederschriften über die Aussagen der Zeugen U S vom 15. Juni 1993 und Dr. G P vom 5. September 1994, sowie in das Gutachten des technischen Amtssachverständigen Ing. H vom 10. November 1994 über die Kurvengrenzgeschwindigkeit zwischen ABkm und der A Richtung S. Weiters wurde im Rechtshilfeweg die beantragte Zeugin D K einvernommen und das Überprüfprotokoll über die Einstellung des Tachometers beim Fahrzeug vom 25. Februar 1992 der Firma D OHG, L, F, eingeholt.

Am 9. Mai 1995 fand bei der Autobahngendarmerie S eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung statt, bei der der Rechtsmittelwerber ebenso wie die Vertreterin der Erstinstanz gehört, die Gendarmeriebeamten RI S und AI P zeugenschaftlich befragt, die Aussage der Zeugen D K verlesen und unter Miteinbeziehung des im Akt befindlichen Sachverständigengutachtens und des Überprüfprotokolls der D OHG ein kraftfahrtechnisches Sachverständigengutachten durch den Amtssachverständigen Ing. S H erstellt wurde.

4.1. Folgender Sachverhalt ist wesentlich:

Der Rechtsmittelwerber lenkte am 13. Juni 1992 gegen 15.05 Uhr den PKW , einen BMW 325i mit 190 PS und einer Bauartgeschwindigkeit von 233 km/h, auf der S Richtungsfahrbahn der W im Bereich der Gemeindegebiete S und S in Richtung S. Laut Ergebnis der mündlichen Verhandlung überholte er dabei an einer nicht mehr zu eruierenden Stelle das gleichzeitig auf dem rechten Fahrstreifen der A Richtung S fahrende Zivilgendarmeriefahrzeug (mit Deckkennzeichen), einen Mercedes 300 E mit 180 PS und einer Bauartgeschwindigkeit von 225 km/h, das von Insp. S zum Zeitpunkt des Überholvorgangs mit ca 100 bis 120 km/h gelenkt wurde. Der Meldungsleger und der auf dem Beifahrersitz befindliche AI P beschlossen daraufhin, dem Lenker des BMW nachzufahren, beschleunigten ihr Fahrzeug und erreichten bei km eine Nachfahrposition in annähernd gleichbleibendem Abstand von ca 100 m. Die Nachfahrt in gleichbleibendem Abstand erfolgte von km bis 237,000, wo der Lenker des BMW auf ein überholendes Fahrzeug aufschloß und seine Geschwindigkeit verringern bzw den Fahrstreifen wechseln mußte. Daraufhin wurde er vom Gendarmeriefahrzeug überholt und auf einem Autobahnparkplatz angehalten, wobei die Amtshandlung von AI P geführt und die Daten von RI S notiert wurden. Diese erstatteten daraufhin Anzeige wegen Einhaltung einer Fahrgeschwindigkeit von mindestens 200 km/h und auf der gesamten Nachfahrstrecke Nichteinhaltung der Rechtsfahrordnung, zumal mehrmals die Möglichkeit zum Rechtseinordnen bestanden hätte.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung haben sowohl RI S als auch AI P unabhängig voneinander bestätigt, daß der Tacho des Gendarmeriefahrzeuges bei der Nachfahrt eine Geschwindigkeit von mindestens 200 km/h anzeigte, wobei diese Geschwindigkeit auch überschritten wurde. Der Tacho des Gendarmeriefahrzeuges sei zum damaligen Zeitpunkt entgegen der irrtümlichen Behauptung in der Anzeige nicht geeicht, sondern von einer Fachwerkstätte eingestellt gewesen. Sie seien einige Zeit mit eingeschaltetem Handblaulicht hinter dem Lenker des BMW hergefahren, der aber offensichtlich wegen der hohen Geschwindigkeit und seiner Orientierung nach vorne dies nicht bemerkt haben dürfte. An die genauen Umstände für den Vorwurf der ständigen Benützung des linken Fahrstreifens auf der gesamten Nachfahrstrecke konnten sich beide Beamte konkret nicht mehr erinnern.

Die Aussagen der Zeugen K, S und Dr. P - auf die Einvernahme der letzten beiden Zeugen hat der Rechtsmittelwerber bei der mündlichen Verhandlung ebenso verzichtet wie auf den zunächst beantragten Ortsaugenschein - ergeben keinen objektiven Hinweis darauf, daß einer der Zeugen auf der in Rede stehenden Fahrtstrecke auf den Tachometer des Beschuldigtenfahrzeuges gesehen haben könnte, sondern beschreiben allenfalls subjektive Eindrücke und schließen das Verbleiben auf der Überholspur über längere Strecken aus.

Zur technischen Möglichkeit der Nachfahrt hat der Amtssachverständige schlüssig ausgeführt und auch durch einen mit dem Dienstkraftfahrzeug im Nachhinein unter Zuhilfenahme der nach dem Vorfall im Jahr 1993 eingebauten ProViDa-Anlage angefertigten Videofilm über die Beschleunigung im 200 km/h-Bereich dokumentiert, daß die Aufholstrecke (vom örtlich nicht konkretisierbaren Überholtwerden der Meldungsleger durch das Beschuldigtenfahrzeug bis zum Erreichen der Nachfahrposition bei km der A) für das Zivilkraftfahrzeug im Bereich von ca 5 bis 6 km lag, wobei diesbezüglich keine genauen Unterlagen des Herstellers über konkrete Beschleunigungswerte vorhanden waren. Auf dem Videoband war jedoch die Strecke für die Beschleunigung von 170 bis 207 km/h ersichtlich, das waren ca 4 km.

Aus dem Überprüfprotokoll über die Genauigkeit des Tachometers beim Fahrzeug ergibt sich, daß der Tachometer bei einer tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit von 204,3 km/h 206 km/h anzeigt. Der Sachverständige hat ausgeführt, daß bei einer üblichen Bedienung des Fahrzeuges keine Annahme besteht, daß sich zwischen dem Überprüfungszeitpunkt am 25. Februar 1992 und dem Übertretungszeitpunkt am 13.

Juni 1992 die Abweichung geändert hätte. Er hat überdies ausgeführt, daß unter der Voraussetzung, daß die Verfolgungsstrecke das Fünffache der Fahrgeschwindigkeit in Metern beträgt, im gegenständlichen Fall also 1000 m, die Vor- und Nachlaufverschiebungen des Geschwindigkeitsmessers kompensiert seien. Der Lenker des Gendarmeriefahrzeuges, RI S, hat bestätigt, daß er auf der Nachfahrtstrecke mehrmals das annähernde Gleichbleiben des Nachfahrabstandes und die Tachoanzeige kontrolliert hat, weshalb der Sachverständige eine weitere Fehlerquelle bezüglich der Vor- und Nachlaufverschiebungen des Geschwindigkeitsmessers ausgeschlossen hat.

Der Sachverständige hat auf dieser Grundlage dezidiert ausgeführt, daß die Feststellung der Fahrgeschwindigkeit durch Nachfahrt zweifelsfrei richtig durchgeführt wurde und es auch aus technischen Gründen sehr wohl möglich sei, auf dem in Rede stehenden Autobahnabschnitt eine Fahrgeschwindigkeit von ca 200 km/h einzuhalten. Als Grundlage dafür wurde der mittlerweile bei einer Befahrung derselben Strecke mit demselben Gendarmeriefahrzeug angefertigte und bei der mündlichen Verhandlung eingesehene Videofilm sowie die Berechnungen des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 10. November 1994 herangezogen.

Der Rechtsmittelwerber hat grundsätzlich bestritten, die ihm zur Last gelegten Übertretungen begangen zu haben, hat außerdem die richtige Einstellung des Tachometers in Zweifel gezogen und auch eine eventuelle Manipulation von dritter Seite nicht ausgeschlossen, weil der Tachometer nicht geeicht und entsprechend verplombt sei. Er hat weiters bemängelt, daß das ProViDa-Gerät erst 1993 nachträglich eingebaut worden sei, und aus diesem Grund der Videofilm dem gegenständlichen Tatvorwurf nicht zugrundegelegt werden könne. Er hat außerdem die Schilderungen der Gendarmeriebeamten über das Aufholen und die Nachfahrt samt den diese betreffenden technischen Ausführungen als unglaubwürdig dargetan.

Zum Vorwurf der Nichtbefolgung des Rechtsfahrgebotes hat der Rechtsmittelwerber ein Linksfahren auf der gesamten genannten Wegstrecke für unglaubwürdig erachtet, insbesondere unter Hinweis darauf, daß er laut Aussagen der Gendarmeriebeamten vom Dienstfahrzeug links überholt wurde.

Aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates besteht hinsichtlich der Ausführungen der beiden Gendarmeriebeamten, die sich hinsichtlich des Ortes des Überholmanövers des Rechtsmittelwerbers und damit verbunden des Beginnes der Aufholfahrt nicht mehr konkret erinnern konnten, jedoch genaue Aussagen darüber machen konnten, auf welcher Wegstrecke sie unter Einhaltung sämtlicher in technischer Hinsicht zu beachtender Kriterien welche Geschwindigkeit des Beschuldigtenfahrzeuges wahrnehmen konnten, in Verbindung mit den fundierten Ausführungen des technischen Amtssachverständigen kein Anhaltspunkt für Zweifel irgendwelcher Art.

Zu bedenken ist dabei, daß seit dem Vorfall fast drei Jahre vergangen sind und beide Beamte in der Zwischenzeit eine Vielzahl solcher Wahrnehmungen gemacht bzw solcher Amtshandlungen durchgeführt haben, sodaß der Umstand, daß sich beide weder an die genaue Aufholstrecke noch die genauen Umstände der Mißachtung des Rechtsfahrgebotes und der jeweiligen Möglichkeiten, sich rechts einzuordnen, nicht mehr erinnern konnten, erklärbar ist. Andererseits bestanden aber Erinnerungen an Details, zB die Amtshandlung betreffed, die auch vom Rechtsmittelwerber bestätigt wurden, sodaß die Glaubwürdigkeit der Meldungsleger nicht in Frage zu stellen war; insbesondere nicht durch die bloße Behauptung des Rechtsmittelwerbers, er habe nie eine derartige Geschwindigkeit eingehalten, in Verbindung mit den Aussagen der einvernommenen Zeugen K, S und Dr. P. Das angeführte Dienstfahrzeug, in das 1993 ein geeichtes ProViDa-Gerät eingebaut wurde, ist der Verkehrsabteilung des O.ö.

Landesgendarmeriekommandos in Linz zugeteilt, auch heute noch in Gebrauch und wird daher ebenso wie alle Gendarmeriefahrzeuge, die für derartige Nachfahrten verwendet werden, sorgfältig gepflegt und gewartet. Eine Manipulation des Tachometers - "gewollt oder ungewollt" ist aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates gänzlich auszuschließen. Sollte sich zwischen dem 25.

Februar und dem 13. Juni 1992, also der Überprüfung und dem gegenständlichen Vorfall, trotzdem aus irgendeinem Grund eine Tachoabweichung ergeben haben, so ist diese für den unabhängigen Verwaltungssenat dadurch kompensiert, daß dem Tatvorwurf eine Geschwindigkeit von 195 km/h zugrundegelegt wurde.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat besteht kein Grund, die Verantwortung der beiden Gendarmeriebeamten oder die fachliche Fundiertheit und Richtigkeit der Sachverständigenausführungen in irgend einer Weise anzuzweifeln, während die Ausführungen des Rechtsmittelwerbers, es sei fraglich, ob auf der angeführten Strecke überhaupt die Einhaltung der ihm vorgeworfenen Geschwindigkeit möglich sei, und ob die Wahrscheinlichkeit, daß ein Fahrzeug vom rechten Fahrstreifen auf die Überholspur ausgeschert habe, auf der Aufholstrecke und der Nachfahrstrecke für beide Fahrzeuge (nämlich für seines und das Gendarmeriefahrzeug) gleich groß gewesen sei, schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung ins Leere gehen. Daß auf einer Autobahn eine Geschwindigkeit von 200 km/h technisch eingehalten werden kann, wurde auf dem trotz Verzicht beider Parteien, eingesehenen Videoband dokumentiert, und für den Fall, daß tatsächlich vor dem Beschuldigtenfahrzeug oder dem Gendarmeriefahrzeug ein Fahrzeug auf die Überholspur ausgeschert wäre, hätte sich für das Gendarmeriefahrzeug die Nachfahrt erübrigt, wobei außerdem darauf hinzuweisen ist, daß der Rechtsmittelwerber ja laut Aussagen der beiden Gendarmeriebeamten aufgrund eines auf der Überholspur befindlichen Fahrzeuges überhaupt erst angehalten werden konnte.

Daß für die Beschleunigung des Gendarmeriefahrzeuges von 100 bis 120 km/h auf die bei der Nachfahrt erreichten 200 km/h und darüber eine gewisse Aufholstrecke erforderlich war, wird weder von den Gendarmeriebeamten bestritten noch vom Sachverständigen in irgend einer Weise angezweifelt, wobei dieser, mangels vorhandener Unterlagen des Fahrzeugherstellers, im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht sofort in der Lage war, die benötigte Zeit und Wegstrecke für die angeführte Beschleunigung zu errechnen. Da die Beschleunigung von 170 bis 207 km/h auf dem mittels der nunmehr in das Fahrzeug eingebauten ProViDa-Anlage angefertigten Videofilm zeit- und entfernungsmäßig feststellbar war und dafür eine Wegstrecke von annähernd 4 km benötigt wurde, war die Schätzung des Sachverständigen auf eine Länge der Aufholstrecke auf ca 5 bis 6 km nicht lebensfremd, wobei nicht einmal der Rechtsmittelwerber mehr in der Lage war, sein Überholmanöver örtlich zu konkretisieren.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Zur Übertretung gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960:

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges von Ausnahmen abgesehen, die im gegenständlichen Fall nicht vorlagen - auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 16.

Dezember 1992, 92/02/0238, ausgeführt, daß eine Geschwindigkeitsfeststellung durch Nachfahren in gleichbleibendem Abstand in Verbindung mit dem Ablesen der Geschwindigkeit vom Tachometer des nachfahrenden Kraftfahrzeuges zur Ermittlung der gefahrenen Geschwindigkeit geeignet ist, wobei dem Umstand, daß der Tachometer im nachfahrenden Kraftfahrzeug nicht geeicht ist, bei erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen keine Bedeutung zukommt.

Im gegenständlichen Fall waren nach den Ausführungen des technischen Sachverständigen sämtliche Kriterien für eine ordnungsgemäße Nachfahrt erfüllt, wobei sowohl die Einhaltung des annähernd gleichbleibenden Nachfahrabstandes als auch die Anzeige des Tachometers mehrmals kontrolliert wurde, sodaß die Zeugenaussagen der Gendarmeriebeamten als Grundlage für den Tatvorwurf heranziehbar sind. Bekannt war auch die Abweichung des Tachometers dreieinhalb Monate vor dem Vorfall. Wenn der Rechtsmittelwerber behauptet, der nicht geeichte und nicht verplombte Tachometer sei vor Manipulationen in keiner Weise geschützt, so ist dem grundsätzlich nichts entgegenzuhalten; allerdings vermochte der Rechtsmittelwerber keine Anhaltspunkte für seine Vermutung einer Manipulation zu liefern, wobei von seiten des unabhängigen Verwaltungssenates zu betonen ist, daß das Fahrzeug in ständiger dienstlicher Verwendung beim Landesgendarmeriekommando für Oberösterreich steht und dort kein wie immer geartetes Interesse daran besteht, technische Geräte zum Nachteil von Verkehrsteilnehmern zu verstellen.

Die offensichtlich auf Wunschvorstellungen basierenden Mutmaßungen des Rechtsmittelwerbers entbehren damit jeder Grundlage.

Die dem Tatvorwurf zugrundegelegte Geschwindigkeit von 195 km/h berücksichtigt eventuelle dem Rechtsmittelwerber zum Nachteil gereichende Tachometerabweichungen des Gendarmeriefahrzeuges in ausreichendem Maß und stellt unter Zugrundelegung der Aussage der Gendarmeriebeamten, die bei der Nachfahrt eine Mindestgeschwindigkeit von 200 km/h beobachtet haben, die günstigste Variante für den Rechtsmittelwerber dar.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt auf dieser Grundlage zu der Überzeugung, daß der Rechtsmittelwerber den ihm vorgeworfenen Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 reicht bis 10.000 S Geldstrafe bzw zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe. Der Rechtsmittelwerber ist bislang verwaltungsstrafrechtlich unbescholten, was von der Erstinstanz bereits als Strafmilderungsgrund gewertet wurde. Entgegen der Begründung im Straferkenntnis teilt der unabhängige Verwaltungssenat die Auffasssung der Erstinstanz, straferschwerende Umstände hätten nicht vorgelegen, schon deshalb nicht, weil das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung von immerhin 65 km/h auf eine gänzliche Ignoranz gesetzlicher Bestimmungen durch den Rechtsmittelwerber, einen Juristen, hindeutet, wobei sich außerdem weitere drei Personen im Fahrzeug befanden, bei denen im Fall eines bei dieser Geschwindigkeit nie auszuschließenden Unfalles im besten Fall bloße körperliche Schädigungen geradezu zu erwarten gewesen wären.

Zu bedenken ist außerdem, daß die Anhaltung offenbar nur möglich wurde, weil der Rechtsmittelwerber auf dem Überholstreifen auf ein langsameres Fahrzeug aufschloß.

Unter diesen Gesichtspunkten ist die von der Erstinstanz verhängte Strafe als eher niedrig zu bezeichnen, zumal sie auch den finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers (der Schätzung der Erstinstanz auf ein Nettomonatseinkommen von 50.000 S als Rechtsanwalt wurde vom Rechtsmittelwerber nichts entgegengehalten) trotz der nunmehr bekanntgewordenen Sorgepflicht für die Gattin und zwei Kinder angemessen ist.

Die verhängte Strafe hält außerdem general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand.

Zum Vorwurf gemäß § 7 Abs.1 StVO 1960:

Gemäß § 51i VStG ist, wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist.

Da die beiden Gendarmeriebeamten sich aufgrund der inzwischen verstrichenen Zeit an die Mißachtung des Rechtsfahrgebotes in keiner Weise mehr erinnern konnten, war im Zweifel spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall bzw Ersatz der Verfahrenskostenbeiträge ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum