Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102509/15/Bi/Ri

Linz, 05.05.1995

VwSen-102509/15/Bi/Ri Linz, am 5. Mai 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn R J, A, W, vom 27. Dezember 1994, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 6.

Dezember 1994, GZ. 15.1 1993/4440, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 auf Grund des Ergebnisses der am 2.

Mai 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Verfahrenskostenbeiträge sind nicht zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 45 Abs.1 Ziff.1 VStG, §§ 102 Abs.1, 101 Abs.1 und 134 Abs.1 KFG 1967.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Liezen hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 102 Abs.1 iVm 101 Abs.1 und 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag verhängt, weil er am 3. Oktober 1993 um/von - bis 22.50 Uhr in Fahrtrichtung D, Zollamt N, als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen (Sattelkraftfahrzeug) 1. das höchstzulässige Gesamtgewicht des Sattel-Kraftfahrzeuges durch Überladung um 1.520 kg überschritten habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 100 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ohne Berufungsvorentscheidung vorgelegt wurde. Da nach dem Ausspruch der Erstinstanz die Übertretung in Oberösterreich begangen wurde, war der oberösterreichische Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung zuständig (§ 51 Abs.1 VStG). Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

Am 2. Mai 1995 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, des Zeugen Rev.Insp. J H sowie des technischen Amtssachverständigen Ing. W I durchgeführt. Ein Vertreter der Erstinstanz ist nicht erschienen.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er habe bereits im Einspruch gegen die Strafverfügung eingewendet, daß er damals eine Ladung Tiefdruckpapier mit einem Gewicht laut Papiere und Ladeauftrag von 21.744 kg zu übernehmen hatte. In Verbindung mit dem Eigengewicht des Zugfahrzeuges von 6.850 kg und des Sattelaufliegers von 9.100 kg habe sich sohin ein Gesamtgewicht von 37.694 kg ergeben, wobei dieser Wert unter der zugelassenen Grenze von 38 t unter Berücksichtigung der Wiegetoleranz von 3 % liege.

Er habe darauf vertrauen dürfen, daß die in den Papieren und im Fahrtbrief angegebenen Gewichte richtig seien und habe daher keinerlei Verwaltungsübertretung begangen. Die Verwiegung sei im übrigen auf einer Waage auf deutschem Hoheitsgebiet erfolgt.

Auf sein Vorbringen habe die Erstinstanz in keiner Weise reagiert.

Er ersuche daher unter Hinweis auf das Erkenntnis des oberösterreichischen Verwaltungssenates VwSen-101652/ 11/Kei/Bk, um Aufhebung des Straferkenntnisses.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Einvernahme des Rechtsmittelwerbers und zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers Rev.Insp. H.

Auf dieser Grundlage wurde vom Amtssachverständigen ein technisches Sachverständigengutachten erstellt.

4.1. Folgender Sachverhalt ist wesentlich:

Der Rechtsmittelwerber ist bei der G KG, L, E, beschäftigt und lenkte in dieser Funktion am 3. Oktober 1993 um 22.50 Uhr das Sattelzugfahrzeug mit dem Sattelanhänger auf Straßen mit öffentlichem Verkehr in Fahrtrichtung D zum Zollamt N.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Rechtsmittelwerber ausgeführt, daß der Sattelanhänger ursprünglich für einen anderen Fahrer bestimmt war, der aus unbekannten Gründen ausgefallen ist, sodaß an diesem Tag er anstelle des normalerweise von ihm mitgeführten Sattelanhängers diesen Anhänger, der mit Tiefdruckpapier beladen war, mitzunehmen hatte. Bei der Beladung des Anhängers in der Papierfabrik L war der Rechtsmittelwerber nicht anwesend, sondern ihm wurde der Anhänger in beladenem Zustand und verplombt samt den Papieren übergeben.

Im Rahmen der um 22.50 Uhr des 3. Oktober 1993 beim Zollamt N (Ausreise) vorgenommenen Verwiegung stellte der Meldungsleger Rev.Insp. J H fest, daß das Sattelzugfahrzeug ein Gewicht von 17.520 kg, der Sattelanhänger (Auflieger) ein Gewicht von 20.640 kg und sohin das gesamte Sattelkraftfahrzeug ein Gewicht von 38.160 kg aufwies.

Auf Grund eines Wortgeplänkels zwischen dem Rechtsmittelwerber und dem Meldungsleger forderte der Meldungsleger den Rechtsmittelwerber auf, zwecks Achsverwiegung mit dem LKW ein Stück zurückzufahren, was dieser aber verweigerte. Daraufhin wurde der Rechtsmittelwerber wegen Überladung des Sattelzugfahrzeuges um 1.520 kg (das höchstzulässige Gesamtgewicht beträgt 16 t) zur Anzeige gebracht.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Rechtsmittelwerber erneut geltend gemacht, daß er sich deshalb geweigert habe, eine Achslastverwiegung durchzuführen, weil seiner Ansicht nach die dortige Brückenwaage zur Achslastverwiegung auf Grund der örtlichen Gegebenheiten nicht geeignet sei. Diese liege nämlich in einem Gefälle, was eventuell Auswirkungen auf die korrekte Gewichtsfeststellung haben könnte.

Der Sachverständige Ing. I hat gutachtlich festgestellt, daß die Brückenwaage beim Grenzübergang N (Ausreise) der Marke Pfister/DWT11 am 3. Oktober 1993 ordnungsgemäß geeicht war und die beiden Wiegebrücken jeweils eine Länge von 10 m, sohin eine Gesamtlänge von 20 m, aufweisen. Da bei der Verwiegung alle Räder des Sattelkraftfahrzeuges gleichzeitig auf den Wiegebrücken standen (die zwei Achsen des Sattelzugfahrzeuges auf der ersten Wiegebrücke und die drei Achsen des Sattelanhängers auf der zweiten Wiegebrücke), besteht kein Zweifel, daß die Wiegung korrekt durchgeführt wurde. Da der Abstand von der Hinterachse des Sattelzugfahrzeuges bis zur letzten Achse des Sattelanhängers lediglich 8,17 m (6,2 + 1,31 + 1,31 - 0,65) beträgt, hätte durchaus die Möglichkeit bestanden, daß diese vier Achsen auf der zweiten Wiegebrücke verwogen worden wären, wodurch durch Subtrahieren des Gewichtes von 20.660 kg vom Wiegeergebnis man Aufschlüsse über das Gewicht der Hinterachse des Sattelzugfahrzeuges bekommen hätte. Diese Verwiegungsmethode wäre nicht unter das Verbot der achsweisen Verwiegung gefallen, da sich nach wie vor alle fünf Achsen auf der Wiegebrücke befunden hätten.

Da die Summe der Eigengewichte beider Fahrzeuge 15.950 kg beträgt, mußte es sich bei der Beladung (Ladung samt sämtlichen auf den Fahrzeugen mitgeführten Gegenständen und Personen) um ein Gewicht von 22.210 kg gehandelt haben. Daß es bei einer Überladung von 160 kg am Sattelkraftfahrzeug zu einer Überladung von 1.520 kg des Sattelzugfahrzeuges gekommen ist, ist damit erklärbar, daß der Beladungsschwerpunkt am Sattelanhänger zu weit vorne gelegen sein mußte. Hätte sich der Schwerpunkt der Ladung um ca.

50 cm weiter hinten befunden, wäre es nur zu einer Überladung von 160 kg des Sattelkraftfahrzeuges gekommen.

Der Sachverständige hat weiters festgestellt, daß dem Rechtsmittelwerber die falsche Beladung des Sattelanhängers (die Papierrollen waren um ca. 50 cm zu weit vorne geladen) ohne konkrete Abwiegemöglichkeit schwer möglich gewesen sein dürfte, da sich das Fahrverhalten des Sattelkraftfahrzeuges kaum so stark verändert habe (Beschleunigung, Bremsverzögerung, Kurvenfahrverhalten), daß er daraus auf eine Überladung des Sattelzugfahrzeuges schließen hätte müssen.

Der unabhängige Verwaltungssenat vermag den auf der Grundlage der Aussagen des Rechtsmittelwerbers und des Zeugen basierenden Sachverständigenausführungen nichts entgegenzusetzen, wobei auch der Rechtsmittelwerber betont hat, er habe auf die konkrete Beladung des Aufliegers in L keinen Einfluß gehabt, wobei dem Belader in L nicht bekannt gewesen sein dürfte, daß man Papierrollen in der Weise aufladet, daß man zwischen die Vorderwand des Aufliegers und der ersten Papierrolle eine Palette plaziere.

4.2 In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Auf Grund des Ergebnisses des Beweisverfahrens steht zweifelsfrei fest, daß das Sattelzugfahrzeug im gegenständlichen Fall um 1.520 kg überladen war, was darauf zurückzuführen war, daß der Ladungsschwerpunkt um ca. 50 cm zu weit vorne gelegen war.

Dem Rechtsmittelwerber war bei Übernahme des bereits beladenen Aufliegers weder eine Verwiegung an Ort und Stelle möglich, noch war es ihm möglich, die Plazierung der geladenen Papierrollen zu kontrollieren, da der Auflieger bei der Übernahme bereits verplombt war. Anhand der vorgelegten Frachtpapiere ergibt sich, daß das Gewicht der geladenen Papierrollen in Verbindung mit dem Eigengewicht sowohl des Sattelzugfahrzeuges als auch des Aufliegers unter 38 t gelegen war, jedoch hat der Rechtsmittelwerber nicht berücksichtigt, daß zum Gesamtgewicht auch Gegenstände zu zählen sind, die sich außer der zu transportierenden Ladung im Fahrzeug befinden, z.B. Ausrüstungsgegenstände, Kühlschrank samt Inhalt und mitfahrende Personen. Das sich insgesamt ergebende Gewicht des Sattelkraftfahrzeuges von 38.160 kg fällt in den allgemein üblichen Toleranzbereich, nicht aber die Überladung des Sattelzugfahrzeuges um 1.520 kg.

Auf Grund mangelnder Einflußmöglichkeit des Rechtsmittelwerbers war ihm jedoch die Überladung des Sattelzugfahrzeuges aus den oben dargelegten Gründen nicht vorwerfbar.

Zu bemerken ist weiters, daß im Straferkenntnis der Erstinstanz irrtümlich das Kennzeichen des Sattelaufliegers angeführt ist, obwohl sich aus dem Akteninhalt zweifelsfrei ergibt, daß nur das Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen gemeint sein konnte.

Auf der Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall des Verfahrenskostenersatzes ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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