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des Landes Oberösterreich
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VwSen-102531/14/Ki/Shn

Linz, 05.04.1995

VwSen-102531/14/Ki/Shn Linz, am 5. April 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Manfred W, vom 11. Jänner 1995, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 22. Dezember 1994, Zl.VerkR96-3365-1994, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. März 1995 zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird hinsichtlich der Fakten 2, 3 und 4 stattgegeben, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Hinsichtlich Faktum 1 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen. Diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis nach der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch wie folgt zu lauten hat:

"Sie haben am 20. Juli 1994 um 20.00 Uhr den PKW, Kennzeichen GM-44 CM, auf der A1 in Richtung Wien gelenkt und bei Strkm 182,5 die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h mißachtet." II: Hinsichtlich Faktum 1 hat der Berufungswerber zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 500 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

Hinsichtlich Fakten 2, 3 und 4 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG zu II: §§ 64 Abs.1 und 2 bzw 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 22. Dezember 1994, VerkR96-3365-1994, dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 20. Juli 1994 um 20.00 Uhr den PKW, Kennzeichen , auf der A1 in den Gemeindegebieten Allhaming und Pucking in Richtung Wien gelenkt.

1. Er habe bei Strkm 182,5 die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h mißachtet, indem er eine Geschwindigkeit von 174 km/h fuhr.

2. Er habe bei Strkm 178,5 das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h" mißachtet, indem er eine Geschwindigkeit von 170 km/h fuhr.

3. Er habe bei Strkm 175,94 das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h" mißachtet, indem er eine Geschwindigkeit von 154 km/h fuhr.

4. Er habe bei Strkm 175,69 das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h" mißachtet, indem er eine Geschwindigkeit von 110 km/h fuhr.

Er habe dadurch jeweils iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 § 20 Abs.2 StVO 1960 (Faktum 1) bzw § 52 lit.a Z10a StVO 1960 (Fakten 2 bis 4) verletzt.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 2.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden), 2) und 3) jeweils 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 120 Stunden) und 4) 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) verhängt.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens von insgesamt 1.350 S (10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

I.2. Der Berufungswerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 11. Jänner 1995 Berufung und beantragt das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen bzw in eventu die verhängte Strafe in eine mildere umzuwandeln.

Im wesentlichen weist er daraufhin, daß die Angabe des Tatortes hinsichtlich Faktum 2 nicht richtig sei, zumal das gegenständliche Vorschriftszeichen nicht bei km 178,5 sondern erst etwa 1,5 km später bei km 177 stehe. Auch werden die Standorte der in den Fakten 3 und 4 angegebenen Straßenverkehrszeichen bestritten. Weiters wird dem angefochtenen Straferkenntnis Aktenwidrigkeit infolge Mangelhaftigkeit des durchgeführten Ermittlungsverfahrens unterstellt und gerügt, daß die belangte Behörde auf die eingebrachten Beweisanträge nicht eingegangen sei. Darüber hinaus stellt der Berufungswerber ausdrücklich in Abrede, daß mit seinem Fahrzeug eine Geschwindigkeit von 174 km/h gefahren werden könne und es wurden auch Zweifel an der Eichung der Providaanlage des Gendarmeriefahrzeuges ausdrücklich geäußert.

Die Erstbehörde habe auch zu Unrecht als erschwerend gewertet, daß bereits eine gleichartige Verwaltungsstrafvormerkung aus dem Jahre 1992 bestehe, der Berufungswerber verweist in diesem Zusammenhang darauf, daß er im Jahr ca 70.000 km fahre, woraus hervorgehe, daß er grundsätzlich die vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeiten einhalte und diese auch im vorliegenden Fall bei weitem nicht so massiv überschritten habe, wie ihm dies die Strafbehörde vorwerfe.

I.3. Die Erstbehörde hat, ohne von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen, die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, weil weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 29. März 1995 Beweis erhoben. Bei dieser Berufungsverhandlung wurden der Berufungswerber sowie als Zeugen Autobahnmeister Alois L und RI Gerald K einvernommen. Als straßenverkehrstechnischer Amtssachverständiger hat Ing.

Manfred K an der Verhandlung teilgenommen. Weiters wurde in die Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 26. Mai 1994, Zl.138.001/67-I/31-94, sowie in den Bescheid der BH Linz-Land vom 16. Mai 1994, VerkR-110702/753-1993-Rö, Einsicht genommen. Ein weiterer geladener Zeuge, RI H, konnte infolge Erkrankung nicht zur Verhandlung erscheinen.

I.5. Der Berufungswerber hat bei seiner Einvernahme bestätigt, daß er sich etwa zur vorgeworfenen Tatzeit auf dem besagten Autobahnabschnitt in Fahrtrichtung Wien fahrend befunden habe. Die gegenständliche 100 km/h Beschränkung (Strkm 178,5) sei ihm nicht aufgefallen. Er könne auch nicht angeben, wie schnell er damals dort gefahren sei. Am Fuße des Puckingerberges habe er seine Geschwindigkeit reduziert, die Verkehrszeichen (80 km/h bzw 60 km/h Beschränkung) seien ihm schon aufgefallen. Er habe sich ab diesem Zeitpunkt innerhalb einer Kolonne befunden und er könne nicht angeben, wie schnell er gefahren sei. Das Gendarmeriefahrzeug sei ihm vorerst nicht aufgefallen, die Beamten hätten ihn etwa auf Höhe nach der Ausfahrt Traun überholt und sich als Gendarmeriebeamte zu erkennen gegeben. Beim vorgeworfenen Tatfahrzeug handle es sich um einen Opel Vectra, Baujahr 92, 1700 Turbo Diesel, 60 kw (82 PS).

Bezüglich Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden die im Verfahrensakt aufscheinenden Daten bestätigt.

Herr L hat als Zeuge ausgesagt, daß von Mai bis Dezember 1994 im verfahrensgegenständlichen Bereich der Westautobahn Sanierungsarbeiten stattgefunden haben. Im Bereich von km 168,4 bis 175,9 waren Verkehrsbeschränkungen verordnet. Diese Verkehrsbeschränkungen seien in verschiedenen Phasen durchgeführt worden. Die Phasen selbst sind durch Bescheid der BH Linz-Land festgelegt worden. Zum Tatzeitpunkt war die Phase nach dem Regelplan U2.4B in Kraft. Nach diesem Ausführungsplan ergibt sich eine 60 km/h Beschränkung ab Strkm 175,692 bzw eine 80 km/h Beschränkung ab km 175,942, jeweils in Fahrtrichtung Wien gesehen.

Weiters sei auf diesem Ausführungsplan eine 100 km/h Beschränkung ab Strkm 177,642 vorgesehen. Diese 100 km/h Beschränkungstafel sei als Sofortmaßnahme nach § 44b StVO bei Rückstaubildungen von den Gendarmeriebeamten einvernehmlich in Fahrtrichtung Salzburg verlegt worden. Zum Vorfallszeitpunkt sei die Tafel bei km 178,640 gestanden, diese Maßnahme sei einvernehmlich durch die Gendarmerie und die Autobahnmeisterei bzw BH Linz-Land erfolgt.

RI K hat als Zeuge ausgesagt, daß er und sein Kollege zum Vorfallszeitpunkt mit einem Zivilstreifenfahrzeug auf der Westautobahn in Fahrtrichtung Wien unterwegs gewesen seien. Er sei Lenker des Fahrzeuges gewesen. Der Berufungswerber sei ihnen aufgefallen, als er das Gendarmeriedienstfahrzeug im Bereich vor Allhaming überholt hat. Der Berufungswerber sei zu diesem Zeitpunkt seiner Ansicht nach wesentlich schneller als 130 km/h gefahren. Die Beamten seien daraufhin dem Berufungswerber nachgefahren und hätten in der Folge auf einen 2-sec-Abstand aufgeschlossen.

Bei Kilometer 182,5 sei die Messung bereits beendet gewesen.

Die Messung sei mit einem Provida-Gerät vorgenommen worden, der Film selbst sei nicht mehr vorhanden.

Während der Messungen seien die Beamten in einem annähernd gleichen Abstand, dh, in einem optisch wahrnehmbaren gleichen Abstand, dem Berufungswerber nachgefahren. Sie hätten sich bei den Messungen immer unmittelbar hinter dem Fahrzeug des Berufungswerbers befunden. Während der Nachfahrt sei der Fahrstreifen mehrmals gewechselt worden.

Er könne zwar nicht konkret sagen, ob das Gerät zum Vorfallszeitpunkt geeicht war, sollte dies jedoch nicht der Fall gewesen sein, so wäre das Gerät zu diesem Zeitpunkt auch nicht auf der Straße verwendet worden. Die Bedienungsanleitung sei eingehalten worden.

Er habe auf der gesamten vorgeworfenen Tatstrecke den 2-sec-Abstand einhalten können, bezüglich Verkehrsaufkommen führte er aus, daß eher ein geringer Verkehr, jedenfalls kein Kolonnenverkehr, war.

Die Messungen selbst hat sein Kollege durchgeführt, die Geschwindigkeit auf der LCD-Anzeige der Provida-Anlage habe er natürlich schon feststellen können.

Bei Strkm 182,5 sei die erste Messung abgeschlossen gewesen, der Abstand zum Berufungswerberfahrzeug habe jedenfalls weniger als 100 m betragen. Die Messung sei durch Einhaltung eines konstanten Abstandes erfolgt, es sei eine Wegstrecke von jeweils 1000 m eingegeben worden, wobei jedoch die Möglichkeit bestehe, etwa im Baustellenbereich die vorgewählte Strecke bereits vorher zu stoppen. Bei den angezeigten Geschwindigkeiten handle es sich um errechnete Durchschnittsgeschwindigkeiten.

Dem straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigen wurden nachstehende Beweisthemen gestellt:

1. Ist es technisch möglich, mit dem Tatfahrzeug die vorgeworfene Geschwindigkeit (174 km/h) zu erreichen ? 2. Ist es möglich, durch Nachfahren bei gleichzeitiger Verwendung einer Provida-Anlage die Geschwindigkeit des voranfahrenden Fahrzeuges verläßlich festzustellen ? Zu diesen Beweisthemen hat der straßenverkehrstechnische Amtssachverständige nachstehendes Gutachten erstellt:

"Bei dem gegenständlichen Fahrzeug des Bw handelt es sich um einen PKW der Marke Opel Vectra, Type A-17D, der am 4.12.1992 erstmals zugelassen wurde. Dieses Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor 1686 cm3 Hubraum ausgestattet. Die Motorleistung beträgt laut Werksangaben 60 kw (82 PS).

Aufgrund der Angaben des Generalimporteurs bzw der Typengenehmigung beträgt die Bauartgeschwindigkeit des gegenständlichen Fahrzeuges 176 km/h. Unter Bauartgeschwindigkeit versteht man jene Geschwindigkeit, die hinsichtlich der aufgrund der Bauart des Fahrzeuges dauernd gewährleistet ist, daß sie auf gerader waagrechter Fahrbahn bei Windstille erreicht werden kann. Da es sich im gegenständlichen Bereich der A1 in Richtung Linz um einen nahezu waagrechten Fahrbahnverlauf handelt, ist es somit durchaus möglich, daß diese Bauartgeschwindigkeit bei werkseitiger Motoreinstellung ohne weiteres erreicht werden kann. Laut Aussage des Bw wies das gegenständliche Fahrzeug zum Tatzeitpunkt einen km-Stand von etwa 100.000 auf. Hiezu muß bemerkt werden, daß dieser km-Stand auf die mögliche Fahrgeschwindigkeit keinen Einfluß hat, zumal das Fahrzeug keine gravierenden technischen Mängel bzw Motorfehleinstellungen aufweist. Es kann somit festgestellt werden, daß die vorgeworfene Geschwindigkeit von 174 km/h auf der Westautobahn A1 in Fahrtrichtung Wien bei Strkm 182,5 durchaus möglich ist.

Zur Frage, ob die vorgeworfene Verwaltungsübertretung durch Nachfahren unter Verwendung einer Provida-Anlage möglich ist, wird festgestellt, daß die gegenständliche Messung durch Nachfahren mit konstantem Abstand zum Bw erfolgte.

Diese Meßart beruht auf dem Prinzip der gleichbleibenden Geschwindigkeiten des Meßfahrzeuges und des verfolgten Fahrzeuges über eine vorgewählte Strecke. Diese Distanz zum verfolgten Fahrzeug soll in keinem Fall 100 m übersteigen, da es ansonsten schwierig wird, mit bloßem Auge den konstanten Abstand zum verfolgten Fahrzeug genau abzuschätzen. Die Messung läuft bis zur Durchfahrt der vorgewählten Strecke. Die errechnete Durchschnittsgeschwindigkeit erscheint sodann am Display und am Providamonitor. Laut Angabe des Meldungslegers bewegte sich die Zivilstreife aus Richtung Sattledt kommend in Richtung Reith mit einer Geschwindigkeit von 100 bis 130 km/h. Im Bereich Allhaming wurde die Zivilstreife vom Bw überholt.

Nach einer Aufholstrecke, die nicht mehr bekannt ist, wurde sodann die Messung bei km 182,5 abgeschlossen. Der Meldungsleger behauptet, daß die vorgewählte Meßstrecke jeweils 1000 m beträgt. Da der gleichbleibende Abstand zum verfolgten Fahrzeug durch den Fahrzeuglenker jeweils eingehalten wird, der Beifahrer die Providaanlage bedient bzw die auf dieser angezeigten Werte abliest, ist es aus verkehrstechnischer Sicht durchaus möglich, die Geschwindigkeitsübertretung im Bereich bei Strkm 182,5 festzustellen. Aufgrund der Tatsache, daß sich die 80 km/h Geschwindigkeitsbeschränkung auf den Bereich von km 175,94 bis km 175,69 bezieht, muß festgestellt werden, daß der Bw diese 250 m Strecke mit einer Geschwindigkeit von mindestens 154 km/h durchfahren hätte. Hiezu muß festgestellt werden, daß es auf einer derart kurzen Meßstrecke sehr schwierig ist, einen gleichbleibenden Abstand zum Bw herzustellen, da diese Geschwindigkeitsbeschränkung als Geschwindigkeitstrichter vor der Baustelle Ansfelden gedacht war. Des weiteren hätte der Meßablauf derart erfolgen müssen, daß auf diesen 250 m eine Meßstrecke vorgewählt werden hätte müssen.

Die Providaanlage hätte demnach eine Durchschnittsgeschwindigkeit errechnet. Laut Angaben des Meldungslegers hätte die Durchschnittsgeschwindigkeit auf diesen 250 m demnach 154 km/h betragen sollen. Der Bw hätte demnach diese 250 m durchschnittlich in etwa 6 sec durchfahren. Aus verkehrstechnischer Sicht wird daher die verläßliche Feststellung der Geschwindigkeit in diesem Bereich bezweifelt. Da der Meldungsleger in der Anzeige angibt, daß der Bw bei der 60 km/h Beschränkung, Stkm 175,690, eine Geschwindigkeit von mindestens 110 km/h hatte, muß bemerkt werden, daß mit der Providaanlage eine Geschwindigkeit auf dem Prinzip der Wegzeitmessung durchgeführt wird. Es ist somit immer eine Wegstrecke vorzugeben, wobei aufgrund der Zeitmessung die durchschnittliche Geschwindigkeit ermittelt wird. Laut der Anzeige hatte der Bw an einem einzigen Punkt die angegebene Geschwindigkeitsübertretung begangen. Es ist somit unwahrscheinlich, daß diese Geschwindigkeitsbeschränkung mit der Providaanlage festgestellt werden konnte. Laut Angaben des Meldungslegers wurden bei den angeführten Geschwindigkeitsübertretungen keine Toleranzen abgezogen. Es wurde die tatsächlich abgelesene Durchschnittsgeschwindigkeit in der Anzeige angeführt. Hiezu muß jedoch festgestellt werden, daß aufgrund von Meßtoleranzen bzw Reifenverschleiß eine gewisse Toleranz, welche sich innerhalb von etwa 3 % beträgt von der tatsächlich gemessenen Geschwindigkeit abgezogen werden muß.

Diese Toleranz beruht hauptsächlich auf Reifenverschleiß, wobei sich aufgrund der Abnützung dieser Reifen der Abrollumfang jeweils verändert".

I.6. In freier Beweiswürdigung gelangt der O.ö. Verwaltungssenat zur Auffassung, daß die Aussagen der Zeugen der Entscheidung zugrundegelegt werden können.

Diese Aussagen wurden unter Wahrheitspflicht getätigt und sind in sich schlüssig und den Denkgesetzen nachvollziehbar.

Der Berufungswerber konnte sich in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin für den Berufungswerber belastend gewertet werden, im konkreten Falle wirkten jedoch die Angaben des Meldungslegers in bezug auf eine festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung (Faktum 1) glaubwürdig, wobei zu berücksichtigen ist, daß der Berufungswerber selbst eine Geschwindigkeitsüberschreitung zugestanden hat.

Die Einvernahme des bedingt durch eine Erkrankung von der mündlichen Verhandlung ferngebliebenen Gendarmeriebeamten erweist sich objektiv betrachtet als nicht mehr erforderlich.

Die gutächtlichen Feststellungen des straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigen sind schlüssig und stehen nicht im Widerspruch zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen. Das Gutachten kann sohin bedenkenlos der Entscheidung zugrundegelegt werden.

I.7. Nach Würdigung der erhobenen Beweise hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

1.7.1. Das Zeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" zeigt an, daß das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist (§ 52 lit.a Z10a StVO 1960).

Das Berufungsverfahren hat hinsichtlich Faktum 2 ergeben, daß die gegenständliche Geschwindigkeitsbeschränkung (100 km/h) tatsächlich erst ab Strkm 177,642 (Fahrtrichtung Wien) verordnet war. Demnach war der im Straferkenntnis festgestellte Strkm 178,5 nicht von der verfahrensgegenständlichen Verordnung (Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 26. Mai 1994, Zl. 138.009/67-I/31-4, iVm dem Bescheid der BH Linz-Land vom 16. Mai 1994, VerkR-110702/753-1993-Rö) erfaßt und es stellt somit das dem Berufungswerber unter Faktum 2 des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfene Verhalten keine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO 1960 dar. In diesem Zusammenhang wird festgestellt, daß der Argumentation des als Zeugen einvernommenen Autobahnmeisters, die Verlegung des Verkehrszeichens sei als Sofortmaßnahme nach § 44b StVO 1960 bei Rückstaubildungen notwendig gewesen, nicht gefolgt werden kann, zumal Rückstaubildungen im Bereich von Autobahnbaustellen im Regelfall weder ein Elementarereignis noch unvorhersehbar aufgetretene Straßen- oder Baugebrechen bzw unvorhersehbar eingetretene Ereignisse darstellen.

Was die Fakten 3 und 4 des angefochtenen Straferkenntnisses anbelangt, so hat der straßenverkehrstechnische Amtssachverständige schlüssig ausgeführt, daß es unwahrscheinlich sei, daß diese Geschwindigkeitsbeschränkungen mit der Providaanlage festgestellt werden konnten.

Nachdem das sohin in Faktum 2 vorgeworfene Verhalten mangels entsprechender Deckung durch die obzitierte Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr keine Verwaltungsübertretung bildet und dem Berufungswerber das gemäß Fakten 3 und 4 vorgeworfene verwaltungsstrafrechtliche Verhalten nicht nachgewiesen werden kann, war diesbezüglich der Berufung Folge zu geben und - hinsichtlich Fakten 3 und 4 nach dem Grundsatz in dubio pro reo - das Verfahren einzustellen.

I.7.2. Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 in der zur Tatzeit geltenden Fassung darf, sofern die Behörde nicht eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

Bei der verfahrensgegenständlichen Verkehrsfläche handelt es sich um eine Autobahn, sodaß der Berufungswerber, da hinsichtlich des vorgeworfenen Tatortes weder eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlassen noch eine höhere Geschwindigkeit erlaubt war, nicht schneller als 130 km/h fahren durfte. Im gegenständlichen Fall wurde durch Nachfahrt mit einem Gendarmeriedienstfahrzeug in einem konstanten Abstand über eine Strecke von 1000 m bzw Verwendung einer Providaanlage festgestellt, daß der Berufungswerber die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten hat. Unter Zugrundelegung der gutächtlichen Feststellungen des straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigen stellt die erkennende Behörde diesen Umstand als erwiesen fest.

Die Tatsache, daß die Meldungsleger bei der angeführten Geschwindigkeitsübertretung keine Toleranz abgezogen hatten, ist nicht verfahrensrelevant, zumal laut Rechtsprechung des VwGH das Ausmaß der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht konkret vorgeworfen werden muß (vgl etwa VwGH vom 24.10.1986, 86/18/0205). Jede, auch nur geringfügige, Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit stellt einen Verstoß gegen die Bestimmung des § 20 Abs.2 StVO 1960 dar, weshalb das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung kein wesentliches Tatbestandsmerkmal einer solchen Übertretung darstellt.

Demnach ist die gemäß Faktum 1 angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht als erfüllt anzusehen.

Zum Verschulden ist festzustellen, daß hinsichtlich der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ein fahrlässiges Verhalten genügt. Gründe, welche ein Verschulden des Berufungswerbers an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift ausschließen würden, wurden nicht behauptet und sind im Verfahren auch nicht hervorgekommen.

Der Berufungswerber hat daher die vorgeworfene Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten.

Die vorgeworfene Spruchkorrektur war zur Konkretisierung des Strafvorwurfes erforderlich, zumal, wie oben dargelegt wurde, nur festgestellt werden konnte, daß der Berufungswerber die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten hat.

Daß der Berufungswerber tatsächlich eine Geschwindigkeit von 174 km/h gefahren wäre, kann jedoch nicht nachgewiesen werden (Meßtoleranz).

I.7.3. Zur Strafbemessung ist festzustellen, daß die hinsichtlich Faktum 1 verhängte Geldstrafe als tat- und schuldangemessen betrachtet werden kann. Die Erstbehörde hat diesbezüglich den Ermessensspielraum nicht überschritten. Sie hat die Strafe entsprechend den Kriterien des § 19 VStG festgesetzt.

Seitens des unabhängigen Verwaltungssenates wird dazu festgestellt, daß, trotzdem die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit nicht in dem im angefochtenen Straferkenntnis festgestellten Ausmaß nachgewiesen werden kann, die Ausschöpfung des Strafrahmens um 25 % im konkreten Fall jedenfalls vertretbar ist, um dem Beschuldigten sein rechtswidriges Verhalten spürbar vor Augen zu führen. Auch ist zu berücksichtigen, daß der Berufungswerber bereits einmal wegen einer gleichartigen Verwaltungsübertretung bestraft werden mußte, was als straferschwerend anzusehen ist. Mit der Argumentation, er würde im Jahr ca 70.000 km fahren, ist in diesem Zusammenhang nichts zu gewinnen, zumal von jedem mit rechtlichen Werten verbundenen Straßenverkehrsteilnehmer zu erwarten ist, daß er sich den rechtlichen Anordnungen unterwirft.

Zu berücksichtigen ist auch, daß gerade auf Autobahnen Überschreitungen der höchstzulässigen Geschwindigkeit immer wieder Ursachen für schwere und schwerste Verkehrsunfälle darstellen. Eine entsprechend strenge Bestrafung ist daher auch aus generalpräventiven Gründen notwendig.

Unter Zugrundelegung der unbestritten gebliebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers ist daher trotz des Umstandes, daß letztlich die Geschwindigkeitsüberschreitung im von der belangten Behörde festgestellten Ausmaß nicht nachgewiesen werden kann, eine Herabsetzung der verhängten Strafe nicht vertretbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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