Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102540/27/Sch/Rd

Linz, 09.05.1995

VwSen-102540/27/Sch/Rd Linz, am 9. Mai 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof; Beisitzer: Mag. Gallnbrunner; Berichter: Dr. Schön) über die Berufung des TG, vertreten durch RA , vom 17. Jänner 1995 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 29. Dezember 1994, St.1183/94, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung und Verkündung am 25. April 1995 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit Straferkenntnis vom 29. Dezember 1994, St. 1183/94, über Herrn TG, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.5 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 idF der 18. StVO-Novelle, BGBl.Nr. 522/1993, eine Geldstrafe von 12.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einer Woche verhängt, weil er am 20. Februar 1994 um 3.00 Uhr im Landeskrankenhaus Steyr, 4400 Steyr, Sierningerstraße Nr.

170 etabliert, die polizeiärztliche Untersuchung verweigert habe, obwohl er zwischen 1.35 Uhr und 1.40 Uhr in Steyr, Derflingerstraße Nr. 15, den PKW mit dem behördlichen Kennzeichen offenbar in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 1.200 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die belangte Behörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Gemäß § 5 Abs.4 lit.b StVO 1960 in der von der belangten Behörde angewendeten Fassung sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung Per sonen vorzuführen, die ein Fahrzeug lenken oder in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen und sich offenbar in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, wenn eine Untersuchung nach Abs.2a nicht möglich ist.

Wer einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung vorgeführt worden ist, hat sich dieser Untersuchung zu unterziehen (§ 5 Abs.5 StVO 1960).

Aus der eingangs zitierten Bestimmung erhellt, daß der Gesetzgeber bei den Untersuchungsmethoden im Hinblick auf Alkohol eine Reihenfolge in der Weise eingehalten wissen wollte, daß eine sogenannte klinische Untersuchung nur dann zu erfolgen habe, wenn ein Alkotest (in der Praxis schon längere Zeit nicht mehr aktuell) oder eine Alkomatuntersuchung beim Probanden nicht möglich waren. Für den konkreten Fall bedeutete dies, daß zu prüfen war, ob der Berufungswerber zu dem Zeitpunkt, als er zur Mitwirkung an einer klinischen Untersuchung aufgefordert wurde, also am 20. Februar 1994 um 3.00 Uhr im Landeskrankenhaus Steyr, zur Durchführung einer Alkomatuntersuchung in der Lage gewesen wäre. Nach den im wesentlichen übereinstimmenden Aussagen der beiden einvernommenen Zeugen Dr. R und RI F ist diese Frage eindeutig zu bejahen. Es hätte daher eine Aufforderung zur Durchführung einer Alkomatuntersuchung erfolgen müssen, nicht aber eine solche zu einer klinischen Untersuchung.

In diesem Zusammenhang war der Zustand des Berufungswerbers zu jenem Zeitpunkt, als er - offensichtlich tiefschlafend oder bewußtlos - aufgefunden wurde, ohne Bedeutung; entscheidend allein war, ob er zum Zeitpunkt der Aufforderung gemäß § 5 Abs.4 lit.b StVO 1960 in der Lage gewesen wäre, an einer Alkomatuntersuchung mitzuwirken oder nicht.

An der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses fällt auf, daß sich die belangte Behörde mit dieser wesentlichen Frage nicht einmal ansatzweise auseinandergesetzt hat. Wenn der Vertreter dieser Behörde im Rahmen der Berufungsverhandlung - er hat sich im übrigen vor Verkündung der Entscheidung kommentarlos entfernt - anklingen hat lassen, er habe sich bei der Durchführung des Verfahrens auf die genaue einschlägige Rechtskenntnis des Meldungslegers verlassen, so ist ihm entgegenzuhalten, daß nicht primär von einem Sicherheitswachebeamten, sondern von der Behörde, genau genommen vom zuständigen Sachbearbeiter, die genaue Kenntnis der anzuwendenden Rechtslage erwartet werden muß. Es kann auch der Bundespolizeidirektion Steyr und einem dort tätigen leitenden Polizeijuristen nicht unbekannt sein, daß über den Ausgang eines Verwaltungsstrafverfahrens nicht ein Sicherheitswachebeamter, sondern das zuständige Organ der Behörde entscheidet.

Sohin ist daher zusammenfassend festzustellen, daß seitens des Berufungswerbers keine Verpflichtung zur Mitwirkung an der verlangten klinischen Untersuchung bestand, weshalb der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war. Daraus ergibt sich im übrigen auch, daß die von den Parteienvertretern in der Berufungsverhandlung gestellten Beweisanträge mangels Relevanz abzuweisen waren.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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