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des Landes Oberösterreich
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VwSen-102567/10/Gu/Atz

Linz, 03.04.1995

VwSen-102567/10/Gu/Atz Linz, am 3. April 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 2. Kammer unter dem Vorsitz des Dr. Ewald LANGEDER sowie durch Dr. Hans GUSCHLBAUER als Berichter und Dr. Hermann BLEIER als Beisitzer über die Berufung des Hermann F gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 9.1.1995, Zl. VerkR96-4353-1994, betreffend eine Übertretung der StVO 1960 zu Faktum 1, nach der am 10. März 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

Der Berufung wird zu Faktum 1 Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Der Rechtsmittelwerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 45 Abs.1 Z1 VStG, § 66 Abs.1 VStG, § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960.

Entscheidungsgründe:

Der Rechtsmittelwerber wurde mit dem angefochtenen Straferkenntnis unter anderem mit der als Faktum 1 bezeichneten Tat schuldig erkannt, am 4.11.1994 um 19.30 Uhr das Motorfahrrad, Kennzeichen, im Gemeindegebiet von Luftenberg auf der Kutzenbergstraße bis zur Kreuzung mit der Kaplanstraße gelenkt zu haben, obgleich vermutet werden konnte, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe und sich am 4.11.1994 bis 20.00 Uhr am Gendarmerieposten Mauthausen gegenüber einem Organ der Straßenaufsicht geweigert habe, sich zum Zwecke der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt bringen zu lassen, obgleich er angegeben habe, aus gesundheitlichen Gründen keine Atemluftuntersuchung mittels Alkomat durchführen zu können.

Wegen Übertretung des § 5 Abs.5 Z2 iVm § 99 Abs.1 lit.b der Straßenverkehrsordnung 1960 wurde ihm deswegen eine Geldstrafe von 22.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 336 Stunden) und ein Verfahrenskostenbeitrag im Ausmaß von 10 % der ausgesprochenen Geldstrafe auferlegt.

In seiner rechtzeitig dagegen erhobenen Berufung macht der rechtsfreundlich vertretene Rechtsmittelwerber geltend, daß er ohnedies in den Alkomat geblasen habe, dieser aber keine Alkoholisierung angezeigt habe, weswegen die erhebenden Beamten noch zusätzlich eine Blutabnahme von einem Arzt vornehmen lassen wollten. Auf die Frage, wozu das Ganze gut sei, wenn der Alkomat ohnedies nichts angezeigt habe, sei ihm erwidert worden, daß dies eben zu geschehen habe.

Daraufhin habe der Beschuldigte erklärt, daß er dies eigentlich nicht wolle, worauf das Fahrzeug angehalten wurde und er dieses verlassen habe.

Darüber hinaus bekämpft der Rechtsmittelwerber auch noch im Eventualfall die Strafhöhe.

Aufgrund der Berufung wurde am 10. März 1995 die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Rahmen die Aktenlage des erstinstanzlichen Verfahrens dargestellt, dem Beschuldigten Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten und die Zeugen H und H vernommen wurden.

Demnach ist folgender Sachverhalt erwiesen:

Der Beschuldigte lenkte am 4.11.1994 um 19.30 Uhr das Motorfahrrad mit dem Kennzeichen im Gemeindegebiet von Luftenberg auf der Kutzenbergstraße bis zur Kreuzung mit der Kaplanstraße, fuhr dabei in Schlangenlinien, wurde von zwei Organen der Straßenaufsicht stellig gemacht, roch aus dem Munde nach Alkohol und konnte das Motorfahrrad nicht mehr selbst abstellen, wodurch dieses nur mittels fremder Hilfe beiseite gestellt werden konnte. Zuvor hatte er in einem Gasthaus innerhalb einer halben Stunde nach eigenen Angaben drei Seidel Bier genossen. Er wurde von einem geschulten und hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht zur Durchführung einer Untersuchung der Atemluft mittels Alkomaten aufgefordert, welcher Aufforderung er zunächst insoferne nachkam, als er im Dienstkraftwagen der einschreitenden Gendarmerieorgane zum nächstgelegenen Wachzimmer, in welchem sich ein solcher Alkomat befand, nämlich nach Mauthausen mitfuhr. Dort angekommen, wurde von dem dort diensthabenden Beamten ein Formblatt betreffend Fragen zur Atemalkoholuntersuchung, datiert vom 4.11.1994 (Beilage zur Anzeige), begonnen auszufüllen und schließlich vom Beschuldigten auch unterfertigt. Vor der eigentlichen Alkomatuntersuchung gab der Beschuldigte jedoch an, daß er Asthmatiker sei, wodurch er den Alkomaten nicht beblasen könne.

Daraufhin forderte ihn der die Amtshandlung führende Gendarm auf, zu einem Gemeindearzt zur Blutabnahme mitzukommen, indem er nach dem Vorbringen des Beschuldigten, er sei Asthmatiker, die Amtshandlung nicht als beendet betrachtet hatte. Der Beschuldigte weigerte sich im Stiegenhaus des Gendarmeriepostens Mauthausen, diese Aufforderung zu befolgen. Er wurde zunächst noch ein Stück in Richtung Luftenberg - dem Wohnort des Beschuldigten - mitgenommen, wurde jedoch nach einigen Kilometern aus dem Dienstfahrzeug verwiesen, nachdem er sich im Fond des Wagens ungebührlich benommen hatte.

Bei der Würdigung der Beweise kam die 2. Kammer des O.ö.

Verwaltungssenates zur Überzeugung, daß eine Beblasung des Alkomaten entgegen der Darstellung des Beschuldigten nicht erfolgt ist. Dies wird auch aus dem vorerwähnten Beiblatt zur Alkomatuntersuchung deutlich.

Hingegen konnten die widerspruchslosen Aussagen der beiden vernommenen Zeugen, die auch mit der seinerzeitig angefertigten Anzeige übereinstimmten und welche keinen Anlaß für eine Annahme boten, daß sie völlig aus der Luft gegriffen seien, überzeugen.

Folgende rechtliche Erwägungen ergaben schließlich, daß die Weigerung des Beschuldigten ohne Sanktion bleiben mußte:

Gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960, in der anzuwendenden Fassung nach der 19. Novelle, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 8.000 S bis 50.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen zu bestrafen, a) wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, b) wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht, c) (Verfassungsbestimmung) wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, sich Blut abnehmen zu lassen.

Gemäß § 5 Abs.2 leg.cit. sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben ...

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Gemäß § 5 Abs.4 sind Organe der Straßenaufsicht berechtigt, Personen, deren Atemluft auf Alkoholgehalt untersucht werden soll (Abs.2) zum Zweck der Feststellung des Atemalkoholgehaltes zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich ein Atemalkoholmeßgerät befindet, zu bringen, sofern vermutet werden kann, daß sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden oder zur Zeit des Lenkens befunden haben.

Gemäß § 5 Abs.5 leg.cit. sind die Organe der Straßenaufsicht weiters berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, daß sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienste oder bei der Bundespolizeibehörde tätigen Arzt zu bringen, sofern eine Untersuchung gemäß Abs.2 1. keinen den gesetzlichen Grenzwert gemäß Abs.1 übersteigenden Alkoholgehalt ergeben hat oder 2. aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war.

Wer zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem Arzt gebracht wird, hat sich einer Untersuchung durch diesen zu unterziehen.

Gemäß der Verfassungsbestimmung des § 5 Abs.6 StVO 1960 ist an Personen, die gemäß § 5 Abs.5 Z2 zu einem Arzt gebracht werden und die verdächtig sind, sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu befinden, eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes vorzunehmen; die Betroffenen haben diese Blutabnahme vornehmen zu lassen.

Die Strafnorm des § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 enthält drei strafbare Tatbestände.

Aus den Strafnormen des § 99 Abs.1 lit.b und c StVO 1960 ergibt sich weiters, daß es sich bei der Weigerung, sich vorführen zu lassen und der Weigerung sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen Blut abnehmen zu lassen, um zwei gesonderte Straftatbestände handelt.

Sowohl die Verfolgungshandlung als auch das Straferkenntnis beschreiben im Spruch, daß sich der Beschuldigte unter Berufung auf gesundheitliche Gründe den Alkomattest nicht durchführen zu können, geweigert hat, zwecks Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt bringen zu lassen. Dies würde ein tatbestandsmäßiges Handeln bzw.

Unterlassen bedeuten.

Dadurch, daß die Organe nicht nur auf Vorführung bestanden, sondern ihn gleichzeitig aufforderten, zu einem Gemeindearzt zur Blutabnahme mitzukommen, wurde der Bogen der zulässigen Aufforderung, welche von einem tatbildmäßigen Verhalten nach § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 vorgezeichnet ist, überspannt und mußte die daraufhin erfolgte Weigerung des Beschuldigten sanktionslos bleiben.

Aus all diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Der Erfolg des Rechtsmittels zu Faktum 1 des angefochtenen Straferkenntnisses hatte auf der Kostenseite die Folge, daß der Rechtsmittelwerber keinerlei Verfahrenskostenbeiträge zu leisten hat (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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