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des Landes Oberösterreich
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VwSen-102568/9/Gu/Atz

Linz, 21.03.1995

VwSen-102568/9/Gu/Atz Linz, am 21. März 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans GUSCHLBAUER über die Berufung des H. F., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H. M.

gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 9.1.1995, Zl. VerkR96-4353-1994, betreffend die Fakten 2 und 3, und zwar Übertretungen der StVO 1960 und des KFG, nach der am 10. März 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

Der Berufung wird in den Fakten 2 und 3 keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt; bezüglich des Faktums 3 mit der Maßgabe, daß die verletzte Verwaltungsvorschrift § 7 Abs.1 KFG 1967 iVm § 4 Abs.4 KDV iVm § 102 Abs.1 und § 134 Abs.1 KFG 1967 zu lauten hat.

Der Rechtsmittelwerber hat an Beiträgen zu den Kosten des Berufungsverfahrens die Beträge von 160 S und 100 S, gesamt sohin 260,--, binnen zwei Wochen nach Zustellung an den O.ö.

Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 19 VStG, § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Der Rechtsmittelwerber wurde mit dem angefochtenen Straferkenntnis unter anderem schuldig erkannt, am 4.11.1994 um 19.30 Uhr das Motorfahrrad, Kennzeichen ..., im Gemeindegebiet von Luftenberg auf der Kutzenbergstraße bis zur Kreuzung mit der Kaplanstraße gelenkt zu haben und hiebei die Rechtsfahrordnung dadurch nicht eingehalten zu haben, indem er in Schlangenlinien die ganze Fahrbahn benutzt habe.

Darüber hinaus habe sich das Motorfahrrad in einem vorschriftswidrigen Zustand befunden, da der Vorderradreifen nicht mehr die erforderliche Mindestprofiltiefe aufgewiesen habe.

Die erste Instanz hat ihr Straferkenntnis bzw. den zugrundeliegenden Sachverhalt auf die Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos St. Georgen/Gusen vom 7.11.1994 gestützt, aus der die Fahrweise des Beschuldigten durch die dienstliche Wahrnehmung zweier Gendarmeriebeamter beschrieben ist und bezüglich des abgefahrenen Vorderreifens vermerkt ist, daß es sich um einen der Marke Michelin, Dimension 2.75 - 17 mit unleserlicher Reifennummer gehandelt hat. Der Reifen war in der Mitte der gesamten Lauffläche auf einer Breite von 3 cm deutlich unter 1 mm abgefahren; stellenweise war kein Profil mehr sichtbar.

Der Rechtsmittelwerber hat die im erstinstanzlichen Verfahren gebotene Gelegenheit zur Rechtfertigung ungenutzt verstreichen lassen.

In seiner, auch gegen die in Rede stehenden beiden Fakten, erhobenen Berufung macht der Rechtsmittelwerber Feststellungsmängel geltend, wie die Profiltiefe des bemängelten Reifens gemessen worden sei.

Bezüglich des Vorwurfes, daß er in Schlangenlinien gefahren sei, führt er aus, daß in die Kutzenbergstraße Kanaldeckel eingelassen seien, welche erheblich tiefer lägen als die Asphaltdecke. Es sei daher logisch, wenn mit einem einspurigen Fahrzeug diese Deckel umfahren würden. Nicht ordnungsgemäß eingepaßte Kanaldeckel stellten eine Gefährdung der Verkehrsteilnehmer dar. Ein Umfahren von Kanaldeckel könne daher nicht als Verstoß nach § 7 Abs.1 StVO gewertet werden.

Ferner sei § 102 Abs.1 KFG iVm § 134 Abs.1 KFG im gegenständlichen Fall nicht anwendbar, da sich erstere Bestimmung auf ein Kraftfahrzeug mit zu ziehendem Anhänger sowie Beladung beziehe.

Aufgrund der Berufung wurde am 10. März 1995 die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Rahmen die Aktenlage des erstinstanzlichen Verfahrens dargestellt, dem Beschuldigten Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten und die Zeugen H. und H. vernommen.

Demnach steht fest, daß der Beschuldigte zur Tatzeit am Tatort mit dem Mofa Puch, Kennzeichen ... in Schlangenlinien gefahren ist. Ein rechtmäßiges Alternativverhalten, nämlich geradlinig rechts zu fahren, gegebenenfalls unter Verminderung der Geschwindigkeit bei Unebenheit war zumutbar und geboten.

Der Beschuldigte wurde von zwei Straßenaufsichtsorganen hiebei gesehen, angehalten und nachdem Symptome eine Alkoholisierung vermuten ließen, zum Alkotest aufgefordert was allerdings Gegenstand einer gesonderten Entscheidung einer Kammer des O.ö. Verwaltungssenates bildet.

Der Beschuldigte war nicht in der Lage das Moped selbst abzustellen. Ein Gemeindearbeiter namens H. stellte daraufhin das Moped in einer seitlich befindenden Garagenzufahrt ab.

Die Beschaffenheit des Vorderreifens wurde von einem Gendarmerieorgan durch Sichtkontrolle geprüft und dabei festgestellt, daß der Vorderreifen in der Mitte der Lauffläche in einer Breite von 3 cm abgefahren war und eine Profiltiefe von deutlich unter 1 mm aufwies, wobei stellenweise kein Profil mehr sichtbar war.

Das Schlangenlinienfahren ist von seiten des Beschuldigten unbestritten. Er beruft sich dabei auf einen Rechtfertigungsgrund. Bezüglich des Unterschreitens der Mindestprofiltiefe ist hinsichtlich der Beweiswürdigung anzumerken, daß die Wahrnehmungen eines geschulten Straßenaufsichtsorganes, das an bestimmten Stellen der Reifenmitte des Vorderreifens kein Profil mehr sichtbar war, auch ohne Meßgerät festgestellt werden kann und die diesbezügliche Feststellung überzeugen konnte.

Bei diesem Sachverhalt war rechtlich zu erwägen:

Gemäß § 7 Abs.1 StVO 1960 in der Fassung der 19.

StVO-Novelle hat der Lenker eines Fahrzeuges, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, soweit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist.

Daß der Tatort eine Baustelle oder ein sonstiger besonders gefährlicher Ort gewesen sei oder irgend welchen Beschränkungen unterlegen sei, ist durch nichts erwiesen.

Der Lenker eines einspurigen Fahrzeuges ist beim Rechtsfahrgebot beim Befahren von Kanaldeckel genauso wie der Lenker eines mehrspurigen Fahrzeuges gehalten, eine geradlinige Spur zu verfolgen (allenfalls bei Unebenheit die Geschwindigkeit zu vermindern). Die bloße Unebenheit eines Kanaldeckels im Straßenverlauf rechtfertigt nicht die Annahme einer eigenen Gefährdung oder Beschädigung von Sachen.

Jedenfalls hat der Beschuldigte auch nichts konkretes hiezu zu seiner Entlastung als Beweis anbieten können.

Schon der Vertrauensgrundsatz erfordert es, daß nachfolgende Straßenbenutzer sich darauf verlassen können müssen, daß die Benutzer einspuriger Fahrzeuge und Kraftfahrzeuge auf öffentlicher Straße nicht Slalomfahrten durchführen.

Durch sein Verhalten hat der Beschuldigte eine Verwaltungsübertretung, welche gemäß § 99 Abs.3 lit.a mit Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen ist, begangen, indem er als Lenker eines Fahrzeuges gegen die vorerwähnte Vorschrift des § 7 Abs.1 StVO 1960 verstoßen hat.

Auch ein übergesetzlicher Notstand im Sinn des § 6 VStG ist nicht bescheinigt, sodaß auf der subjektiven Tatseite das Verschulden im Sinn des § 5 Abs.1 VStG anzunehmen ist.

Gemäß § 7 Abs.1 KFG müssen Kraftfahrzeuge und die mit ihnen gezogenen Anhänger außer Anhängeschlitten mit Reifen oder Gleisketten versehen sein, die nach ihrer Bauart, ihren Abmessungen und ihrem Zustand auch bei den höchsten für das Fahrzeug zulässigen Achslasten und bei der Bauartgeschwindigkeit des Fahrzeuges verkehrs- und betriebssicher sind und durch die die Fahrbahn bei der üblichen Benützung nicht in einem unzulässigen Ausmaß abgenutzt werden kann. Räder von Kraftfahrzeugen mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h und Räder von Anhängern, mit denen eine Geschwindigkeit von 25 km/h überschritten werden kann, müssen mit ausreichenden Radabdeckungen wie Kotflügel und dergleichen versehen sein.

Gemäß § 4 Abs.4 KDV muß die Mindestprofiltiefe bei Motorfahrrädern mindestens 1 mm betragen.

Gemäß § 102 Abs.1 KFG darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, daß das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen.

Gemäß § 134 Abs.1 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 30.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen ist, wer diesem Bundesgesetz, den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln IV bis IX der Verordnung EWG Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl.Nr.

L 370 vom 31. Dezember 1985, S. 1 sowie der Verordnung EWG Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr ABl.Nr.

L 370 vom 31. Dezember 1985, S. 8, geändert durch Verordnung EWG Nr. 3572/1990, ABl.Nr. L 353 vom 17. Dezember 1990, S. 12 zuwiderhandelt.

Daß es sich bei einem Motorfahrrad um ein Kraftfahrzeug handelt, bedarf keiner besonderen Erörterung.

Der Rechtsmittelwerber hat keine Gründe dargetan, warum ihm die Kontrolle des Zustandes des Vorderreifens nach dem Ausborgen vom Zulassungsbesitzer und vor Antritt der Fahrt nicht möglich und zumutbar gewesen wäre.

Demzufolge hat er auch für diese Tat einzustehen.

Was die Strafbemessung anlangt, so ist gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Strafrahmen für die beiden Übertretungen wurden bereits eingangs erwähnt.

Die erste Instanz hat, nachdem sich der Beschuldigte im erstinstanzlichen Verfahren auch bezüglich seiner persönlichen Verhältnisse verschwiegen hat, sein Monatseinkommen auf 12.000 S geschätzt und eine Sorgepflicht für eine Gattin angenommen.

Nunmehr macht der Rechtsmittelwerber geltend, er sei Bauhilfsarbeiter und derzeit von saisonaler Arbeitslosigkeit betroffen, ohne daß er konkrete Angaben über sein Einkommen macht oder sonst die Schätzung der ersten Instanz als völlig danebengegriffen zu bescheinigen vermag.

Angesichts der Tatsache, daß dem Rechtsmittelwerber mildernde Umstände im Sinne des § 34 StGB nicht zukommen, er hingegen zehn ungetilgte, rechtskräftige Vormerkungen wegen Übertretung der StVO und des KFG besitzt und weder das Verschulden geringfügig war, noch die objektive Tatseite als unbedeutend anzusehen war, wodurch ein Absehen von einer Bestrafung nicht in Betracht kam, war insbesondere aus Gründen der Spezialprävention der Ausspruch der verhängten Strafen, welche sich ohnedies im untersten Bereich des Strafrahmens bewegen, zu bestätigen. Dies hatte auf der Verfahrenskostenseite zur Folge, daß den Rechtsmittelwerber gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG die Pflicht zur Bezahlung eines Kostenbeitrages für das Berufungsverfahren im Ausmaß von 20 % der bestätigten Geldstrafen trifft.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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