Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102651/10/Weg/Ri

Linz, 16.06.1995

VwSen-102651/10/Weg/Ri Linz, am 16. Juni 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des P gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft ... vom 16. Februar 1995, VerkR..., nach der am 13. Juni 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft ... als im Wege des § 29 a VStG zuständig gewordene Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 64 Abs.1 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 10.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 240 Stunden verhängt, weil dieser am 17. Juni 1994 um 3.50 Uhr den LKW, ..., Kennzeichen ..., in ..., Ortsmitte zur Zufahrt ... gelenkt hat, ohne die hiefür erforderliche Lenkerberechtigung der Gruppe B zu besitzen.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 1.000 S in Vorschreibung gebracht.

2. Dagegen wendet der Berufungswerber in seiner rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung sinngemäß ein, nicht er sondern seine Gattin habe den verfahrensgegenständlichen LKW gelenkt. Lediglich aus dem Umstand, auf der Lenkerseite ausgestiegen zu sein, könne nicht auf die Lenkeigenschaft geschlossen werden. Er sei deshalb auf der Lenkerseite ausgestiegen, weil auf der Beifahrersitzbank äußerst rechts sein Hund gelegen sei und dort geschlafen habe. Er selbst sei in der Mitte des Passagierraumes gesessen und habe deswegen den Ausstieg auf der Lenkerseite gewählt, weil er ansonsten über den Hund hätte klettern müssen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Beschuldigten, durch zeugenschaftliche Vernehmung der Rev. Inspektoren ... und ... sowie der ...

(Gattin des Beschuldigten) anläßlich der mündlichen Verhandlung am 13. Juni 1995, zu der ein Vertreter der belangten Behörde nicht erschienen ist.

Die beiden Gendarmeriebeamten haben - so die übereinstimmenden Aussagen dieser Zeugen - den Beschuldigten beim Lenken des LKWs nicht gesehen. Sie sahen den Beschuldigten lediglich auf der Lenkerseite aussteigen und schlossen aus dem Zeitablauf zwischen dem Zumstillstandbringen des Fahrzeuges und dem Aussteigen, daß nur jene Person ausgestiegen sein konnte, die sich am Lenkersitz befand. Hinsichtlich der Beobachtungsmöglichkeit eines Sitzplatztausches waren die Aussagen der Gendarmeriebeamten insofern widersprüchlich, als Rev.Insp.

... ausführte, es sei durch den Spiegeleffekt der Seitenscheibe eine diesbezügliche Beobachtung nicht möglich gewesen, während Rev.Insp. ... ausführte, er habe durch die Seitenscheibe nur eine Person gesehen, nämlich den Lenker (allerdings nur in Konturen und ohne ihn zu erkennen), welcher schließlich auch das Fahrzeug auf der Lenkerseite verlassen hat. Die andere Person, nämlich die Gattin des Beschuldigten hat Rev.Insp. ... erst wahrgenommen, als der Beschuldigte nach der Verrichtung des zu tätigenden Transportes von Koffern zur Raika wieder im Begriff war, einzusteigen. Rev.Insp. ... schloß nicht aus, daß die Gattin des Beschuldigten in der Mitte des Passagierraumes gesessen ist und auf der rechten Seite ein Hund lag. Diesbezüglich decken sich die Aussagen auch mit denen des Beschuldigten und der als Zeugin vernommenen Gattin des Beschuldigten.

Letztere führten aus, daß den LKW die Gattin des Beschuldigten gelenkt hat. Der Beschuldigte habe in der Mitte des Passagierraumes Platz genommen gehabt und sei deshalb nicht auf der rechten Seite ausgestiegen, weil er dabei über den schlafenden Hund hätte klettern müssen und außerdem zu befürchten gewesen sei, daß beim Öffnen der Beifahrertür der an der Beifahrertür lehnende Hund hinausgefallen wäre. Der Lenkersitz des verwendeten LKWs liegt ca. 10 cm über der für die Beifahrer bestimmten Sitzbank. Die Gattin - so die Aussagen des Beschuldigten und der Zeugin - ist über den Schoß des in der Mitte sitzenden Gatten "gerutscht", während der auf dem Mittelsitz Platz genommen habende Beschuldigte sich gleichzeitig auf den Lenkersitz begab und sofort ausstieg.

Diese Sachverhaltsdarstellung ist in Anbetracht der körperlichen Konstitution (beide sind schlank) zumindest technisch leicht vorstellbar und ohne Schwierigkeiten auch in kürzester Zeit zu bewältigen.

Nachdem die beiden Gendarmeriebeamten die Lenkereigenschaft dem Grund nach nur daraus schlossen, daß der Berufungswerber auf der Lenkerseite ausgestiegen ist, das Lenkmanöver jedoch nicht beobachtet werden konnte, umgekehrt die Darstellung des Beschuldigten und insbesondere der sehr glaubhaft wirkenden Zeugin immerhin möglich erscheint, war bei der Ermittlung des Sachverhaltes im Zweifel davon auszugehen, daß die Gattin des Beschuldigten die Lenkerin war. Es hat an diesem Tag genieselt und es war dies auch der Grund, daß nicht die Gattin den Austausch der Transportkoffer vornahm sondern eben wegen dieses Regens der Beschuldigte, auch wenn dies wegen des Platztausches mit Schwierigkeiten verbunden war.

Zu den Aussagen der Gendarmeriebeamten ist insgesamt noch zu bemerken, daß diese ihr Augenmerk nicht auf die Lenkereigenschaft richteten, sondern deswegen zur nächtlichen Stunde Vorpaß gehalten haben, weil es im Bereich des Raika-Parkplatzes ... in den vergangenen Monaten zu mehreren Sachbeschädigungen (Zerkratzen von Autos) gekommen ist. Zu Beginn der Amtshandlung war noch nicht bekannt, daß der Berufungswerber keine Lenkerberechtigung besaß, dies stellte sich erst auf dem Wachzimmer heraus, zu welchem der Beschuldigte wegen des Verdachtes der Sachbeschädigung mitgenommen wurde. Wegen des Zerkratzens des zu Provokationszwecken aufgestellten Autos erfolgte im übrigen eine rechtskräftige Veruteilung des Beschuldigten.

Zusammenfassend ist auf Grund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung (die im übrigen mit der Anzeige sprachlich völlig identen Zeugenaussagen vor der Erstbehörde dürfen auf Grund des Unmittelbarkeitsgrundsatzes nicht berücksichtigt werden) festzuhalten, daß die Lenkereigenschaft des Beschuldigten nicht mit einer für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit erwiesen ist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG ist von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zur verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

In Befolgung dieser Gesetzesstelle war bei dem als erwiesen angenommenen Sachverhalt spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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