Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102704/12/Weg/Ri

Linz, 24.05.1995

VwSen-102704/12/Weg/Ri Linz, am 24. Mai 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des C K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A, vom 2. März 1995 gegen die Fakten 1, 2, 3, 4 und 6 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft ... vom 14.

Februar 1995, VerkR96..., zu Recht erkannt:

I. Aus Anlaß der Berufung wird unter Bestätigung des Schuldspruches zum Faktum 1 (§ 97 Abs.5 1. und 2. Satz StVO 1960) die Geldstrafe mit 500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 12 Stunden festgesetzt und dieses Verhalten unter die Strafnorm des § 99 Abs.4 lit.i StVO 1960 idF vor der 19. StVO Novelle subsumiert.

II. Der Berufung gegen das Faktum 2 des Straferkenntnisses wird Folge gegeben und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis behoben.

III. Die nur hinsichtlich der Strafhöhe eingebrachte Berufung gegen die Fakten 3, 4 und 6 wird abgewiesen.

Die zu diesen Fakten verhängten Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) werden bestätigt.

IV. Verfahrenskosten:

Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich zum Faktum 1 auf 50 S und entfällt zum Faktum 2.

Betreffend die Fakten 3, 4 und 6 hat der Berufungswerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 3 x 100 S (20 % der verhängten Geldstrafe) bei sonstiger Exekution binnen zwei Wochen zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 51 Abs.1 VStG; zum Faktum 1: § 1 Abs.2; zum Faktum 2: § 45 Abs.1 Z1 und Z3 VStG; zu den Fakten 3, 4 und 6: § 19 VStG; zu den Verfahrenskosten: § 64 und § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft ... hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber unter den Punkten 1-4 und 6 wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 99 Abs.3 lit.j iVm § 97 Abs.5 StVO 1960, 2.) § 99 Abs.3 lit.a iVm § 7 Abs.2 StVO 1960, 3.) § 134 Abs.1 iVm § 102 Abs.5 lit.a KFG 1967, 4.) § 134 Abs.1 iVm § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 und 6.) § 134 Abs.1 iVm § 33 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen (und im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen) von 1.) 2.000 S (48 Stunden), 2.) 2.000 S (48 Stunden), 3.) 500 S (12 Stunden) 4.) 500 S (12 Stunden) und 6.) 500 S (12 Stunden verhängt, weil dieser am 14. Mai 1994 um 4.30 Uhr den PKW BMW ..., Kennzeichen ..., auf der ... Gemeindestraße, ..., im Gemeindegebiet ... gelenkt und dabei 1.) im Ortsgebiet ..., bei der Kreuzung mit der ...-Gemeindestraße der durch deutlich sichtbare Zeichen mittels Rotlicht gegebenen Aufforderung zum Anhalten zwecks Lenkerkontrolle durch ein Organ der Straßenaufsicht keine Folge geleistet hat, 2.) bei der Kreuzung mit dem ...weg, obwohl es die Verkehrssicherheit wegen Gegenverkehr erforderte, nicht am rechten Fahrbahnrand sondern links in den ...weg gelenkt hat, 3.) ohne bei dieser Fahrt den Führerschein und 4.) ohne den Zulassungsschein für das gelenkte Kraftfahrzeug mitgeführt zu haben und 6.) als Zulassungsbesitzer das Einschwärzen der Rücklichter des genannten PKW's nicht dem Landeshauptmann angezeigt hat.

Außerdem wurde hinsichtlich dieser Fakten ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 550 S in Vorschreibung gebracht.

2. Zur Entscheidung über die Fakten 1 bis 4 und 6 ist (weil die verhängten Geldstrafen 10.000 S nicht übersteigen) das nach der Geschäftsverteilung des O.ö. Verwaltungssenates berufene Einzelmitglied zuständig, während für das Faktum 5 wegen der dort ausgesprochenen Geldstrafe in der Höhe von 25.000 S eine dreigliedrige Kammer zuständig ist (vergleiche § 51c VStG).

Hinsichtlich des Faktums 5 ergeht ein eigenes Straferkenntnis.

3. Der Berufungswerber wendet gegen das Faktum 1 sinngemäß ein, es läge hier aus Gründen des § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 keine Verwaltungsübertretung vor, weil der Berufungswerber wegen des selben Sachverhaltes, nämlich der Nichtbeachtung des mittels Rotlicht gegebenen Zeichens zum Anhalten, nach § 269 Abs.1 erster Fall StGB zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen à S 30 - sohin insgesamt 5.400 S - rechtskräftig verurteilt worden sei. Selbiges gelte zum Faktum 2, wo allerdings ein rechtskräftiger Freispruch vorläge. Außerdem stelle das Verhalten des Berufungswerbers keine Mißachtung des Rechtsfahrgebotes sondern allenfalls eine Mißachtung der Vorrangbestimmungen dar.

Zu den Fakten 3, 4 und 6 bringt der Berufungswerber vor, daß die verhängten Geldstrafen (jeweils 500 S) nicht unter Beachtung der Strafbemessungsvorschriften des § 19 VStG bemessen worden seien. Die diesbezüglichen Schuldsprüche bleiben ausdrücklich unangefochten, sodaß diesbezüglich Rechtskraft vorliegt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zum Faktum 1:

Der Argumentation des Berufungswerbers, daß hier ein Strafausschließungsgrund iSd § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 vorläge, wird nicht beigetreten. Die glaubhaft gemachte Verurteilung vor dem Landesgericht ... erfolgte wegen § 269 Abs.1 erster Fall StGB. Es handelt sich dabei um den strafbaren Tatbestand des Widerstandes gegen die Staatsgewalt und ist nach dieser Bestimmung strafbar, wer eine Behörde mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt oder wer einen Beamten mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung an einer Amtshandlung hindert. Im Straferkenntnis wird dem Berufungswerber jedoch zum Vorwurf gemacht, der durch deutlich sichtbare Zeichen mittels Rotlicht gegebenen Aufforderung zum Anhalten nicht Folge geleistet zu haben, was der Gebotsnorm des § 97 Abs.5 erster und zweiter Satz StVO 1960 zuwiderlaufe. Die Rechtswohltat des § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 kommt aber nur zur Anwendung, wenn die Tat zugleich den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung bildet. Das Nichtbeachten einer Aufforderung zum Anhalten iSd § 97 Abs.5 StVO 1960 stellt jedoch für sich alleine keinen Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung dar. Mangels Identität der Tat kommt sohin diese Rechtswohltat nicht zur Anwendung.

Bei der amtswegigen Überprüfung der angewendeten Strafnorm trat jedoch zutage, daß das Verhalten am 14. Mai 1994 gesetzt wurde, also noch zum Zeitpunkt der Rechtslage vor der 19. StVO Novelle, die am 1. Oktober 1994 in Kraft getreten ist. Nach § 1 Abs.2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

Wenn nun die Erstbehörde das Verhalten des Berufungswerbers unter die mit der 19. StVO Novelle eingeführte Strafnorm des § 99 Abs.3 lit.j subsumiert, so unterliegt sie hier einem Rechtsirrtum, weil der Strafrahmen gemäß § 99 Abs.3 StVO 1960 bis 10.000 S reicht und somit ungünstiger ist als der Strafrahmen nach § 99 Abs.4 lit.i StVO 1960, wonach der Strafrahmen bis maximal 1.000 S reicht. Die Erstbehörde hätte also dieses Verhalten unter § 99 Abs.4 lit.i subsumieren müssen. Aus diesem Grund war das Straferkenntnis hinsichtlich des Faktums 1 zu berichtigen, wozu der unabhängige Verwaltungssenat nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet ist.

Die verhängte Geldstrafe in der Höhe von 500 S bedeutet die Ausschöpfung des Strafrahmens zur Hälfte, was in Anbetracht der Vorsätzlichkeit der Tat und somit eines besonders schweren Verschuldens gerechtfertigt ist, zumal Milderungsgründe nicht vorlagen.

Zum Faktum 2:

Anläßlich der mündlichen Verhandlung am 16. Mai 1995 hat die Befragung des dieses Faktum festgestellt habenden Rev.Insp.

... ergeben, daß der Berufungswerber eine eklatante Vorrangverletzung begangen hat, daß aber der Vorwurf, das Fahrzeug nicht am rechten Fahrbahnrand gelenkt zu haben, nicht verifiziert werden konnte. Die Erstbehörde hat sohin das Verhalten des Berufungswerbers verfehlterweise unter die Strafnorm des § 7 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 gestellt. Die Ausführungen des Berufungswerbers, daß hier ein unrichtiger Tatvorwurf erhoben wurde, waren - zumindest im Zweifel - berechtigt, sodaß spruchgemäß zu entscheiden war, zumal zum nunmehrigen Zeitpunkt wegen der schon eingetretenen Verfolgungsverjährung eine Umsubsumierung durch die Berufungsbehörde nicht mehr möglich war.

Zu den Fakten 3, 4 und 6:

Neben dem im Materiengesetz normierten Strafrahmen ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Mildungerungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen reicht nach § 134 Abs.1 KFG 1967 bis zu 30.000 S.

Selbst wenn der Berufungswerber als Student der Uni ...

lediglich ein Stipendium in der Höhe von 5.400 S bezieht, wird in der von der Erstbehörde vorgenommenen Festsetzung der Strafhöhe kein Ermessensmißbrauch gesehen, zumal keine Milderungsgründe vorliegen und der Strafrahmen nicht einmal zu 2% ausgeschöpft wurde. Im übrigen steht es dem Berufungswerber frei, iSd § 54 b VStG um Strafaufschub oder um Teilzahlung bei der Erstbehörde anzusuchen.

5. Die Kostenentscheidung ist eine durch § 64 und durch § 65 VStG vorgegebene Folge der Sachentscheidung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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