Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102710/4/Bi/Fb

Linz, 08.05.1995

VwSen-102710/4/Bi/Fb Linz, am 8. Mai 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn A J, K, G, vom 23. März 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 14. März 1995, GZ 3-10805-93, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Verfahrenskostenbeiträge sind nicht zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1 und 45 Abs.1 Z3 VStG, §§ 102 Abs.1, 101 Abs.1a und 134 Abs.1 KFG 1967.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 134 Abs.1 und 102 Abs.1 iVm 101 Abs.1 lit.a KFG 1967 eine Geldstrafe von 1.400 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt, weil er am 18. November 1993 um 12.26 Uhr auf dem Amtsplatz des Zollamtes S aus Richtung Deutschland kommend in Fahrtrichtung Österreich den LKW-Zug, bestehend aus Zugfahrzeug und dem Anhänger , gelenkt und somit in Betrieb genommen habe, ohne sich überzeugt zu haben, daß dieses Fahrzeug den gesetzlichen Vorschriften entspricht, da durch die Beladung des Fahrzeuges das höchstzulässige Gesamtgewicht (38 t) um 2.440 kg überschritten worden sei, ds 6,4 %. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 140 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da nach dem Ausspruch der Erstinstanz die Übertretung in Oberösterreich begangen wurde, war der O.ö. Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung zuständig (§ 51 Abs.1 VStG). Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber bringt im wesentlichen vor, die Erstinstanz sei auf seine Argumente nicht bzw unzureichend eingegangen, die festgestellten Wiegeergebnisse stimmten mit den tatsächlichen und mit den von der Absenderstelle glaubwürdig angegebenen Daten nicht überein. Er habe im Umkreis von 30 km/h vom Ladeort keine Möglichkeit zur Gesamtverwiegung des Fahrzeuges gehabt und verweise überdies auf das Erkenntnis VwSen-101652/11/Kei/Bk des O.ö. Verwaltungssenates. Er ersuche um Aufhebung des Straferkenntnisses.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und auf dieser Grundlage erwogen:

Gemäß § 101 Abs.1 lit.a KFG 1967 ist die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern unbeschadet der Bestimmungen der Abs. 2 und 5 nur zulässig, wenn .... die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte eines Kraftwagens mit Anhänger durch die Beladung nicht überschritten wird.

Gemäß § 102 Abs.1 leg.cit. darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, daß das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dabei ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß zum einen die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und zum anderen, daß die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Der Rechtsmittelwerber muß in die Lage versetzt werden, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren (und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch muß geeignet sein, den Bestraften rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Wesentliches Tatbestandsmerkmal des § 102 Abs.1 KFG 1967 ist die Zumutbarkeit der Überprüfung, ob das Kraftfahrzeug und der Anhänger sowie die Beladung den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprechen. Ein darauf bezogener Tatvorwurf wurde dem Rechtsmittelwerber innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist (diese begann am 18.

November 1993 zu laufen und endete demnach am 18. Mai 1994) nicht gemacht. In der Strafverfügung wurde dem Rechtsmittelwerber ebenso wie im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis nur vorgeworfen, er habe das Fahrzeug in Betrieb genommen, ohne sich davon überzeugt zu haben, daß dieses den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Eine Ergänzung des Tatvorwurfs ist in dieser Hinsicht wegen bereits eingetretener Verjährung nicht möglich.

Zum Rechtsmittelvorbringen wird am Rande bemerkt, daß dem Rechtsmittelwerber aus den Papieren lediglich das Eigengewicht des LKW bzw Anhängers (5.930 kg + 7.010 kg = 12.940 kg) und das Bruttogewicht der Fracht (21.600 kg in Form von 1.080 Kartons Bananen zu je 20 kg) bekannt waren. Daraus hätte sich ein Gesamtgewicht von 34.540 kg, sohin noch eine Reserve von 3.460 kg ergeben. Tatsächlich hatte der LKW-Zug samt Ladung jedoch ein Gewicht von 40.440 kg, sohin 5.900 kg mehr als unter Zugrundelegung der Berechnungen des Rechtsmittelwerbers. Zu bedenken ist dabei zum einen, daß auf einem LKW normalerweise außer der Fracht auch noch weitere, nicht unbedingt zur Ausrüstung gehörende Gegenstände mitgeführt werden, zB ein Kühlschrank mit Getränken, Verpflegung, Gepäck, eventuell Schneeketten, und auch möglicherweise weitere Personen mitgenommen werden. Der unabhängige Verwaltungssenat hegt auch dahingehend Zweifel, ob beim Frachtgewicht wirklich nur die transportierten Bananen gemeint sind oder auch deren Verpackung, wobei sich weiters die Frage stellt, ob beim Ausfüllen des Frachtpapiers ein Karton auf 20 kg geschätzt und daraus das Bruttogewicht für 1.080 Kartons berechnet wurde, oder ob diese 1.080 Kartons tatsächlich abgewogen wurden und sich daraus die 21.600 kg Bruttogewicht ergaben.

Für den Lenker eines solchen LKW-Zuges besteht auf dieser Grundlage nur die Möglichkeit, das fahrbereite Kraftfahrzeug samt Anhänger ohne Fracht abzuwiegen, um das tatsächliche Gesamtgewicht des LKW-Zuges vor Aufnahme der Fracht zu erfahren und diesbezüglich disponieren zu können. Daß er sich bei Aufnahme der Fracht auf ihm vom Belader mitgeteilte Gewichte verlassen muß, steht außer Zweifel.

Aus dem Verfahrensakt geht aber hervor, daß die beim Zollamt S verwendete Brückenwaage (LZ Nr. 287373) am 18. November 1993 geeicht war, wobei der Rechtsmittelwerber auch keinerlei Argumente für eine mögliche Fehlerquelle bei der Brückenwaage anzuführen vermocht hat. Auf dieser Grundlage besteht für den unabhängigen Verwaltungssenat kein Zweifel an einer ordnungsgemäßen Verwiegung und Feststellung des tatsächlichen Gesamtgewichtes des LKW-Zuges.

Aus all diesen Überlegungen war im Ergebnis spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall des Verfahrenskostenersatzes ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zu lässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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