Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103286/19/Sch/Rd

Linz, 14.03.1996

VwSen-103286/19/Sch/Rd Linz, am 14. März 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Dr. GS vom 25. Oktober 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 12. Oktober 1995, VerkR96-4694-1994-Wi, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 5. März 1996 zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren wird mit 300 S (20 % der verhängten Geldstrafe) bestimmt.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Straferkenntnis vom 12. Oktober 1995, VerkR96-4694-1994-Wi, über Herrn Dr. GS wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 45 Stunden verhängt, weil er am 10. Juni 1994 um 8.30 Uhr im Gemeindegebiet von Ansfelden auf der Ansfeldener Bezirksstraße auf Höhe des Objektes Haiderstraße 40 (Fa. ) als Lenker des PKW der Marke Mercedes mit dem behördlichen Kennzeichen es unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, die nächste Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 150 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Unbestritten geblieben ist, daß der Berufungswerber zum Vorfallszeitpunkt an der im angefochtenen Straferkenntnis näher umschriebenen Örtlichkeit mit seinem PKW ein Umkehrmanöver durchgeführt hat. Das gleiche gilt im Hinblick darauf, daß der Zeuge MP in der Folge dem Berufungswerber nachgefahren ist und ihn zum Anhalten veranlaßt hat. Es kam zu einem Gespräch zwischen den beiden im Zuge dessen vom Zeugen auf einen Kratzer im linken seitlichen Bereich der hinteren Stoßstange seines Fahrzeuges hingewiesen wurde. Der Berufungswerber bezog diesen Schaden nicht auf sich bzw.

sein Fahrmanöver und fuhr in der Folge weiter.

Ausgehend von diesen und in der Folge noch weiteren zu treffenden Feststellungen ist die Behörde zu der Ansicht gelangt, daß der Berufungswerber zur Meldung des Verkehrsunfalles - ein Identitätsnachweis mit dem Unfallbeteiligten ist unbestrittenerweise nicht erfolgt - verpflichtet gewesen wäre.

Es trifft zwar zu, daß eine Meldepflicht nur dann besteht, wenn eine Sachbeschädigung tatsächlich eingetreten ist. Der Tatbestand nach § 4 Abs.5 StVO 1960 ist auch dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewußtsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte (VwGH 16.12.1976, 1418/75).

Geht man von der unwiderlegbaren Annahme aus, daß der Berufungswerber einen Verkehrsunfall tatsächlich nicht bemerkt hat, so hätten ihm zumindest die erwähnten objektiven Umstände zu Bewußtsein kommen müssen. Ein Umkehrmanöver, im Zuge dessen knapp an ein anderes Fahrzeug herangefahren wird, hat einen Fahrzeuglenker zu besonderer Aufmerksamkeit zu veranlassen. Weiters kann die Tatsache, daß dieser in der Folge ausdrücklich auf einen - wenngleich nach Ansicht des Fahrzeuglenkers nicht auf ihn zurückzuführenden - Schaden an einem zweiten Fahrzeug eben mit der Bestreitung der Kausalität abtun, ihn nicht entschuldigen. In diesem Zusammenhang wird auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen:

Zweck des § 4 StVO 1960 ist es nicht, an Ort und Stelle festzustellen, ob ein Sachschaden von einem Unfall herrührt, ob die Angaben des am Unfall Beteiligten stimmen und überhaupt das Verschulden an einem Unfall zu klären, sondern um den am Unfall beteiligten Fahrzeuglenkern die Möglichkeit zu geben, ohne unnötigen Aufwand und Schwierigkeiten klarstellen zu können, mit wem man sich hinsichtlich der Schadensregulierung in der Folge auseinanderzusetzen haben wird (VwGH 19.12.1975, 2085/74).

Auch eine nur geringfügige Beschädigung, wie das Verbiegen einer Stoßstange oder leichte Lackschäden, verpflichtet zur Verständigung der nächsten Sicherheitsdienststelle (VwGH 4.10.1973, 12929/72).

Der Schaden im vorliegenden Fall (ein ca. 50 cm langer Kratzer in einer Kunststoffstoßstange) kann wohl als geringfügig bezeichnet werden, die Qualität eines "Sachschadens" kommt ihm aber jedenfalls zu.

Auch an einem Fahrzeug, das bereits Altbeschädigungen aufweist, kann durch eine neue Beschädigung ein Schaden entstehen (VwGH 19.3.1982, 02/1122/80).

Schließlich ist noch auf den Unfallablauf aus technischer Sicht einzugehen. Der anläßlich der oa Berufungsverhandlung beigezogene technische Amtssachverständige hat beide unfallbeteiligten Fahrzeuge (getrennt) in Augenschein genommen, die Beschädigungen vermessen und an beiden im korrespondierenden Bereich Kratzspuren festgestellt. Im Zuge einer Stellprobe mit typengleichen Fahrzeugen wurde diese Aussage untermauert, was naturgemäß nicht bedeutet, daß der konkrete Schaden am Fahrzeug des Zeugen zwingend von jenem des Berufungswerbers stammen muß. In Ergänzung zu den obigen Ausführungen zu den erwähnten objektiven Umständen ist noch auf die gutachtliche Aussage dieses Sachverständigen zu verweisen, der schlüssigerweise zumindest von der akustischen Wahrnehmungsmöglichkeit des Anstoßes durch den Berufungswerber ausgeht.

Zu dem vom Berufungswerber beigebrachten Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen für Verkehrssicherheit, Unfallsimulation, Verbrennungsmotoren und Fahrzeugbau Dipl.-Ing. L vom 4. Jänner 1996 ist zu bemerken: Dessen Schlußfolgerung, die gleichmäßige Streifung an der Stoßstange des Toyota (des Zeugen) sei über eine Länge von 50 cm nicht möglich, da der Schaden an einem Fahrzeug bei Berührung in Bogenfahrt vorerst leicht einsetzt, dann tiefer wird, wobei auch Blechteile unter der Stoßstange betroffen sein sollten und dann wieder leichter wird, ist nicht unschlüssig. Hiebei wird allerdings nicht auf jene vom technischen Amtssachverständigen geschilderte mögliche Variante des Vorfallsablaufes Rücksicht genommen, daß die Berührung erst nahezu am Ende des Umkehrmanövers erfolgt sein könnte. Aufgrund des dann gegebenen Winkels erschiene ein Kratzer ohne die vom erstgenannten Sachverständigen aufgezeigten Merkmale ebenfalls schlüssig. Lediglich der Vollständigkeit halber ist noch zu erwähnen, daß die beiden Fahrzeuge vom technischen Amtssachverständigen, nicht aber vom Gutachter Dipl.-Ing. L in Augenschein genommen worden sind.

Zur Aussage des zweitbeteiligten Fahrzeuglenkers, nämlich des MP ist zu bemerken, daß dieser anläßlich der Berufungsverhandlung einen glaubwürdigen Eindruck hinterließ. Es sind nicht die geringsten Anhaltspunkte dahingehend zutagegetreten, er würde sich zu einer falschen Anschuldigung nur deshalb verleiten lassen, um Ersatz für einen relativ geringfügigen Schaden noch dazu an einem Fahrzeug älteren Baujahres zu bekommen. Dazu kommt noch, daß ihm auch bewußt sein mußte, daß ihm eine Bestrafung des Berufungswerbers wegen einer Übertretung des § 4 Abs.5 StVO 1960 kaum behilflich sein kann, zu einem Schadenersatz zu gelangen.

Abschließend wird noch die Ansicht vertreten, daß es völlig dem Sinn und Zweck des § 4 StVO 1960 widersprechen würde, das Vorliegen bzw. das Nichtvorliegen der dort normierten Pflichten nur aus einer ex-post-Betrachtungsweise zu beurteilen. Mit anderen Worten: Für die Maßnahmen vor Ort bzw.

die Meldepflicht sind die gegebenen Umstände entscheidend und ist es nicht Voraussetzung, daß ein Schaden an einem Fahrzeug mit 100%iger Sicherheit - noch dazu gestützt auf Sachverständigengutachten - einem bestimmten Fahrzeuglenker zugerechnet werden kann.

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Zum Schutzzweck des § 4 StVO 1960 wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die obigen Ausführungen verwiesen.

Erschwerungsgründe lagen nicht vor, dem Berufungswerber kam allerdings auch kein Milderungsgrund, insbesonders nicht jener der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, zugute.

Die eventualiter angesprochene Erteilung einer Ermahnung konnte in Anbetracht der obigen Ausführungen nicht erfolgen.

Den von der Erstbehörde angenommenen persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers wurde nicht entgegengetreten, sodaß sie auch der Berufungsentscheidung zugrundegelegt werden können. Die Bezahlung geringfügiger Verwaltungsstrafen kann angesichts derer für den Berufungswerber kein Problem darstellen.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

S c h ö n

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