Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110142/35/Kl/Rd/Pe

Linz, 29.05.2006

 

 

 

VwSen-110142/35/Kl/Rd/Pe Linz, am 29. Mai 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine IX. Kammer (Vorsitzender: Mag. Dr. Steiner, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzerin: Mag. Bismaier) über die Berufung des G H, vertreten durch Rechtsanwälte GesmbH F H & P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis vom 2.3.2000, VerkGe96-35-1999, wegen Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes nach Durchführung von öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlungen am 13.3.2001 und am 26.4.2001, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a Z1, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Berufungswerber für schuldig erkannt, Bestimmungen des § 23 Abs.1 Z8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 iVm Art.1 Abs.1 und Art.5 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 vom 21.12.1994 idFd Verordnung (EG) Nr. 1524/96 vom 30.6.1996 verletzt zu haben, und über ihn gemäß § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz eine Geldstrafe von 20.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen, verhängt, weil er am 16.7.1999 um 14.20 Uhr mit dem Sattelzugfahrzeug, Kz: (D), mit dem Anhänger, Kz: (D), auf der Innkreisautobahn A8 aus Italien kommend in Fahrtrichtung Suben eine Güterbeförderung (Leerfahrt) durchgeführt hat und als Lenker bei der Kontrolle am Parkplatz Osternach, Km 61,980, Gemeinde Ort.i.I., Bezirk Ried im Innkreis, keine Unterlagen entsprechend der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission vom 21. Dezember 1994 über ein System von Ökopunkten für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich vorlegen konnte, aus denen hervorging, dass es sich bei der von ihm durchgeführten Fahrt um eine ökopunktebefreite Fahrt und nicht um eine Transitfahrt (ökopunktepflichtig) gehandelt hat, da der im Fahrzeug angebrachte Umweltdatenträger (ecotag) von ihm auf bilateral eingestellt wurde, wodurch es zu keiner automatischen Entwertung der Ökopunkte kam. Der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs hat jedoch die nachstehend angeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:

a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt;

oder

b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als Umweltdatenträger (ecotag) bezeichnet wird;

oder

c) die in Art.13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden;

oder

d) geeignete Unterlagen aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt, und wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist.

 

Über die dagegen eingebrachte Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 11.5.2001, VwSen-110142/24/Kon/Pr, entschieden. Der Spruch der Berufungsentscheidung lautete:

"Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass dem im Schuldspruch als verletzte Verwaltungsvorschrift iSd Z2 des § 44a VStG angeführten Artikel 1 Abs.1 der Verordnung (EG) 3298/94 idF der Verordnung (EG) 1524/96 hinzuzufügen ist: 'd';

weiters mit der Maßgabe, dass die angewandte Verwaltungsstrafnorm iSd Z3 des § 44a VStG zu lauten hat: '§ 28 Abs.1 (Einleitungssatz) iVm Abs.2 GütbefG'.

 

2. Mit Erkenntnis vom 28.3.2006, Zl. 2001/03/0205-5, hat der Verwaltungsgerichtshof den in Beschwerde gezogenen Bescheid des Oö. Verwaltungssenates wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Begründend wurde hiezu vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Tatbestandsmäßigkeit des Art.1 Abs.1 lit.d der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission das Nichtmitführen und die Nichtvorlage der entsprechenden Unterlagen zur Prüfung voraussetze, wobei die Vorlage dieser Urkunden "auf Verlangen" der Aufsichtsbehörden erfolgen müsse. Die Vorlage entsprechender Unterlagen sei durch die Meldungsleger aber nicht verlangt worden. Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handle es sich bei den in Art.1 Abs.1 der angeführten Verordnung enthaltenen Tatbeständen des Nichtmitführens der genannten Unterlagen und des Nichtvorlegens derselben um selbständig zu verwirklichende Tatbestände (vgl. VwGH vom 6.9.2005, Zl. 2001/03/0249). Nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides, wurde der Beschwerdeführer bestraft, weil er die Unterlagen nicht vorgelegt hat. Bei der Verwaltungsübertretung des Nicht-Vorlegens der in Art.1 Abs.1 lit.d der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission genannten Unterlagen stellt es ein wesentliches Tatbestandselement dar, dass diese Unterlagen auf Verlangen der Aufsichtsbehörden nicht vorgelegt wurden. Für die Strafbarkeit einer Übertretung der zitierten Bestimmung im Hinblick auf die Verwaltungsübertretung des Nicht-Vorlegens der Unterlagen ist es daher maßgeblich, ob auch dieses Tatbestandsmerkmal innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist nach § 31 Abs.2 VStG vorgeworfen wurde.

 

Da im vorliegenden Fall innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist kein entsprechender Vorhalt erfolgte, dass diese Unterlagen "auf Verlangen" der Aufsichtsbehörden nicht vorgelegt wurden, und auch der von der belangten Behörde bestätigte Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses dieses Tatbestandsmerkmal nicht enthält, erweist sich der Ausspruch über das Nichtvorlegen der in Art.1 Abs.1 lit.d der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission genannten Unterlagen für sich allein als rechtswidrig.

 

3. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. VwGH vom 3.10.1985, Slg 11894A).

 

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

Nach der Beweislage (vgl. die Angaben des Berufungswerbers bei der Berufungsverhandlung am 26.4.2001) muss davon ausgegangen werden, dass ein solches Verlangen bei der Amtshandlung nicht gestellt wurde. Zum anderen enthält der Spruch des Straferkenntnisses erster Instanz formell dieses Tatbestandselement nicht. Auch ist ein entsprechender Tatvorwurf innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist nicht erfolgt.

 

Der Berufung war daher in Entsprechung der oa Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren wegen eingetretener Verfolgungsverjährung zur Einstellung zu bringen.

 

4. Weil der Berufung Erfolg beschieden war, entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Wolfgang Steiner

Beschlagwortung:

Tatkonkretisierung, Verweisen auf Verlangen

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