Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103990/16/Fra/Ka

Linz, 10.03.1997

VwSen-103990/16/Fra/Ka Linz, am 10. März 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 27.8.1996, VerkR96-1130-1996-NG, betreffend Übertretung des § 38 Abs.5 iVm § 38 Abs.1 lit.a StVO 1960, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 30.1.1997, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem O.ö.

Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, ds 200 S, zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 19, 24, 51 Abs.1, 51c, 51e, 51g und 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.620/1995; zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 38 Abs.5 iVm § 38 Abs.1 lit.a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er am 21.3.1996 um 17.23 Uhr als Lenker des PKW, Kz.: , in Linz, Linke Brückenstraße-Kreuzung Freistädter Straße, Richtung stadtauswärts, bei rotem Licht der Verkehrsampel das Fahrzeug nicht vor der Haltelinie angehalten hat, sondern in die Kreuzung eingefahren ist.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG).

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung in Verbindung mit einem Lokalaugenschein am 30. Jänner 1997 erwogen:

I.3.1. Der Bw kritisiert die Beweiswürdigung des angefochtenen Straferkenntnisses. Er behauptet, am Tatort zur Tatzeit noch bei grünblinkendem Licht von der Linken Brückenstraße stadtauswärts fahrend in die Freistädter Straße rechts eingebogen zu sein. Nach Überfahren der Haltelinie in der Linken Brückenstraße habe noch ein Fußgänger die Straße auf dem Schutzweg der Freistädter Straße überquert. Dieser habe sich ca. auf halbem Weg befunden. Um dem Fußgänger das ungehinderte und ungefährdete Überqueren zu ermöglichen, habe er sein Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten müssen. Nachdem der Fußgänger die Freistädter Straße auf dem Schutzweg überquert hatte, habe er die Fahrt fortgesetzt, ohne den Querverkehr auf der Freistädter Straße behindert zu haben. Der Bw sieht einen Widerspruch darin, daß der Meldungsleger Rev.Insp. H einerseits in seiner Vernehmung vom 4.7.1996 angab, direkt bei der Kreuzung, laut Anzeige vom 27.3.1996 jedoch vor dem Haus Linke Brückenstraße Nr.26 gestanden zu sein. Gehe man von dieser Standortposition aus, so sei es Herrn Rev.Insp. H nicht möglich gewesen, zu sehen, daß er die gut sichtbar angebrachte Haltelinie überfahren habe. Der Meldungsleger habe auch bei seiner Vernehmung am 4.7.1996 angegeben, daß die Ampel ca. 1 Sekunde auf Rotlicht umgeschaltet hatte, als er die Haltelinie überfahren hat. In der Anzeige vom 27.3.1996 ist jedoch angeführt, daß die Ampel ca. eine halbe Sekunde Rotlicht zeigte, als der Lenker die gut sichtbar angebrachte Haltelinie überfuhr. Rev.Insp. H hätte auch dazu einvernommen werden müssen, ob zur Tatzeit ein Fußgänger auf dem Zebrastreifen die Freistädter Straße überqueren wollte, wie dies auch die Zeugin A aussagte. Dies sei deshalb wesentlich, da diese Fußgängerin den Zebrastreifen ebenfalls bei Rotlicht überqueren hätte müssen, falls die Behauptung des Meldungslegers zutrifft. Gehe man nämlich davon aus, daß es zutrifft, daß dieser Fußgänger die Freistädter Straße überquert hat, so wäre dieser ebenfalls bei Rotlicht über den Zebrastreifen gegangen, wobei es dem Meldungsleger nicht aufgefallen wäre, daß ein Fußgänger bei Rotlicht über die Kreuzung gegangen ist. Ist dieser Fußgänger bei Grünlicht über die Kreuzung gegangen, müsse man auch schlüssig zum Ergebnis kommen, daß er ebenfalls bei zumindest grün blinkendem Licht in die Kreuzung eingefahren ist. Komme man zu dem Ergebnis, daß die Zeugenaussage von A richtig ist, wonach er im Kreuzungsbereich den PKW anhalten habe müssen, um einem Fußgänger das Überqueren der Freistädter Straße auf dem Zebrastreifen zu ermöglichen, so stelle dies ebenfalls einen Widerspruch zur Anzeige der BPD Linz dar. In der Anzeige werde nämlich festgehalten, daß er bei Rotlicht in die Kreuzung eingefahren ist und andere Verkehrsteilnehmer weder gefährdet noch behindert hat. Habe der Fußgänger die Kreuzung überquert, so hätte es zumindest zu einer Behinderung des auf der Freistädter Straße befindlichen Querverkehrs kommen müssen.

I.3.2. Aufgrund der oben angeführten Argumentation hat der O.ö. Verwaltungssenat eine Berufungsverhandlung an Ort und Stelle durchgeführt und sowohl den Meldungsleger Rev.Insp. H als auch die Gattin des Beschuldigten, Frau Renate A, zeugenschaftlich vernommen.

Der unabhängige Verwaltungssenat ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, daß der Bw die ihm zur Last gelegte Übertretung begangen hat. Der unabhängige Verwaltungssenat folgt insoweit den Aussagen des Zeugen Rev.Insp. Halbmayr. Dieser führte im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schlüssig aus, wie er die dem Bw zur Last gelegte Übertretung wahrgenommen hat. Sein Standort befand sich vor dem Hause Linke Brückenstraße Nr.26 an der Ecke zur Freistädter Straße. Der Meinung des Bw, daß in den Aussagen des Meldungslegers im erstinstanzlichen Verfahren insoferne eine Widersprüchlichkeit gegeben sei, als dieser in der Anzeige angeführt hat, sein Standort sei vor dem Hause Linke Brückenstraße Nr.26 und in der nachfolgenden Zeugenaussage angegeben hat, sein Standort sei direkt bei der Kreuzung gewesen, kann der O.ö.

Verwaltungssenat nicht folgen. Die Standortangabe "direkt vor der Kreuzung" ist kein Widerspruch zur Angabe des Standortes "vor dem Hause Linke Brückenstraße Nr.26". Sie ist lediglich weniger präzise.

Der Bw sieht einen Widerspruch auch darin, daß der Meldungsleger in der Anzeige angab, daß die gegenständliche VLSA bereits ca. eine halbe Sekunde Rotlicht ausstrahlte, als er in die Kreuzung einfuhr, in der nachfolgenden Zeugenaussage jedoch ausführte, daß die VLSA bereits ca.

eine Sekunde Rotlicht ausstrahlte, als er die Haltelinie überfuhr. Der Meldungsleger führte nach einem diesbezüglichen Vorhalt bei der Berufungsverhandlung aus, daß seine ersten Angaben eher der Wahrheit entsprechen. Der O.ö. Verwaltungssenat geht daher davon aus, daß die VLSA ca.

eine halbe Sekunde Rotlicht ausstrahlte, als der Bw in die Kreuzung einfuhr, wobei jedoch hinzuzufügen ist, daß die Übergänge zwischen einer halben Sekunde und einer Sekunde vom Aspekt der Wahrnehmung ohnehin fließend sind und diesbezüglich nur Ungefährwerte angegeben werden können. Der Meldungsleger führte weiters aus, daß er sich das Kennzeichen des angezeigten Fahrzeuges sofort in einem Notizbuch, das er immer mit sich führt, vermerkt hat. Der O.ö. Verwaltungssenat konnte sich aufgrund des durchgeführten Lokalaugenscheines davon überzeugen, daß die gegenständliche Kreuzung und die VLSA vom Standort des Meldungslegers ohne weiteres einsehbar ist. Schließlich muß bedacht werden, daß der Meldungsleger ein geschultes Straßenaufsichtsorgan ist, dem zugemutet werden kann, Sachverhalte wie den gegenständlichen richtig wahrzunehmen und wiederzugeben. Darauf angesprochen, ob der Berufungswerber eventuell bei Gelblicht in die Kreuzung eingefahren ist, führte der Meldungsleger aus, daß dies sicher nicht der Fall war. Wenn er in der Anzeige vermerkte, daß der Bw bei Rotlicht in die Kreuzung eingefahren ist, dann war es auch Rotlicht. Er könne diesbezüglich jeden Irrtum ausschließen. Darauf angesprochen, ob den Schutzweg auf der Freistädter Straße noch ein Fußgänger überquerte, gab der Meldungsleger an, sich diesbezüglich nicht mehr erinnern zu können. Ganz sicher habe jedoch der Bw niemand gefährdet oder behindert. Hätte der Bw jemand gefährdert oder behindert, so hätte er dies in der Anzeige auch vermerkt.

Sowohl der Bw als auch seine Ehegattin, die zum Vorfallszeitpunkt am Beifahrersitz des vom Bw gelenkten Fahrzeuges gesessen ist, bestreiten die gegenständliche Übertretung. Beide führen übereinstimmend aus, daß der Bw noch bei grünblinkendem Licht in die Kreuzung eingefahren sei und dann vor dem Schutzweg auf der Freistädter Straße wegen eines darauf befindlichen, die Freistädter Straße überquerenden, Fußgängers anhalten mußte. Der Bw gibt an, den Polizisten nicht wahrgenommen zu haben. Seine Gattin sagte aus, den Polizisten schon gesehen zu haben, sich aber nichts dabei gedacht zu haben. Am besagten Tag sei sie mit ihrem Gatten und den Kindern einkaufen gewesen. Von der ihrem Gatten zur Last gelegten Übertretung habe sie das erste Mal erfahren, als diesem die Strafverfügung zugestellt wurde. Der Meldungsleger müsse sich hinsichtlich seiner Wahrnehmung geirrt haben.

Der Schlußfolgerung den Irrtum betreffend kann der O.ö.

Verwaltungssenat nicht folgen, denn es ist zu bedenken, daß die ggst. VLSA zwischen dem letzten günblinkenden Grünlicht und Rotlicht rund drei Sekunden Gelblicht ausstrahlt. Dies wurde beim Lokalaugenschein festgestellt. Würde man davon ausgehen, daß der Bw beim letzten grünblinkenden Licht in die Kreuzung eingefahren ist, würde dies also rund drei bis vier Sekunden früher gewesen sein, als bei Rotlicht. Laut Version des Meldungslegers hat die VLSA jedoch schon ca.

eine halbe Sekunde Rotlicht ausgestrahlt, als der Bw die Haltelinie überfuhr. Ein Irrtum wäre dann im Bereich des Möglichen, wenn strittig wäre, ob der Bw beim letzten grünblinkenden Licht oder bei Gelblicht eingefahren ist. Der Bw und seine Gattin behaupten jedoch nicht, bei Gelblicht, sondern - siehe oben - bei grünblinkendem Licht in die Kreuzung eingefahren zu sein. Die lange Zeitspanne zwischen dem letzten grünblinkenden Licht und Rotlicht läßt sich somit nicht mehr mit einem Irrtum des Meldungslegers in der Wahrnehmung begründen. Es müßte diesbezüglich schon eine Sinnestäuschung des Meldungslegers vorgelegen sein, wofür jedoch keine Anhaltspunkte bestehen. Unter diesen Prämissen kann es dahingestellt bleiben, ob ein Fußgänger auf dem Schutzweg die Freistädterstraße überquert hat. Zweifellos kann es so gewesen sein, daß auch ein allfällig vorhandener Fußgänger bei Rotlicht die Freistädterstraße überquerte. Der Meldungsleger gab hiezu glaubhaft an, daß auch diesbezüglich die Anzeige nicht anders verfaßt worden wäre. Hätte der Bw jedoch jemand (auch einen Fußgänger) gefährdet oder behindert, wäre dies in der Anzeige auch vermerkt worden.

Folgende Gründe hindern den O.ö. Verwaltungssenat, den Aussagen des Bw und seiner Gattin zu folgen:

Grundsätzlich ist zum Zeugenbeweis festzustellen, daß dieses Beweismittel unzuverlässig ist. Um Zeugen beurteilen zu können, muß mann vor allem die Fehlerquellen von Aussagen kennen. Psychologen, Soziologen, Mediziner, Linguisten, Ethnologen ua. forschen ständig über die Probleme der Wahrnehmung des Erlebens, über Bewußtes und Unbewußtes, über Kommunikationsformen, Kommunikationsstörungen, Kommunikationsmöglichkeiten usw. Wenngleich der O.ö. Verwaltungssenat bei der Berufungsverhandlung den Eindruck gewann, daß die Zeugin und ihr Gatte von der Richtigkeit ihrer Wahrnehmungen überzeugt sind, ist folgendes zu bedenken:

Beim Autofahren nimmt der Lenker oder sein Beifahrer zahlreiche Sinneswahrnehmungen auf. Dies erfordert eine drastische Auswahl jener Wahrnehmungen, die den höheren Hirnzentren zugeleitet werden, da diese sonst mit unwesentlicher Information überschwemmt und von ihr blockiert würden (vgl. Watzlawik/Beavien/Jackson, Menschliche Kommunikation-Formen, Störungen, Paradoxien, 4.

Auflage 1974, Seite 92). Dementsprechend sind im Gehirn gewissermaßen Filter für Wahrnehmungen eingebaut:

Ultrakurzzeit- und Kurzzeit-Gedächtnis. Was über diese Filter nicht in das Langzeit-Gedächtnis gelangt, kann nicht erinnert werden; es wird gewissermaßen im Gehirn gelöscht wie ein übersprochenes Tonband. Auf den ggst. Fall bezogen, bei dem sich lt. Zeugin der Bw vollkommen gesetzeskonform verhalten hat, wobei noch zu bedenken ist, daß er vor und nach dem Vorfall den PKW ebenfalls geraume Zeit gelenkt hat, ist es völlig unwahrscheinlich, sich rund 5 Wochen später (zum Zeitpunkt der Zustellung der Strafverfügung) an einen derartigen, nur ein paar Sekunden dauernden, Vorfall erinnern zu können. Im Grunde würde das bedeuten, sich an jede einzelne Situation rechtskonformen Verhaltens im Straßenverkehr erinnern zu können.

Was für die Zeugin zum Zeitpunkt der Wahrnehmung gleichgültig war, ist plötzlich im Zeitpunkt der Zustellung der Strafverfügung an ihren Gatten von Interesse. Dies ist eine bedeutende Quelle der Unzuverlässigkeit.

Die Wahrnehmung ist ein Persönlichkeitsakt. Deshalb kann der Grundsatz aufgestellt werden, daß in erster Linie dasjenige wahrgenommen wird, was der Persönlichkeit des Wahrnehmenden entspricht und sie angeht. Die Bedürfnisse, Interessen, Erwartungen und Gefühle des Wahrnehmenden sind für die Zuverlässigkeit und Intensität der Wahrnehmung von wesentlicher Bedeutung. Alle Wahrnehmungen werden in einer konkreten emotionalen Verfassung gemacht. So nimmt man ein Fehlverhalten im Straßenverkehr viel eher wahr, als ein gesetzeskonformes Verhalten. Fährt man gesetzeskonform - wie dies der Bw und seine Gattin behaupten - in eine Kreuzung ein, ist dies aus der Sicht der Wahrnehmungsbereitschaft zunächst eine uninteressante Einzelheit. Kommt jedoch später - hier nach Zustellung der Strafverfügung - Interesse daran auf, kann die ursprünglich fehlende Aufnahmebereitschaft nicht ersetzt werden. Die nicht ins Bewußtsein eingedrungenen äußeren Vorgänge sind gewöhnlich für immer verloren. Nachträgliches "Sicherinnern" ist nichts anderes, als Einbildung und Phantasie. Davon wird man so lange ausgehen müssen, bis irgendwelche Anhaltspunkte für eine Aufnahmebereitschaft während des Wahrnehmungsvorganges gefunden werden.

Deshalb ist Vorsicht geboten bei Bekundungen, die gleichgültige, wertneutrale und alltägliche Begebenheiten zum Gegenstand haben (vgl. Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, S. 225 ff).

Die obigen Ausführungen betreffend Wahrnehmungsfähigkeit und Wahrnehmungsbereitschaft sind jedoch beim Meldungsleger unter eine andere Prämisse zu stellen, denn dessen Aufgabe ist es ja, Übertretungen im Straßenverkehr festzustellen.

Sein Augenmerk muß sich auf solche Verhaltensweisen richten.

Natürlich würden auch beim Meldungsleger diese Vorgänge schnell wieder aus dem Bewußtsein verlorengehen, wenn er sich diese nicht sofort dokumentieren würde. Dies hat er jedoch mit dem mitgebrachten Notizblock getan und einige Tage später die Anzeige erstattet.

Zudem ist folgendes zu bedenken:

Weitere Voraussetzung für die Zuverlässigkeit einer Bekundung ist, daß der Zeuge zu einer genauen Schilderung seiner Wahrnehmung bereit ist (Wiedergabebereitschaft). Der Wille zur Wahrheit wird wohl am ehesten geschwächt durch das Angehörigenverhältnis zu einer Partei (seelische Bindung).

Die bei Laien vielfach anzutreffende Meinung, ein Ehegatte könne nicht als Zeugin des anderen Ehegatten auftreten, ist daher aussagepsychologisch durchaus nicht abwegig. Denn bei Ehegatten treffen seelische und vermögensrechtliche Bindungen zusammen. Zuneigung oder Abneigung, Freundschaft oder Feindschaft, gesellschaftliche oder soziale Bindungen können eine der Wahrheitsfindung hinderliche Voreingenommenheit des Zeugen hervorrufen (vgl. Schneider, aaO. S243). Auch das ist im gegenständlichen Fall hinsichtlich der Aussage der Gattin des Bw ein nicht zu vernachlässigender Umstand. Für den Meldungsleger hingegen, der den Beschuldigten nicht kennt und ihn als Lenker des Fahrzeuges auch nicht angehalten hat, besteht dieses Problem der Voreingenommenheit nicht.

Die dem Bw mit dem angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegte Übertretung ist somit nach dem Ergebnis des vom unabhängigen Verwaltungssenat durchgeführten Ermittlungsverfahrens erwiesen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Was die nicht angefochtene Strafe anlangt, kann der O.ö.

Verwaltungssenat eine Überschreitung des Ermessensspielraumes nicht konstatieren. Die belangte Behörde hat unter Berücksichtigung der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Bw eine dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung angemessene Strafe festgesetzt.

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. F r a g n e r

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