Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104676/9/Fra/Ka

Linz, 13.10.1997

VwSen-104676/9/Fra/Ka Linz, am 13. Oktober 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn J B, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. J gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 7.5.1997, VerkR96-15442-1996-Kb, betreffend Übertretung des § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960, nach der am 17.9.1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird hinsichtlich der Schuld als unbegründet abgewiesen und hinsichtlich der Strafe insofern Folge gegeben als die Geldstrafe auf 1.000 S herabgesetzt wird. Für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden festgesetzt. II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu leisten. Für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich der Kostenbeitrag auf 10 % der neu bemessenen Strafe, ds 100 S.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19 und 24 VStG. zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/I. hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 1.500 S (EFS 72 Stunden) verhängt, weil er am 9.3.1996 gegen 14.30 Uhr den PKW, Kz.: , auf der Sonnleitner Bezirksstraße in Richtung Helpfau bis Strkm.3,3, Gemeinde Helpfau Uttendorf, gelenkt und nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, das von ihm gelenkte Fahrzeug nicht sofort angehalten hat. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Strafe vorgeschrieben. I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG). Beweis wurde aufgenommen durch die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 17.9.1997.

I.3.1. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt fest:

Es ist unstrittig, daß der Bw zur Tatzeit am Tatort als Lenker des in Rede stehenden PKW´s an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden beteiligt war und sein Fahrzeug am Unfallsort nicht sofort angehalten hat. Er lenkte sein Fahrzeug noch ca. 1 km bis zur Firma Kr in Ort, Gemeinde Helpfau-Uttendorf, wo er von den anderen Unfallsbeteiligten (Lenker des unfallbeteiligten Fahrzeuges Christian W und Zulassungsbesitzerin Frau Maria S) eingeholt wurde. Der Bw behauptet, daß zum Unfallszeitpunkt seine Fahrbahnhälfte im Gegensatz zur anderen Fahrbahnhälfte spiegelglatt gewesen sei, weshalb er keine starke Bremsung habe einleiten können. Er habe lediglich vom Gas weggehen und das Fahrzeug ausrollen lassen können, da er sonst ins Schleudern geraten und von der Fahrbahn abgekommen wäre. Für ihn sei wesentlich gewesen, seinen PKW aus der Kurve zu entfernen, da ansonsten bei einem Nachfolgeverkehr eine Kollision unvermeidbar gewesen wäre. Nachdem sein Fahrzeug ausgerollt gewesen sei, sei er in die nächste ihm bietende Ausfahrt eingebogen, habe gewendet, um retour zur Unfallstelle zu fahren. Eine Wende auf der Sonnleitner Bezirksstraße sei jedoch im gegenständlichen Bereich nicht möglich und ein Retourfahren zu gefährlich gewesen. Diesem Vorbringen steht jedoch das Ergebnis des vom unabhängigen Verwaltungssenat durchgeführten Ermittlungsverfahrens wie folgt entgegen:

Wie ein Lokalaugenschein anläßlich der Berufungsverhandlung ergeben hat, wäre die erste sich bietende Gelegenheit, das Fahrzeug anzuhalten, bereits auf Höhe des Strkm. 3,2 bei einer Zufahrt zu einer Lehmgrube bzw zum Anwesen Freihub Nr.8 gewesen und nicht erst nach einem Kilometer. Bei der vom Bw angegebenen Geschwindigkeit von 50 km/h und der Tatsache, daß er nach der Kollision vom Gas ging und den PKW ausrollen ließ, wie er behauptet, hätte es ihm möglich sein müssen, das Fahrzeug auf der oa Stelle anzuhalten. Die Kurve, in der sich der Unfall ereignete, liegt bei Strkm.3,280 auf der Sonnleitner Bezirksstraße und befindet sich ca. inmitten eines kleinen Waldstückes. Es handelt sich dabei um eine unübersichtliche Kurve mit einem Winkel von ca. 65 bis 75 Grad. Links und rechts der Fahrbahn grenzen Nadelbäume an. Die Breite der Sonnleitner Bezirksstraße beträgt im Bereich der Unfallstelle 5 m (Asphaltbreite) und wird bis zur Firma K in Ort zunehmend breiter. Selbst wenn man an dieser Stelle eine Wendemöglichkeit verneint, wäre in der Fahrtrichtung des Bw gesehen nach der Unfallstelle jedenfalls eine geeignete Anhalte- bzw Wendestelle gewesen, nämlich an der oa Zufahrt, ca. 80 m nach der Unfallstelle.

Die vom Vertreter des Bw´s bei der Berufungsverhandlung vorgelegte Berechnungstabelle, aus welcher sich ergibt, daß der Bw bei einer realistischen Bremsverzögerung auf teilweise eisglatter Fahrbahn und dem vorhandenen Gefälle von 1 m/sec./2 der Bw seinen PKW von ca. 50 km/h erst auf einer Distanz von 96,5 zum Stillstand bringen hätte können, wobei diese Distanz lediglich den Bremsweg, jedoch nicht den Anhalteweg betrifft und, zieht man noch den Reaktionsweg von einer Sekunde ins Kalkül, sich ein Anhalteweg von 111 m ergibt, ist kein geeigneter Beweis dafür, daß der Bw bei der oa Zufahrt nicht anhalten hätte können, weil einerseits die tatsächliche Geschwindigkeit des von ihm gelenkten Fahrzeuges nicht feststeht und andererseits auch das genaue Ausmaß der Vereisung nicht bekannt ist. Weiters steht nicht genau fest, wo genau die Kollision in der in der Kurve tatsächlich stattgefunden hat, sodaß die Distanz zwischen Unfallsort und Abbiegemöglichkeit zur Schottergrube auch größer sein kann. Doch selbst wenn diese Umstände exakt feststehen würden, und aufgrund von Berechnungen davon auszugehen wäre, daß der Bw seinen PKW tatsächlich nicht bei der oa Einfahrt zum Stillstand hätte bringen können, hätte dieser sein Fahrzeug ein kurzes Stück retour in die oa Einfahrt lenken können. Umstände, daß ihm dies nicht möglich gewesen wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Es ist daher auf die Argumentation des Vertreters des Bw, daß sich nach der ersten Einbiegemöglichkeit auf eine Distanz von 500 m keine weitere Abbiegemöglichkeit befindet, nicht weiter einzugehen, weil dieser Umstand nicht entscheidungserheblich ist, abgesehen davon, daß auch auf dieser Strecke der PKW gewendet hätte werden können (es handelt sich hier um ein gerades Straßenstück). Aufgrund der zeugenschaftlichen Aussage des Gr.Insp. H, GP Mauerkirchen, dem die Unfallsbeteiligten W und S den gegenständlichen Verkehrsunfall meldeten, ist davon auszugehen, daß die vom Bw befahrene Fahrbahnseite keineswegs spiegelglatt war. Er befuhr die Unfallstelle einige Zeit vor dem Unfallszeitpunkt im Zuge des Streifendienstes und konnte (lediglich) durch Wasserfluß gebildete Eisflecken feststellen. Aufgrund der Aussage des Unfallsbeteiligten C W ist als erwiesen festzustellen, daß dieser nach dem Zusammenstoß mit dem PKW des Bw kurz anhielt. Als er bemerkte, daß der Lenker des anderen unfallbeteiligten PKW´s - der Bw - nicht anhielt, fuhr er ca. 100 m weiter bis zu einer übersichtlichen Stelle, wendete sein Fahrzeug und fuhr den vom Bw gelenkten PKW nach. Auch der Zeuge stellte bei der Nachfahrt fest, daß der Bw seinen PKW auf der nach dem Waldstück befindlichen Einfahrt, weiters auf dem dann folgenden langen geraden Straßenstück und auch bei der Einfahrt zur Fa. K wenden hätte können. Er hielt seinen PKW erst bei der nächsten Einmündung in die Sonnleitner Straße (Zufahrtsstraße zur Ortschaft Ort) an, nachdem dieser offensichtlich bemerkt hat, daß er ihm nachgefahren ist. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat keinen Grund, die unter Wahrheitspflicht getätigten zeugenschaftlichen Aussagen des Herrn Gr.Insp. H und des Herrn C in Zweifel zu ziehen. Deren Aussagen sind zudem schlüssig und beide Zeugen vermittelten bei der Berufungsverhandlung einen glaubwürdigen und korrekten Eindruck.

I.3.2. Der unter I.3.1. festgestellte Sachverhalt ist rechtlich wie folgt zu beurteilen:

Der Bw zitiert eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.9.1991, 90/03/0254, wonach bei einer Übertretung des § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 nach ständiger Rechtsprechung des VwGH überdies auch Witterungs- und Fahrbahnverhältnisse zu berücksichtigen sind und daß bei heftigem Schneefall und schneebedeckter Fahrbahn ein Anhalten nicht tunlich ist und somit gegen die oa Bestimmung nicht verstoßen wird, wenn sich der Fahrzeuglenker zum Anhalten seines PKW´s einen ungefährlichen Abstellort sucht. Dieses Judikat kann ihn deshalb nicht entlasten, weil im gegenständlichen Fall - siehe oben - rund 80 m nach der Unfallstelle ein ungefährliches Anhalten möglich gewesen wäre. Dieselbe Argumentation ist auf das weitere vom Bw zitierte Judikat des VwGH vom 23.3.1988, 87/18/0131 anzuwenden, wonach ein sofortiges Stehenbleiben nach den Umständen des Tatortes (Eisglätte, unübersichtliche Kurve und schmale Straße) mit der Gefahr verbunden gewesen wäre, daß ein weiterer Sach- und Personenschaden eintritt und ihm deshalb der Schuldausschließungsgrund des Notstandes nach § 6 VStG zugute käme. Der Bw hätte im Kurvenauslauf ohne weiteres anhalten können, ohne irgendeinen Nachfolgeverkehr zu behindern oder zu gefährden. Keinesfalls hat der Bw - wie er behauptet - sich nach dem Unfall zu Recht von der Unfallstelle kurzfristig entfernt, um anschließend bei einer sich ihm bietenden Möglichkeit umzukehren, zur Unfallstelle zurückzufahren, um mit dem Unfallsgegner Kontakt aufzunehmen. Im gegenständlichen Fall handelt es sich um einen typischen Fall von "Fahrerflucht". Es kann davon ausgegangen werden, daß der Bw nur deshalb ca. 1 km nach der Unfallstelle angehalten hat, weil er bemerkte, daß ihm der Unfallsbeteiligte nachfuhr. Die Ausführungen des Bw sind keineswegs für die Annahme eines Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgrundes geeignet. Er hat damit den ihm zur Last gelegten Tatbestand zu verantworten, weshalb sich die Berufung in der Schuldfrage als unbegründet erwies. I.3.3. Zur Strafbemessung wird ausgeführt:

Die Ausführungen zur Anwendung des § 21 VStG gehen schon deshalb ins Leere, weil nach § 100 Abs.5 StVO 1960 ua bei einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.2 die Bestimmungen der §§ 20 , 21 und 50 VStG keine Anwendung finden. Eine Herabsetzung der Strafe auf das nunmehr bemessene Ausmaß war jedoch deshalb vorzunehmen, weil die belangte Behörde - entgegen dem Gebot des § 19 Abs.2 VStG die Abwägung der Erschwerungs- und Milderungsgründe nicht vorgenommen hat. Dies nachholend ist auszuführen, daß der O.ö. Verwaltungssenat von einem erheblichen Verschulden des Bw ausgeht. Aufgrund des Verhaltens des Beschuldigten ist der Schluß zu ziehen, daß dieser nicht angehalten hätte, wäre ihm der unfallsbeteiligte W nicht nachgefahren. Es war ihm offenbar gleichgültig, welche Folgen der Verkehrsunfall nach sich gezogen hat. Eine Herabsetzung der Strafe war jedoch deshalb geboten, weil der Bw verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist. Dieser Umstand wurde als mildernd gewertet. Erschwerungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 S, welche an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens liegt, ist dem Bw zumutbar und entspricht auch den von der Erstbehörde mangels Angaben des Bw geschätzten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen. Eine weitere Herabsetzung der Strafe war aus spezialpräventiven Gründen nicht vertretbar.

zu II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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