Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105031/8/WEG/Ri

Linz, 21.10.1998

VwSen-105031/8/WEG/Ri Linz, am 21. Oktober 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des J K, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. E G und Dr. J B, vom 13. Oktober 1997 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft S vom 2. Oktober 1997, VerkR96-5924-1996/ah, nach der am 23. September 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

Zusätzlich zu den Verfahrenskosten vor der ersten Instanz hat der Berufungswerber als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 400 S (20% der verhängten Geldstrafe) zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm. § 24, § 51 Abs.1, § 51i und § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft S hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 in Anwendung des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 2.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Arreststrafe von 2 Tagen verhängt, weil dieser am 29. Juli 1996 um ca. 18.01 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen 0 im Ortschaftsbereich M in der Gemeinde E auf der B N Bundesstraße in Richtung P gelenkt hat, wobei er bei Kilometer als Lenker eines Fahrzeuges verbotenerweise ein mehrspuriges Kraftfahrzeug überholte, obwohl er nicht einwandfrei erkennen konnte, ob er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer wieder in den Verkehr einordnen wird können.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 200 S in Vorschreibung gebracht.

Das Straferkenntnis gründet im wesentlichen auf die Anzeige und in der Folge zeugenschaftliche Aussage des Bez.Insp. E vom Gendarmerieposten E, welcher im Zuge von Geschwindigkeitsmessungen mittels eines Lasergerätes den rechtswidrigen Überholvorgang feststellen konnte.

Der Berufungswerber führt im erstinstanzlichen Verfahren (Einspruch vom 19. November 1996) aus, daß nach seiner Ansicht der entgegenkommende PKW-Lenker weder behindert noch gefährdet wurde und er sich nach dem Überholvorgang noch problemlos auf die rechte Fahrbahnhälfte hat einordnen können. Der überholte PKW-Lenker sei nach seiner Ansicht nicht 70 km/h sondern eher 60 km/h gefahren, sodaß er den Überholvorgang auf einer sehr kurzen Strecke habe durchführen können. Er sei bereits wieder auf der rechten Fahrbahnhälfte gewesen, als der Gegenverkehr gekommen sei. Nach seiner Ansicht hätte der entgegenkommende PKW-Lenker nicht bremsen müssen. Dieser sei vielmehr nach Ende des Überholvorganges noch ca. 500 m entfernt gewesen.

In der Berufungsschrift führt der nunmehr rechtsfreundlich vertretene Berufungswerber aus, das Straferkenntnis, vor dessen Erlassung auch ein Sachverständigengutachten eingeholt wurde, sei rechtswidrig. Es wird Mangelhaftigkeit des Verfahrens vorgebracht, weil das Gutachten von Hypothesen ausgehe, die alle zu seinen Lasten angenommen worden seien. Das Überholmanöver hätte sich völlig anders zugetragen. Er habe beim Überholmanöver keineswegs von 60 km/h auf die spätere Fahrgeschwindigkeit beschleunigen müssen, sondern habe sich dem zu überholenden Fahrzeug mit ca. 90 km/h bis 100 km/h genähert und das Überholmanöver in einem Zuge durchgeführt. Es werden dem Meldungsleger ferner die Fähigkeiten abgesprochen, die Entfernungen des entgegenkommenden Verkehrs und die des Beschuldigten (jeweils zum Meldungsleger) gleichzeitig metermäßig festzustellen. Letztlich wird der Antrag gestellt, in Stattgebung der Berufung das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.

Vorweg wird zu diesem Berufungsantrag bemerkt, daß dies ein Antrag iSd § 66 Abs.2 AVG ist. § 66 Abs.2 AVG ist jedoch gemäß § 24 VStG im Verwaltungsstrafverfahren nicht anwendbar. Die vom Berufungswerber gewünschte Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde erster Instanz ist gesetzlich überhaupt nicht möglich.

Wegen des Sachvorbringens, insbesondere wegen der Sachverhaltsbestreitung wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und am 23. September 1998 durchgeführt. Der Berufungswerber war bei dieser Verhandlung nicht zugegen, sehrwohl sein Rechtsfreund. Anläßlich dieser mündlichen Verhandlung wurde Bez.Insp. E E (Meldungsleger) zeugenschaftlich vernommen und wurde der technische Amtssachverständige Reg.Rat Ing. S, der bereits im erstinstanzlichen Verfahren tätig war, beigezogen. Es fand auch ein Ortsaugenschein statt.

Auf Grund der angeführten Beweismittel steht mit einer für ein Verwaltungsstrafverfahren hinreichenden Sicherheit fest, daß der Berufungswerber am 29. Juli 1996 um ca. 18.00 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen 0 auf der B N Bundesstraße von L in Richtung P gelenkt hat und von einem Straßenaufsichtsorgan (E), welcher bei Str.km der B in Stellung war und dort Geschwindigkeitsmessungen mittels Laser durchgeführt hat, beim gegenständlichen Überholmanöver beobachtet wurde. Dabei hatte das genannte Straßenaufsichtsorgan eher den aus Richtung P kommenden Verkehr im Visier und wurde dabei auch ein nicht mehr eruierbarer Fahrzeuglenker wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung amtsbehandelt. Aus diesem Grunde wurden während dieser Amtshandlung keine weiteren Messungen durchgeführt, sodaß der Meldungsleger seinen Blick auch in Fahrtrichtung L wendete und dabei sah, wie der Beschuldigte einen anderen PKW überholte. Der Meldungsleger hatte seine Laserpistole in Anschlag und konnte dabei auf dem Display ablesen, daß der überholende PKW mit 90 km/h fuhr und die Entfernung dabei 75 m betrug. Das Überholmanöver mit dem Wechsel des Fahrstreifens auf die rechte Seite war etwa auf Höhe des Meldungslegers bei Kilometer beendet. Bei einer neuerlichen Blickwendung in Richtung P konnte der Meldungsleger feststellen, daß ein aus Richtung P kommender PKW von seinem Lenker stark abgebremst werden mußte, ansonsten es wahrscheinlich zu einem Frontalzusammenstoß gekommen wäre. Vom Meldungsleger war in Richtung P gesehen der abbremsende PKW ca. 20 m entfernt. Eine Anhaltung des das Überholmanöver durchgeführt habenden PKW-Lenkers war nicht möglich, jedoch die Notierung des Kennzeichens.

Anläßlich des durchgeführten Lokalaugenscheines wurden die für den Berufungswerber günstigsten Prämissen gewählt und der technische Amtssachverständige ersucht, ein entsprechendes Gutachten abzugeben. Dabei wurde der Amtssachverständige befragt, ob der Beschuldigte am Beginn des Überholmanövers bei Kilometer erkennen hat können, ob er den Überholvorgang ohne Gefährdung oder Behinderung eines allfälligen Gegenverkehrs durchführen habe können, wobei als Berechnungsgrundlage eine Geschwindigkeit von 90 km/h des überholenden und von 60 km/h des überholten Fahrzeuges vorgegeben wurde. Die Sichtweite ab dem Zeitpunkt des Überholbeginnes wurde mit 280 m (Vermessung beim Lokalaugenschein) festgelegt. Die Fahrzeuglängen der beiden Fahrzeuge wurden mit jeweils 4,5 m angenommen.

Dazu führt der Sachverständige aus:

"Die Spurwechselzeit mit 1,5 sec. entspricht einer Wegstrecke aus der Differenzgeschwindigkeit der beiden Fahrzeuge von 12,5 m. Die Einscherstrecke entspricht bei einer Spurwechselzeit von 1,5 sec. 37,5 m. Somit ergibt sich eine Aufholstrecke von 59 m. In diesen 59 m sind die PKW-Längen enthalten. Zur Bewältigung der 59 m langen Aufholstrecke benötigt das überholende Fahrzeug bei einer Geschwindigkeitsdifferenz von 30 km/h eine Zeit von 7,08 sec. Demnach beträgt die Überholstrecke bei einer Geschwindigkeit von 90 km/h des überholenden Fahrzeuges gegenüber der Geschwindigkeit des überholten Fahrzeuges von 60 km/h 177 m. In der Zeit von 7,08 sec. legt der Gegenverkehr bei einer angenommenen erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h 197 m zurück, woraus sich eine notwendige Überholsichtweite von 374 m ergibt. Dem steht entgegen die tatsächliche Sichtweite von 280 m, woraus abzuleiten ist, daß die Überholsichtweite um fast 100 m nicht ausreichend war." Der Sachverständige wurde weiters befragt, ob sich das Rechenergebnis wesentlich ändert, wenn man davon ausgeht, daß der Überholende seinen Überholentschluß faßte, als er eine Geschwindigkeit von 60 km/h fuhr und in der Folge auf 100 km/h beschleunigte (günstigste Variation für den Beschuldigten) und ferner, daß eine Ausscher- und Einscherbeschleunigung von 3 m/sec² vorliegt. Dazu führt der Sachverständige aus: "Es ergibt sich dann ein Überholweg von 143 m und ein Weg des Gegenverkehrs von 183 m, somit eine notwendige Überholsichtweite von insgesamt 326 m. Für diesen Überholvorgang benötigt der Beschuldigte eine Zeitspanne von 6,61 sec." Als Resumé hinsichtlich dieser zweiten Variation hält der Sachverständige fest, daß auch in diesem Fall die Überholsichtweite zu gering war.

Das Ergebnis des vom unabhängigen Verwaltungssenat durchgeführten Beweisverfahrens deckt sich in etwa mit dem Ergebnis des von der Erstbehörde durchgeführten ordentlichen Verfahrens. Eine auf die letzte Dezimalstelle korrekte und auch nachweisbare Berechnung läßt sich wegen der verschiedenen Prämissen nicht durchführen. Es steht nur fest, daß bei allen durchgerechneten Varianten der Berufungswerber dem § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 zuwidergehandelt hat. Aus diesem Grund wird - um Wiederholungen zu vermeiden - sowohl hinsichtlich der verletzten Rechtsnorm als auch hinsichtlich der Subsumtion des Tatverhaltens unter diese Rechtsnorm auf die zutreffenden Ausführungen der Erstbehörde verwiesen.

Dies betrifft auch die Festsetzung der Strafhöhe, welche in Anbetracht der vom Berufungswerber verursachten gefährlichen Situation als durchaus angemessen angesehen wird. Es wird also auch hinsichtlich der Begründung der Strafhöhe auf die Ausführungen im Straferkenntnis verwiesen.

Die Kostenentscheidung ist eine gesetzliche Folge des § 64 VStG.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Wegschaider

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