Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105041/12/Fra/Ka

Linz, 30.12.1997

VwSen-105041/12/Fra/Ka Linz, am 30. Dezember 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6.10.1997, VerkR96-13585-1996/MR, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 22. Dezember 1997 und mündlicher Verkündung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten. Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 45 Abs.1 Z2 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) 1.) wegen Übertretung des § 14 Abs.3 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit.eine Geldstrafe von 500 S (EFS 1 Tag), 2.) wegen Übertretung des § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 2.000 S (EFS 3 Tage), 3.) wegen Übertretung des § 4 Abs.5 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.b leg.cit. eine Geldstrafe von 1.500 S (EFS 2 Tage) und 4.) wegen Übertretung des § 5 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.1 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 10.000 S (EFS 9 Tage), weil er am 23.7.1996 gegen 23.40 Uhr in Leonding von der Harterfeldstraße kommend auf der Zufahrtsstraße zu den Parkplätzen Harterfeldstraße Nr.7 den PKW, Kz.: gelenkt hat, wobei er 1.) sich beim Rückwärtsfahren nicht von einer geeigneten Person habe einweisen lassen, obwohl es die Verkehrssicherheit erfordert hätte, 2.) es unterlassen hat, nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, weil er unmittelbar nach dem Verkehrsunfall den Unfallsort verlassen hat, 3.) es unterlassen hat, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben ist, 4.) sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben. 2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG). 3. Der Bw macht Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Tatsachenfeststellung bzw Beweiswürdigung und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend im wesentlichen wie folgt: Der Bw behauptet, daß die Beschädigung am Fahrzeug mit dem Kennzeichen , nicht von seinem Fahrzeug stammen kann und verweist auf den Antrag auf Durchführung einer Stellprobe mit den beteiligten Fahrzeugen an der Vorfallsstelle im Beisein eines KFZ-Sachverständigen. Er bemängelt, daß die belangte Behörde diesen Beweisantrag abgewiesen hat, obwohl er in seiner Stellungnahme vom 15.9.1997 aufgezeigt habe, warum erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. H vom 27.5.1997 bestehen.

Der Bw verweist weiters auf die Aussage der Zeugin I, die anläßlich ihrer niederschriftlichen Einvernahme vom 15.7.1997 angab, daß er am 23.7.1996 um 22.50 Uhr nach Hause gekommen sei und diese exakte Zeitangabe damit begründete, weil sie gerade die Uhr stellte. Auch er habe sich von Beginn an damit verantwortet, nämlich bereits anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 24.7.1996, den gegenständlichen PKW noch bei Tageslicht, es dürfte dies um ca. 17.00 Uhr gewesen sein, abgestellt zu haben, wobei ein anderes Fahrzeug, insbesondere das Fahrzeug Opel Astra nicht beschädigt worden sei und er dieses Fahrzeug auch nicht in alkoholisiertem Zustand gelenkt habe. Er habe sich in weiterer Folge zu Fuß nach Leonding-Zentrum begeben und dort ein Lokal aufgesucht, wo er auch tatsächlich Alkohol konsumiert habe. Er sei dann wiederum zu Fuß nach Hause gegangen, wo er mit Sicherheit bereits um 22.50 Uhr eingetroffen sei. Es sei auch nicht einmal von der Zeugin Brigitte Zehetner anläßlich ihrer Einvernahme vom 5.11.1996 der Fahrzeuglenker identifiziert worden. Darüber hinaus habe der Zeuge S anläßlich seiner Einvernahme vom 5.11.1996 lediglich davon gesprochen, daß das vernommene Geräusch "eventuell" von einem Fahrzeugzusammenstoß herrühren konnte. Eindeutige Wahrnehmungen lagen sohin nicht vor. Was die aufgefundenen Splitter betreffe, so sei darauf hinzuweisen, daß generell am gesamten Parkplatz der Harterfeldstraße sich stets zahlreiche Splitter befänden. Es sei daher offensichtlich laut Anzeige auch nicht mehr überprüft worden, ob diese angeblichen Splitter tatsächlich vom Außenspiegel seines Fahrzeuges stammen und sich dort entsprechend einsetzen lassen. Es könne daher auch aus einer Splitterlage kein Tatvorwurf zu seinem Nachteil abgeleitet werden. Zum beschädigten Außenspiegel am PKW sei zu verweisen, daß dieser bereits aufgrund eines Vorunfalles beschädigt gewesen sei, ebenso wie die linke Tür und daher diese Beschädigung nicht von einer Kollision mit dem Fahrzeug stamme, was auch von der Zeugin I anläßlich ihrer Einvernahme vom 15.7.1997 bestätigt worden sei. Schließlich ergeben sich auch aus dem zeitlichen Ablauf erhebliche Bedenken gegen die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen. Laut Anzeige wurde um 23.50 Uhr eben diese Anzeige erstattet. Bereits um 0.00 Uhr seien die erhebenden Gendarmeriebeamten in der Wohnung der Zeugin Ingrid Zehetner erschienen. Es erscheine daher unwahrscheinlich, daß in dieser kurzen Zeit zwischen Anzeigeerstattung und Eintreffen in der Wohnung unter Berücksichtigung der notwendigen Wegzeiten die behaupteten Erhebungen durchgeführt worden seien und insbesondere entsprechende Überprüfungen an den beteiligten Fahrzeugen, ob insbesondere Motorhaube oder Auspuff noch warm waren, durchgführt wurden. Laut Auffassung des Bw hätte daher die belangte Behörde bei richtiger Würdigung der Verfahrensergebnisse zumindest im Zweifel zu dem Ergebnis gelangen müssen, daß es sich nicht mit der notwendigen Sicherheit erweisen lasse, daß er am 23.7.1996 gegen 23.40 Uhr den gegenständlichen PKW gelenkt und hiebei einen Verkehrsunfall verursacht habe, und sich naturgemäß auch nicht erweisen lasse, daß er dieses Fahrzeug im alkoholbeeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Vorsichtshalber bekämpft der Bw in rechtlicher Hinsicht noch die Anlastung des Tatbestandes nach § 14 Abs.3 StVO 1960. Weiters werden die Strafbeträge als überhöht bestritten. Zusammenfassend wird der Antrag gestellt, das angefochtene Straferkenntnis vom 6.10.1997 zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 22.12.1997 wie folgt erwogen:

Die im gegenständlichen Verfahren zu klärende zentrale Frage ist die der Lenkereigenschaft des Bw. Aufgrund des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens kann diese Frage nicht bejaht werden. Keiner der sowohl im erstinstanzlichen als auch im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat vernommenen Zeugen konnte die Person, die das gegenständliche Fahrzeug gelenkt hat, identifizieren. Die Ehegatten Z, wohnhaft in 4060 L, konnten zwar ein Anstoßgeräusch wahrnehmen und sahen auch, wie eine Person aus dem Beschädigerfahrzeug ausstieg und wegging. Daß es sich hiebei um den Beschuldigten handelt, wurde in keiner Phase des Verfahrens von ihnen behauptet. Sie kennen auch - wie sie im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat dargelegt haben - den Beschuldigten überhaupt nicht. Die den Unfall aufnehmenden Gendarmeriebeamten sind erst nach dem gegenständlichen Vorfall an der Tatörtlichkeit eingetroffen. Diese konnten somit den Beschuldigten auch nicht gesehen haben und es wurde dies von ihnen auch nicht behauptet. Aufgrund einer Terminalanfrage des Herrn Insp. E, wurde als Zulassungsbesitzerin des Beschädigerfahrzeuges Frau I, ermittelt. Die Gendarmeriebeamten begaben sich nach dem Eintreffen an der Unfallstelle zur Wohnung der Zulassungsbesitzerin. Nach entsprechenden Läuten öffnete diese ihnen auch die Wohnungstür. Auf Befragen durch die Gendarmeriebeamten gab ihnen diese auch die Auskunft, daß ihr Sohn den PKW gelenkt hat, wann dieser nach Hause gekommen sei, habe sie jedoch nicht angeben können, weil sie bereits geschlafen hat. Sie habe auch zunächst nicht gewußt, ob ihr Sohn schon zu Hause sei, aber als sie die Schuhe im Vorraum sah, meinte sie, daß er zu Hause sein müsse. Aufgrund einer entsprechenden Nachschau im Schlafzimmer wurde ihr Sohn dann auch angetroffen und dieser in weiterer Folge, weil für die Gendarmeriebeamten der Verdacht bestand, daß dieser zuvor das gegenständliche Fahrzeug gelenkt hatte, und bei ihm Alkoholisierungssymptome festzustellen waren, zum Alkotest aufgefordert. Der Beschuldigte kam diesem Alkotest auch nach. Dieser wurde beim Gendarmerieposten Leonding in der Folge durchgeführt.

Die Gendarmeriebeamten handelten rechtmäßig, weil sie aufgrund der geschilderten Ausgangslage annehmen konnten, daß der Beschuldigte das Fahrzeug gelenkt hat. Die Behörde hat jedoch in dem von ihr durchzuführenden Verfahren zu beweisen, daß der Beschuldigte tatsächlich auch der Lenker des Beschädigerfahrzeuges war. Ein solcher Beweis lag jedoch schon im erstinstanzlichen Verfahren nicht vor, und wird im angefochtenen Straferkenntnis auch nicht näher begründet. Im gegenständlichen Zusammenhang ist auch zu beachten, daß der Bw schon bei seiner Erstbefragung die Lenkereigenschaft zur Tatzeit bestritt. Ausgehend von der vorhin geschilderten Beweislage ist auch die Zeugenaussage der Mutter des Beschuldigten unbeachtlich insoferne, als sie angab, daß ihr Sohn um 22.50 Uhr nach Hause gekommen ist, denn es ist davon auszugehen, daß die bei der Erstbefragung getätigten Angaben am ehestens der Wahrheit entsprechen und die Erstangaben der Mutter des Beschuldigten auch nicht lebensfremd erscheinen. Aus diesem Grunde stellte sich für den O.ö. Verwaltungssenat auch die Frage einer falschen Zeugenaussage und die daraus resultierende Pflicht zur Anzeige an die Staatsanwaltschaft nicht. Nicht gefolgt kann allerdings der Verantwortung des Bw insoferne, als er auch bestreitet, daß die Schäden am Fahrzeug mit dem Kennzeichen: nicht vom Schädigerfahrzeug stammen können. Es ist durchaus möglich, daß die am Beschuldigtenfahrzeug festgestellten Schäden teilweise auch schon früher verursacht worden sind. Daß der Schaden am Fahrzeug mit dem Kennzeichen (Opel Astra) im gegenständlichen Vorfall vom Lenker des Fahrzeuges, Kennzeichen verursacht wurden, steht für den O.ö. Verwaltungssenat jedoch aufgrund der glaubwürdigen Aussagen der Ehegatten Zehetner fest. Aus dem Umstand, daß die Mutter des Beschuldigten, die Zulassungsbesitzerin dieses Fahrzeuges ist, diese aufgrund eines entsprechenden Läutens die Gendarmeriebeamten in ihre Wohnung hineingelassen hat, worauf der Beschuldigte schlafend und wie sich später herausstellte im alkoholisierten Zustand, im Schlafzimmer der Wohnung der Zulassungsbesitzerin angetroffen wurde, den Schluß zu ziehen, daß dieser auch der Lenker des gegenständlichen Kraftfahrzeuges war, ist als Beweis für ein Verwaltungsstrafverfahren nicht ausreichend, was andererseits aber auch nicht bedeutet, daß der Beschuldigte doch tatsächlich der Lenker gewesen sein könnte, genauso wie seine Mutter oder eine dritte Person. Gemäß § 45 Abs.1 Z2 hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat. Da nach dem oben Angeführten die Lenkereigenschaft des Bw nicht erwiesen ist, war spruchgemäß zu entscheiden. 5. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten. Dr. F r a g n e r

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