Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105049/16/Sch/Rd

Linz, 07.05.1998

VwSen-105049/16/Sch/Rd Linz, am 7. Mai 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des G vom 28. Oktober 1997, vertreten durch die Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Oktober 1997, VerkR96-13099-1997, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 12. Dezember 1997 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 1 Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verfahren eingestellt. Im übrigen wird die Berufung abgewiesen und das Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf insgesamt 200 S. Als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren ist der Betrag von 400 S (20 % der zu den Fakten 2 und 3 verhängten Geldstrafen) zu leisten. Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 und 45 Abs.1 Z1 VStG. zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 7. Oktober 1997, VerkR96-13099-1997, über Herrn G, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.5 StVO 1960, 2) § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 und 3) § 4 Abs.2 StVO 1960 Geldstrafen von 1) 1.000 S, 2) 1.000 S und 3) 1.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 48 Stunden, 2) 48 Stunden und 3) 48 Stunden verhängt, weil er am 6. August 1997 um 9.10 Uhr den LKW mit dem Kennzeichen auf der B1 aus Richtung Timelkam kommend in Richtung Attnang-Puchheim gelenkt habe und dabei 1) in Vöcklabruck an der sogenannten Esso Kreuzung nach links in Richtung Stadtzentrum abgebogen sei, ohne den Vorrang des auf der B1 aus Richtung Attnang-Puchheim kommenden und in Richtung Timelkam fahrenden Radfahrers H zu beachten, wodurch dieser nach einem erzwungenen Bremsmanöver vor seinem Fahrzeug zu Sturz gekommen sei und sich verletzt habe. 2) Obwohl sein Verhalten am Unfallort mit dem Verkehrsunfall mit Personenschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, habe er nicht sofort angehalten und 3) nicht sofort die nächste Gendarmerie- oder Polizeidienststelle verständigt.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 300 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Zum stattgebenden Teil der Berufungsentscheidung: Gemäß § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn eine Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht.

Im vorliegenden Fall hat das Bezirksgericht Vöcklabruck den Berufungswerber im Strafverfahren zu GZ 4 U 817/97 k wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung gemäß § 88 Abs.1 StGB - nicht rechtskräftig - zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt. Der Verurteilung lag jener Sachverhalt zugrunde, den die Erstbehörde in dem angefochtenen Straferkenntnis als Faktum 1 auch als verwaltungsstrafrechtlich zu ahndendes Delikt angesehen hat. Aufgrund des im § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 normierten Subsidiaritätsprinzips lag aber keine Verwaltungsübertretung vor, weshalb die Einstellung des Verfahrens in diesem Punkt zu verfügen war. Abgesehen davon lag ohnedies keine Übertretung des § 19 Abs.5 StVO 1960 vor, sondern, da es sich um eine durch Lichtzeichen geregelte Kreuzung gehandelt hat, allenfalls um eine nach § 38 Abs.4 vorletzter Satz leg.cit. Zu den Übertretungen nach §§ 4 Abs.1 lit.a und 4 Abs.2 StVO 1960: Wenn der Berufungswerber aus dem Umstand, daß er wegen des ihm ebenfalls zur Last gelegten Vergehens nach § 94 StGB vom Gericht freigesprochen worden ist, den Schluß zieht, daß auch das Verwaltungsstrafverfahren wegen der Übertretungen nach § 4 StVO 1960 einzustellen wäre, so kann ihm nicht beigepflichtet werden. Zum einen verlangt das Strafgesetz als Schuldform in bezug auf ein Vergehen nach § 94 StGB Vorsatz, hingegen genügt bei Verwaltungsübertretungen grundsätzlich Fahrlässigkeit (vgl. § 5 Abs.1 VStG).

Unbestritten ist, daß der Berufungswerber zum Vorfallszeitpunkt an der im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Örtlichkeit nach links eingebogen ist. Entgegenkommend war ein Radfahrer unterwegs, der, von welchem Sachverhalt die Berufungsbehörde aufgrund der glaubwürdigen und schlüssigen Aussage desselben ausgeht, durch das Einbiegemanöver des Berufungswerbers zum Abbremsen seines Fahrrades gezwungen war und letztlich zu Sturz gekommen ist. Selbst wenn man dem - nicht gänzlich überzeugenden - Vorbringen des Berufungswerbers folgt, daß er nämlich den Radfahrer nicht bemerkt hat, so war sein Verhalten für den Verkehrsunfall jedenfalls ursächlich, weshalb für ihn als Unfallbeteiligten die Verpflichtungen des § 4 StVO 1960 gegolten haben.

Kommt man sohin zum selben Beweisergebnis wie das Strafgericht, nämlich daß ein Nachweis des Bemerkens des Radfahrers nicht gelungen ist und daher für das Gericht ein Freispruch im Zusammenhang mit dem erwähnten Vorsatzdelikt zu erfolgen hatte, so ist damit noch nicht ausgesagt, daß der Berufungswerber damit auch von seinen erwähnten Verpflichtungen nach der StVO 1960 entbunden gewesen wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur (vgl. etwa VwGH 11.3.1971, 1867/70) zum Ausdruck gebracht, daß der Tatbestand des § 4 Abs.2 StVO 1960 schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewußtsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zum Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Unfalls, insbesondere aber die Tötung oder Verletzung einer Person, zu erkennen vermocht hätte.

Gerade bei einem Linksabbiegemanöver muß von einem Fahrzeuglenker die besondere Beobachtung des entgegenkommenden Verkehrs verlangt werden, da ein solcher Abbiegevorgang erst dann erlaubt ist, wenn eine Gefährdung oder Behinderung dieses Verkehrs auszuschließen ist. Es kann daher nur einer dem Berufungswerber vorwerfbaren Unaufmerksamkeit zugeschrieben werden, wenn er, wie behauptet, den entgegenkommenden Radfahrer und in der Folge dessen Sturz nicht wahrgenommen hat. Die Berufungsbehörde geht davon aus, daß schon bei einem Mindestmaß an Aufmerksamkeit eine solche Wahrnehmung vom Berufungswerber hätte gemacht werden müssen. Ansonsten müßte man der These anhängen, daß einem Fahrzeuglenker nur das etwas angeht, was er selbst auch tatsächlich wahrgenommen hat, welcher Umstand aber weder in den einschlägigen Verwaltungsvorschriften noch in der dazu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Deckung zu finden vermag.

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Der Schutzzweck des § 4 StVO 1960 ist ein mehrfacher. Insbesondere sollen hiedurch mögliche weitergehende Folgen eines Verkehrsunfalles hintangehalten, die Ursachen eines solchen möglichst umgehend ermittelt werden können, aber auch soll ein Unfallgeschädigter in die Lage versetzt werden, ohne unverhältnismäßigen Aufwand davon Kenntnis zu erlangen, mit wem er sich hinsichtlich der Schadensregulierung auseinanderzusetzen haben wird. Der Unrechtsgehalt von Übertretungen des § 4 StVO 1960 muß daher als erheblich angesehen werden, worauf bei der Strafbemessung anhand der Kriterien des § 19 Abs.1 VStG Bedacht zu nehmen ist.

Die von der Erstbehörde verhängten Geldstrafen in der Höhe von jeweils 1.000 S erscheinen weder im Hinblick auf die obigen Ausführungen noch auf den Umstand, daß der Strafrahmen von 500 S bis 30.000 S reicht, überhöht. Der Berufungswerber mußte bereits mehrmals wegen Übertretungen von Verkehrsvorschriften bestraft werden, sodaß zudem vom Vorliegen eines relevanten Milderungsgrundes nicht auszugehen war. Demgegenüber lagen aber auch keine Erschwerungsgründe vor.

Die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers, insbesondere sein unwidersprochen geschätztes monatliches Nettoeinkommen von 10.000 S, werden ihm die Bezahlung der Geldstrafen ohne unzumutbare Einschränkung seiner Lebensführung ermöglichen. Da sohin der im Zusammenhang mit den Übertretungen nach § 4 StVO 1960 entscheidungsrelevante Sachverhalt hinreichend erwiesen war, konnte den weitergehenden Beweisanträgen des Berufungswerbers kein Erfolg beschieden sein. Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

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