Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105197/2/BI/FB

Linz, 23.01.1998

VwSen-105197/2/BI/FB Linz, am 23. Jänner 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn W M S, S, E, vertreten durch Rechtsanwalt I A, S, E-E, Deutschland, vom 8. Dezember 1997 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 1. Dezember 1997, VerkR96-5627-1997 Sö, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten den Betrag von 300 S, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag im Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG). zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit dem oben genannten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung wegen §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 1.500 S (36 Stunden EFS) verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des PKW, Kz. , der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems auf ihr schriftliches Verlangen vom 14. April 1997 nicht binnen zwei Wochen Auskunft darüber erteilt habe, wer das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen am 14. Februar 1997 um 06.36 Uhr gelenkt habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 150 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er habe bereits mitgeteilt, daß das Fahrzeug durch diverse Personen geführt werde und er nicht in der Lage sei, konkret mitzuteilen, wer das Fahrzeug gesteuert habe. Im übrigen sei bereits mitgeteilt worden, daß es sich dabei um ein Familienmitglied gehandelt habe. Insofern bestehe ein Aussageverweigerungsrecht. Er sei daher nicht untätig geblieben, sondern habe Auskunft erteilt. Aus diesem Grund sei der Bescheid nach seiner Rechtsauffassung zu Unrecht ergangen und sei antragsgemäß kostenpflichtig aufzuheben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Daraus geht hervor, daß der PKW, Kz. , am 14. Februar 1997 um 06.36 Uhr bei km 59,150 der P A, B, Gemeinde S, in Richtung L mittels Radargerät Multanova 6 FA Nr. 1286/216 im Bereich der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h mit einer Geschwindigkeit von 124 km/h gemessen wurde. Eine Anhaltung konnte nicht durchgeführt werden. Vom gemessenen Wert wurden gemäß den Verwendungsbestimmungen 6 km/h abgezogen und eine Geschwindigkeit von 118 km/h der Anzeige zugrundegelegt. Als Zulassungsbesitzer (Halter) des PKW wurde vom Kraftfahrt-Bundesamt Flensburg der Rechtsmittelwerber bekanntgegeben. Dieser wurde mit Schreiben der Erstinstanz vom 17. April 1997, VerkRLeNr.924, zunächst informiert, daß der Lenker des KFZ, Kz. , angezeigt worden war, am 14. Februar 1997 um 6.36 Uhr auf der A, B, im Gemeinde/Ortsgebiet von S bei Strkm. 59,150 in Richtung L eine Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (Geschwindigkeitsüberschreitung) begangen zu haben, und "als Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs.2 Kraftfahrgesetz 1967 aufgefordert, binnen zwei Wochen, gerechnet vom Tag der Zustellung dieses Schreibens schriftlich oder per Fernschreiber mitzuteilen, wer das Fahrzeug gelenkt bzw. abgestellt" habe. Es wurde weiters darauf hingewiesen, daß bei Nichteinlangen einer fristgerechten schriftlichen oder telegrafischen Auskunft und auch bei einer ungenauen oder unrichtigen Auskunft ein Strafverfahren wegen Verletzung der Auskunftspflicht (Höchststrafe 30.000 S) eingeleitet werde. Das Schreiben wurde dem Rechtsmittelwerber am 28. April 1997 zugestellt. Mit Schreiben vom 6. Mai 1997 teilte der rechtsfreundliche Vertreter des Rechtsmittelwerbers unter Vorlage einer Vollmacht mit, das Fahrzeug werde von diversen Familien- und anderen Angehörigen gefahren, sodaß es nicht mehr möglich sei, den Lenker am 14. Februar 1997 gegen 6.36 Uhr nachzuvollziehen.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen: Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Die Anwendung deutschen Rechtes, auch im Hinblick auf das in bezug auf Familienmitglieder eingewendete und in Deutschland geltende Aussageverweigerungsrecht, kommt hier deswegen nicht in Betracht, weil nach neuer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Tatort der Verwaltungsübertretung der Nichterteilung einer Lenkerauskunft der Sitz der die Auskunft begehrenden Behörde (hier: Kirchdorf/Krems) ist, dh in Österreich gelegen ist (vgl Erk verst Senat v 31. Jänner 1996, 93/03/0156, ua). Im übrigen hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte es nicht als rechtswidrig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist (vgl EGMR v 11. Oktober 1989, Zl. 15226/89, ZVR 2/1991Nr. 23 der Spruchbeilage).

Der Inlandsbezug ist insofern gegeben, als das auf den Rechtsmittelwerber zugelassene Kraftfahrzeug auf österreichischem Bundesgebiet verwendet wurde - was nie bestritten wurde - und diese Verwendung, ausgelöst durch die dabei mit dem KFZ begangene Normverletzung, Ingerenzfolgen gegenüber der österreichischen Rechtsordnung begründet hat (vgl ua VwGH v 11. Mai 1993, 90/08/0095).

Die tatsächliche Nichtbekanntgabe des Lenkers durch den Rechtsmittelwerber - ein gänzliches Untätigbleiben wurde ihm nie zur Last gelegt - bedeutet daher, daß er in objektiver Hinsicht den ihm vorgeworfenen Tatbestand erfüllt hat, zumal das Auskunftsbegehren eine ausdrückliche Belehrung über die maßgeblichen Rechtsvorschriften enthielt. Die Erhebung des oben zitierten letzten Satzes des § 103 Abs.2 KFG 1967 in den Verfassungsrang erachtete der (österreichische) Verfassungsgerichtshof als nicht im Widerspruch zu Art.6 MRK stehend (vgl VfGH v 29. September 1988, G 72/88, ua).

Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde diese jederzeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen. Die auf Grund einer behördlichen Anfrage nach § 103 KFG erteilte Auskunft darf daher nicht in sich widersprüchlich oder unklar sein (vgl VwGH v 18. November 1992, 91/03/0294, ua). Dieser Rechtsprechung hat sich auch der unabhängige Verwaltungssenat anzuschließen, weil eine effektive Verkehrsüberwachung zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit ansonsten nicht ausreichend gewährleistet wäre. Aus diesem Grund müssen in dieses Konzept alle die österreichischen Straßen benützenden, dh auch ausländische, Fahrzeuge einbezogen werden. Die Lenkeranfrage im gegenständlichen Fall stand mit der gesetzlichen Bestimmung im Einklang, war klar und eindeutig formuliert und auch der Hinweis auf die Begehung einer Verwaltungsübertretung im Fall der Nichterteilung der gewünschten Auskunft war unmißverständlich. Der Rechtsmittelwerber hat daher bei der Nichterteilung der Auskunft schuldhaft gehandelt - er hätte entsprechende Aufzeichnungen zu führen gehabt, wenn er ohne solche zur Auskunftserteilung nicht imstande gewesen wäre - und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis zu 30.000 S Geldstrafe bzw bis zu 6 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht. Die verhängte Strafe entspricht dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung ebenso wie den mangels eigenen Angaben von der Erstinstanz geschätzten finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers (ca.1.500 Mark netto monatlich, keine Sorgepflichten, kein Vermögen), die nicht angefochten wurden und daher auch der Berufungsentscheidung zugrundezulegen waren. Zutreffend wurde die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als strafmildernd und kein Umstand als erschwerend gewertet. Die Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und ist im Hinblick auf general- und vor allem spezialpräventive Überlegungen gerechtfertigt. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: § 103 Abs.2 gilt auch für ausländische Zulassungsbesitzer, Strafherabsetzung, weil Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht berücksichtigt

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