Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-105399/16/GU/<< Pr>>

Linz, 31.08.1998

VwSen-105399/16/GU/<< Pr>> Linz, am 31. August 1998

DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des Dr. J. V., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft R. vom 30.3.1998, Zl. VerkR96-86-1997, wegen Übertretung der StVO 1960 nach der am 27. August 1998 durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Rechtsmittelwerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 100 S zu bezahlen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5 Abs.1, § 19, § 64 Abs.1 und 2 VStG; § 14 Abs.1, § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft R. hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, als Lenker des PKWs, Marke Peugeot, mit dem behördlichen Kennzeichen, von der Hauszufahrt des Anwesens in Richtung des gegenüber befindlichen Feldweges die Fahrbahn der Unterinnviertler-Landesstraße überquert und durch das aus dieser Position begonnene Reversieren, wobei der Fahrstreifen für die in Richtung Ried Fahrenden blockiert war, einen auf dieser Straße im fließenden Verkehr aus Richtung Riedau kommenden und in Richtung Ried im Innkreis fahrenden PKW-Lenker zum Abbremsen genötigt zu haben und somit andere Straßenbenützer durch sein Fahrverhalten (Umkehren) behindert zu haben. Wegen Verletzung des § 14 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde ihm deswegen eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Stunden) und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 50 S auferlegt. In seiner dagegen erhobenen Berufung bekämpft der Rechtsmittelwerber die Beweiswürdigung der ersten Instanz und rügt die Verletzung von Verfahrensvorschriften. Es sei nicht abgeklärt worden, um welches Fahrzeug es sich bei jenem, welches dem Gendarmeriefahrzeug angeblich gefolgt sei, gehandelt habe. Desgleichen fehlten nähere Angaben über das - wie angenommen - aus Richtung Ried kommende im Gegenverkehr befindliche Fahrzeug. In der Anzeige fehlten nämlich Angaben über ein im Gegenverkehr befindliches Fahrzeug. Sowohl hinsichtlich der Entfernung des Gendarmeriefahrzeuges, im Moment als der Beschuldigte die Fahrbahn überquerte als auch über den Vorgang der Anhaltung, fänden sich Widersprüche.

Im Ergebnis beantragt der Rechtsmittelwerber die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses in eventu die Anwendung des § 21 VStG.

Aufgrund der Berufung wurde am 27. August 1998 die mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Rahmen dem Beschuldigten Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten, ein Lokalaugenschein unter Zuziehung eines kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen durchgeführt, in die vom Meldungsleger angefertigten Lichtbilder (<< Beilage>> 1 der Anzeige) vom 9.12.1996, eingesehen und die Zeugen AI A. B. und RI J. E. vernommen.

Demnach ist folgender Sachverhalt erwiesen: Der Rechtsmittelwerber lenkte den PKW mit dem Kennzeichen, aus Richtung Ried (Taiskirchen) kommend auf der Unterinnviertler-Landesstraße Richtung Riedau, vernahm nach Passieren etwa bei ein Geräusch, als ob er eine Radzierkappe verloren habe, lenkte den PKW bei Strkm. in eine trompetenartig ausgebildete Anschlußstelle von zwei sich dort vereinenden Hofzufahrten, (so auch der Hofzufahrt des Anwesens), hielt das Fahrzeug dort an und stellte fest, daß er tatsächlich eine Radzierkappe verloren hatte.

Er beschloß daraufhin umzukehren, um nach dem abhandengekommenen Zubehör Ausschau zu halten. Zu diesem Zweck fuhr er von der Anhaltestelle, die Frontseite des PKW voran, quer über die Unterinnviertler-Landesstraße in Richtung eines gegenüberliegenden Feldweges, brachte seinen PKW auf der Fahrbahn zum Stillstand, wobei die Front etwa im rechten Winkel die Fahrbahnbegrenzungslinie des in Richtung Ried bestehenden Fahrstreifens um ca. 80 cm überragte und wodurch sein 4 m langes Fahrzeug aufgrund der Fahrstreifenbreite von 3,0 m (Breite zwischen Randlinie und Mittelleitlinie 2,85 m) die Mittelleitlinie noch um 35 cm überragte. In dieser Position nahm er ein aus Richtung Riedau, sohin auf dem von ihm blockierten Fahrstreifen herannahendes weißes Fahrzeug (Dienstkraftwagen der Gendarmerie), welches sich mit einer Geschwindigkeit von rund 80 km/h näherte, wahr, fuhr mit seinem Fahrzeug anstelle in den Feldweg einzufahren und die Fahrbahn frei zu machen, (um die Kurve für das Umkehrmanöver zu bekommen) auf der Fahrbahn der Unterinnviertler-Landesstraße noch ein Stück zurück, um anschließend Fahrt in Richtung Ried aufzunehmen.

Der Lenker des herannahenden Gendarmeriefahrzeuges, der beim ersten Ansichtigwerden des PKWs bzw. des Fahrmanövers des Beschuldigten auf der bestehenden Freilandstraße noch eine Geschwindigkeit von rund 80 km/h fuhr und zunächst vermeinte, daß der Beschuldigte seinen PKW über die Fahrbahn der Landesstraße hinweg in den Feldweg lenken werde, mußte, als er sah, daß der PKW seinen Fahrstreifen blockierte und darüber hinaus noch zurück fuhr, um nicht zu kollidieren, eine starke Bremsung vornehmen und konnte sein Fahrzeug noch einige Meter vor dem PKW des Beschuldigten zum Stillstand bringen.

Im Ergebnis handelte es sich beim Fahrmanöver des Beschuldigten um ein angestrebtes, in Phasen durchgeführtes Umkehren.

Die Unterinnviertler-Landesstraße weist am Tatort eine Gesamtbreite von 6 m (zwischen den Randlinien 5,5 m) auf. Die Sicht vom Tatort auf andere Verkehrsteilnehmer der vorerwähnten Straße betrug Richtung Riedau ca. 210 m, in Richtung Ried ca. 280 m.

Von der Halteposition des Beschuldigten aus benötigt ein durchschnittlich geübter Kraftwagenlenker für das vom Beschuldigten vorgenommene Fahrmanöver (Straße queren-anhalten-zurückschieben-Fahrt in Gegenrichtung aufnehmen) eine Zeit von rund 12 Sekunden.

Angesichts der Wahrnehmung des vorstehend beschriebenen herannahenden Verkehrs löste das Fahrmanöver, nämlich das nicht die Fahrbahn Verlassen sondern noch Zurückschieben um umzukehren, eine Behinderung des Lenkers des aus Richtung Riedau herannahenden Fahrzeuges aus.

Die vorstehenden Feststellungen gründen sich zum überwiegenden Teil auf die plausible Rechtfertigung des Beschuldigten, ferner auf die fachkundige Äußerung des zugezogenen technischen Amtssachverständigen sowie auf die Aussage des als Zeugen vernommenen AI A. B.

Die Aussage des RI J. E., wonach der Beschuldigte sein Fahrzeug aus der Hauszufahrt des Anwesens rückwärts auf die Unterinnviertler-Landesstraße herausgeschoben habe und auf diese Weise Richtung gegenüberliegender Feldeinfahrt fahrend auf dem Fahrstreifen Richtung Ried zum Stehen gekommen sei, erschien nicht plausibel. Letztlich konnte sich dieser Zeuge bei der mündlichen Verhandlung aufgrund des Zeitablaufes nicht mehr genau daran erinnern.

Nachdem die Lichtbildaufnahmen vom Tatort und die händische Eintragung der Standrichtung des Fahrzeuges kurz nach dem Vorfall von AI B. angefertigt wurden, zu einem Zeitpunkt also, wo das Erinnerungsvermögen noch frisch war, im Verein mit dessen Aussage in der mündlichen Verhandlung und der plausiblen Rechtfertigung des Beschuldigten konnte die Darstellung des Fahrmanövers durch letzteren überzeugen.

Rechtlich betrachtet brachte diese für ihn jedoch keine Entlastung, weil dadurch die Behinderung des Lenkers des Gendarmeriefahrzeuges einwandfrei erwiesen ist.

Gemäß § 14 Abs.1 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges mit diesem nur umkehren, wenn dadurch andere Straßenbenützer weder gefährdet noch behindert werden.

Wenngleich ein durch ein Umkehrmanöver eines Lenkers einem anderen Lenker aufgezwungenes Gaswegnehmen oder leichtes Anbremsen nicht als Behinderung zu qualifizieren ist, so muß eine Behinderung im vorliegenden Fall aufgrund des oben beschriebenen Sachverhaltes angenommen werden. Der andere Verkehrsteilnehmer mußte stark abbremsen und sein Fahrzeug zum Stillstand bringen, um mit dem Fahrzeug des Beschuldigten nicht zu kollidieren. Dies erfüllte zweifellos den Tatbestand des § 14 Abs.1 StVO 1960.

Einer Verletzung desselben ist gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 als Verwaltungsübertretung mit Geldstrafe bis zu 10.000 S und mit Arrest bis zu 2 Wochen zu bestrafen.

Nachdem der andere Verkehrsteilnehmer angesichts des Fahrmanövers des Beschuldigten Mühe hatte, sein Fahrzeug anzuhalten, um einen Zusammenstoß zu vermeiden, wog der Unrechtsgehalt beträchtlich, wodurch für die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG kein Raum verblieb.

Auch die Fahrlässigkeit des Rechtsmittelwerbers, der angesichts des herannahenden Verkehrsteilnehmers sein eigenes Manöver fortsetzte, obwohl ihm ein anderes rechtmäßiges (Alternativ-)Verhalten möglich und zumutbar war, war nicht als gering einzustufen. Bei der somit gebotenen Strafzumessung war zu bedenken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Bereits die erste Instanz hat das monatliche Einkommen in der Höhe von 23.000 S, das Hälfteeigentum an einem Haus samt 5 ha Grund und die dafür zu leistende Rückzahlung für ein Sanierungsdarlehen in der Höhe von 320.000 S in Anschlag gebracht. Ferner hat sie berücksichtigt, daß der Rechtsmittelwerber keine Sorgepflichten hat. Die bisherige Unbescholtenheit wurde zutreffend als mildernd gewertet und hat die erste Instanz keinen Umstand als erschwerend angenommen.

In der Zusammenschau der Umstände kann ihr daher bei der Strafbemessung keine Willkür vorgeworfen werden, wenn sie eine Geldstrafe von 500 S sohin eine Geldstrafe an der Untergrenze des Strafrahmens ausgesprochen hat. Auch die Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Nachdem die Berufung im Ergebnis keinen Erfolg hatte, mußte dem Rechtsmittelwerber kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung des § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Beitrag von 20 % der bestätigten Geldstrafe zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

D r . G u s c h l b a u e r

Beschlagwortung: starkes Abbremsmanöver eines Verkehrsteilnemers ist (beim Umkehren des Beschuldigten und Blockieren der Fahrbahn) eine Behinderung iSd § 14 Abs.1 StVO

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum