Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104367/5/BI/Ha

Linz, 03.10.1997

VwSen-104367/5/BI/Ha Linz, am 3. Oktober 1997

DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 4. Kammer (Vorsitz: Dr. Wegschaider, Berichterin: Mag. Bissenberger, Beisitz: Dr. Weiß) über die Berufung des Herrn H S, H, L, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. G T, R, W, vom 5. Februar 1997 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23. Dezember 1996, VerkR96-1925-1996-Rö, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs. 1 Z1 zweite Alternative und 66 VStG; §§ 99 Abs.1 lit.c iVm 5 Abs.6 StVO 1960 Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oa Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.6 StVO 1960 eine Geldstrafe von 13.000 S (11 Tage EFS) verhängt, weil er am 29. Dezember 1995 um 20.00 Uhr im UKH Linz, 1. Stock, Erstversorgung, die an ihn gerichtete Aufforderung zur Blutabnahme verweigert habe, obwohl er verdächtig gewesen sei, sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu befinden, und eine Alkomatuntersuchung aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich gewesen sei, nachdem der begründete Verdacht bestanden habe, daß er am 29. Dezember 1995 gegen 18.55 Uhr ein Kraftfahrzeug im Ortsgebiet in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe und dabei an einem Verkehrsunfall beteiligt gewesen sei, wobei er erheblich verletzt worden sei. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 1.300 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwal-tungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige 4. Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.1 VStG), zumal der sich aus dem Verfahrensakt ergebende Sachverhalt für eine rechtliche Beurteilung ausreichend war. 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er habe am besagten Tag seinen PKW auf der W Straße in Richtung Zentrum L gelenkt und sei bei der Kreuzung mit der L Bezirksstraße gegen einen Baum gefahren, wodurch er Verletzungen im Kopf- und speziell im Kieferbereich erlitten habe. Die ihm vorgeworfene Handlung liege schon deshalb nicht vor, weil im Gegensatz zum Erfordernis der Atemalkoholkontrolle die Verpflichtung zur Blutabnahme den begründeten Verdacht einer Alkoholbeeinträchtigung voraussetze. Die Erstbehörde begründe den Verdacht mit dem Alkoholgeruch seiner Atemluft und seiner lallenden Sprache, jedoch sei dies auf seine Verletzungen im Kieferbereich zurückzuführen gewesen und darauf, daß er sich in einem sichtlichen Schockzustand befunden habe. Selbst wenn er nach Alkohol gerochen habe, so stelle dies auch noch keine begründete Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung dar. § 5 Abs.6 StVO setze jedoch den Verdacht der Alkoholbeeinträchtigung voraus, der in seinem Fall nicht gegeben gewesen sei. Zum Zeitpunkt der inkriminierten Handlung um 20.00 Uhr habe er sich durch das Unfallgeschehen in einem Zustand befunden, der seine Dispositionsfähigkeit ausgeschlossen habe. Selbst die Polizeibeamten hätten von einem sichtlichen Schockzustand gesprochen und seine Verletzungen, die mangelnde Erinnerung an den Unfallhergang und die Verweigerung der Blutabnahme seien ein Indiz dafür, daß er nicht dispositionsfähig gewesen sei. Auch sei nicht berücksichtigt worden, daß er Diabetiker sei. Beantragt wurde die Einholung eines Gutachtens aus dem Gebiet der Unfallchirurgie und im übrigen Behebung des Straferkenntnisses.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Unbestritten ist, daß der Rechtsmittelwerber am 29. Dezember 1995 gegen 18.55 Uhr einen PKW in L, Kreuzung L Bezirksstraße/H Bezirksstraße gelenkt hat und bei dieser Kreuzung gegen einen Baum fuhr. Dabei erlitt er Kopf- und insbesondere Kieferverletzungen. Er wurde in das Unfallkrankenhaus Linz eingeliefert und ärztlich versorgt. RI M (BPD Linz) wurde von Beamten des Gendarmeriepostens Leonding telefonisch ersucht, den Beschuldigten im UKH Linz zur Blutabnahme aufzufordern, zumal ein Zeuge bestätigt hatte, mit dem Rechtsmittelwerber kurz vor 18.00 Uhr im Einkaufszentrum W ein Bier getrunken zu haben. Die Beamten der Bundespolizeidirektion Linz, Insp. G und RI M, bestätigten bei ihren zeugenschaftlichen Einvernahmen, daß der Beschuldigte im Krankenhaus einen Kopfverband erhalten hatte und angab, er könne sich nicht mehr erinnern, wie er in das Krankenhaus gekommen sei. Er sei ruhig im Bett gelegen und habe fast keine Bewegungen gemacht. Laut RI M habe der behandelnde Arzt den Rechtsmittelwerber als vernehmungsbereit bzw. als aufnahmefähig bezeichnet. Er habe aus seinem Mund deutlichen Alkoholgeruch wahrgenommen und auf die Frage, ob er einer Blutabnahme zustimmen würde, habe der Rechtsmittelwerber nur mit "nein" geantwortet. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen: Gemäß § 5 Abs.6 StVO 1960 (Verfassungsbestimmung) ist an Personen, die gemäß Abs.5 Z2 - dh, bei denen aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen eine Atemluftuntersuchung nicht möglich ist - zu einem Arzt gebracht werden und die verdächtig sind, sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu befinden, eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes vorzunehmen; die Betroffenen haben diese Blutabnahme vornehmen zu lassen. Gemäß § 99 Abs.1 lit.c (Verfassungsbestimmung) begeht eine Verwaltungsüber-tretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, sich Blut abnehmen zu lassen.

Unbestritten ist, daß beim Rechtsmittelwerber aufgrund der beim Unfall erlittenen Kieferverletzungen eine Durchführung einer Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Atemluftmeßgerät nicht möglich war. Unbestritten ist auch, daß sich der Rechtsmittelwerber, der nach dem Unfall vor dem Einschreiten der örtlichen Gendarmerie bereits mit der Rettung ins UKH Linz gebracht worden war, zum Zeitpunkt der Aufforderung des Meldungslegers, sich Blut abnehmen zu lassen, im UKH Linz befand und dort von einem bei einer Krankenanstalt tätigen Arzt erstversorgt worden war, der ihn gegenüber dem Meldungsleger offenbar als vernehmungsfähig bezeichnet hatte. Aus der Aussage des Meldungslegers in Verbindung mit der Aussage des Zeugen L ergibt sich, daß der Rechtsmittelwerber aus dem Mund nach Alkohol roch bzw kurz vor dem Verkehrsunfall Alkohol getrunken hatte.

Nach der Judikatur des VwGH betrifft der in § 5 Abs.6 StVO geregelte Fall nur Personen, die nicht nur verdächtig sind, sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu befinden, sondern darüber hinaus zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt gebracht wurden (vgl. Erk. vom 24. Jänner 1997, 96/02/0479). Im ggst. Fall wurde der Rechtsmittelwerber zwar von einem bei einer Krankenanstalt tätigen Arzt erstversorgt, jedoch handelte es sich dabei nicht um eine Untersuchung zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol und auch nicht um einen im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt. Zur Untersuchung iSd § 5 Abs.2 StVO 1960 sind nur die dort angeführten Ärzte befugt. Diese Untersuchung soll vor einer allfälligen Blutabnahme klären, ob beim Betroffenen ein Verdacht einer Alkoholbeeinträchtigung vorliegt. Erweist sich ein solcher Verdacht nicht, hat die Blutabnahme iSd § 5 Abs.6 StVO zu unterbleiben. Die Bestimmung des § 5 Abs.5 iVm Abs.6 kann nur so verstanden werden, daß der Verdacht der Alkoholbeeinträchtigung beim dort genannten Arzt vorliegen muß, damit eine Blutabnahme - auch durch den diensthabenden Krankenhausarzt (Abs.7) - durchgeführt werden kann. Auf Grund dieser Überlegungen gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen des § 5 Abs.6 StVO 1960 nicht erfüllt waren. Den Rechtsmittelwerber traf somit keine Verpflichtung, sich Blut abnehmen zu lassen. Auf die Frage der Dispositionsfähigkeit des Rechtsmittelwerbers zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Blutabnahme durch den Meldungsleger war daher nicht mehr einzugehen, sondern spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Wegschaider

Beschlagwortung: Bei bloßer Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung, aber fehlendem Verdacht (keine klinische Untersuchung durch im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei Bundespolizeibehörde tätigem Arzt) besteht keine Verpflichtung zur Blutabnahme durch Krankenhausarzt -> Einstellung des Verfahrens.

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