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VwSen-105969/7/GU/Pr

Linz, 19.02.1999

VwSen-105969/7/GU/Pr Linz, am 19. Februar 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des N. L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14.9.1998, Zl.VerkR96-14329-1997, wegen Übertretung des KFG 1967 nach der am 18. Februar 1999 in Gegenwart des Beschuldigten durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1, 2. Sachverhalt VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 4 Zustellgesetz, § 103 Abs.2 KFG 1967 Der Rechtsmittelwerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, als Zulassungsbesitzer des Motorrades, der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck über Aufforderung (hinterlegt am 3.12.1997 beim Postamt Regau) nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung (Hinterlegung) Auskunft darüber gegeben zu haben, wer das Motorrad am um Uhr auf der Aschacher Bezirksstraße in Richtung Feldkirchen gelenkt habe und auch keine Person benannt zu haben, der die gewünschte Auskunft hätte erteilen können.

Wegen Verletzung des § 103 Abs.2 KFG 1967 wurde ihm deswegen eine Geldstrafe von 700 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 10 % der ausgesprochenen Geldstrafe auferlegt. Begründend führt die erste Instanz dazu aus, daß, wiewohl die Lenkeranfrage den Beschuldigten tatsächlich nicht erreicht habe, von einer ordnungsgemäßen Zustellung des behördlichen Poststückes durch Hinterlegung auszugehen sei, weil der Postzusteller keine Ortsabwesenheit auf dem Poststück vermerkt habe.

In seiner dagegen eingebrachten Berufung weist der Rechtsmittelwerber darauf hin, daß er die am 3.12.1997 hinterlegte Lenkeranfrage nicht beheben habe können. Es sei unrichtig, daß er die Ortsabwesenheit nicht mitgeteilt hätte. Auffällig sei, daß der nächste Bescheid an die von ihm mitgeteilte Adresse übersandt worden sei. Er habe im Grunde genommen gar nicht die Möglichkeit gehabt, eine Auskunft zu erteilen, weil ihm die Lenkeranfrage nicht ordnungsgemäß zugekommen sei.

Aufgrund dieser Tatsache fühle er sich keiner strafbaren Handlung schuldig und begehrt, wegen der Sache nicht bestraft zu werden.

Aufgrund der Berufung wurde am 18. Februar 1999 in Gegenwart des Beschuldigten die mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Rahmen der Beschuldigte vernommen und ihm Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten und Aktenvermerke über fernmündliche Rücksprachen des Verhandlungsleiters mit der Schwester des Beschuldigten, mit dem Zustellorgan und mit Vertretern der Gemeinde Zell am Pettenfirst und der Marktgemeinde Regau zur Erörterung gestellt. Unbestritten ist, daß der Beschuldigte eine Lenkeranfrage der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck nicht beantwortet hat, weil er den Text dieser Anfrage nicht kannte.

Fraglich war, ob der Beschuldigte die Zustellung einer Lenkeranfrage bei Nichtbehebung und daher ungelesenem Text gegen sich gelten lassen mußte.

Es war daher zu prüfen, ob die zum Zeitpunkt der Zustellung und Hinterlegung der Poststendung, welche die Lenkeranfrage enthielt, die polizeiliche Meldeadresse des Beschuldigten, auch Abgabestelle im Sinne des § 4 des Zustellgesetzes war. Hiezu war folgendes festzustellen:

Der Beschuldigte hatte sich nach seinem Zuzug von Attnang-Puchheim am 1.4.1992 in der Gemeinde Regau, unter der Adresse polizeilich gemeldet und war dort nach einem zwischenzeitlichen Aufenthalt in einer Attersee-Gemeinde bis Juni 1996 auch tatsächlich wohnhaft. Anschließend zog er in eine Mietwohnung in das Zentrum von Regau, welche er im Mai 1997 aufgab. Anschließend bezog er an seinem Arbeitsplatz in Laakirchen, wo er als Masseur tätig ist, eine Dienstwohnung.

Von dort verzog er nach Zell am Pettenfirst und meldete sich am 11.3.1998 unter der Adresse Zell am Pettenfirst, bei der Gemeinde polizeilich an. Zwischen Juni 1996 bis gegenwärtig verweilte der Beschuldigte nur sporadisch und besuchsweise bei seiner Mutter in Regau.

Es trifft demnach im Ergebnis zu, daß der Beschuldigte vom 1.4.1992 bis 11.3.1998 unter der Adresse Regau, polizeilich gemeldet war. Tatsächlich war dieser Ort aber seit Juni 1996 nicht mehr seine Wohnung und der Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen.

Wenn daher der seinerzeitige Zusteller anläßlich seiner Befragung erklärte, daß ihm der Bruder des Beschuldigten erklärt habe, daß Letzterer noch unter der Adresse Regau, gemeldet sei, so entsprach dies den Tatsachen. Eine Frage nach dem tatsächlichen Aufenthalt bzw. der regelmäßigen und zwar nicht langfristig unterbrochenen Rückkehr an diese Adresse wurde nicht gestellt.

In der Zusammenschau erschien daher plausibel, daß der Beschuldigte bei einem sporadischen Besuch am Wohnort seiner Mutter von der Hinterlegung des Poststückes, welches die Strafverfügung zum Grunddelikt enthielt, Kenntnis erhielt; sämtliche nachfolgenden Postsendungen ihn jedoch unter dieser Adresse nicht mehr erreichten.

Vom Vorhandensein eines "blauen Briefes", welcher die Strafverfügung wegen der angelasteten Auskunftsverweigerung enthielt, erfuhr er wiederum anläßlich eines Gespräches mit seinem Bruder, worauf er sich fernmündlich an das Postamt Regau wandte, welches die Postsendung mit dem entsprechenden Vermerk zurückgehen ließ und worauf die Behörde, in dem wegen des Verdachtes der Übertretung des § 103 Abs.2 KFG eröffneten Verfahren, neuerlich zustellte und zwar an die Wohnadresse des Beschuldigten.

Der Beschuldigte vermochte somit darzutun, daß die Adresse Regau, zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Lenkeranfrage zwar die polizeiliche Meldeadresse, nicht aber die tatsächliche Wohnung gewesen ist.

Aus diesem Grunde konnte der Lauf der Frist für die von der Behörde geforderte Auskunft seinerzeit nicht in Gang gesetzt werden und liegt ein daran anknüpfendes tatbestandsmäßiges Verhalten der Verweigerung der Auskunft daher nicht vor.

Unter Wohnung wird nämlich eine nach außen hin abgeschlossene Raumeinheit oder Raummehrheit verstanden, wo jemand seine ständige Unterkunft hat, also wo der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse gelegen ist. Wesentlich ist, daß die Wohnung tatsächlich bewohnt wird; auf die polizeiliche Meldung kommt es nicht an (in diesem Sinn auch VwGH 28.1.1985, 85/18/0011-0013 sowie 23.5.1986, 85/18/0119).

Gemäß § 4 des Zustellgesetzes ist Abgabestelle der Ort, an dem die Sendung dem Empfänger zugestellt werden darf; das ist die Wohnung oder die sonstige Unterkunft ....... oder der Arbeitsplatz des Empfängers im Falle einer Zustellung, anläßlich einer Amtshandlung auch deren Ort. Da auch die Heilung eines Zustellmangels bezüglich der Lenkeranfrage nicht vorlag und somit die Frist für die Erteilung der Lenkerauskunft nicht ausgelöst worden ist, war mit der Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses vorzugehen und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1, 2. Sachverhalt VStG einzustellen.

Mitzubedenken war nämlich, daß es sich bei der Lenkeranfrage um ein vom ursprünglichen Verwaltungsstrafverfahren wegen dem Grunddelikt abgehobenes Administrativverfahren handelte und daher die Pflicht zur Meldung der Änderung der Abgabestelle (nach zufälligem Zukommen der ersten Strafverfügung vom 14.10.1997, VerkR96-14329-1997, auf Grund einer Information anläßlich eines Besuches bei der Mutter) mit Wirkung für das Administrativverfahren im Sinne des § 8 Zustellgesetz nicht ausgelöst worden ist.

Da die Berufung im Ergebnis Erfolg hatte, ist der Rechtsmittelwerber gemäß § 65 VStG von der Pflicht befreit, Kostenbeiträge zum Berufungsverfahren leisten zu müssen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r Beschlagwortung: Abgabestelle ist Wohnung und nicht die pol. Meldeadresse.

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