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VwSen-105990/2/GU/Pr

Linz, 08.01.1999

VwSen-105990/2/GU/Pr Linz, am 8. Jänner 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des L. T., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H.V., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 12.11.1998, Zl. VerkR96-1291-1998 Win, wegen Übertretungen der StVO 1960 und des KFG 1967 zu Recht:

Zu Faktum 1 wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Bezüglich Faktum 2 wird der Schuldspruch des Straferkenntnisses bestätigt und als Bescheid qualifiziert.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG wird der diesbezügliche Straf- und Kostenausspruch behoben.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 20 Abs.2 StVO 1960, § 82 Abs.4 KFG 1967 Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, am um Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der B 127 im Gemeindegebiet Kleinzell bei Straßenkilometer auf einer Freilandstraße 1. mit einer Geschwindigkeit von 137 km/h gelenkt zu haben, wodurch er die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 37 km/h überschritten habe. 2. Habe er sich als Lenker vor Antritt der Fahrt, obwohl es ihm zumutbar gewesen sei, nicht davon überzeugt, daß das Kraftfahrzeug den Vorschriften entspreche, weil das Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen nicht das Unterscheidungskennzeichen des Heimatlandes geführt habe. Wegen Verletzung der §§ 99 Abs.3 lit.a und 20 Abs.2 StVO 1960 wurde ihm deswegen zu Faktum 1 eine Geldstrafe von 2.300 S (Ersatzfreiheitsstrafe 69 Stunden) und zu Faktum 2 wegen Verletzung des § 134 Abs.1 und § 102 Abs.1 in Verbindung mit § 82 Abs.4 KFG 1967 eine Geldstrafe von 200 S (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Stunden) und 10 %ige erstinstanzliche Verfahrenskostenbeiträge auferlegt. Die erste Instanz stützt den Schuldspruch zu Faktum 1 auf die Aussagen des meldungslegenden Gendarmeriebeamten, der die Geschwindigkeit mit einem Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmeßgerät in letztlich unbedenklicher Weise festgestellt habe und vermeint, daß aufgetauchte Irrtümer bei dem geführten Meßprotokoll ausgeräumt worden seien. In seiner durch den rechtsfreundlichen Vertreter eingebrachten Berufung macht der Rechtsmittelwerber zu Faktum 1 geltend, daß die Darstellung des Meldungslegers hinsichtlich des Meßgerätes aber keineswegs nachvollziehbar und glaubhaft sei. Der Beschuldigte habe keine Gelegenheit gehabt, die Angaben des Meldungslegers anhand des Meßgerätes entsprechend zu überprüfen. Es bestünden daher grundsätzlich Bedenken gegen die diesbezüglichen Ausführungen des Meldungslegers. Dieser sei im erstinstanzlichen Verfahren nicht in der Lage gewesen, ordnungsgemäße Angaben über das Meßgerät zum Vorfallszeitpunkt darzulegen.

Dazu komme, daß offensichtlich auch bezüglich der Anzeige und des Meßprotokolles Differenzen bestünden. Das vom Meldungsleger zur Untermauerung der Anzeige vorgelegte Meßprotokoll beziehe sich auf den 30.5.1998. Es bestünden auch Unstimmigkeiten hinsichtlich des Meßzeitraumes. Es sei damit nicht klargestellt, ob nunmehr die Messungen am 31. oder am 30.5.1998 erfolgt seien und auch die Uhrzeit sei fraglich. Aus der Anzeige sei auch der Tatort nicht klargestellt. Es liege kein Beweis dafür vor, daß die gemessene Wegstrecke 338 m betragen habe. Der vom Meldungsleger bezeichnete Meßort sei insoferne zweifelhaft, als bei derartigen Messungen es zumeist üblich sei, daß ein Meßorgan eine Anhaltung vornehme. Im gegenständlichen Fall sei dies dem Meldungsleger deshalb nicht gelungen, weil er zufolge des starken Fahrzeugverkehrs eine Anhaltung nicht vornehmen konnte. Aus diesem Grunde sei seine Darstellung untermauert, daß er in einer Kolonne unterwegs gewesen sei und daß im übrigen auch Gegenverkehr geherrscht habe. Der mit der Verkehrsbeobachtung tätige Beamte sei auf der Gegenfahrbahn hinter einer Brücke gestanden. Ein Meßgerät habe er bei diesem Beamten nicht wahrgenommen. Aus diesem Grunde sei davon auszugehen, daß die Voraussetzungen eines Tatvorwurfes nach § 20 StVO nicht gegeben seien.

Hinsichtlich des Tatvorwurfes nach § 82 KFG sei erstmals durch das Straferkenntnis ein zweckentsprechender Tatvorwurf erfolgt; da dies jedoch außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist erfolgt sei, müsse Verfristung angenommen werden. Im übrigen sei der Ausspruch einer Strafe keineswegs notwendig. Aus diesen Gründen beantragt der Rechtsmittelwerber die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens in eventu hinsichtlich des Faktums 2 mit einer Ermahnung das Auslangen zu finden.

Da zu keinen der beiden Fakten des angefochtenen Straferkenntnisses Geldstrafen über 3.000 S ausgesprochen waren und die Parteien die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich begehrten, konnte die Entscheidung ohne eine solche getroffen werden.

Demnach ergibt sich aufgrund der Aktenlage, daß vom Gendarmerieposten Rohrbach am 1.6.1998 gegen den Beschuldigten an die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach eine Anzeige erging, wonach der Rechtsmittelwerber am um Uhr den PKW, Marke Golf 1 HXO, mit dem deutschen Kennzeichen im Gemeindegebiet von Kleinzell, Bezirk Rohrbach, auf der Rohrbacher Bundesstraße 127 bei Strkm. aus Richtung St. Martin i. M. Richtung Neufelden mit einer Geschwindigkeit von 141 km/h gefahren sei.

Die Geschwindigkeitsüberschreitung betrage angesichts der dort als Freilandstraße geführten Bundesstraße und abzüglich von 3 km/h bzw. 3 % 36,7 km/h.

Demnach sei die Übertretung von RI R. dienstlich wahrgenommen worden und durch ein Lasermeßgerät mit der Gerätenummer 7639 (letzte Eichung 19.2.1997) festgestellt worden. Der Standort des Meßbeamten auf der B 127 sei bei Strkm gewesen. Die Meßdistanz zwischen Beamten und KFZ habe 338 m betragen. Zum Meßzeitpunkt habe Sonnenschein geherrscht. Nach der Messung, welche durch RI R. vorgenommen worden sei, sei die Anhaltung von RI K. des GP N. im Ortsgebiet von A. durchgeführt worden, wobei letzterer das Fehlen des Unterscheidungszeichens des Heimatstaates am Fahrzeug des Beschuldigten festgestellt habe. Auf die Anzeige hin erging von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach am 8.6.1998 eine Strafverfügung, welche entgegen der Meinung des Rechtsmittelwerbers auch hinsichtlich des Fehlens des Unterscheidungszeichens einen hinreichend konkretisierten Vorwurf enthielt, zumal Tatort, Tatzeit das verwendetet Fahrzeug die Eigenschaft als Lenker und das Fehlen des Unterscheidungszeichens in verständlicher Form rechtzeitig vorgeworfen wurde.

In dem über den Einspruch des Rechtsmittelwerbers eingeleiteten ordentlichen Verfahren wurde der Meldungsleger am 2.9.1998 als Zeuge vernommen und hat hiebei den Eichschein betreffend das Lasermeßgerät der Type LTI 20.20 TS/KM-E, Nummer 7639, vorgelegt, woraus ersichtlich war, daß das Gerät jedenfalls im Mai 1998 geeicht war.

Daneben hat der Meldungsleger ein Meßprotokoll in Ablichtung vorgelegt, welches als Dienststelle den Gendarmerieposten 4150 Rohrbach ausweist, ein Datum vom 30.5.1998 trägt und als Betreff Geschwindigkeitsmessungen mit Lasergerät LTI 20.20 LTI 007650, letzte Eichung 28.5.1998 aufweist, welcher "Betreff" bezüglich des Meßgerätes auf LTI 20.20 TS/KM-E 39 und die letzte Eichung auf 19.2.1997 vom Meldungsleger anläßlich einer späteren Vernehmung am 28.9.1998 handschriftlich verbessert wurde.

Im Meßprotokoll findet sich unter Meßort die Eintragung B 127, Strkm., unter der Rubrik Gerätefunktionskontrollenanzeige 8888, Uhrzeit 18.35, 19 Uhr, 19.30 Uhr. In der Spalte Zielerfassungskontrolle und 0 km/h-Messung ist eine Uhrzeit 18.35 eingetragen. Der Meßbeginn wurde mit Uhr, das Meßende mit Uhr bezeichnet. Zur Rubrik gemessene Fahrzeuge findet sich die Anzahl 75, als Ergebnis zwei Abmahnungen, vier Organmandate, drei Anzeigen. Das Meßprotokoll trägt die Unterschrift des Einsatzleiters R. und hinsichtlich der Meßorgane die Unterschriften R. und K.

Auf die vom Beschuldigtenvertreter hingewiesenen Widersprüche der Anzeige zum Meßprotokoll gab der am 28.9.1998 ein zweites Mal vernommene Meßbeamte an, daß er, nicht wie bei seiner ersten Vernehmung angegeben, das Meßgerät Nr. 7630 und auch nicht das im Urtext des vorgelegten Meßprotokolles aufscheinende Gerät LTI 20.20 LTI 007650 sondern jenes, wie in der Anzeige aufscheinend, mit der Gerätenummer 7639 verwendet habe.

Die Divergenzen erklärte er damit, daß er am Posten R. Dienst versehe, zur Tatzeit jedoch das auf dem Posten in N. in Verwendung stehende Gerät bedient habe. Die Angabe der Gerätenummer in der Zeugenaussage vom 2.9.1998 beruhe entweder auf einem Schreib- oder Hörfehler des Leiters der Amtshandlung.

Der Oö. Verwaltungssenat hat bezüglich der angelasteten Geschwindigkeitsüberschreitung, welche mit Meßgerät durch ein im Verkehrsüberwachungsdienst stehenden Beamten festgestellt worden sei erwogen:

Bei der Verwendung des Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmeßgerätes bestehen von seiten des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen Verwendungsbestimmungen, unter deren Einhaltung von hinreichend bestimmten und daher überzeugenden Meßergebnissen ausgegangen werden kann. Dazu gehört auch bei der Durchführung einer Messung oder von Meßreihen die Führung eines Meßprotokolles.

Auch nach seiner zweiten Vernehmung blieben bei dem vom Zeugen vorgelegten Meßprotokoll unüberbrückbare Divergenzen zur Anzeige, welche auch bei seiner zweiten Vernehmung nicht aufgeklärt wurden. So weist das Meßprotokoll zwar einen mit der Anzeige übereinstimmenden Meßort, nämlich B 127, Strkm. , auf. Das Meßprotokoll datiert jedoch mit 30.5.1998 der Tattag in der Anzeige wird jedoch mit 31.5.1998 beschrieben. Überdies scheint im Meßprotokoll ein Meßbeginn von 18.35 Uhr und ein Meßende von 19.40 Uhr auf. Die Tatzeit in der Anzeige wird jedoch mit 17.26 Uhr beschrieben.

Solch grobe Divergenzen können, zumal das Meßprotokoll in diesen wesentlichen Teilen händisch ausgefüllt wurde, mit einem irrtümlich verwendeten auf ein anderes Meßgerät lautenden Vordruck nicht mehr erklärt werden.

Die vom Rechtsmittelwerber angezogenen Zweifel, welche sich auf die Zurechenbarkeit des Meßergebnisses auswirken, erschienen somit berechtigt und konnte im Ergebnis von einem Erwiesensein der Tat nicht mehr mit gutem Grunde gesprochen werden.

Deshalb war das angefochtene Straferkenntnis bezüglich des Faktums 1 aufzuheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 erster Sachverhalt VStG einzustellen.

Was Faktum 2 anlangt, so erschien der in der Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 8.6.1998 verwendete Text im Hinblick auf die Bestimmung des § 82 Abs.4 KFG 1967, welcher die Verpflichtung beschreibt, daß ein Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen das Unterscheidungskennzeichen des Heimatstaates zu führen hat, hinreichend und bedeutete die Neufassung des Spruches im Straferkenntnis keine Auswechslung der Tat.

Aus diesem Grunde war, weil zur Tatzeit der Bestand des § 82 Abs.4 KFG noch durch keine europarechtliche Bestimmung überlappt war - wie der Verwaltungsgerichtshof in jüngst ergangenen Entscheidungen zu ähnlichen Fällen bekräftigt hat - der Schuldspruch zu Recht.

Zwischenzeitig wurde dies im November 1998 hinsichtlich Unterscheidungszeichen, die im Kennzeichen integriert sind, geändert. Von einem integrierten Unterscheidungszeichen war aber in der Aussage nicht die Rede. Es konnte aber der Beschuldigte glaubhaft dartun, daß er das Fahrzeug erst vor kurzem angemeldet hat und ihm kein schweres Verschulden angelastet werden. Da eine Identifikation aufgrund des Kennzeichens ohnedies möglich erschien, war auch der Unrechtsgehalt der Tat als atypisch gering zu gewichten. Aus diesem Grunde hatte der Rechtsmittelwerber einen Rechtsanspruch auf Absehen von einer Bestrafung.

Aufgrund des Erfolges der Berufung waren dem Rechtsmittelwerber gemäß § 65 VStG keine Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r Beschlagwortung: Verwendungsbestimmungen = Meßprotokoll bei VGM, große Differenz zur Tatzeit, kein hinreichender Beweis.

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