Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105617/16/Sch/Rd

Linz, 22.12.1998

VwSen-105617/16/Sch/Rd Linz, am 22. Dezember 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des J vom 12. Juni 1998, vertreten durch die Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 26. Mai 1998, III/S 40331/97 V1P SE, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 13. November 1998 zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 1.600 S (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG. zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 26. Mai 1998, III/S 40331/97 V1P SE, über Herrn J, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 8.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von acht Tagen verhängt, weil er am 4. August 1997 um 16.25 Uhr in Sipbachzell auf der Westautobahn Richtung Wien bei Kilometer 191,407 das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt habe.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 800 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Unbestritten ist, daß der Berufungswerber zum Vorfallszeitpunkt als Lenker eines (Klein-)LKW an einem Verkehrsunfall beteiligt war und in der Folge zur Behandlung erlittener Verletzungen in das Krankenhaus Wels verbracht worden ist. Dort sind dann Beamte der Bundespolizeidirektion Wels, Verkehrsunfallkommando, erschienen, um mit ihm eine Alkomatuntersuchung durchzuführen. Dieser Umstand ist darauf zurückzuführen, daß ein erhebender Gendarmeriebeamter im Zuge der Unfallaufnahme beim Berufungswerber Alkoholisierungssymptome, wie gerötete Bindehäute (der Augen), teilweise unverständliche Sprache und einen leicht verwirrten Eindruck festgestellt hatte und daher ein entsprechendes Ersuchen an die örtlich zuständige Bundespolizeidirektion Wels erfolgt ist. Etwa zwei Stunden nach dem Verkehrsunfall kam es zu der erwähnten Alkomatuntersuchung, bei dem zwei gleiche Werte (jeweils 0,32 mg/l Atemluft) gemessen wurden. Laut Beilage zur Anzeige im Zusammenhang mit der Untersuchung auf Alkoholbeeinträchtigung ist in der Rubrik "Angaben über den Alkoholgenuß" (lediglich) eine Halbe Weizenbier angeführt, später (Einvernahme vom 8. August 1997) um ein Achtel Weißwein ergänzt. Mit Eingabe vom 12. Februar 1998 hat der nunmehr rechtsfreundlich vertretene Berufungswerber im Rahmen des erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahrens behauptet, vor Durchführung der Alkomatuntersuchung im Krankenhaus an alkoholischen Getränken einen "Jägermeister" mit einer Menge von 0,02 l konsumiert zu haben. Die Erstbehörde hat durch einen medizinischen Amtssachverständigen die Rückrechnung vom Alkomatergebnis auf den Lenkzeitpunkt durchführen lassen, wobei der Sachverständige zu dem Ergebnis gekommen ist, daß ohne Berücksichtigung des behaupteten Nachtrunkes ein Wert von 0,45 mg/l Atemluft anzunehmen wäre, unter Abzug des Nachtrunkes ein Wert von 0,41 mg/l. Des weiteren trifft der Sachverständige die schlüssige Aussage, daß beide Trinkverantwortungen (mit oder ohne Nachtrunk) das gemessene Ergebnis nicht erklären können.

Abgesehen davon ist aus der Sicht der Beweiswürdigung noch folgendes zu bemerken:

Der Berufungswerber hat vorerst gegenüber dem Sicherheitswachebeamten im Krankenhaus lediglich den Konsum von einem halben Liter Weizenbier angegeben. Dieser Beamte wurde anläßlich der Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommen und hat dort überzeugend ausgesagt, daß solche Angaben in das entsprechende Formblatt von ihm so eingetragen werden, wie sie ein Proband vorbringt. Es kann daher ohne weiteres angenommen werden, daß auch im vorliegenden Fall genau das angeführt ist, was der Berufungswerber vorgebracht hat.

Vier Tage nach dem Verkehrsunfall wurde der Berufungswerber von der Gendarmerie einvernommen und hat dort den Alkoholkonsum nicht mehr mit - wie ursprünglich - mittags, sondern mit etwa 15.30 Uhr bis 16.00 Uhr des Vorfallstages behauptet und die alkoholischen Getränke um ein Achtel Weißwein ergänzt. Von einem Nachtrunk hat er auch dort - ebenso wie gegenüber dem Sicherheitswachebeamten im Krankenhaus - nichts angegeben. Dies ist erstmals etwa sechs Monate nach dem Vorfall geschehen. Dieses Nachtrunkvorbringen leidet schon aus diesem zeitlichen Grund heraus an mangelnder Überzeugungskraft. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist zu erwarten, daß Angaben, die unmittelbar noch im Zusammenhang mit einem Vorfall gemacht werden, der Wahrheit näher kommen als später getätigte. Auch ist es nicht lebensnah, wenn jemand, der sich in einem Krankenhaus vor einer Untersuchung befindet, ein allfälliges Unwohlsein durch Alkoholkonsum auszuräumen, vielmehr muß doch erwartet werden, daß gerade im Krankenhaus fachkundige Hilfe in Anspruch genommen wird. Daß hier jemand dennoch eine Übelkeit mit Magenbitter aus der Krankenhauskantine bekämpft, ist also sehr ungewöhnlich und muß daher, soll es doch glaubhaft gemacht werden, auch überzeugend untermauert werden. Der Berufungswerber hat in diesem Zusammenhang alleine einen Verweis auf einen ihm unbekannten jungen Mann vorgebracht, der ihm dieses Getränk geholt habe. Angesichts dessen muß das Nachtrunkvorbringen somit als nicht überzeugend bezeichnet werden. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann der Behörde die spätere Behauptung, nach dem Unfall Alkohol zu sich genommen zu haben, unglaubwürdig erscheinen, wenn der alkoholisierte Verkehrsteilnehmer diesen Umstand dem intervenierenden Wachebeamten gegenüber nicht erwähnt hat (VwGH 12.10.1970, 133/70). Im vorliegenden Fall wurde ein Nachtrunk weder dem Beamten bei der Alkomatuntersuchung angegeben noch später bei der Einvernahme durch die Gendarmerie, sondern, wie bereits erwähnt, erst im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens. Nach Ansicht der Berufungsbehörde ändert sich auch dadurch nichts, daß dem Rechtsmittelwerber ein Alkoholkonsum im Krankenhaus peinlich gewesen sein könnte und er ihn allein deshalb (vorerst) nicht erwähnt hat. Überdies hat, wer sich auf einen sogenannten Nachtrunk beruft, die Menge des solcher Art konsumierten Alkohols dezidiert zu behaupten und zu beweisen (VwGH 25.4.1985, 85/02/0019). Letzteres ist dem Berufungswerber nicht gelungen.

Nach den durchgeführten Berechnungen des medizinischen Sachverständigen würde aber die Berücksichtigung eines Nachtrunkes an der Strafbarkeit des Verhaltens des Berufungswerbers nichts ändern, da auch dann zum Lenkzeitpunkt der gesetzliche Alkoholwert von 0,4 mg/l Atemluft noch überschritten worden wäre. Die Berufungsbehörde hat das erstbehördliche Verwaltungsstrafverfahren noch durch Erhebungen dahingehend ergänzt, ob Hepatitis C, an der der Berufungswerber laut vorgelegten Unterlagen leidet, eine wesentliche Verzögerung des Alkoholabbaues im Körper bewirke und daher die nach den gängigen Regeln erfolgte Rückrechnung auf den Berufungswerber nicht zutreffen könnte. Entgegen der Ansicht des beigebrachten Gutachtens des Facharztes für Innere Medizin Dr. L vom 12. Februar 1998 verweist die ebenfalls mit dieser Frage beschäftigte medizinische Sachverständige des Amtes der . Landesregierung darauf, daß das Gegenteil herrschende Fachmeinung wäre. In diesem Zusammenhang zitiert sie einschlägige Fachliteratur, sodaß sich die Berufungsbehörde veranlaßt sieht, sich diesen Ausführungen anzuschließen und die Annahme zu teilen, daß das Gutachten Dris. L in Widerspruch zur wissenschaftlich fundierten gerichtsmedizinischen Lehrmeinung steht.

Auch die Vermutung des Berufungswerbers, es könnte sich zu seinem Nachteil ausgewirkt haben, daß im Gutachten des eingangs erwähnten medizinischen Sachverständigen ein falsches Geburtsdatum seiner Person angeführt ist, war nicht angetan, eine andere Entscheidung herbeizuführen. Hier hat die mit der Angelegenheit nochmals befaßte medizinische Sachverständige überzeugend dargelegt, daß das Lebensalter eines Probanden im Hinblick auf Alkoholrückrechnungen keine Rolle spielt.

Es ist daher zusammenfassend festzustellen, daß es dem Berufungswerber durch sein Vorbringen nicht gelungen ist, seine zum Lenkzeitpunkt als erwiesen anzunehmende Alkoholbeeinträchtigung überzeugend in Frage zu stellen.

Zur Strafzumessung ist zu bemerken: Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Übertretungen des § 5 StVO 1960, also die sogenannten "Alkoholdelikte", gehören zu den gravierendsten Verstößen gegen die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Es kann als bekannt vorausgesetzt werden, daß es durch alkoholbeeinträchtigte Fahrzeuglenker immer wieder zu schweren Verkehrsunfällen kommt. Solche Lenker stellen daher häufig nicht nur eine abstrakte, sondern eine konkrete Gefährdung der Verkehrssicherheit dar.

Wenngleich beim Berufungswerber auf den Unfallzeitpunkt bezogen lediglich eine geringfügige Überschreitung des gesetzlichen Wertes von 0,4 mg/l Atemluft festzustellen war, so muß andererseits auf den Umstand Bedacht genommen werden, daß er in einen Verkehrsunfall verwickelt war und nach der allgemeinen Lebenserfahrung hier die Alkoholbeeinträchtigung durchaus eine Rolle gespielt haben kann. Von unbedeutenden Folgen der Tat war daher nicht auszugehen. Die Erstbehörde hat alle diese Umstände samt Milderungsgrund der Unbescholtenheit des Berufungswerbers ausreichend berücksichtigt und ist mit der Verhängung der Mindeststrafe vorgegangen. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 20 VStG lagen nicht vor.

Der Berufungswerber hat trotz entsprechender Möglichkeiten im erstbehördlichen Verfahren seine persönlichen Verhältnisse nicht bekanntgegeben, sodaß sein Einkommen mit mindestens 12.000 S monatlich netto geschätzt wird. Dieses Einkommen wird ihm die Bezahlung der Geldstrafe ohne unzumutbare Einschränkung seiner Lebensführung ermöglichen. Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

S c h ö n

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