Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105892/5/Sch/Rd

Linz, 01.12.1998

VwSen-105892/5/Sch/Rd Linz, am 1. Dezember 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung der Frau B vom 16. Oktober 1998, vertreten durch die Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 29. September 1998, III/S 35187/97 V2P SE, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt. II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG. zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 29. September 1998, III/S 35187/97 V2P SE, über Frau B, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 und 2) § 4 Abs.2 StVO 1960 Geldstrafen von 1) 2.000 S und 2) 2.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) zwei Tagen und 2) zwei Tagen verhängt, weil sie am 13. Oktober 1997 um 7.25 Uhr in Linz, Landstraße 27, den LKW mit dem Kennzeichen gelenkt und es 1) unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall, mit dem ihr Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, indem sie, obwohl es sich um einen Verkehrsunfall mit Personenschaden gehandelt habe, bei dem es zu einer amtlichen Aufnahme des Sachverhaltes durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu kommen habe, die Verkehrsunfallstelle vor der amtlichen Aufnahme mit ihrem Kraftfahrzeug verlassen habe, und 2) sei sie als Lenkerin dieses Kraftfahrzeuges an einem Verkehrsunfall mit Personenschaden beteiligt gewesen und habe somit als Person, deren Verhalten am Unfallort mit diesem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, nicht sofort die nächste Sicherheitsdienststelle verständigt. Überdies wurde die Berufungswerberin zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 400 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Berufungswerberin rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Die Berufungswerberin bestreitet die ihr zur Last gelegten Übertretungen zum einen mit dem Vorbringen, hiefür wäre Gerichtszuständigkeit gegeben. Damit konnte der Berufung allerdings kein Erfolg beschieden sein, da laut Benachrichtigung des Bezirksanwaltes beim Bezirksgericht Linz vom 9. Jänner 1998 die gegen die Berufungswerberin eingebrachte Anzeige wegen des Vergehens nach § 88 Abs.1 StGB zurückgelegt wurde. Damit konnte aber keinesfalls eine gerichtliche Zuständigkeit im Hinblick auf die der Berufungswerberin zur Last gelegten Übertretungen des § 4 StVO 1960 erfaßt gewesen sein, da es sich bei letzterem um Bestimmungen mit einem völlig anderen Regelungsinhalt handelt.

In der Sache selbst ist zu bemerken, daß Ulrike A mit ihrem Fahrrad zum Vorfallszeitpunkt in Linz die Fußgängerzone Landstraße in Richtung "stadteinwärts" (der Vorfallsort befindet sich eigentlich im Stadtzentrum) befuhr. Auf Höhe des Hauses Landstraße war von der Berufungswerberin ein Klein-LKW abgestellt worden und wollte sie gerade auf der Fahrerseite aussteigen (entgegen den Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis war sie also nicht mehr Lenkerin eines Fahrzeuges), als sie den Sturz der erwähnten Radfahrerin bemerkte. Da beide den Unfall vorerst nicht gemeldet haben, konnten die entsprechenden Erhebungen nicht sogleich erfolgen. Bekannt geworden ist der Vorfall dadurch, daß die Berufungswerberin selbst am 15. Oktober 1997, also zwei Tage danach, diesen bei der zuständigen Bundespolizeidirektion Linz - Verkehrsunfallkommando - gemeldet hat. Diese Unfallmeldung ging darauf zurück, daß der Vater der Radfahrerin am 15. Oktober 1997 vormittags die Berufungswerberin aufsuchte und ihr bekanntgab, daß seine Tochter durch den Sturz an der Hand verletzt worden sei. Die Genannte selbst wurde erstmals am 21. Oktober 1997, also mehr als eine Woche nach dem Vorfall, durch das Verkehrsunfallkommando befragt. Während sich die Berufungswerberin, wie in der mit ihr bei der Unfallmeldung errichteten Niederschrift festgehalten wurde, mit dem Sturz der Radfahrerin nicht in Verbindung bringt und als Grund des Sturzes vermutet, daß die Radfahrerin mit ihrem Fahrzeug in eine der Straßenbahnschienen geraten sei, sieht diese als Unfallursache eine Kollision mit der von der Berufungswerberin geöffneten Fahrertür an. Diese Angaben hat sie später im Rahmen des Verfahrens zeugenschaftlich bestätigt. Wenngleich es durchaus als nicht selten vorkommend angesehen werden muß, daß gerade durch das Öffnen einer Fahrzeugtüre ein sich von hinten nähernder Radfahrer zu Sturz kommt, so kann im vorliegenden Fall nicht mit einer für eine Bestrafung erforderlichen Sicherheit angenommen werden, daß es auch hier so war. Für die Berufungswerberin spricht zum einen der Umstand, daß es unbestrittenerweise das Bestreben der gestürzten Radfahrerin vor Ort war, sich von der Unfallörtlichkeit umgehend zu entfernen. Es hat offenkundig sogar einiger Bestrebungen durch die Berufungswerberin bedurft, um sie überhaupt nach Verletzungen befragen zu können und eine offenkundig von dem Sturz herrührende Hautabschürfung versorgen zu dürfen. Für ihr Verhalten konnte die Radfahrerin Astleitner keine schlüssige Erklärung liefern, außer jener, daß sie, wie bei der Einvernahme durch das Verkehrsunfallkommando angegeben, die Angelegenheit auf sich beruhen lassen wollte. Solches spricht dafür, daß sie zumindest vorerst selbst kein Fremdverschulden an ihrem Sturz erblicken konnte. Es können daher die Angaben der Berufungswerberin im Zuge der Unfallmeldung, daß sich nämlich die Radfahrerin im Hinblick auf die Ursache des Sturzes nicht geäußert hat bzw darüber keine Angaben machen konnte, als glaubwürdig angesehen werden. Erst zu einem - wie oben erwähnt - um einiges späteren Zeitpunkt hat sie ein Verschulden der Berufungswerberin an ihrem Sturz erblickt. Dazu kommt noch, daß sich die Fahrbahn im relevanten Bereich verengt und teilweise Kopfsteinpflaster mit Furchen und Straßenbahnschienen aufweist. Der Sturz eines Radfahrers kann daher ohne weiteres auch auf ein Verschwenken auf dieses Pflaster bzw die Straßenbahnschienen bedingt sein, ohne daß dafür noch das Verhalten eines anderen Verkehrsteilnehmers hinzukommen müßte. Die Berufungsbehörde verkennt nicht, daß sich der Sachverhalt auch in der von der erwähnten Radfahrerin zeugenschaftlich geschilderten Weise zugetragen haben kann. Es genügt allerdings nicht, sich bei einem verurteilenden Erkenntnis alleine auf die einen Zeugen treffende Wahrheitspflicht zu stützen, vielmehr müssen sämtliche Umstände eines Falles, insbesondere auch jene, die für einen Beschuldigten sprechen, sorgfältig abgewogen werden (vgl. § 25 Abs.2 VStG).

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

S c h ö n

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