Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240088/10/Gf/La

Linz, 19.04.1994

VwSen-240088/10/Gf/La Linz, am 19.April 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der M, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 8.

Februar 1994, Zl. SanRB96-3-1994, wegen Übertretung des Lebensmittelgesetzes zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß es in dessen Spruch anstelle der Wendung "§§ 1, 2, 3 Z. 2, 4 Abs. 1 Z. 5a und 6 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973 (LMKV), BGBl.Nr. 627" nunmehr "§ 4 Z. 2 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 - LMKV, BGBl.Nr. 72/1993" zu heißen hat.

II. Die Berufungswerberin hat einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe, d.s. 140 S, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 8. Februar 1994, Zl. SanRB96-3-1994, wurde über die Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe von 700 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) verhängt, weil sie als Einzelkaufmann der Kennzeichnungspflicht unterliegende Waren in Verkehr gebracht habe, ohne daß auf der Verpackung auch der Unternehmenssitz angegeben gewesen sei; dadurch habe sie eine Übertretung des § 74 Abs. 5 Z. 1 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.

756/1992 (im folgenden: LMG), iVm § 3 Z. 2 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl.Nr. 627/1973, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 86/1975 (im folgenden: LMKV 1973) begangen, weshalb sie gemäß § 74 Abs. 5 Z. 1 LMG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses der Rechtsmittelwerberin am 10. Februar 1994 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 17. Februar 1994 - und damit rechtzeitig - im Wege einer Telekopie bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß jener der Rechtsmittelwerberin zur Last gelegte Tatbestand durch entsprechende Erhebungen von Lebensmittelaufsichtsorganen und ein Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Graz als erwiesen anzusehen sei. Da eine den Erfordernissen des § 9 VStG entsprechende Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nicht erfolgt sei, habe die Rechtsmittelwerberin die Tat auch selbst zu vertreten.

2.2. Dagegen bringt die Berufungswerberin unter Beilage einer entsprechenden Urkunde vor, daß sie ihren Ehegatten bereits mit Wirksamkeit vom 1. Mai 1977 zum verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 VStG für die Einhaltung aller lebensmittelrechtlichen Vorschriften bestellt habe.

Da sonach eine eigene verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit der Rechtsmittelwerberin nicht gegeben sei und überdies bloß ein geringfügiges Verschulden vorliege, wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, in eventu ein Absehen von der Strafe und stattdessen bloß die Erteilung einer Ermahnung, beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Schärding zu Zl.

SanRB96-3-1994 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 28. März 1994; zu dieser Verhandlung sind jedoch - jeweils entschuldigt - weder die geladenen Parteien noch der als Zeuge geladene Ehegatte der Berufungswerberin erschienen. Erst geraume Zeit nach Schluß dieser mündlichen Verhandlung erschien der Sohn der Berufungswerberin, der als Angestellter im Vertrieb der verfahrensgegenständlichen Firma beschäftigt ist, und gab im Zuge dieser Vorsprache konkret dazu befragt an, daß das Unternehmen von seiner Mutter in der Rechtsform eines Einzelhandelskaufmannes geleitet wird und seit 1986 mit EDV (Personalcomputer-Netzwerk) ausgestattet ist.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs. 5 Z. 1 LMG iVm § 4 Z. 2 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung - LMKV 1993, BGBl.Nr.

72/1993, begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 25.000 S zu bestrafen, der verpackte Waren nicht derart kennzeichnet, daß daraus auch die Anschrift der erzeugenden Unternehmung hervorgeht.

Die LMKV 1993 ist - mangels eines in ihr enthaltenen anderen Inkrafttretenszeitpunktes - am Tag nach der Ausgabe und Versendung des 34. Stückes des Bundesgesetzblattes, also am 30.

Jänner 1993, in Kraft getreten; gleichzeitig ist die LMKV 1973 außer Kraft getreten (vgl. § 12 Abs. 1 LMKV 1993). Da sich der gegenständliche Sachverhalt erst am 29. Oktober 1993 ereignet hat, war dieser sohin nach der LMKV 1993 zu beurteilen. Bezogen auf den der Berufungswerberin zur Last gelegten Sachverhalt sind die Tatbestände des § 3 Z. 2 LMKV 1973, den die belangte Behörde irrtümlich ihrer Entscheidung zugrundelegte, und des § 4 Z. 2 LMKV 1993, der nach dem Vorstehenden tatsächlich heranzuziehen gewesen wäre, jedoch inhaltsgleich.

4.2.1. Durch Feststellungen der Lebensmittelaufsichtsorgane ist erwiesen, daß auf der Verpackung der verfahrensgegenständlich in Verkehr gebrachten Ware eine dem § 4 Z. 2 LMKV 1993 entsprechende Angabe der Anschrift der erzeugenden und verpackenden Unternehmung fehlt. Dies wird im Grunde auch von der Berufungswerberin nicht bestritten. Daß aber die bloße Angabe einer dem Betrieb der Rechtsmittelwerberin zugeteilten (wenn auch im Geschäftsverkehr international anerkannten) Veterinärnummer dieser Anforderung unter dem Aspekt des Konsumentenschutzes nicht gerecht zu werden vermag, liegt auf der Hand.

Damit liegt aber ein tatbestandsmäßiges Handeln iSd § 74 Abs. 5 LMG iVm § 4 Z. 2 LMKV 1993 vor.

4.2.2. Wenn die Berufungswerberin behauptet, selbst deshalb nicht verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich zu sein, weil sie bereits vor dem Tatzeitpunkt gemäß § 9 Abs. 3 VStG einen verantwortlichen Beauftragten bestellt gehabt habe, so kann ihr darin nicht beigepflichtet werden.

Zwar hat die Rechtsmittelwerberin gemeinsam mit der Berufung einen Schriftsatz des Inhaltes vorgelegt, daß ihr Ehegatte bereits mit Wirkung vom 1. Mai 1977 zum für die Einhaltung aller lebensmittelrechtlichen Vorschriften verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 VStG bestellt worden sein soll. Doch abgesehen davon, daß (nur) die Datumsangabe "1. Mai 1977" mit der Hand eingefügt ist, während der gesamte übrige Text in Maschinenschrift abgefaßt wurde, weist dieses Schriftstück auch dasselbe Schriftbild wie der Berufungsschriftsatz und die sonstigen Eingaben der Rechtsmittelwerberin im Verfahren vor der belangten Behörde auf. Daraus folgt, daß auch diese "Bestellungsurkunde" mit ein und derselben EDV-Anlage, wie sie im Betrieb der Berufungswerberin in Verwendung steht - und zwar nach den Angaben ihres Sohnes anläßlich dessen oben unter 3. angeführter Vorsprache vor dem Oö. Verwaltungssenat erst seit dem Jahr 1986; im übrigen darf als notorisch vorausgesetzt werden, daß im Jahre 1977 selbst bei großen Unternehmen und wissenschaftlichen Anstalten noch keine Personalcomputer, sondern lediglich Lochkartencomputer in Verwendung standen -, erstellt wurde und somit nicht aus dem Jahr 1977 stammen kann. Diese Urkunde ist daher nach Überzeugung des Oö. Verwaltungssenates jedenfalls nicht geeignet, einen Nachweis dafür zu bilden, daß der Ehegatte der Berufungswerberin bereits zum Tatzeitpunkt wirksam als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 3 VStG bestellt war; die Wahrscheinlichkeit spricht vielmehr dafür, daß diese Bestellungsurkunde erst nach dem Tatzeitpunkt angefertigt und (händisch) dabei ein früheres Datum eingesetzt wurde.

Ist demnach aber davon auszugehen, daß zum Tatzeitpunkt ein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 3 VStG nicht bestellt war, so war damit die eigene (und alleinige) strafrechtliche Verantwortlichkeit der Berufungswerberin gegeben.

4.3. Der Berufungswerberin mußten als Unternehmerin die für die Führung ihres Betriebes einschlägigen Rechtsvorschriften der LMKV bekannt sein; Schuldausschließungsgründe iSd § 5 Abs. 2 VStG wurden von ihr weder behauptet noch sind solche im Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat hervorgekommen.

Indem die Berufungswerberin die Lebensmittelkennzeichnungsvorschriften im vorliegenden Fall nicht beachtet hat, hat diese zumindest fahrlässig und damit auch schuldhaft gehandelt.

Die Strafbarkeit der Berufungswerberin ist daher gegeben.

4.4. Der Sinn der Gebotsnorm des § 4 Z. 2 LMKV besteht darin, dem Verbraucher Klarheit über die tatsächliche Herkunft der Ware zu verschaffen, weil dieses Kriterium für den Konsumenten eine wesentliche Entscheidungshilfe bei der Auswahl zwischen gleichartigen Produkten verschiedener Anbieter bieten kann. Dies wird jedoch gerade dann vereitelt, wenn wie im vorliegenden Fall - auf der Verpackung anstelle der Angabe der Anschrift der erzeugenden und verpackenden Unternehmung lediglich eine für den potentiellen Käufer nichtssagende Veterinärnummer angebracht ist. Unter diesem Blickwinkel kann daher die Unterlassung der Angabe der Anschrift durch die Berufungswerberin nicht bloß als ein "geringfügi ges" Verschulden iSd § 21 Abs. 1 VStG qualifiziert werden.

Ein Absehen von der Strafe und stattdessen die Erteilung einer Ermahnung konnte daher schon aus diesem Grunde nicht in Betracht gezogen werden.

4.5. Angesichts des Umstandes, daß der gesetzliche Strafrahmen für das verfahrensgegenständliche Delikt bis zu 25.000 S reicht, konnte der Oö. Verwaltungssenat auch nicht finden, daß die belangte Behörde das ihr im Zuge der Strafbemessung nach § 19 VStG zustehende Ermessen gesetzwidrig ausgeübt hätte, zumal die Berufungswerberin auch bereits einmal zuvor wegen einer Übertretung des § 74 Abs. 5 LMG rechtskräftig bestraft worden ist.

4.6. Aus allen diesen Gründen war daher die gegenständliche Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe zu bestätigen, daß es in dessen Spruch anstelle der Wendung "§§ 1, 2, 3 Z. 2, 4 Abs. 1 Z. 5a und 6 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973 (LMKV), BGBl.Nr. 627" nunmehr "§ 4 Z. 2 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 - LMKV, BGBl.Nr.

72/1993" zu heißen hat.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe, d.s. 140 S, vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den Oö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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