Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107545/2/BI/KM

Linz, 30.03.2001

VwSen-107545/2/BI/KM Linz, am 30. März 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn G S, vom 12. März 2001 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 26. Februar 2001, VerkR96-8466-2000-K, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz Beträge von 1) 200 S, 2) 200 S und 3) 300 S, sohin insgesamt 700 S (entspricht 50,87 Euro), ds 20 % der verhängten Geldstrafen, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG, §§ 4 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.2 lit.a, 4 Abs.5 1.Satz iVm 99 Abs.3 lit.b und 4 Abs.1 lit.c iVm 99 Abs.2 lita StVO 1960

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben genannten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 4 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.2 .lit.a StVO 1960, 2) §§ 4 Abs.5 1. Satz iVm 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 und 3) §§ 4 Abs.1 lit.c iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 1.000 S (24 Stunden EFS), 2) 1.000 S (24 Stunden EFS) und 3) 1.500 S (48 Stunden EFS) verhängt, weil er am 20. Juni 2000 gegen 21.40 Uhr im Gemeindegebiet von N, das Kfz, Kz. , rückwärts aus einer Parklücke vor der Bäckerei K gelenkt und

  1. nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, das von ihm gelenkte Fahrzeug nicht sofort angehalten habe,
  2. es unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben sei,
  3. es unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, an der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken, weil er sich von der Unfallstelle entfernt habe und somit nicht mehr festgestellt werden habe können, ob er fahrtüchtig gewesen sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 350 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Angaben des Zeugen entsprächen nicht der Wahrheit. Vielmehr habe er selbst damals den Parkstreifen vor der Bäckerei benutzt, und zwar den ersten Platz in Richtung Einbahn gesehen. Der Platz neben ihm sei leer, der dritte besetzt gewesen. Sein PKW sei ganz links beinahe am dort sehr niedrigen Randstein gestanden. Zum Verlassen des Parkplatzes sei er nach rückwärts ausgefahren, wobei der Platz neben ihm noch leer gewesen sei. In weiterer Folge habe er den neben ihm wohl sehr weit links einfahrenden PKW bemerkt. Wohl als er mit dem linken Hinterrad den Randstein überrollt habe, müsse die Berührung der beiden Fahrzeuge stattgefunden haben, weil er weder einen Stoß noch - wegen des eingeschalteten Autoradios - ein Geräusch wahrgenommen habe. Er habe dann die Fahrt fortgesetzt. Er habe den Zeugen nur von hinten im Auto sitzen gesehen, daher könne dieser nicht sofort ausgestiegen sein. Beide Fahrzeuge seien in Bewegung gewesen, der Zeuge könne daher den PKW nicht schon abgestellt haben. Er habe eine Berührung der beiden Fahrzeuge nicht bemerkt und könne daher eine Verurteilung nicht akzeptieren.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass es am 20. Juni 2000 gegen 21.40 Uhr in N vor der Bäckerei K zu einer Berührung der PKW des Bw und des Zeugen Arzt gekommen sei, wobei der PKW des Bw mit der rechten vorderen Ecke der Stoßstange eine ca 70 cm lange und ca 1 cm breite Kratzspur auf der linken Seite, nämlich auf der Fahrertür und dem Kotflügel des PKW, Kz , hinterlassen habe.

Der Zeuge hat am 20. Juni 2000 um ca 21.50 Uhr Anzeige beim GP T erstattet und angegeben, er habe noch im Fahrzeug sitzend eine durch die Berührung der PKW verursachte Vibration gespürt und sei daraufhin ausgestiegen, um den PKW des Bw anzuhalten. Dieser sei aber davongefahren. Um 22.30 Uhr wurde der PKW des Bw von den Beamten der Sektorstreife, Insp K und Insp B, am Parkplatz vor dem Wohnhaus des Bw besichtigt. Es wurden auch Fotos angefertigt, die dem Akt beigelegt sind und auf denen an der rechten vorderen Stoßstangenecke eine Abriebspur zu sehen ist. Auch der Kratzer am PKW wurde fotografiert.

Der Bw habe angegeben, er sei ungefähr zur Vorfallszeit aus der Parklücke gefahren, habe aber von einer Berührung seines PKW mit dem rechts daneben befindlichen PKW nichts bemerkt. Es sei aber möglich, dass er den PKW gestreift habe.

Bei seiner Einvernahme am 25. August 2000 hat der Bw angegeben, aus seiner Sicht sei der andere Lenker zur selben Zeit in die Parklücke eingefahren, während er selbst diese verlassen habe. Deshalb habe er auch nichts wahrnehmen können.

Laut Gutachten des technischen Amtssachverständigen Ing S vom 9. Oktober 2000, BauME-010000/4262-2000-Sem/Prie, korrespondieren die Anstoßstellen in einer Höhe von 48 cm. Weiters liege der Anstoßlärm in einem anderen Frequenzbereich als der Umgebungslärm und sei deshalb auch zu unterscheiden, wenn er leiser sei als dieser. Auch die Erschütterung müsse die Fühlschwelle des Bw überschritten haben, sodass der Bw mit der vom Lenker eines Kfz geforderten Aufmerksamkeit den Anstoß bzw die Beschädigung sowohl akustisch als auch als Stoßreaktion wahrnehmen hätte müssen.

Der Bw blieb am 12. Dezember 2000 vor der Erstinstanz bei seiner Aussage, er habe nichts bemerkt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt in freier Beweiswürdigung zu der Überzeugung, dass die Angaben des Bw nicht der Wahrheit entsprechen können. Betrachtet man nämlich den "Kratzer" bzw die stellenweise einen cm breite Schleifspur am PKW des Zeugen, so fällt auf, dass diese(r) eine Länge von ca 70 cm aufweist, dh die Schleifbewegung der beiden PKW aneinander muss, selbst wenn der Vorfall sich beim Ausfahren des Bw und gleichzeitigem Einfahren des Zeugen in die Parklücke ereignet hat, eine größere Zeitspanne in Anspruch genommen haben und kann keineswegs als "punktförmiges" Geräusch, das die Dauer des Überrollens des Randsteines mit den Hinterreifen nicht überstiegen hätte, gedeutet werden. Abgesehen davon handelt es sich bei der Anstoßstelle am PKW des Bw um die rechte vordere Stoßstangenecke, die im Sichtfeld des Bw lag, dessen PKW sich beim Ausparken augenscheinlich einem anderen und nach eigenen Angaben auch von ihm bemerkten Fahrzeug näherte, sodass der Bw schon aus diesem Grund zu erhöhter Aufmerksamkeit nach rechts vorne verpflichtet war. Schon aus dieser Überlegung kann davon ausgegangen werden, dass der Bw den Zusammenstoß sehr wohl bemerkt und sich zwecks Vermeidung von Ärger oder aus eklatanter Gleichgültigkeit ehestens vom Ort des Geschehens entfernt hat.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 4 Abs.1 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehen, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten (lit.a) und an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken (lit.c).

Gemäß § 4 Abs.5 leg.cit. haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die im Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub vom Verkehrsunfall zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn diese Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Voraussetzung für die Anhaltepflicht und die Meldepflicht ist in subjektiver Hinsicht das Wissen oder fahrlässige Nichtwissen vom Eintritt eines derartigen Schadens. Der Tatbestand ist daher schon dann erfüllt, wenn dem Täter objektive Umstände (zB Anstoßgeräusch, Anstoßerschütterung) zu Bewusstsein kommen hätten müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte (vgl VwGH v 6.7.1984, 82/02A/0072, ua).

Im gegenständlichen Fall hätte der Bw, wie bereits oben ausgeführt, nicht nur durch das mit der Schleifbewegung der Fahrzeuge aneinander entstandene Schleifgeräusch und, wie der Sachverständige nachvollziehbar ausgeführt hat, die Bewegungsbehinderung durch den Widerstand des in der Gegenrichtung bewegten PKW des Zeugen bemerken müssen, sondern auch dezidiert seine Aufmerksamkeit in Richtung des einparkenden Fahrzeuges zuwenden und daher den Anstoß sehen müssen. Selbst laute Musik im Autoradio vermag den Bw diesbezüglich nicht zu entschuldigen (vgl VwGH v. 6.7.1984, 82/02/0072, ua).

Zweck der Bestimmungen des § 4 StVO 1960 ist es nicht, an Ort und Stelle festzustellen, ob ein Sachschaden von einem Unfall herrührt, ob die Angaben des am Unfall Beteiligten stimmen und überhaupt das Verschulden an einem Unfall zu klären, sondern um den am Unfall beteiligten Fahrzeuglenkern die Möglichkeit zu geben, ohne unnötigen Aufwand und Schwierigkeiten klarstellen zu können, mit wem man sich hinsichtlich der Schadensregulierung in der Folge auseinander zu setzen haben wird (vgl VwGH v 19.12.1975, 2085/74, ua).

Zweck der Bestimmung des § 4 Abs.1 lit.a ist es, nicht nur kurzfristig anzuhalten, sondern auch den sonstigen Lenkerpflichten nachzukommen. Für den Bw hätte keine Verpflichtung bestanden, dem Zeugen seine Identität nachzuweisen, jedoch wäre er, zumal der Identitätsnachweis unterblieben ist, jedenfalls zur Unfallmeldung bei der nächsten Sicherheitsdienststelle, dh beim GP N, ohne unnötigen Aufschub - dieser Begriff ist eng auszulegen - verpflichtet gewesen.

Die Mitwirkungspflicht umfasst auch die Person des beteiligten Fahrzeuglenkers, so etwa, ob er zur Lenkung des am Unfall beteiligten Fahrzeuges berechtigt war und ob er äußerlich den Anschein erweckt, dass er sich körperlich und geistig in einem zur Lenkung eines Kfz geeigneten Zustand befindet (vgl VwGH v 28.6.1976, 307/76, ua).

Der Bw hat im Gegenteil seine Fahrt fortgesetzt und trotz Unterbleibens eines Identitätsnachweises keinerlei Meldung beim nächsten Gendarmerieposten erstattet und auch sonst nicht an der Sachverhaltsfeststellung mitgewirkt, sodass sein damaliger Zustand nicht festgestellt werden konnte. Er hat dazu lediglich - unglaub-würdig - auf die Nichtwahrnehmung eines Sachschadenunfalls hingewiesen. Er hat aber auch keine Gründe angeführt, die im Sinne des § 5 Abs.1 VStG glaubhaft machen könnten, dass ihn an der Verletzung der genannten Bestimmungen kein Verschulden trifft. Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt auf dieser Grundlage zu der Überzeugung, dass der Bw die ihm im angefochtenen Straferkenntnis angelasteten Tatbestände erfüllt und sein Verhalten jeweils als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.2 StVO 1960 von 500 S bis 30.000 S Geldstrafe bzw von 24 Stunden bis sechs Wochen Ersatz-freiheitsstrafe, der des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 10.000 S Geldstrafe bzw bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat zur Strafbemessung begründend - und zutreffend - ausgeführt, dass mildernd die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit und nichts als erschwerend berücksichtigt wurde und mangels jeglicher Angaben des Bw dessen finanzielle Verhältnisse geschätzt wurden (15.000 S Monatseinkommen, keine Sorgepflichten, kein Vermögen). Dieser Schätzung hat der Bw nicht widersprochen, sodass sie auch im Rechtsmittelverfahren zugrunde zu legen war.

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die Kriterien des § 19 VStG wurden berücksichtigt, wobei weder weitere Milderungsgründe zutage traten noch behauptet wurden. Die Strafen liegen jeweils im untersten Bereich des entsprechenden Strafrahmens - insbesondere die im Punkt 2) verhängte ist als äußerst mild zu bezeichnen - und halten general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand. Ansatzpunkte für eine Herab-setzung finden sich nicht und auch die Ersatzfreiheitsstrafen sind angemessen. Es steht dem Bw frei, bei der Erstinstanz um eine Bezahlung der Geldstrafen in Raten anzusuchen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Bw musste nach objektiven Umständen Unfall u. Sachschaden bemerken à Bestätigung.

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