Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107772/2/Ga/Mm

Linz, 10.04.2002

 

VwSen-107772/2/Ga/Mm Linz, am 10. April 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des G M in D 9 O gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 29. Juni 2001, Zl. III-S-12.460/00/S, wegen Übertretung kraftfahrrechtlicher Vorschriften, zu Recht erkannt:

Zu den Fakten 1. bis 3. und 6. wird der Berufung stattgegeben und das Verfahren insoweit eingestellt.

Zu den Fakten 4. und 5. wird die Berufung hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt, dies mit der Maßgabe, dass die verletzte Rechtsvorschrift jeweils "Art.6 Abs.1 der VO (EWG) Nr. 3820/85 iVm § 134 Abs.1 KFG" und die Strafverhängungsnorm jeweils "§ 134 Abs.1 iVm Abs.1a KFG idF des Art.10 EUGVIT (BGBl.I Nr. 32/2002)" zu lauten hat.

Zu diesen Fakten hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat je 14,53 € zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG. § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 64 ff Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu den Fakten 1. und 2.

Den zu diesen Spruchpunkten maßgeblichen Straftatbestand gibt § 134 Abs.1 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG) vor. Danach begeht eine Verwaltungsübertretung, wer den (Gebots- und Verbots-) Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr vom 31. Dezember 1985, geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 3572/90 vom 17. Dezember 1990, zuwiderhandelt (insofern und insoweit verdrängt, was die belangte Behörde verkannte, die VO [EWG] Nr. 3821/85 den § 102 Abs.1 dritter Satz KFG; vgl. hiezu VwGH 15.12.2000, 99/02/0056, mit Vorjudikatur). Die - in dieser Formulierung aufrechte - statische Verweisung im

§ 134 Abs.1 KFG lässt die Verordnung (EWG) Nr. 2135/98, in Kraft getreten mit 10. Oktober 1998, unberücksichtigt. Allerdings: Gerade mit dieser Verordnung erfuhr der hier als verletzt vorgeworfene Art.15 Abs.2 der EG-VO 3821/85 eine inhaltliche Änderung. Das aber hat aus dogmatischem Blickwinkel die Konsequenz, dass das in diesen Fakten allenfalls tatbestandsmäßige Verhalten des Berufungswerbers (derzeit) nicht mit Strafe bedroht ist (vgl. Erk. des UVS VwSen-107992/2/SR/Ri vom 7.1.2002, VwSen-107785/3/Ga/Mm vom 17.1.2002; VwSen-108119/7/SR/Ri vom 25.3.2002). In diesen beiden Fakten war daher das angefochtene Straferkenntnis aus Anlass der Berufung aufzuheben; gleichzeitig war die Einstellung der bezüglichen Strafverfahren zu verfügen (§ 45 Abs.1 Z1 VStG).

Erwähnt wird in diesem Zusammenhang, dass die salvatorische Klausel des

§ 134a KFG ausdrücklich nur hinsichtlich Bundesgesetze statische Verweisungen im KFG zu dynamischen Verweisungen macht; hinsichtlich EU-Richtlinien und EU- Verordnungen gilt dies jedoch nicht.

Zu Faktum 3.

Der mit diesem Spruchpunkt als verletzt vorgeworfene Art.15 Abs.5 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 (idFd Änderungsverordnung Nr. 3572/90) hingegen wurde von der vorhin erwähnten Verordnung (EWG) Nr. 2135/98 nicht geändert, weder direkt noch indirekt (im Spruchabschnitt gemäß § 44a Z2 VStG zum Faktum 3. wird erkennbar versehentlich "Art.15 Abs.2 leg.cit." angeführt; die erste Verfolgungs-handlung hiezu, das war die am 3.1.2001 hinausgegebene Strafverfügung vom 20.12.2000, enthielt richtig den Art.15 Abs.5 leg.cit. als verletzte Rechtsvorschrift).

Vorschriftswidrig (dh entgegen den lit.a bis lit.e des Art.15 Abs.5 der Verordnung [EWG] Nr. 3821/85) vorgenommenes Ausfüllen von Schaublättern ist daher im Grunde des (auch zu diesem Faktum den maßgeblichen Straftatbestand bildenden) § 134 Abs.1 KFG weiterhin strafbar.

Ein Tatvorwurf wie vorliegend aber, der (wortgleich schon in der vorhin zit. ersten Verfolgungshandlung) nur gänzlich unsubstantiiert anlastet, "nicht vollständig ausgefüllt" zu haben und die Fehlbestände jedoch gänzlich verschweigt, sodass auch keine Zuordnung zu den in den lit.a bis lit.e des Art.15 Abs.5 leg.cit. festgelegten Angaben ermöglicht, verstößt gegen das Bestimmtheitsgebot des § 44a Z1 VStG (in zweifacher Weise: der Beschuldigte scheint rechtlich nicht geschützt vor einer Doppelbestrafung; Einschränkung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten, weil für ihn nicht ersichtlich ist, zu welchen Fakten er Gegenbeweise anzubieten hätte).

Warum die belangte Behörde zu 3. die diesbezüglich detaillierten Angaben in der Anzeigeschrift vom 14. Dezember 2000 der BPD Wels, Verkehrsgruppe A 1, nicht in den Tatvorwurf übernommen hatte, ist für das Tribunal nicht nachvollziehbar.

Im Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt aufzuheben und im Grunde des § 45 Abs.1 Z3 VStG die Einstellung des Verfahrens zu verfügen.

Zu Faktum 6.

Dem Berufungswerber wurde als Übertretung vorgeworfen, er habe als Lenker eines durch das Kennzeichen bestimmten Lkw auf der A8 an näher angegebener Stelle im Gemeindegebiet Wels in Fahrtrichtung Norden am 5. Oktober 2000 gelenkt und (sinngemäß) dabei einen nicht ordnungsgemäß funktionierenden Geschwindig-keitsbegrenzer verwendet. Wesentlich ist der spruchgemäße Tatvorwurf auf den Sachverhalt gegründet, dass der Berufungswerber am angegebenen Tag in der Zeit von 08.20 bis 08.57 Uhr eine "Durchschnittsgeschwindigkeit von 98,4 km/h" gefahren sei.

Der Berufungswerber bestreitet tatseitig.

Nähere Angaben zur Herleitung der "Durchschnittsgeschwindigkeit von 98,4 km/h" enthält der Schuldspruch nicht. Auch die Begründung des (außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist erlassenen) Straferkenntnisses gibt diesbezüglich keine Aufhellung; sie verweist nur allgemein auf "sichergestellte Schaublätter" aus denen "sämtliche Tatbestände (...) zu verifizieren" gewesen seien.

Mit der dem Tribunal vorgelegten Aktenlage kann der Tatvorwurf zu 6. jedoch nicht verifiziert werden. Zwar liegt dem Strafakt - in Kopie - ein Schaublatt mit der Datumsidentifikation "5.10.00" ein. Daraus kann für die fragliche Fahrzeit ("8.20 bis 8.57 Uhr") die der Anlastung zugrunde gelegte Durchschnittsgeschwindigkeit von 98,4 km/h nicht abgelesen werden. Vielmehr hat der Fahrtschreiber eine Geschwindigkeit aufgezeichnet, die - annähernd um 8.49 Uhr - nur einmal gerade 80 km/h geringfügig überschritten hatte, im Übrigen jedoch für den in Rede stehenden Zeitabschnitt im Bereich zwischen 60 und 80 km/h geblieben ist.

Das Tribunal geht von einem offensichtlichen Feststellungsmangel aus. Zumindest im Zweifel war daher der Beschuldigte mit dem - auf dieses unhaltbare Sachverhaltselement gestützten - spruchgemäßen Vorwurf, er habe in der angegebenen Weise einen nicht ordnungsgemäß funktionierenden Geschwindigkeitsbegrenzer benützt, nicht zu belasten, weshalb der Schuldspruch aufzuheben und das Verfahren diesbezüglich im Grunde des § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war.

Zu den Fakten 4. und 5.

Die Vorwürfe in diesen Spruchpunkten, der Berufungswerber habe als Lkw-Lenker, wie vorhin, die Tageslenkzeit von maximal 10 Stunden vom 27.9. auf den 28.9.2000 überschritten, weil diese 10 Stunden 51 Minuten betragen habe (Faktum 4.) bzw. die Tageslenkzeit von maximal 10 Stunden vom 2.10. auf den 3.10.2000 überschritten, weil diese 10 Stunden 20 Minuten betragen habe (Faktum 5.), wurden in Übereinstimmung mit der Aktenlage erhoben; sie entsprechen auch den Anforderungen des oben zit. Bestimmtheitsgebotes.

Der Berufungswerber setzt dem kein konkretes Sachvorbringen entgegen. Er verweist nur allgemein darauf, dass für ihn "sowieso die deutsche Behörde zuständig" sei und dass am 3. Oktober 2000 in Deutschland ein Feiertag gewesen sei.

Damit vermag er aber nicht durchzudringen. Unstrittig wurde der Berufungs-werber als Lenker eines bestimmten Lkw in Österreich, nämlich auf der A8 im Gemeindegebiet Wels, Straßenkilometer 11,200, in Fahrtrichtung Norden, betreten. Damit aber liegt der Ort der zu diesen Fakten angelasteten Übertretung (= Tatort) in Österreich und es ist auf den Berufungswerber die österreichische Rechtsordnung - bei Verstößen eben auch sanktionierend - anzuwenden. Es gilt die Regel des § 134 Abs.1a KFG, wonach Übertretungen ua des Art.6 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 auch dann als Verwaltungsübertretung strafbar sind, wenn die Übertretung nicht im Inland sondern auf einer Fahrtstrecke im innergemeinschaft-lichen Güterstraßenverkehr begangen worden ist; als Ort der Übertretung gilt in diesem Fall der Ort der Betretung im (hier: österreichischen) Inland, bei der die Übertretung festgestellt worden ist.

Dass der Berufungswerber wegen der mit den Fakten 4. und 5. angelasteten Übertretungen bereits im Ausland bestraft worden wäre, hat er nicht behauptet und ist aufgrund der Aktenlage auch nicht anzunehmen gewesen. Der Einwand der Doppelbestrafung geht daher ins Leere.

Wenn der Berufungswerber weiters vorbringt, es habe die Staatsanwaltschaft Regensburg ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingestellt und aber die Sache an eine andere Behörde wegen Verfolgung als Ordnungswidrigkeit abgegeben, weshalb er auch diesbezüglich auf das Verbot der Doppelbestrafung verweise, so geht dieser Einwand auch hier ins Leere, weil sich das erwähnte Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Regensburg unstrittig auf eine ganz andere Sache, nämlich auf den zur Anzeige gebracht gewesenen Verdacht der "Fälschung eines Beweismittels" nach § 293 StGB bezogen hatte.

Aus allen diesen Gründen waren, weil auch Entschuldigungsgründe nicht her-vorgekommen sind, die Schuldsprüche zu 4. und 5. zu bestätigen. Gegen die Höhe der verhängten Strafen wurde konkret nichts vorgebracht; auch ergab sich diesbezüglich für den Oö. Verwaltungssenat kein Anlass, Ermessensfehler amtswegig aufzugreifen. Die Strafverhängungsnorm zu 4. und 5. war aus rechtlichen Gründen zu ergänzen, auch weil sonst die Euro-Umstellung im Strafausspruch nicht abgedeckt gewesen wäre.

Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Berufungswerber zu 4. und 5. Beiträge zu den Kosten des Tribunalverfahrens in der gesetzlichen Höhe (20 Prozent der je verhängten und bestätigten Geldstrafe) aufzuerlegen; zu den aufgehobenen Fakten ist der Berufungswerber hingegen aus seiner Kostenpflicht befreit.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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