Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107901/22/Le/Be

Linz, 22.11.2002

VwSen-107901/22/Le/Be Linz, am 22. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des E, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 24.9.2001, Zl. VerkR96-6644-2001-Ro, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, in Entsprechung der Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes, ausgedrückt in dessen Erkenntnis vom 25.9.2002, B 1737/01-14, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 19.11.2002 zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt; hinsichtlich der Strafe wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die Ersatzfreiheitsstrafe auf 10 Tage herabgesetzt wird. Die Höhe der verhängten Geldstrafe wird anstelle von S 12.000,-- mit Euro 872 beziffert.

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG,
BGBl. Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 24.9.2001 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 5 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 12.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 13 Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 1.9.2001 gegen 05.00 Uhr einen (näher bezeichneten) PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Atemluftalkoholgehalt von 0,70 mg/l) in Betrieb genommen, indem er den PKW startete und sich bei laufendem Motor und eingeschalteter Abblendbeleuchtung bis zur Lenker- und Fahrzeugkontrolle am 1.9.2001 um 05.35 Uhr am Lenkerplatz des PKW befunden habe.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 3.10.2001, mit der beantragt wird, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu von der Verhängung einer Strafe abzusehen bzw. eine Ermahnung zu erteilen.

Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, den Sachverhalt nicht zu bestreiten, das Rechtsmittel aber aus rein rechtlichen Erwägungen zu erheben, einerseits wegen Anwendung einer seines Erachtens gleichheitswidrigen Bestimmung, andererseits wegen Nichtanwendung der §§ 20 und 21 VStG.

Es sei nicht einzusehen, dass Sachverhalte mit extrem unterschiedlichem Unrechtsgehalt gleich behandelt werden, weil man doch denjenigen, welcher in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand das Fahrzeug lediglich zum Beheizen des Fahrgastinnenraumes durch Starten des Motors in Betrieb nimmt und damit keinen Millimeter fährt, nicht demjenigen gleichstellen dürfe, der in diesem Zustand seinen PKW nach Hause lenkt und dadurch die Verkehrssicherheit gefährdet. Bei lebensnaher Betrachtung dieser beiden Sachverhalte müsste man zum Ergebnis kommen, dass zwar derjenige mit einer Mindeststrafe von 12.000 S zu belegen sei, welcher mit 0,6 bis 0,79 mg/l AAG einen PKW lenkt, keinesfalls aber derjenige, der den Motor zum alleinigen Zweck des Beheizens des Fahrzeuginneren in Gang setzt und nachgewiesenermaßen nicht gefahren ist. Gerade durch eine derartige Verhaltensweise bringe der Betroffene zum Ausdruck, dass er es nicht in Kauf nehme, durch eine Alkofahrt die Verkehrssicherheit aufs Spiel zu setzen.

Er hätte damals vorgehabt, einige Stunden im PKW zu schlafen und dann (etwa 1,5 km) nach Hause zu gehen. Er hätte diese Strecke mit dem PKW in zwei Minuten zurücklegen können und wäre die Wahrscheinlichkeit, unentdeckt zu bleiben, sehr groß gewesen; dennoch habe er sich dazu entschlossen, nicht zu fahren. Es wäre in dieser Nacht kalt gewesen und er wäre im Zuge des Fußmarsches zum PKW regennass geworden. Da er nicht krank werden wollte, habe er den Motor gestartet.

Daher wäre die Tat aus achtenswerten Beweggründen begangen worden, weil er verhindern wollte, dass er krank wird; unter den gegebenen Umständen werde ihm auch Unbesonnenheit (§ 34 Abs.1 Z7 StGB) zuzubilligen sein, weil er sich gegebenenfalls zu wenig Gedanken darüber gemacht habe, dass seine Verhaltensweise nicht dem Gesetz entspricht. Die Tat sei seines Erachtens auch in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum (Z12 leg.cit) begangen worden, weil er geglaubt habe, dass es sich bei dem Parkplatz um eine private Verkehrsfläche gehandelt habe; schließlich habe er durch seine Bereitschaft zur Durchführung des Alkotests auch wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen (Z17 leg.cit.).

All diesen Milderungsgründen stehe kein einziger Erschwerungsgrund gegenüber; die Tat habe auch keinerlei nachteilige Folgen nach sich gezogen.

Sein Verschulden an der Übertretung sei als geringfügig anzusehen und wären keinerlei Folgen der Übertretung gegeben, weshalb die Anwendung des § 21 VStG möglich sei.

Darüber hinaus beantragte der Berufungswerber, den Passus "von 12.000 S" bzw. "oder in Betrieb nimmt" in § 99 Abs.1a StVO wegen Gleichheitswidrigkeit beim Verfassungsgerichtshof anzufechten.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, dieser auch vom Berufungswerber ausdrücklich nicht bestritten, sondern die Berufung explizit aus rein rechtlichen Erwägungen erhoben und keine Verhandlung beantragt wurde, wurde im ersten Rechtsgang gemäß § 51 Abs.3 Z1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen.

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat gab im ersten Rechtsgang mit dem Erkenntnis vom 8.11.2001, VwSen-107901/3/Le/La, dieser Berufung hinsichtlich der Schuld keine Folge, setzte jedoch die Ersatzfreiheitsstrafe auf 10 Tage herab.

3.3. Der Berufungswerber erhob dagegen mit Schriftsatz vom 22.11.2001 Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, die er (unter anderem) damit begründete, im Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung (Art.6 EMRK) verletzt worden zu sein. Angemerkt wird, dass er in seiner Berufung den Sachverhalt ausdrücklich nicht bestritten und das Rechtsmittel "aus rein rechtlichen Erwägungen" erhoben hatte.

3.4. Der Verfassungsgerichtshof hat mit dem Erkenntnis vom 25.9.2002 , B 1737/01-14, den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 8.11.2001 aufgehoben mit der Begründung, der Berufungswerber sei durch den angefochtenen Bescheid in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor einem Tribunal (Art. 6 Abs.1 EMRK) verletzt worden.

Dagegen hegte der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken gegen die Sachlichkeit der in § 99 Abs.1a StVO 1960 festgelegten Mindeststrafe in Höhe von S 12.000,-- (nunmehr € 872,--) sowie der Verfassungsmäßigkeit des § 51e Abs.3 VStG.

3.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat daraufhin mit Ladungen vom 24.10.2002 die Parteien des Verfahrens zur öffentlichen mündlichen Verhandlung für 19. November 2002 geladen; die Ladungen wurden nachweislich zugestellt.

Zur Verhandlung sind die Parteien jedoch nicht erschienen. Der Rechtsvertreter des Berufungswerbers sandte am Vortag per Telefax eine schriftliche Äußerung sowie die Kopie einer Berufung in einer anderen Verwaltungsstrafsache mit dem Ersuchen, diese Unterlagen bei der mündlichen Verhandlung zu verlesen.

Bei einer telefonischen Rückfrage beim Rechtsvertreter des Berufungswerbers durch das erkennende Mitglied wenige Minuten vor der Verhandlung erklärte dieser sein Fernbleiben von der Verhandlung damit, dass er sich nicht "wegen einer halbstündigen Verhandlung für drei Stunden ins Auto setze".

Die schriftliche Äußerung des Berufungswerbers samt Beilage sowie der gesamte Verwaltungsstrafakt wurden bei der Verhandlung verlesen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat im ersten Rechtsgang durch eine Kammer entschieden, da nach der damals geltenden Rechtslage bei 10.000 S übersteigenden Geldstrafen durch eine Kammer zu entscheiden war (§ 51c VStG in der damals geltenden Fassung).

Bei der neuerlichen Entscheidung ist jedoch das VStG in der Fassung des Verwaltungsreformgesetzes, BGBl.I Nr. 65/2002, anzuwenden: § 51c leg.cit. normiert eine Kammerzuständigkeit nunmehr erst ab einer Geldstrafe in Höhe von 2.000,-- Euro.

Da im vorliegenden Fall eine Geldstrafe in Höhe von S 12.000,-- verhängt worden war (entspricht 872,07 Euro), ist zur Entscheidung über die Berufung nunmehr ein Einzelmitglied zuständig. Das entscheidende Einzelmitglied war im bisherigen Verfahren als Berichter in der 11. Kammer tätig, weshalb die bisherige Beweisaufnahme nicht wiederholt werden musste.

4.2. Gemäß § 5 Abs.1 StVO darf, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Nach § 99 Abs.1a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 12.000 S bis 60.000 S (nunmehr: 872 bis 4 360 Euro), im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 10 Tagen bis 6 Wochen zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt des Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

Der Gesetzgeber behandelt somit das Lenken und das In-Betrieb-nehmen eines Kraftfahrzeuges tatbestandsmäßig in objektiver Hinsicht völlig gleich (§ 5 Abs.1 StVO) und sieht auch für beide Arten der Verwirklichung des Deliktes den selben Strafrahmen vor.

Was als "Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges" anzusehen ist, ergibt sich aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes:

Demnach gehört das In-Gang-setzen des Motors, und zwar auch dann, wenn es nur zu dem Zweck erfolgen soll, dass die Heizung des PKW, die Scheibenwaschanlage oder die Heizung des Heckfensters eingeschaltet werden kann, zur Inbetriebnahme (siehe VwGH vom 29.4.1976, 2264/75).

Auch derjenige, der nicht beabsichtigt, das Fahrzeug zu lenken, verwirklicht mit dem In-Gang-setzen des Motors den Tatbestand des § 5 Abs.1 StVO. Dabei ist es ohne rechtliche Relevanz, ob die Ingangsetzung des Motors vom Fahrer- oder Beifahrersitz aus erfolgte (VwGH 8.9.1982, 82/03/0200, 0201).

Es ist unbestritten, dass der Berufungswerber in alkoholisiertem Zustand (die um 5.56 Uhr des Tattages vorgenommene Atemluftalkoholuntersuchung ergab einen Wert von 0,70 mg/l) den Motor eines Kraftfahrzeuges in Gang gesetzt hat. Damit aber hat er das ihm angelastete Delikt in objektiver Hinsicht verwirklicht.

4.3. Der Berufungswerber hat aber auch die subjektive Tatseite der angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt, weil er zumindest fahrlässig im Sinne des § 5 Abs.1 VStG gehandelt hat. Es ist dem Berufungswerber nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung des § 5 Abs.1 StVO kein Verschulden trifft; er hat ein geringfügiges Verschulden sogar selbst eingestanden.

Der Berufungswerber behauptet, zwar gewusst zu haben, dass das Laufenlassen des Motors am Stand eine Übertretung des KFG darstellt, ihm wäre aber nicht bekannt gewesen, dass man in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand den Fahrzeugmotor nicht zum Beheizen des Innenraumes verwenden darf. Auch hätte er nicht gewusst, dass es sich bei dem im Privateigentum stehenden Parkplatz um eine Straße mit öffentlichem Verkehr gehandelt hat.

Nach § 5 Abs.2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Es gehört aber zum Grundwissen jedes Inhabers einer Lenkberechtigung, auch die Alkoholbestimmungen zu kennen und überdies zwischen öffentlichen und nicht öffentlichen Straßen zu unterscheiden. Die Rechtfertigung in der Berufung, er erachte sein Verschulden deshalb als geringfügig, weil sich dieses darin erschöpfe, dass er sich "nicht entsprechend darüber erkundigt habe, ob man alkoholisiert einen PKW auf einem Privatparkplatz zum Beheizen des Fahrgastraumes in Betrieb nehmen" dürfe, stellt eine grobe Verharmlosung des begangenen Deliktes dar und zeugt auch von Uneinsichtigkeit.

Überdies ist anzumerken, dass die vom Berufungswerber dargestellte Version, er habe den Motor des PKW nur gestartet, weil er verhindern wollte, wegen der Kälte und Durchnässung krank zu werden, nicht erklärt, warum das Abblendlicht des Fahrzeuges (lt. Gendarmerieanzeige) eingeschaltet war und er sich auf dem Fahrersitz, dem wohl unbequemsten Platz zum Schlafen in einem Auto, befunden hat.

4.4.1. Die Strafbemessung orientierte sich am Strafrahmen des § 99 Abs.1a StVO, der von 12.000 S bis 60.000 S (nunmehr 872 bis 4.360 Euro) reicht. Innerhalb dieses Strafrahmens ist nach den Grundsätzen der Strafbemessung iS des § 19 VStG ausreichend Möglichkeit, die Strafe entsprechend dem Unrechtsgehalt, dem Schuldgehalt und den sonstigen nach § 19 VStG zu prüfenden Kriterien zu bemessen.

Dies hat die Erstbehörde offensichtlich getan und dementsprechend die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt.

Der Verfassungsgerichtshof hat im gegenständlichen Fall zur ausdrücklichen Anfechtung des § 99 Abs.1a StVO 1960 durch den Berufungswerber deutlich ausgesprochen, dass er keine Bedenken gegen die Sachlichkeit der Höhe der Mindeststrafe von 12.000,--S (nunmehr 872,-- Euro) hegt.

4.4.2. Die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe ist ebenfalls im gesetzlichen Rahmen des § 99 Abs.1a StVO vorzunehmen, der dort in einer Dauer von zehn Tagen bis sechs Wochen normiert ist.

Die Erstbehörde blieb eine Begründung dafür schuldig, warum sie zwar bei der Geldstrafe, nicht jedoch bei der Ersatzfreiheitsstrafe die Mindeststrafe verhängte. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist dies nicht erklärbar, weshalb die Ersatzfreiheitsstrafe ebenfalls auf das gesetzliche Mindestmaß herabzusetzen war.

4.5. § 20 VStG regelt die außerordentliche Milderung der Strafe. Demnach kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

Aufgrund des Geburtsdatums des Berufungswerbers ist davon auszugehen, dass er kein Jugendlicher mehr ist.

4.5.1. Zur Überprüfung, ob die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen, ist vorauszuschicken, dass das VStG die Milderungsgründe selbst nicht definiert, sondern diesbezüglich auf die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (im Folgenden kurz: StGB) verweist.

Es muss von vornherein klargestellt werden, dass das Vorbringen, die Tat hätte keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen, bereits bei der Strafbemessung nach § 19 Abs.1 VStG zu berücksichtigen war und per se keinen selbständigen Milderungsgrund bildet, der die Anwendung des § 20 VStG rechtfertigen würde.

Die eingetretenen nachteiligen Folgen der Tat ergeben sich im Übrigen bereits aus der Tatsache, dass der Fahrzeugmotor am Stand lief und daher Lärm und Abgase produzierte, was im Ortsgebiet und im Hinblick auf das Gebot der Luftreinhaltung zwangsläufig nachteilig war.

4.5.2. Wenn der Berufungswerber meint, die Tat aus achtenswerten Beweggründen begangen zu haben, weil er verhindern wollte, wegen Kälte und Durchnässung krank zu werden, so muss ihm entgegengehalten werden, dass er nach eigener Aussage nur ca. 1,5 km nach Hause zu gehen gehabt hätte. Diese Strecke zu Fuß zu gehen, ist auch einem mit 0,7 mg/l Atemluftalkohol alkoholisierten Mann im Alter des Berufungswerbers (Geburtsjahr 1970) durchaus zuzumuten, noch dazu, wenn er diesen Fußmarsch - nach eigener Aussage - nach ein paar Stunden Schlaf im Auto ohnedies vorgehabt hätte. Dass er sich statt dessen ins Auto gesetzt, den Motor gestartet und im Auto geschlafen hat, geschah somit nicht aus einem achtenswerten Beweggrund, sondern vielmehr aus Bequemlichkeit.

4.5.3. Auch das Vorbringen, es werde ihm Unbesonnenheit (§ 34 Z7 StGB) zuzubilligen sein, weil er sich gegebenenfalls zu wenig Gedanken darüber gemacht habe, dass seine Verhaltensweise nicht dem Gesetz entspricht, stellt keinen echten Milderungsgrund dar. Als Inhaber einer Lenkberechtigung und berufsmäßig tätiger Kraftfahrer muss er einerseits wissen, dass er in alkoholisiertem Zustand ein KFZ nicht in Betrieb nehmen darf und andererseits, dass das Starten des Motors (und Einschalten des Abblendlichtes) zur Inbetriebnahme gehört.

4.5.4. Die Tat ist - entgegen seiner Darstellung - auch nicht in einem die Schuld ausschließenden Rechtsirrtum begangen worden, weil er eben als Inhaber einer Lenkberechtigung die wesentlichen gesetzlichen Bestimmungen kennen muss. Ein allfälliges Nichtwissen ist in diesem Fall vorwerfbar.

4.5.5. Schließlich hat er - entgegen seiner Darstellung - durch seine Bereitschaft zur Durchführung des Alkotests auch nicht wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen, weil er den Alkotest in Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung (§ 5 Abs.2 StVO) abgelegt hat, wobei er bei einer Verweigerung des Alkotests ein anderes, strenger zu bestrafendes Delikt verwirklicht hätte.

4.5.6. Zusammenfassend muss daher festgestellt werden, dass der Berufungswerber tatsächlich keinen Milderungsgrund für sich in Anspruch nehmen kann, sodass von einem "beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe" nicht die Rede sein kann.

Damit konnte weder die Strafe außerordentlich gemildert (§ 20 VStG) noch gemäß § 21 VStG von der Strafe abgesehen oder eine Ermahnung erteilt werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt gemäß § 65 VStG, weil der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. L e i t g e b

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