Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108138/12/SR/Ri VwSen108139/10/SR/Ri

Linz, 27.05.2002

VwSen-108138/12/SR/Ri VwSen-108139/10/SR/Ri Linz, am 27. Mai 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des K S, vertreten durch Mag. B S, B G, wegen Übertretungen nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden: StVO) und dem Führerscheingesetz 1997 (im Folgenden: FSG) gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, Zl. VerkR96-1-291-2001-Ga vom 15. Februar 2002, nach der am 30. April 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Die Berufung gegen die Spruchpunkte 1 und 4 wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, als die Ersatzfreiheitsstrafe zu Spruchpunkt 1 mit 14 Tagen und zu Spruchpunkt 4 mit 5 Tagen festgesetzt wird.

Der Berufung gegen Spruchpunkt 2 wird stattgegeben, das Straferkenntnis diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Die Berufung gegen Spruchpunkt 3 wird mit der Maßgabe bestätigt, als der Spruchpunkt zu lauten hat: "Sie kamen bei StrKm. der Paß-G Straße B, Gemeindegebiet B G, nach links von der Fahrbahn ab und stießen gegen eine Leitschiene, wodurch 2 Teilstücke der Leitschiene und 2 Standsäulen beschädigt wurden und haben es unterlassen, die bei dem Verkehrsunfall entstandenen Beschädigungen ohne unnötigen Aufschub der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu melden oder dem Straßenerhalter unter Bekanntgabe Ihrer Identität mitzuteilen."

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 29 Euro zu leisten.

Der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der Behörde erster Instanz beträgt insgesamt 232,5 Euro.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002 - AVG iVm § 24, § 19, § 44a, § 45 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002 - VStG.

zu II.: §§ 64 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"1. Sie lenkten am 2.9.2001 vor bzw gegen 06.15 Uhr den Kombi G in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,67 mg/l Atemluftalkoholgehalt, rückgerechnet auf die Lenkzeit) auf der P-G Straße B in den Gemeindegebieten von B G und G, aus Richtung B G/S kommend in Richtung G (bis auf Höhe des Hauses G Nr.);

2. kamen Sie bei StrKm. der P-G Straße B, Gemeindegebiet B G, nach links von der Fahrbahn ab und stießen gegen eine Leitschiene, wodurch 2 Teilstücke der Leitschiene und 2 Standsäulen beschädigt wurden;

Sie unterließen es, Ihr Fahrzeug sofort anzuhalten (Sie setzten die Fahrt bis zum Haus G Nr. fort) und

3. vom angeführten Verkehrsunfall bzw. von der Beschädigung ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen obwohl Sie dem Geschädigten (Straßenerhalter) Ihren Namen und Ihre Anschrift nicht nachgewiesen haben;

4. waren Sie nicht im Besitze einer Lenkberechtigung (Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer von 8 Monaten, 4.5.2001 bis 4.1.2002, Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 25.4.2001, VerkR21-276-2001-Ga).

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

  1. § 99 Abs. 1a) i.V.m. § 5/1 StVO 1960
  2. § 4/1 a) StVO 1960
  3. § 99 Abs.2 lit. e i.V.m. § 31/1 StVO 1960
  4. § 37 Abs.1 und 4 Ziff. 1 i.V.m. § 1/3 FSG 1997

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Euro

Falls diese uneinbringlich

gemäß §

 

ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

 

1. 1.308,00

18 Tage

99 Abs. 1a) StVO 1960

(18.000,00 ATS)

  

2. 145,00

2 Tage

99 Abs.2 lit. a StVO 1960

(2.000,00 ATS)

  

3. 145,00

2 Tage

99 Abs.2 lit. e StVO 1960

(2.000,00 ATS)

  

4. 872,00

12 Tage

37 Abs.1 und 4 Ziff.1

FSG 1997

(12.000,00 ATS)

  

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

247 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet);

Der zu zahlende Geldbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 2.717 Euro (=37.400,00 ATS)."

2. Gegen dieses dem Bw am 19. Februar 2002 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 5. März 2002 per Fax - und damit rechtzeitig - bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung.

2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz in der Begründung im Wesentlichen aus, dass nur der Bw als Lenker zum Unfallszeitpunkt in Frage käme und die angelasteten Verwaltungsübertretungen begangen habe. Die Berechnung des Blutalkoholgehaltes für den Zeitpunkt des Lenkens am 2.9.2001, um 06.15 Uhr habe einen Wert von 0,67 mg/l ergeben. Mildernde Umstände seien nicht vorgelegen. Erschwerend wären u.a. einschlägige Übertretungen zu werten gewesen. Bei der Bemessung der Strafe sei § 19 VStG berücksichtigt worden.

2.2. Dagegen bringt der Vertreter des Bw vor, dass die Beweiswürdigung der Behörde verfehlt sei. Der Bw habe im gesamten Verfahren bestritten den gegenständlichen Kombi zum von der Behörde festgestellten Zeitpunkt gelenkt zu haben. Aus dem Schweigen der E G hätte nicht auf die Lenkeigenschaft des Bw geschlossen werden dürfen. Die Feststellung der Behörde betreffend den Verlust der Kennzeichentafel sei unrichtig.

Der Vertreter räumt in der Folge ein, dass bei Betrachtung des Sachverhaltes manche Hinweise für die Lenkeigenschaft des Bw sprechen würden. Dem Sachverhalt könne jedoch nicht entnommen werden, dass der Bw "mit Sicherheit" das Fahrzeug gelenkt habe. Die gezogenen Schlüsse würden den Grundsätzen der Strafrechtsordnung widersprechen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

3.1. Zur öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30. April 2002 wurden die Verfahrensparteien und die Zeugen GI F M, E G und H K geladen.

3.2. Auf Grund der mündlichen Verhandlung und der ins Verfahren eingebrachten Teile des vorgelegten Verwaltungsaktes steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

Der Bw hat am 2.9.2001 nach 05.00 und vor 06.15 Uhr den Kombi G in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand auf der P G Straße B im Gemeindegebiet von B G, aus Richtung B G kommend Richtung G gelenkt. Der errechnete Blutalkoholgehalt betrug zum Lenkzeitpunkt mindestens 1,34 Promille. Bei StrKm ist der Bw nach links von der Fahrbahn abgekommen, gegen die Leitschiene gestoßen und hat dabei zwei Teilstücke der Leitschiene und zwei Standsäulen beschädigt. Der Bw hat weder die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle noch den Straßenerhalter vom angeführten Verkehrsunfall verständigt. Zum Zeitpunkt der Fahrt war der Bw nicht im Besitz der erforderlichen Lenkberechtigung.

Dass der Bw den Unfallsort ohne anzuhalten verlassen hat, konnte nicht erwiesen werden.

Ob der Bw bereits den gegenständlichen Kombi vom Firmengelände in B G zum Gasthaus K in S gelenkt hat, kann nicht mehr festgestellt werden. Erwiesen ist jedoch, dass nur der Arbeitskollege G während der Arbeitszeit berechtigt ist, das gegenständliche Firmenfahrzeug zu lenken. Der Kombi wird nach Arbeitsende am Firmenparkplatz abgestellt und der Bw ist beauftragt, danach den Fahrzeugschlüssel abzuziehen und im Firmensafe zu verwahren. Für dieses Fahrzeug gibt es keinen Zweitschlüssel. Am 1.9.2001 ist der Kombi vor 20 Uhr am Firmenparkplatz abgestellt worden. Der Fahrzeugschlüssel blieb im Zündschloss stecken. Der Arbeitskollege G hat, falls er vor diesem Zeitpunkt das Fahrzeug verwendet hatte, den Fahrzeugschlüssel nicht abgezogen. Der Hinweis des Berufungwerbers, dass er selbst vergessen habe, den Fahrzeugschlüssel abzuziehen, zeigt zumindest, dass er der letzte Verantwortliche am Firmenparkplatz gewesen ist.

Nach dem Verkehrsunfall hat der Bw das Fahrzeug zum Haus seiner Lebensgefährtin gelenkt und dort abgestellt. Der Fahrzeugschlüssel ist im Zündschloss verblieben. Um ungefähr 7.30 Uhr hat die Zeugin Ga mit der Stallarbeit begonnen und dabei den beschädigten Kombi wahrgenommen. Nach Abschluss der Stallarbeit hat sie den Bw geweckt und bezüglich der Beschädigung zur Rede gestellt. Nach der erfolgten heftigen Auseinandersetzung hat sich der Bw bei der Straßenmeisterei nach seiner verlorenen Kennzeichentafel erkundigt.

Um ca. 8.50 Uhr ist der Zeuge Gruppeninspektor M beim Haus der Zeugin Ga eingetroffen. Nach einer ergebnislosen Befragung der Zulassungsbesitzerin und Zeugin Ga wurde der Bw vorläufig festgenommen und zum Gendarmerieposten G eskortiert. Die um 9.18 Uhr erfolgte Atemluftuntersuchung erbrachte einen Atemluftalkoholgehalt von 0,49 mg/l.

Bei der folgenden gutachterlichen Berechnung wurde der oben angeführte Blutalkoholgehalt zum Lenkzeitpunkt errechnet.

Die Zulassungsbesitzerin hat die behördliche Lenkauskunft nicht beantwortet und wurde diesbezüglich verwaltungsstrafrechtlich belangt.

Der Bw hat keine Person namhaft gemacht, die den Kombi zur fraglichen Zeit gelenkt haben kann. Es wurde auch kein diesbezüglicher Beweisantrag gestellt.

3.3. Unstrittig ist das Ergebnis der Atemluftuntersuchung, der darauf gestützten Berechnung des Blutalkoholgehaltes zum Tatzeitpunkt, das Fehlen der erforderlichen Lenkberechtigung zum Tatzeitpunkt und die nicht durchgeführte Verständigung der Gendarmerie bzw. des Straßenerhalters.

Bestritten wird das Lenken des gegenständlichen Kombi während der angelasteten Zeit und somit die Begehung der angelasteten Verwaltungsübertretungen.

Das Vorbringen des Bw ist unschlüssig, entspricht nicht der Lebenserfahrung und ist teilweise widersprüchlich.

Ursprünglich hat der Bw ausgeführt, dass er im Auftrag der Zulassungsbesitzerin, Lebensgefährtin und Zeugin Ga dafür zu sorgen hatte, am Ende des Arbeitstages den Fahrzeugschlüssel abzuziehen und im Firmensafe einzusperren. Im Zuge der Befragung hat der Bw auch einen Kollegen G angeführt, der zum Lenken des Kombi und ausnahmsweise zur Verwahrung des Schlüssels berechtigt ist. Weitere berechtigte Personen sind nicht hervorgekommen.

Am 1.9.2001 habe er vergessen den Fahrzeugschlüssel abzuziehen. Dass sich der Arbeitskollege G zu diesem Zeitpunkt noch am Firmengelände befunden hat, ist im Beweisverfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig, dass der Arbeitskollege berechtigt gewesen wäre, mit dem Firmenfahrzeug nach Hause zu fahren. Im Gegenteil, seitens der Zulassungsbesitzerin gab es den Auftrag, zu Arbeitsende den Fahrzeugschlüssel durch den Bw im Firmensafe zu verwahren. Nur bei einem Versäumnis des Bw wäre der Arbeitskollege im Besitz des Fahrzeugsschlüssels verblieben.

Dass der Arbeitskollege G tatsächlich den Kombi zum Tatzeitpunkt gelenkt hat, wurde weder von der Zeugin Ga noch vom Bw angenommen. Weder die Zeugin Ga hat ihn in dem sie betreffenden Verwaltungsstrafverfahren als Lenker oder Auskunftsperson angeführt, noch hat der Bw mit ihm Rücksprache gehalten oder ihn als Zeugen oder ausdrücklich als Täter bezeichnet.

Das ledigliche Aufzeigen der Möglichkeit, dass der Arbeitskollege G weisungswidrig den Kombi für die Heimfahrt nutzen hätte können und dabei ebenfalls die Unfallstelle passieren hätte müssen, ist nach dem Beweisverfahren nicht haltbar.

Der Arbeitskollege wohnt ca. 12 km vom Haus der Zeugin Ga entfernt in H. Lediglich ein Teil der Wegstrecke "Firmengelände - Unfallort - Haus der Zeugin" ist mit seinem Heimweg ident.

Hätte der Arbeitskollege G den Firmenkombi benützt und den Verkehrsunfall verursacht, dann hätte er nach Arbeitsschluss (oder in den Morgenstunden des 2.9.2001) in Kenntnis der Versäumnisse des Bw auf den Firmenparkplatz zurückkehren müssen. Nur mit diesem Sonderwissen hätte er den zufällig unversperrten Firmenwagen mit dem angesteckten Fahrzeugschlüssel vorfinden und benützen können.

Da es nur einen Fahrzeugschlüssel gibt, das Fahrzeug grundsätzlich versperrt ist und sich der Fahrzeugschlüssel im Firmensafe befindet, ist eine solche Rückkehr zum Zwecke der kurzfristigen Nutzung des Fahrzeuges äußerst unglaubwürdig.

Das Firmengelände ist gegenüber der Straße abgeschottet, die Firmenzufahrt kann jedoch nicht versperrt werden. Im Verfahren ist nicht hervorgekommen, dass der Kombi nach Arbeitsschluss (Samstag nach 20.00 Uhr !!) bis zum Abstellzeitpunkt (2.9.2001, vor 06.15 Uhr) für längere Fahrtstrecken genutzt wurde.

Geht man davon aus, dass das Firmenfahrzeug nur vom Firmenparkplatz bis zum Haus der Zeugin Ga verwendet worden ist, dann ist ein Lenken durch den Arbeitskollegen G noch unwahrscheinlicher. Der Bw hat nicht ausgeführt, dass er sich mit dem Arbeitskollegen im Gasthaus Kunze in Au aufgehalten hat. Er hat nur davon gesprochen, dass er zu Fuß von der Firma in das Gasthaus K gegangen ist. Der Arbeitskollege wurde überhaupt nicht erwähnt. Würde man einen Unbekannten als Unfallverursacher betrachten, dann hätte dieser das Fahrzeug in den Morgenstunden des 2.9.2001 am Firmenparkplatz in Betrieb nehmen müssen, wäre Richtung Haus der Zulassungsbesitzerin gefahren, hätte den Unfall auf dieser Wegstrecke verursacht, den Kombi knapp vor 07.30 Uhr an der angeführten Stelle abgestellt und sich anschließend unbemerkt entfernt. Die Abstellzeit ergibt sich aus den Aussagen des Bw (Rückkehr), der Zeugin Ga (Beginn der Stallarbeiten) und des Zeugen GI M (Auffindung des Kennzeichens am Unfallort). Wie dieser Unbekannte zur Privatadresse der Zeugin kommen hätte können, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar.

Abgesehen von dieser, jeder Lebenserfahrung widersprechenden Annahme ist eine sonstige Person als Lenker auszuschließen. Weder der Bw noch die Zeugin Ga haben Nachforschungen über einen allfälligen Lenker oder Schadensverursacher angestellt. Die Reaktion sowohl der Zeugin Ga als auch jene des Bw lassen eindeutig auf den Bw als Lenker schließen.

Auch wenn die Zeugin Ga den Bw beim Lenken nicht beobachtet hat, hat sie angenommen, dass der Bw den Schaden am Firmenfahrzeug verursacht hatte und diesbezüglich zur Rede gestellt. Nur so ist auch erklärbar, dass sie nicht sofort nach Ansicht des Schadens Schritte zur Aufklärung (Anzeige an die Gendarmerie, ..) gesetzt sondern vorerst ihre Stallarbeiten erledigt hat. Erst im Anschluss daran hat sie den Bw geweckt und wegen der Schäden befragt. Das Gespräch endete im Streit. Nach einer gewissen Beruhigung und ohne Verfügungen zu treffen, wollte die Zeugin Ga ihr Haus verlassen, um in die Kirche zu fahren.

Wer zwischenzeitlich die Idee - Anfrage beim Straßenmeister nach der verlorenen Kennzeichentafel - hatte, konnte die Zeugin Ga nicht mehr angeben. Die telefonische Erkundigung nach der Kennzeichentafel wurde jedenfalls durch den Bw am 2.9.2001, um ca. 08.00 Uhr, beim Sohn des Straßenmeisters, H K, vorgenommen. Ob der Bw dabei vom Verlust seiner Kennzeichentafel in Zusammenhang mit einem Unfall gesprochen hat, konnte dieser Zeuge nicht mehr angeben. Der Vater des Zeugen K (der Straßenmeister) hat jedoch gegenüber dem Zeugen GI M um ca. 09.30 Uhr ausgeführt, dass ihm von seinem Sohn berichtet worden sei, dass der Bw seine Kennzeichentafel verloren habe.

Die Aussagen des Bw betreffend der Wahrnehmung des Schadens und der Meldung stehen im Widerspruch zu den glaubwürdigen Ausführungen der Zeugin Ga und des GI M.

Vor allem die Angaben über den Zeitpunkt des Eintreffens beim Haus der Lebensgefährtin und jene über das noch nicht wahrgenommene, beschädigte Fahrzeug entbehren jeder Glaubwürdigkeit. In der Niederschrift vom 2.9.2001, um 09.10 Uhr, hat der Bw ausgeführt, dass er um "etwa 05.00 Uhr" vom Gasthaus Kunze zu Fuß weggegangen ist. In der Berufungsverhandlung konnte sich der Bw an den Zeitpunkt nicht mehr genau erinnern, nannte aber eine Zeit zwischen 3.00 und 4.00 Uhr als Beginn des Fußmarsches. Unabhängig davon, dass der niederschriftlichen Aussage (auf Grund der zeitlichen Nähe zum Vorfall) mehr Glaubwürdigkeit zukommt, zeigt die Verantwortung, dass sich der Bw damit einen Zeitpolster verschaffen wollte, um theoretisch einem "Dritten" zu ermöglichen, das Fahrzeug - nach seinem Eintreffen - (unbemerkt) vor dem Haus abstellen zu können. Würde man den Angaben des Bw folgen, dann wäre er kurz vor 07.30 Uhr, unmittelbar vor dem Beginn der Stallarbeit der Lebensgefährtin, vor dem Haus eingetroffen. Da aber der Zeuge GI M die Kennzeichentafel bereits um 07.15 Uhr aufgefunden hat, müsste der Bw bei seinem Eintreffen das beschädigte Fahrzeug vor dem Haus schon wahrgenommen haben.

Entgegen den Angaben des Bw fand auch kein gemeinsames Frühstück statt. Er wurde nach der Stallarbeit von der Zeugin geweckt und von ihr mit den Beschädigungen am Fahrzeug konfrontiert.

So gesehen haben die Aussagen des Bw - Feststellung der Beschädigungen am Firmenfahrzeug; Anruf bei der Straßenmeisterei - nur der Verschleierung seiner Lenkeigenschaft gedient. Einerseits wollte er sich selbst als Entdecker der Schäden präsentieren, der sofort nach Ansichtigwerden des Schadens seine Lebensgefährtin verständigt hat und andererseits auf eingeleitete Nachforschungen (Anfrage bei der Straßenmeisterei) hinweisen. Die gewählte Vorgangsweise ist jedoch auf Grund der eintretenden Situationsänderungen nicht bis zum Ende ausgeführt worden. Der Bw hat den Streit mit der Lebensgefährtin und deren Vorwürfe verschwiegen. Durch ihre Aussagen vor dem unabhängigen Verwaltungssenat war auch der vom Bw geschilderte Ablauf der Ereignisse bis zum Eintreffen des Gendarmeriebeamten GI M nicht mehr haltbar. Bis zur öffentlich mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat konnte die Behörde mangels Aussagebereitschaft der Zeugin Ga nur auf die Angaben des Bw und die Ausführungen in der Anzeige zurückgreifen. Die Aussagen der Zeugin Ga, das Verhalten dieser und des Bw nach dem Eintreffen des Gendarmeriebeamten und nach Abschluss der Amtshandlung schließen die Lenkeigenschaft eines Dritten ganz klar aus. Wäre der Bw von einer anderen Person als Lenker ausgegangen, dann hätte er diesen im Verfahren präsentiert, um den Vorwurf gegen seine Person abzuwenden. Der Bw hat aber die Lenkeigenschaft nur bestritten und sich auf einen "geheimnisvollen Dritten" bezogen. Unverständlich ist, warum nicht im Anschluss an die Amtshandlung eine Anzeige wegen unbefugter Inbetriebnahme des Firmenfahrzeuges gegen "Unbekannt" erstattet worden ist.

Erklärbar ist dies nur, weil sich der Bw mit seiner Verantwortung sicher fühlte, da seine Lebensgefährtin zu diesem Zeitpunkt und bis zur Berufungsverhandlung keine Aussage tätigte und so auch seine Verantwortung nicht erschüttern konnte.

Der entsprechende Vorhalt - Untätigkeit/keine Anzeige/keine Nachforschungen - wurde erst in der Berufungsverhandlung damit zu entkräften versucht, dass die Gendarmerie in ähnlich gelagerten Fällen untätig geblieben sei. Bei erneutem Nachfragen wurden diese "ähnlich gelagerten Fälle" so beschrieben, dass "drei nicht fahrbereite Fahrzeuge auf dem Firmengelände händisch herumgeschoben" worden waren und die Gendarmerie diesbezüglich nichts unternommen habe.

In diesem Zusammenhang deutet auch die Anfrage bei der Straßenmeisterei auf die Lenkeigenschaft des Bw hin. So hat er sich ausschließlich erkundigt, ob seine Kennzeichentafel aufgefunden worden ist. Sowohl der Anzeige als auch der Zeugenaussage des Sohnes des Straßenmeisters ist zu entnehmen, dass der Bw nicht von einem Unfall gesprochen hat. Stellt man auf die Schäden am Firmenfahrzeug ab, kommt aber nur ein (Verkehrs-)Unfall für die Beschädigungen in Frage. Wäre der Bw zu diesem Zeitpunkt tatsächlich von einer unbefugten Inbetriebnahme und der Verursachung eines Verkehrsunfalls durch Dritte ausgegangen, dann wäre es naheliegend gewesen, dass er dies nicht nur der Straßenmeisterei sondern auch dem nächsten Gendarmerieposten ausführlich - mit Hinweis auf den Verkehrsunfall - mitgeteilt hätte.

Die Zeugin Ga hat nach der Zeugeneinvernahme ausgeführt, dass es für sie vermutlich einfacher gewesen wäre, wenn sie nicht die Wahrheit gesagt und sich als Lenkerin bezeichnet hätte. Ihr gesamt betrachtet glaubwürdiges Vorbringen schließt auch sie als Lenkerin aus.

Auf Grund des Ermittlungsverfahrens und der Beweiswürdigung kommt nur der Bw als Lenker in Betracht. Er hatte am 1.9.2001, ab 20.00 Uhr, als einzige Person Zugriff zum gegenständlichen Kombi und hat in der Folge davon Gebrauch gemacht.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. § 5 Abs.1 StVO 1960:

Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

§ 99 Abs.1a StVO:

Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 872 Euro bis 4 360 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

§ 31 StVO: Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs

(1) Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs (insbesondere Verkehrsampeln, Signalscheiben, Straßenverkehrszeichen, Verkehrsleiteinrichtungen, Sockel für Verkehrsposten, Verkehrstürme, Schutzinseln, Sperrketten, Geländer, Begrenzungspfeiler, Randsteine, radableitende Randbegrenzungen, Straßenbeleuchtungseinrichtungen, Schneegatter, Verkehrsspiegel und das allenfalls mit solchen Einrichtungen verbundene Rückstrahlmaterial) dürfen nicht beschädigt oder unbefugt angebracht, entfernt, verdeckt oder in ihre Lage oder Bedeutung verändert werden.

§ 99 Abs.2 lit.e StVO:

Wer Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs unbefugt anbringt, entfernt, verdeckt oder in ihrer Lage oder Bedeutung verändert oder solche Einrichtungen beschädigt, es sei denn, die Beschädigung ist bei einem Verkehrsunfall entstanden und die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder der Straßenerhalter ist von der Beschädigung unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt worden.

§ 37 Abs.1 FSG:Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis zu 2 180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Dies gilt auch für Zuwiderhandlungen, die auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.§ 37 Abs.4 FSG: (auszugsweise)Eine Mindeststrafe von 726 Euro ist zu verhängen für das Lenken eines Kraftfahrzeuges, obwohl

1. die Lenkberechtigung entzogen wurde oder .....

4.2. Gemäß § 46 AVG iVm § 24 VStG kommt als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

4.2.1. Zu Spruchpunkt 1:

Aufgrund des Beweisverfahrens steht fest, dass der Bw das gegenständliche Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zum angeführten Zeitpunkt gelenkt hat. Entsprechend dem vorgelegten und dem Verfahren zugrundegelegten aä. Gutachten hat der Blutalkoholgehalt zum Lenkzeitpunkt zumindest 1,34 Promille betragen. Es ist somit von der objektiven Tatbestandsmäßigkeit auszugehen.

4.2.2. Zu Spruchpunkt 4:

Wie unter den Feststellungen, der Beweiswürdigung und unter Punkt 4.2.1. ausgeführt, ist die Lenkeigenschaft des Bw zur Tatzeit erwiesen. Unbestritten verfügte der Bw nicht über die erforderliche, gültige Lenkberechtigung. Diese wurde ihm vom Bezirkshauptmann von Gmunden am 4.5.2001 (VerkR21-276-2001-Ga) für die Dauer von 8 Monaten entzogen. Der Bw hat tatbestandsmäßig gehandelt.

4.2.3. Zu den Spruchpunkten 2 und 3:

Im Berufungsverfahren konnte nicht festgestellt werden, ob der Bw überhaupt an der Unfallstelle angehalten und wenn ja, ob er den Schaden besichtigt hat.

Da dem Bw die zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden konnte, war das Verwaltungsstrafverfahren, das diesen Tatvorwurf in Spruchpunkt 2 betroffen hat, gemäß § 45 Abs. 1 Z1 VStG einzustellen.

Entsprechend den Anforderungen des § 44 a VStG war der Tatvorwurf betreffend § 31 StVO iVm § 99 Abs.2 lit.e StVO, der im Spruchpunkt 2 und 3 enthalten ist, neu zu fassen.

Es ist schlüssig erwiesen, dass der Bw 2 Teilstücke der Leitschiene und 2 Standsäulen beim dargestellten Verkehrsunfall beschädigt hat. Die Anfrage bei der Straßenmeisterei war unstrittig nicht als Meldung im Sinne der einschlägigen Bestimmung zu werten. Der Bw hätte den Verkehrsunfall (Blechschäden an Front, Fahrerseite, Heck, hintere Stoßstange des gegenständlichen Fahrzeuges) merken und gesetzeskonform reagieren müssen. Er hat somit tatbestandsmäßig gehandelt.

4.3. Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, dass dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muss dabei nicht eingetreten sein.

Im vorliegenden Fall ist es dem Bw nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der angelasteten Vorschrift (die ein solches Ungehorsamsdelikt darstellt) kein Verschulden trifft, weshalb Verschulden in der Form der Fahrlässigkeit (Spruchpunkte 1 und 3 <entsprechend Spruchberichtigung>) und Vorsatz (Spruchpunkt 4) anzunehmen ist.

4.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Hinsichtlich der jeweils verhängten Strafe ist der Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Die Begründung der belangten Behörde in Bezug auf das von ihr festgesetzte Strafausmaß erweist sich als nachvollziehbar und mit den Strafzumessungskriterien des § 19 VStG im Einklang stehend.

Eine Herabsetzung auf die Höhe der Mindeststrafe bzw. eine allfällige Unterschreitung der Mindeststrafe im Zuge der außerordentlichen Strafmilderung konnte mangels beträchtlich überwiegender Milderungsgründe nicht vorgenommen werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in einem einschlägigen Erkenntnis ausgesprochen hat, müssten dafür mehrere Voraussetzungen vorliegen (s. VwGH 20.1.1993, 92/02/0280). Darüber hinaus bot der zu beurteilende Sachverhalt keine Anhaltspunkte für geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen. Da das Tatverhalten des Beschuldigten keinesfalls hinter den typisierten Schuld- und Unrechtsgehalten der ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen zurückbleibt, war auch die Rechtswohltat des § 21 VStG nicht in Erwägung zu ziehen.

Mangels entsprechender Begründung durch die Behörde erster Instanz waren die von ihr festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen auf das nunmehrige Maß zu reduzieren.

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bw ein Kostenbeitrag von 29 Euro für das Berufungsverfahren (zu Spruchpunkt 3) vorzuschreiben. Der Kostenbeitrag für das Verfahren vor der Behörde erster Instanz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

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