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des Landes Oberösterreich
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VwSen-240256/2/Gf/Km

Linz, 17.06.1997

VwSen-240256/2/Gf/Km Linz, am 17. Juni 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des M B, vertreten durch RA Dr. P W,, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 28. April 1997, Zl. SanRB96-335-1995-Fu, wegen Übertretung des Lebensmittelgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Straf verfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 28. April 1997, Zl. SanRB96-335-1995-Fu, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 7 Stunden) verhängt, weil er am 1. August 1995 als verantwortlicher Beauftragter einer GmbH insofern falsch gekennzeichnete Lebensmittel, als auf deren Verpackung die Bestandteile und Zusatzstoffe nicht in deutscher Sprache angegeben gewesen seien, in Verkehr gebracht habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 74 Abs. 5 Z. 2 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 756/1992 (im folgenden: LMG), i.V.m § 3 Abs. 1 lit. a und § 4 Z. 7 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl.Nr. 72/1993 (im folgenden: LMKV) begangen, weshalb er nach § 74 Abs. 5 LMG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Rechtsmittelwerber am 2. Mai 1997 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 16. Mai 1997 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß der dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Sachverhalt aufgrund entsprechender Wahrnehmungen eines Aufsichtsorganes anläßlich einer lebensmittelpolizeilichen Kontrolle als erwiesen anzusehen sei. Im Zuge der Strafbemessung seien seine - mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen geschätzten - Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse entsprechend berücksichtigt worden.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber - lediglich - vor, zum Tatzeitpunkt keine dem Tatvorwurf entsprechenden Waren geliefert zu haben. Für den eingestandenen Liefertermin am 17. Juli 1995 sei hingegen Verfolgungsverjährung eingetreten.

Deshalb wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Linz-Land zu Zl. SanRB96-335-1995; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit dem angefochtenen Straferkenntnis lediglich eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt sowie ein entsprechender Antrag nicht gestellt wurde, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1.1. Gemäß § 74 Abs. 2 Z. 5 LMG i.V.m. § 4 Z. 7 und § 3 Abs. 1 lit. a LMKV begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 25.000 S zu bestrafen, der auf der Verpackung die Zutaten nicht in einer leicht verständlichen Form angibt.

4.1.2. Nach § 31 Abs. 1 VStG i.V.m. § 74 Abs. 6 LMG ist die Strafverfolgung unzulässig, wenn gegen den Täter binnen eines Jahres keine Verfolgungshandlung gesetzt wurde, wobei bereits diese Verfolgungshandlung sämtliche i.S.d. § 44a Z. 1 VStG relevanten Tatbestandsmerkmale enthalten muß.

4.2.1. Hinsichtlich der Einrede der Verfolgungsverjährung wegen eines i.S.d. § 44a Z. 1 VStG unzutreffenden Tatzeitpunktes ist dem Berufungswerber entgegenzuhalten, daß sich aus der Anzeige des Lebensmittelaufsichtsorganes (vgl. die Blg. 1 zu Zl. A-19-K-40/1995/20 des Magistrates Graz vom 30. Oktober 1995) ergibt, daß die Ware von jenem Unternehmen, in dem diese den Konsumenten zum Verkauf angeboten wurde, am 1. August 1995 bezogen wurde. Dieser Tag wurde dem Beschwerdeführer stets als Begehungszeitpunkt vorgeworfen.

Während des Verfahrens vor der belangten Behörde wurde dieses Faktum weder bestritten noch ist der Rechtsmittelwerber dem Auftrag der Erstbehörde, den bezughabenden Lieferschein bzw. die Rechnung vorzulegen (vgl. das Schreiben des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 4. Dezember 1995, Zl. SanRB96-335-1995), nachgekommen.

Er hat damit zum einen während des gesamten erstbehördlichen Verfahrens die ihn treffende Mitwirkungspflicht unterlassen und zum anderen auch mit der gegenständlichen Berufung nicht belegt, worauf er seine nunmehr erstmals vorgebrachte Behauptung, daß die verfahrensgegenständliche Ware nicht am 1. August, sondern bereits am 17. Juli 1995 in Verkehr gebracht worden wäre, stützen könnte.

Bei dieser Sachlage waren daher keine weiteren, auf einen Erkundungsbeweis hinauslaufenden Erhebungen erforderlich (vgl. W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Wien 1996, 890, m.w.N.), sondern vielmehr der von der belangten Behörde angenommene Tatzeitpunkt als zutreffend zu erachten, womit sich gleichzeitig die Verjährungseinrede des Beschwerdeführers als unbegründet erweist.

4.2.2. Dennoch erweist sich die solcherart begründete Berufung im Ergebnis als berechtigt:

4.2.2.1. Wie sich aus 4.1.1. ergibt, erfordert der Tatbestand des § 74 Abs.5 Z. 2 LMG i.V.m. § 4 Z. 7 und § 3 Abs. 1 lit. a LMKV nur, daß die Zutaten in leicht verständlicher Form, nicht aber deshalb auch zwingend in deutscher Sprache angegeben sein müssen.

Im gegenständlichen Fall waren die Zutaten in spanischer ("sardinas, tomate, aceite vegetal y sal"), französischer ("calamars, huile vegetale, tomate et sel") und englischer ("cuttlefish, vegetable oil, tomato and salt") angegeben.

Insbesondere angesichts des Umstandes, daß jedenfalls die englische Sprache seit Jahrzehnten als Pflichtfach in den Schulen gelehrt wird, und der Tatsache, daß der politische Wille zur fortschreitenden Internationalisierung Österreichs zuletzt durch den EU-Beitritt bekräftigt wurde, kann man sich nicht länger der Einsicht verschließen, daß damit nicht nur die Anforderungen an die Wirtschaftstreibenden, sondern auch jene an die "durchschnittliche" Bevölkerung gestiegen sind und diese auch tatsächlich angenommen werden (müssen).

Im Gegensatz zur Erstbehörde ist daher der Oö. Verwaltungssenat der Auffassung, daß eine fremdsprachige Beschreibung der Zutaten - jedenfalls wenn sich darunter auch eine Deklaration in englischer Sprache findet - von einem durchschnittlichen Konsumenten der heutigen Zeit prinzipiell sehr wohl verstanden werden kann (und muß).

4.2.2.2. Anders verhält es sich hingegen damit, daß sich im vorliegenden Fall gerade aus der Anführung der Zutaten in mehreren Sprachen letztlich ein Widerspruch dahin ergibt, welches (Haupt-)Produkt in der Verpackung nun tatsächlich enthalten ist: Nach der deutschen ("Sardinen mit Tomatensauce") und spanischen ("sardinas en tomate") Bezeichnung müßte es sich nämlich um Sardinen, nach der englischen ("cuttlefish") und französischen ("calamars") Deklaration hingegen um Tintenfisch handeln.

Offenbar war sich darüber auch die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Graz nicht im klaren, weil diese in ihrem Gutachten lediglich zu dem - neutralen - Ergebnis "ca. 3 Fische" (vgl. das Amtliche Untersuchungszeugnis vom 19. Oktober 1995, Zl. 3979/95) kommt.

Diese Gegensätzlichkeit begründet jedoch keinen Verstoß gegen § 74 Abs.5 Z. 2 LMG i.V.m. § 4 Z. 7 und § 3 Abs. 1 lit. a LMKV, sondern allenfalls eine Verletzung des § 8 lit. f LMG; hinsichtlich des letzteren Tatbestandes ist aber - und insofern ist dem Beschwerdeführer im Ergebnis beizupflichten - zwischenzeitlich jedenfalls Verfolgungsverjährung eingetreten.

4.3. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. G r o f

Beschlagwortung: Sardinen; Fische; Englisch

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