Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-108386/17/Bi/Be

Linz, 20.09.2002

 

VwSen-108386/17/Bi/Be Linz, am 20. September 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn S, vertreten durch RA-Partnerschaft Dr. W-Dr. K, vom 3. Juli 2002 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 18. Juni 2002, VerkR96-7862-2001, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, auf Grund des Ergebnisses der am 30. August 2002 und am 6. September 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Pkw auf der Westautobahn in "Fahrtrichtung Wien" gelenkt wurde.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 40 Euro, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z1 und 19 VStG,

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 15 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 200 Euro (93 Stunden EFS) verhängt, weil er am 26. August 2001 gegen 18.57 Uhr den Pkw W- auf der Westautobahn A1 im Gemeindegebiet in Fahrtrichtung gelenkt habe, wobei er auf Höhe des StrKm 212.000 mehrere in gleicher Richtung fahrende Pkw vorschriftswidrig rechts überholt habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 20 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 30. August und am 6. September 2002 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des rechtsfreundlichen Vertreters Mag. L und der Zeugen K, P und S durchgeführt. Der Bw war ebenso wie der Vertreter der Erstinstanz nicht anwesend. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

3. Der Bw macht unter Hinweis auf einen Schriftsatz vom 7. April 2002 an die Erstinstanz - der mittlerweile dort aufgetaucht ist, nachdem er irrtümlich in einen anderen Akt gelangt war - im Wesentlichen geltend, er sei zur angeblichen Vorfallszeit zusammen mit der Zeugin S, seiner ehemaligen Lebensgefährtin, und dem Zeugen P, einem Freund, aus Richtung Salzburg nach Wien unterwegs gewesen. Bei seinem früheren Vorbringen, er sei mit seiner Mutter unterwegs gewesen, habe er sich geirrt; er sei mehrmals dort gefahren. Es habe an diesem Sonntagabend starker Rückreiseverkehr von den Ausflugsgebieten Richtung Linz geherrscht und auf beiden Fahrstreifen der Richtungsfahrbahn Wien seien Kolonnen unterwegs gewesen. Die Angaben des Anzeigers seien insofern unrichtig, als der Zeuge P 1951 geboren sei und seine Lebensgefährtin blond und nicht dunkelhaarig sei. Auch dessen übrige Angaben, insbesondere der Abstand von "ca 150 m" zwischen den Fahrzeugen der Kolonne, sei unrichtig; er sei wesentlich geringer gewesen. Es sei richtig, dass er von der Situation des plötzlichen Kolonnen-stillstandes wegen eines Auffahrunfalles so überrascht gewesen sei, dass er beim Abbremsen seinen Pkw zwischen die beiden Kolonnen hineingezwängt habe. Es sei möglich, dass die rechte Kolonne schneller als die linke unterwegs gewesen sei, aber ein Überholen sei sicher nicht möglich gewesen. Bei dem Vorfall sei die ganze Kolonne genötigt gewesen, abrupt abzubremsen, wobei beim hinter ihm bremsenden Geländewagen das Heck leicht ausgebrochen sei, sodass er, um dem Lenker einen längeren Bremsweg zu verschaffen, auf den rechten Fahrstreifen gewechselt habe, weil dort gerade ein größerer Abstand zwischen den Fahrzeugen gewesen sei. Hätte er das nicht getan, wäre der Geländewagen auf seinen Pkw aufgefahren. Den Lenker könne er nicht mehr ausfindig machen. Die Angaben des Anzeigers seien ihm völlig unerklärlich, weil solche Fahrmanöver wie die geschilderten nicht durchführbar seien. Dazu beantragt er eine Fahrprobe im unfallsgegenständlichen Bereich sowie die Einvernahme der genannten Zeugen, jedenfalls aber eine mündliche Verhandlung.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der das Vorbringen beider Verfahrensparteien erörtert und berücksichtigt und die genannten Personen zeugenschaftlich einvernommen wurden.

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Am 26. August 2002, einem Sonntag, kurz vor 19.00 Uhr herrschte auf der A1, Richtungsfahrbahn Wien, im Bereich des km 212.000, einem nicht baustellenbedingt verengten, sondern normal befahrbaren Abschnitt mit zwei Fahrstreifen, reger Kolonnenverkehr. Der Zeuge K lenkte seinen Pkw auf dem linken Fahrstreifen mit etwa 80 bis 100 km/h, als ihm nach eigenen Angaben auffiel, dass sich von hinten ein Pkw näherte, der, obwohl auf beiden Fahrstreifen kolonnenbedingt ohnehin kein Weiterkommen war, als Einziger immer wieder den Fahrstreifen wechselte, um in der gerade relativ schnelleren Kolonne vorwärts zu kommen. Der Abstand der Fahrzeuge innerhalb der linken Kolonne habe zu diesem Zeitpunkt bei Km 212.000 geschätzt ca 150 m betragen. Es sei nicht so gewesen, dass die rechte Kolonne schneller als die linke gewesen sei, weil sich sonst ja ein Überholen erübrigt hätte. Der Bw habe seinen Pkw und noch einige vor ihm befindliche Fahrzeuge rechts überholt. Der Zeuge hatte nach eigenen Darlegungen den Eindruck, dass der Lenker sich durch das oftmalige, schon als aggressiv zu bezeichnende Fahrstreifenwechseln, verbunden mit knappem Auffahren und Betätigen der Lichthupe, nach vorne bringen wollte, ohne zu bedenken, dass die Lenker der Fahrzeuge, vor denen er sich einordnete, zum raschen Reagieren bzw Abbremsen gezwungen waren, um den erforderlichen Sicherheitsabstand wiederherzustellen. Der Zeuge hat nach eigenen Angaben auch wahrgenommen, dass andere Pkw-Lenker den angeführten Lenker mit Lichthupe "anblinkten" und so ihren Unmut über sein Verhalten äußerten. Das sei einige Male so dahin gegangen, wobei der Lenker ihn mehrmals - jedenfalls auch bei Km 212.000; die Kilometrierung habe er sich ebenso wie die Uhrzeit gemerkt - rechts überholt habe. Er habe mehrmals den Fahrstreifen gewechselt, je nachdem, ob die andere Kolonne gerade schneller gewesen sei, wobei bei einer Beschleunigung der linken Kolonne der Pkw des Zeugen an dem des Bw vorbeibewegte, dann wieder der des Bw an dem des Zeugen. Es sei aber auf Grund des starken Verkehrs keinerlei Weiterkommen gewesen.

Später seien im Bereich einer Baustelle plötzlich beide Kolonnen zu einem abrupten Bremsmanöver gezwungen gewesen, weil dort unmittelbar ein Auffahrunfall stattgefunden habe. Da sei dieser Pkw gerade zwei oder drei Fahrzeuge vor ihm links gefahren. Die anderen Lenker hätten so geistesgegenwärtig reagiert, dass sie beim Abbremsen für die nachkommenden Pkw Platz gemacht hätten. Dieser Vorfall habe sich aber erst viel später ereignet und habe mit seiner Anzeige absolut nichts zu tun.

Er habe schon von der Autobahnraststätte aus die Autobahngendarmerie angerufen, aber da sei ihm gesagt worden, er müsse persönlich kommen. Er sei bei der Autobahngendarmerie Haid von der A1 abgefahren und habe um 19.15 Uhr Anzeige gegen den ihm unbekannten Lenker des Pkw erstattet.

Der Zeuge hat ausgeführt, er habe gesehen, dass in diesem Pkw vorne zwei Männer, der Beifahrer schätzungsweise 25 bis 30 Jahre alt, und hinten eine dunkelhaarige Frau, die nicht die Mutter des Lenkers gewesen sein könne, gesessen seien. Auf den ebenfalls geladenen Zeugen P angesprochen, gab der Zeuge an, dieser Mann sei das seinem Eindruck nach sicher nicht gewesen. Die Frau sei eventuell brünett, aber nicht blond gewesen.

Der Zeuge P, ein Freund des Bw, gab in der mündlichen Verhandlung zur Wahrheit ermahnt an, er sei damals mit dem Bw und dessen damaliger Lebensgefährtin auf dem Großglockner gewesen, wo der Bw mit dem Fahrrad den Marathon mitabsolviert habe. Das Rad habe sich bei der Rückfahrt im Kofferraum befunden. Am Sonntag seien sie nach Wien zurückgefahren, wobei der Zeuge über Vorhalt der Schilderung der Fahrweise des von Zeugen K beobachteten Lenkers ein derartiges Fahrverhalten beim Bw ausgeschlossen hat. Er gab weiters an, er sei sicher an diesem Tag mitgefahren - das hat er später bei einer telefonischen Mitteilung über seine Kalendereintragung bestätigt, wobei er auch auf Fotos hingewiesen hat - und die Zeugin S sei nicht brünett, sondern blond. Ihm sei von einem riskanten Fahrstreifenwechsel, einer aggressiven Fahrweise oder gar einem Anblinken durch andere Lenker nichts aufgefallen, er habe aber auch nicht ausdrücklich zurückgesehen.

Erst ausdrücklich darauf angesprochen, hat der Zeuge bestätigt, dass nicht bei Km 212.000 sondern erst später ein Stau gewesen sei, aber dann sei es links eben langsamer gegangen, sie hätten sich rechts befunden. Erst auf konkreten Vorhalt des vom Bw geschilderten Bremsvorganges hat der Zeuge geantwortet, er habe den Bw gefragt, warum er so schnell den Fahrstreifen gewechselt habe; da habe ihm dieser etwas von einem Geländewagen hinter ihnen gesagt.

Die Zeugin S, deren Haarfarbe zweifellos als blond zu bezeichnen ist, gab bei ihrer Einvernahme am 6. September 2002 unter der Wahrheitspflicht des § 289 StGB stehend an, sie habe auf der Heimfahrt vom Großglockner-Marathon, den der Bw mit dem Fahrrad zurückgelegt habe, meist geschlafen oder gedöst und könne sich an absolut nichts erinnern. Auch nachher sei nicht über Bremsmanöver, Fahrstreifenwechsel oder die Fahrweise des Bw gesprochen worden. Bei der Fahrt sei sie hinten rechts und vorne als Beifahrer der Zeuge P gesessen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu der Ansicht, dass die Angaben des Zeugen K, der bei seiner Befragung einen ausgezeichneten persönlichen Eindruck hinterließ, zum einen schlüssig und wohlüberlegt waren, wobei auch nicht davon auszugehen ist, dass er leichtfertig und nur aus einer emotionellen Laune heraus einen ihm völlig unbekannten Lenker zur Anzeige gebracht hat, sondern er hat auch die Fahrweise des Bw bis in Einzelheiten geschildert, die nachvollziehbar machen, dass der Zeuge sogar selbst von der Autobahn in Haid abgefahren ist und die mit einer Anzeigeerstattung verbundenen Unannehmlichkeiten auf sich genommen hat, nachdem ihm telefonisch mitgeteilt wurde, dass er persönlich bei der Autobahngendarmerie erscheinen müsse. Der beobachtete Vorfall trug sich im Gemeindegebiet von Laakirchen zu, sodass er sich bis zur Ausfahrt Haid sehr wohl überlegen konnte, ob ihm das beobachtete Verhalten des Lenkers wert ist, die zeitliche Verzögerung sowie auch die voraussehbaren darauffolgenden Behördenwege auf sich zu nehmen. Der Zeuge hat seine Anzeigeerstattung umfangreich und glaubwürdig begründet und keinesfalls einen Eindruck der Leichtfertigkeit oder Unüberlegtheit gemacht. Er hat sich über das auf eine längere Strecke beobachtete aggressive Fahrverhalten des Lenkers des Wiener Pkw massiv geärgert, weil dieser laut seinen Angaben nach dem Fahrstreifenwechsel seinen Pkw derart knapp zwischen zwei Fahrzeuge hineingezwängt hat, dass der nachfolgende Pkw abrupt bremsen musste, um dem Wiener Pkw nicht aufzufahren. Er hat nach Erörterung der Begriffe "Überholen" und "Nebeneinanderfahren" in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich ein Nebeneinanderfahren im Rahmen der beiden Fahrzeugkolonnen bei km 212.000 dezidiert ausgeschlossen und dies damit begründet, dann hätte sich ein Rechtsüberholen durch den Bw ohnehin erübrigt, weil dieser dann ja in der schnelleren Kolonne mitgefahren wäre, was er aber nicht angezeigt habe. Der Bw habe ihn vielmehr im Bereich bei km 212.000 verbotenerweise seinen und mehrere vor ihm befindliche Pkw rechts überholt. Er habe den Eindruck gehabt, der Lenker sei über das langsame Weiterkommen äußerst ungehalten gewesen und habe deshalb versucht, noch in der Kolonne schneller vorwärtszukommen, indem er den Pkw des Zeugen und noch weitere vor ihm fahrende Pkw rechts überholt und sich wieder hineingezwängt habe. Solche wie das geschildete Fahrmanöver hätten sich auf der Strecke mehrmals wiederholt. Die Uhrzeit "gegen 18.57 Uhr" und die Kilometrierung "km 212.000" der A1 habe er sich auf der Fahrt gemerkt. Um 19.15 Uhr sei er zur Autobahngendarmerie Haid gekommen. Er sehe nicht ein, dass ein solches, vom Zeugen ausdrücklich als "äußerst aggressiv" bezeichnetes Fahrverhalten von einem Lenker, der in der Kolonne fahren müsse, bei der es für niemanden ein Weiterkommen gebe, hingenommen werden müsse.

Für den Unabhängigen Verwaltungssenat besteht kein Anhaltspunkt für Zweifel am Wahrheitsgehalt der Zeugenaussage, insbesondere auch deshalb nicht, weil der Bw seine Berufungsbegründung auf sein schriftliches Vorbringen reduziert hat und bei der Verhandlung auch nicht erschienen ist, um die Zeugenaussage K im Einzelnen dezidiert widerlegen zu können. Die schriftliche Stellungnahme war jedoch nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu erschüttern. Ob der Zeuge K die Haarfarben oder das Alter der Beifahrer richtig eingeschätzt hat, ist gegenüber der dezidierten Schilderung des Fahrverhalten des Lenkers nebensächlich. Die vom Bw beantragte Fahrprobe auf der A1 erübrigt sich schon deshalb sowie auch aus grundsätzlichen Überlegungen.

Der Zeuge P machte bei seiner Aussage den Eindruck, als wolle er es vermeiden, dem Bw, seinem Freund, irgendwie zu schaden, indem er zB die Fahrweise des Bw als grundsätzlich harmlos und keinesfalls irgendwie andere gefährdend beschrieb. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat ist einerseits die Schilderung des Zeugen, er habe nichts dergleichen, wie vom Zeugen K geschildert, wahrgenommen, aus dieser Sicht verständlich, insofern auch, als der Zeuge die Fahrt zunächst als ganz normal und ereignislos beschrieb und erst auf dezidierten Hinweis auf das vom Bw als geradezu lebensgefährlich und nur seiner Erfahrung und Geschicklichkeit als langjähriger Lenker zu verdankende unfallfreie Abbremsen des Pkw beim plötzlichen Stillstand der Kolonne sich plötzlich erinnern könnte, dass der Bw einmal einen schnelleren Fahrstreifenwechsel durchführte, den er auf die erstaunte Frage des Beifahrers mit einem beim Bremsen ausscherenden Geländewagen hinter ihm begründete. Beachtlich ist allerdings, dass der Zeuge von sich aus betonte, dass sei aber nicht bei km 212.000 gewesen sondern erst später.

Der Bw hat in seinem Schreiben vom 7. April 2002 offensichtlich diesen Vorfall als den dem Tatvorwurf zugrundeliegenden verstanden, zumal er bedauert hat, den Lenker des Geländewagens nicht ausfindig machen zu können.

Die Aussage der Zeugin S war hingegen in keiner Richtung verwertbar.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer ua als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verstößt.

Gemäß § 15 Abs.1 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges außer in den - auf den gegenständlichen nicht zutreffenden - Fällen des Abs.2 (Linkseinbieger, Schienenfahrzeuge) und 2a (Fahrzeuge des Straßendienstes) nur links überholen.

Im gegenständlichen Fall ist auf der Grundlage des Beweisverfahrens unzweifelhaft davon auszugehen, dass der Bw als Lenker eines Pkw auf dem genannten Autobahnabschnitt, wo sich im Zuge des Wochenendrückreiseverkehrs in Fahrtrichtung Linz zwei mit schätzungsweise 80 bis 100 km/h dahinfahrende Kolonnen befanden, vom linken auf den rechten Fahrstreifen gewechselt, dort mehrere in der linken Kolonne fahrenden Pkw, ua den des Zeugen K, rechts überholt und anschließend wieder auf den linken Fahrstreifen gewechselt hat.

Da der Zeuge auf ausdrückliches konkretes Befragen dezidiert verneint hat, dass sich der Bw einfach mit der schnelleren Kolonne mitbewegt und dann wieder nach links gewechselt hat - was als "Nebeneinanderfahren" im Sinne des § 2 Abs.1 Z29 StVO zu qualifizieren gewesen wäre - und kein Anlass für irgendwelche Zweifel am Wahrheitsgehalt und der Richtigkeit der Aussage des Zeugen besteht, war davon auszugehen, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt hat. Der Bw hat auf der Grundlage seiner schriftlichen Darlegungen nicht glaubhaft zu machen vermocht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, weshalb er den ihm zur Last gelegten Tatbestand als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Die Spruchänderung ist eher kosmetischer Natur, zumal die Fahrtrichtung nie bestritten wurde und in der innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs.2 VStG ergangenen Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11. Oktober 2001 die Fahrtrichtung Wien enthalten war. § 15 Abs.1 StVO enthält ein konkretes Gebot, sodass sich die zusätzliche Anführung der (ohnehin als Strafnorm genannten) Bestimmung des § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. erübrigt.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 726 Euro Geldstrafe bzw im Nichteinbringungsfall bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses zwei Vormerkungen, die der Bw laut Mitteilung der BPD Wien aufweist, nämlich gemäß §§ 4 Abs.1 lit.c und 4 Abs.2 StVO aus dem Jahr 1998, als erschwerend gewertet und keinen Strafmilderungsgrund gefunden.

Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates besteht jedenfalls nicht der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, allerdings kann beim Vergleich zwischen den genannten "Fahrerfluchtdelikten" und der nunmehrigen Übertretung kein auf der gleichen schädlichen Neigung beruhendes Verhalten erblickt werden. Bei Fahrerflucht versucht der Täter, nach Verursachung eines (hier sogar Personen-) Schadens seine Identität durch Flucht zu verbergen, um nicht zur Verantwortung gezogen werden zu können, was aber mit dem ungeduldigen Bestreben, andere in den Kolonnen auch nicht vorwärtskommende Lenker durch derartige "Spielchen" auszutricksen und, obwohl sogar subjektiv erkennbar, dass ohnehin keine echte Chance auf ein Weiterkommen besteht, sich wenigstens ein wenig weiter vorne einzureihen, nichts zu tun hat. Insbesondere kann daraus keine "gleiche schädliche Neigung" abgeleitet werden.

Da der Zeuge glaubwürdig angeführt hat, das Vorgehen des Bw habe sich öfter wiederholt, da im Zuge der Kolonnenfahrt dann wieder sein Pkw vorne gewesen sei, ist anzunehmen, dass der Bw, der ja zuvor dem Großglockner-Marathon mitgefahren ist, offenbar die dort übliche Situation auf die Autobahnfahrt übersetzt und eine Art "Wettbewerbsdenken" entwickelt haben dürfte; allerdings ohne zu bedenken, dass andere Lenker durch seine offen zur Schau gestellte Ungeduld verärgert und durch die (allerdings nicht im Einzelnen vorgeworfenen) Knapp-Auffahr-Manöver beim Wiedereinordnen gefährdet wurden.

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates besteht kein Anlass für eine Strafherabsetzung, da die verhängte Strafe dem erheblichen Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung entspricht, sowie den finanziellen Verhältnissen des Bw (1.450 Euro monatlich laut eigenen Angaben, keine Sorgepflichten, belastete Eigentumswohnung) angemessen ist. Es steht dem Bw frei, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit, die Strafe in Teilbeträgen zu bezahlen anzusuchen.

Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens angemessen.

Die verhängte Strafe liegt noch im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll den Bw zur genauesten Beachtung der Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung anhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Beweiswürdigung der Zeugenaussage - Tatvorwurf erwiesen - Bestätigung des SE

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum