Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108430/6/Sch/Rd

Linz, 19.09.2002

VwSen-108430/6/Sch/Rd Linz, am 19. September 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Mag. H vom 9. Juli 2002 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 8. Juni 2002, GZ 101-5/3-330129582, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 13. September 2002 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z2 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Der Bürgermeister der Stadt Linz hat mit Straferkenntnis vom 8. Juni 2002, GZ: 101-5/3-330129582, über Herrn Mag. H, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 82 Abs.1 StVO 1960 (richtig: iVm Abs.2) eine Geldstrafe von 145 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen verhängt, weil er zumindest am 5. Juni 2001 in Linz, Industriezeile gegenüber Nr. (hiebei handelt es sich um eine Straße im Sinne der StVO), den Pkw, Marke Mercedes 350 SE, mit dem Kennzeichen, Farbe weiß, mit der Begutachtungsplakette Nr. A, 3/01, ohne polizeiliches Kennzeichen (richtig: ohne Kennzeichentafeln) abgestellt habe, ohne im Besitz der hiefür erforderlichen straßenpolizeilichen Bewilligung gewesen zu sein.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 14,50 Euro verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

Anlässlich der mit einem Lokalaugenschein verbundenen oa Berufungsverhandlung wurde festgestellt, dass sich bei der Zufahrt zum gegenständlichen Parkplatz folgende Überkopftafel befindet, welche nachstehenden Text aufweist:

"Areal ist bei Schnee und Eis nicht benützbar!

Benützung auf eigene Gefahr; Eltern haften für ihre Kinder!

Provisorische Pkw-Abstellplätze nur für Betriebsangehörige der Firmengruppen P und T und W - B.

Benützung bis auf Widerruf!

Es gilt die StVO.

Widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge werden kostenpflichtig abgeschleppt!

Ablagerungen aller Art und Umweltvergehen werden angezeigt!

Keine Zufahrt für Transportfahrzeuge aller Art."

Gemäß § 1 Abs.1 StVO 1960 gilt dieses Bundesgesetz für Straßen mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.

Laut Absatz 2 dieser Bestimmung gilt dieses Bundesgesetz für Straßen ohne öffentlichen Verkehr insoweit, als andere Rechtsvorschriften oder die Straßenerhalter nichts anderes bestimmen. Die Befugnisse der Behörden und Organe der Straßenaufsicht erstrecken sich auf diese Straßen nicht.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, etwa VwGH 27.2.2002, 2001/03/0308, kann eine Straße dann von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht. Für die Widmung als Straße mit öffentlichem Verkehr ist ein Widmungsakt nicht erforderlich und es kommt auch nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund an, dh also nicht darauf, ob die betreffende Landfläche ganz oder teilweise in Privateigentum steht.

Nach dem Willen des Grundeigentümers bzw Verfügungsberechtigten soll im gegenständlichen Fall die Benützung des Parkplatzes auf Betriebsangehörige bestimmter Unternehmen beschränkt sein. Darauf kommt es aber für die Frage der Öffentlichkeit nicht an (VwGH 19.12.1990, ZVR 1992/17).

Angesichts dieser Sachlage erscheint die von der Erstbehörde vorgenommene Qualifizierung des Parkplatzes als Straße mit öffentlichem Verkehr zutreffend.

Andererseits kann gegenständlich besonders die subjektive Tatseite nicht außer Betracht bleiben. Die erwähnte Tafel mit den restriktiven Benützungskriterien für die Parkfläche vermag auch bei einem durchaus mit der geforderten Bedachtnahme auf die Verkehrsvorschriften behafteten Straßenbenützer den nachvollziehbaren Eindruck erwecken, der Verfügungsberechtigte habe den öffentlichen Verkehr von der Verkehrsfläche ausschließen wollen und eine Vereinbarung mit ihm über die Benützung der Straße, zum Abstellen eines Kraftfahrzeuges ohne Kennzeichentafeln bzw zu welchen verkehrsfremden Zwecken auch immer, würde dies erlauben. Die Behörden und ihre Organe wären aufgrund der Nichtöffentlichkeit der Verkehrsfläche somit nicht befugt, dort einzuschreiten.

Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen. Einen solchen Strafausschließungsgrund bildet der entschuldbare Tatbildirrtum. Bei diesem irrt der Täter über jene Umstände, die zum Tatbild gehören, also über die äußere Tatseite. Hätte somit der Berufungswerber erkannt, dass es sich bei dem in Rede stehenden Parkplatz trotz der erwähnten Benützungsbeschränkungen um eine Straße mit öffentlichem Verkehr iSd StVO 1960 handelt, so hätte er von der Benützung für verkehrsfremde Zwecke Abstand genommen. Davon ist nach den Ausführungen in der Berufungsschrift und auch den Angaben des Rechtsmittelwerbers anlässlich der Verhandlung nachvollziehbar auszugehen. Nach Ansicht der Berufungsbehörde ist es im konkreten Fall im Sinne des § 5 Abs.1 VStG noch argumentierbar, hier in Anbetracht der Textierung der erwähnten Tafel noch von einem nicht vorwerfbaren Irrtum auszugehen.

Der Berufung war daher Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

Der Vollständigkeit halber ist noch zu bemerken, dass die Erstbehörde im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses offensichtlich die Begriffe "Kennzeichen" und "Kennzeichentafeln" vermengt hat.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

S c h ö n

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