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des Landes Oberösterreich
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VwSen-240304/2/Gf/Km

Linz, 19.02.1998

VwSen-240304/2/Gf/Km Linz, am 19. Februar 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des Dr. K L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 5. Dezember 1997, Zl. VetR96-10/4-1997, wegen Übertretung des Fleischuntersuchungsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Straf- verfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 5. Dezember 1997, Zl. VetR96-10/4-1997, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 5 Tage) verhängt, weil er am 10. Februar 1997 einen notgeschlachteten Tierkörper als tauglich beurteilt habe, ohne zuvor eine bakteriologische Fleischuntersuchung veranlaßt zu haben; dadurch habe er eine Übertretung des § 14 Abs. 1 der Fleischuntersuchungsverordnung, BGBl.Nr. 395/1994, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 519/1996 (im folgenden: FlUV), begangen, weshalb er gemäß § 50 Abs. 1 des Fleischuntersuchungsgesetzes, BGBl.Nr. 522/1982, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 118/1994 (im folgenden: FlUG), zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen diesen dem Rechtsmittelwerber am 15. Jänner 1998 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 27. Jänner 1998 - und damit rechtzeitig - unmittelbar bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß es sowohl aufgrund der Aussagen der einvernommenen Zeugen als auch infolge der vom Beschwerdeführer selbst verfaßten Notschlachtungsanzeige als erwiesen anzusehen sei, daß dieser keine bakteriologische Untersuchung durchführen ließ, obwohl eine solche zwingend vorgesehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei der Umstand, daß das erschlachtete Fleisch - obwohl erwiesenermaßen untauglich - in Verkehr gebracht worden sei, als erschwerend zu werten gewesen, während die bisherige Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als strafmildernd und dessen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse entsprechend zu berücksichtigen gewesen wären.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber im wesentlichen vor, daß es sich im gegenständlichen Fall nicht um eine "Notschlachtung", sondern vielmehr insofern um eine "Schlachtung unter besonderen Umständen" gehandelt habe, als beim Schlachttier bereits 2 Tage zuvor von einem anderen Kollegen eine tierärztliche Untersuchung durchgeführt und dabei darauf hingewiesen worden sei, daß das Tier geschlachtet werden müsse, wenn dessen Schmerzen nicht nachlassen würden. Außerdem habe er den Besitzer angehalten, das - zum Zeitpunkt der Schlachtung unbedenkliche - Fleisch unverzüglich in einen Verarbeitungsbetrieb zu verbringen, um dessen Gefrieren infolge der natürlichen Kälte zu verhindern; tatsächlich sei dies aber erst etwa 12 Stunden nach der Schlachtung geschehen.

Aus diesen Gründen wird - erschließbar - die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Vöcklabruck zu Zl. VetR96-10/4-1997; da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ sowie ein entsprechender Antrag nicht gestellt wurde, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 50 Z. 1 FlUG i.V.m. § 14 Z. 1 FlUV begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 60.000 S zu bestrafen, der bei Notschlachtungen keine bakteriologische Fleischuntersuchung veranlaßt.

Unter einer Notschlachtung ist nach § 2 Abs. 2 FlUG jedes Schlachten zu verstehen, zu dem sich der Tierbesitzer entschließt, weil ihm an dem Tier wahrgenommene Krankheitssymptome oder äußere Verletzungen die Besorgnis einer gänzlichen oder teilweisen Entwertung des Tieres, der er vorbeugen will, nahelegen.

4.2. Im gegenständlichen Fall ist zunächst zu klären, ob es sich um eine derartige Notschlachtung gehandelt hat.

Vorweg ist festzustellen, daß eine Notschlachtung nicht schon deshalb vorliegt, weil - wie hier - die ansonsten gemäß § 19 FlUG innerhalb von 24 Stunden vor der Schlachtung vorgeschriebene und vom Tierhalter zu veranlassende Fleischuntersuchung nicht stattgefunden hat.

Vielmehr ist hiefür nach dem Gesetzestext, wie auch die belangte Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses richtig erkannt hat, ausschließlich das Motiv des Tierhalters, eine (weitergehende) Wertminderung des Fleisches hintanzuhalten, maßgeblich.

Eine derartige Wertminderung stand aber im vorliegenden Fall offenkundig nicht zu befürchten, weil sich weder bei der zwei Tage vor noch bei der drei Stunden nach der Schlachtung erfolgten Begutachtung irgendwelche Hinweise auf eine den Wert des Fleisches mindernde Krankheit des Tieres ergeben hatten.

Vielmehr deutet die Aktenlage darauf hin, daß der Tierbesitzer die Schlachtung in erster Linie aus humanitären Erwägungen - nämlich: um dem Tier weitere Leiden zu ersparen - vornahm und dabei entweder der irrigen Meinung war, daß es zuvor keiner neuerlichen Untersuchung mehr bedurfte, weil die vor zwei Tagen erfolgte ärztliche Begutachtung ohnehin ergeben hatte, daß das Tier geschlachtet werden müsse, wenn sich sein Zustand nicht bessert, und/oder er angesichts der Tageszeit - etwa 5.00 Uhr morgens - den Fleischuntersuchungstierarzt (noch) nicht behelligen wollte.

Dafür spricht weiters auch, daß der Tierhalter der Anordnung des Berufungswerbers, den Schlachtkörper angesichts der vorherrschenden Außentemperatur von -10ï...C umgehend in einen Verarbeitungsbetrieb zu verbringen, um ein Gefrieren des Fleisches durch die natürliche Kälte zu verhindern, insgesamt erst nach etwa 12 Stunden nach der Schlachtung entsprochen und somit die mögliche Wertminderung des Fleisches von vornherein zumindest in Kauf genommen hat.

Bestehen somit nach diesem Gesamtbild aber erhebliche Zweifel, ob der Entschluß des Tierhalters, die Schlachtung vorzunehmen, gemäß § 2 Abs. 2 FlUG ausschließlich von der Erwägung getragen war, einer gänzlichen oder teilweisen Entwertung des Schlachtkörpers vorzubeugen, ist entsprechend dem Grundsatz "in dubio pro reo" (vgl. Art. 6 Abs. 2 MRK) im gegenständlichen Fall vielmehr vom Nichtvorliegen einer Notschlachtung auszugehen.

Damit bestand aber für den Beschwerdeführer auch keine Verpflichtung, eine bakteriologische Untersuchung zu veranlassen; er hat sohin im Ergebnis nicht tatbestandsmäßig i.S.d. § 50 Z. 1 FlUG i.V.m. § 14 Z. 1 FlUV gehandelt.

4.3. Der vorliegenden Berufung war daher aus diesem Grund gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 und 2 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr in Höhe von 2.500 S zu entrichten.

Dr. G r o f

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