Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240313/2/Gf/Km

Linz, 29.05.1998

VwSen-240313/2/Gf/Km Linz, am 29. Mai 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des R M, vertreten durch die RAe Dr. K K und Dr. K L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 30. März 1998, Zl. SanRB96-23-6-1997, wegen Übertretung des Lebensmittelgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 30. März 1998, Zl. SanRB96-23-6-1997, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH zu vertreten habe, daß diese am 11. August 1997 Speiseeis in Verkehr gebracht habe, das hinsichtlich der darin enthaltenen vermehrungsfähigen Keime den verordnungsmäßig festgesetzten Grenzwert überschritten habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 74 Abs. 5 Z. 1 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 762/1996 (im folgenden: LMG) i.V.m. § 9 Abs. 1 der Speiseeisverordnung, BGBl.Nr. 6/1973, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 897/1993 (im folgenden: Speise-eisV), begangen, weshalb über ihn eine Strafe zu verhängen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Rechtsmittelwerber am 2. April 1998 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 15. April 1998 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, daß der dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Sachverhalt aufgrund eines Gutachtens der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Linz als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei eine einschlägige Vormerkung als erschwerend zu werten gewesen, während Milderungsgründe nicht hervorgekommen seien; die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers seien entsprechend berücksichtigt worden.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber im wesentlichen vor, daß die Untersuchung der gezogenen Probe nicht nach den Bestimmungen der SpeiseeisV, sondern - weil es sich insoweit um ein Milchprodukt handle - nach jenen der Milchhygieneverordnung, BGBl.Nr. 897/1993 (im folgenden: MilchHV), erfolgen hätte müssen. Außerdem treffe die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit nicht ihn, sondern seinen Sohn, weil dieser aufgrund einer firmeninternen Vereinbarung allein für jene Filiale, in der die beanstandete Probe gezogen wurde, zuständig sei. Schließlich erweise sich auch die Abtretung des Verfahrens an die Wohnsitzbehörde als rechtswidrig.

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Perg zu Zl. SanRB96-23-1997; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit dem angefochtenen Straferkenntnis lediglich eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt sowie ein entsprechender Antrag nicht gestellt wurde, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 27 Abs. 1 VStG ist grundsätzlich jene Behörde örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen wurde. Wenn hiedurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird, kann diese Behörde jedoch nach § 29a VStG das Strafverfahren an jene Behörde übertragen, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Wohnsitz hat.

Im gegenständlichen Fall ist Tatortbehörde die vom Wohnsitz des Rechtsmittelwerbers - R - 27 km entfernte BH Linz-Land, Wohnsitzbehörde hingegen die nur 9 km entfernte BH Perg. Angesichts dieser signifikant unterschiedlichen Distanzen ist evident, daß sich die im Zeitpunkt der Übertragung des Strafverfahrens gemäß § 29a VStG von der Tatortbehörde im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. VwGH v. 28.2.1989, 88/07/0115; v. 25.1.1993, 92/10/0419) getroffene Prognoseentscheidung, hiedurch eine wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens zu erreichen, zumindest als vertretbar erwies.

Insoweit erweist sich das Berufungsvorbringen sohin nicht als zielführend.

4.2. Der vorliegenden Beschwerde ist jedoch aus einem anderen Grund Erfolg beschieden:

4.2.1. Gemäß § 74 Abs. 5 Z. 1 LMG i.V.m. § 9 Abs. 1 lit. c SpeiseeisV begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 25.000 S zu bestrafen, der Speiseeis nicht so herstellt, daß je Gramm nicht mehr als 250.000 vermehrungsfähige Keime enthalten sind.

4.2.2. Nach § 15 Abs. 5 MilchHV sind diejenigen Bestimmungen der SpeiseeisV, die durch die MilchHV berührt werden, (mit Wirksamkeit vom 29. Dezember 1993) außer Kraft getreten.

Die lit. A Z. 3 des II. Kapitels des Anhanges C zur MilchHV stellt nunmehr hinsichtlich Gefriererzeugnissen auf Milchbasis einschließlich Eis und Eiskrem in bezug auf (vermehrungsfähige) Keime nicht nur einen neuen Höchstwert von 500.000, sondern präzisiert diesen i.V.m. Anh. C Kap. II lit. A Z. 1 sublit. a zusätzlich noch dahingehend, daß zu dessen Ermittlung anläßlich der mikrobiologischen Untersuchung eine Mindestanzahl von 5 Proben analysiert werden muß.

4.2.3. Aus dem Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Linz vom 22. August 1997, Zl. 3856/1997, sowie aus deren Stellungnahme vom 23. Dezember 1997, Zl. Verw-0028/97, geht nicht hervor, ob im gegenständlichen Fall auch die erforderliche Mindestmenge von 5 Proben analysiert wurde.

Dies sowie der Umstand, daß sich vereinzelt ohnedies starke Indizien dafür finden, daß nicht die gebotene Mindestmenge untersucht wurde (vgl. die Stellungnahme vom 23. Dezember 1997, die deutlich zeigt, daß der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung die Derogationsbestimmung des § 15 Abs. 5 MilchHV offenkundig gar nicht bewußt war: "Die betreffende Probe wurde nach der Speiseeisverordnung 1973 untersucht. ..... Nach § 9 der Speiseeisverordnung 1973 dürfen in je 1 g Speiseeis nicht mehr als 250.000 vermehrungsfähige Keime ..... enthalten [sein]. Bei dieser Probe ist dieser Grenzwert um mehr als den dreifachen Wert überschritten, ....."), muß daher im vorliegenden Fall insofern zu Lasten der belangten Behörde gehen, als gemäß Art. 6 Abs. 2 MRK im Zweifel zugunsten des Beschuldigten davon auszugehen ist, daß das einzige und damit verfahrensentscheidende Beweismittel nicht auf ordnungsgemäßem Weg zustandegekommen ist (vgl. auch VwSen-240101 v. 19.12.1994). 4.3. Daher war der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr in Höhe von 2.500 S zu entrichten.

Dr. G r o f

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