Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109128/10/Zo/Pe

Linz, 18.12.2003

 

 

 VwSen-109128/10/Zo/Pe Linz, am 18. Dezember 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Frau LR vom 27.6.2003 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 10.6.2003, Zl. S-12383/02-3, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung durch sofortige Verkündung am 9.12.2003 zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.
  2.  

  3. Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz 10 Euro als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten (ds 20 % der verhängten Geldstrafe).

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Der Polizeidirektor von Linz hat über die Berufungswerberin mit Straferkenntnis vom 10.6.2003, Zl. S-12383/02-3, eine Geldstrafe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden, Verfahrenskosten fünf Euro) verhängt, weil diese am 28.7.2001 um 10.04 Uhr in Seewalchen am Attersee auf der A1 Westautobahn bei km 234,589 in Fahrtrichtung Salzburg als Lenkerin des Kfz die durch Verbotszeichen kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h überschritten habe, weil die Fahrgeschwindigkeit 82 km/h betragen habe. Die Überschreitung sei mittels Messung festgestellt worden. Die Berufungswerberin habe damit gegen § 52 lit.a Z10a StVO 1960 verstoßen.

 

Begründend wird ausgeführt, dass die gegenständliche Geschwindigkeitsbeschränkung ordnungsgemäß verordnet und kundgemacht gewesen sei und die von der Berufungswerberin eingehaltene Geschwindigkeit aufgrund der Messung mit einem geeichten Radarmessgerät erwiesen sei.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Berufungswerberin wurde vom unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich aufgefordert, ihre Berufung zu begründen. Daraufhin führte sie aus, dass die Verordnung der gegenständlichen Geschwindigkeitsbegrenzung nie entsprechend kundgemacht worden sei. Weiters seien bei der Radarmessung neben mehreren Fahrzeugen auch zwei reflektierende Fahrleiteinrichtungen eindeutig erkennbar. Solche Einrichtungen seien geeignet, das Messergebnis des Radars zu beeinflussen. Laut Gebrauchsanweisung des Herstellers seien solche Fehlerquellen bei der Aufstellung auszuschließen.

 

Die angeforderten Eich- bzw. Kalibrierfotos, die vor Verwendung des Radarmessgerätes zwingend vorgeschrieben sind, konnten aufgrund einer Belichtung des Filmanfanges nicht vorgelegt werden. Dadurch könne der ordnungsgemäße Einsatz des Gerätes nicht nachgewiesen werden. Weiters sei der Tatort nicht nachvollziehbar.

 

3. Der Polizeidirektor von Linz hat den Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 9.12.2003. Bei dieser wurde der erstinstanzliche Akt in seinem wesentlichen Inhalt verlesen sowie RI B nach Wahrheitserinnerung als Zeuge einvernommen. Außerdem wurde das Gutachten eines Sachverständigen für Verkehrstechnik eingeholt. Die Berufungswerberin sowie die erstinstanzliche Behörde haben an der Verhandlung nicht teilgenommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender Sachverhalt:

 

Die Berufungswerberin lenkte am 28.7.2001 um 10.04 Uhr den Kombi mit dem Kennzeichen auf der A1 Westautobahn bei km 234,589 in Fahrtrichtung Salzburg. Eine Radarmessung mit dem geeichten stationären Radarmessgerät MU VR 6FA Nr.1974 ergab eine Geschwindigkeit von 87 km/h. Die gegenständliche Geschwindigkeitsbeschränkung wurde vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie am 6.7.2001 zu Zl. 314501/20-III/10/01 verordnet (siehe Akt Seiten 20 bis 24). Die entsprechenden Verkehrszeichen wurden am 17.7.2001 von der Autobahnmeisterei Oberwang angebracht (siehe Akt Seiten 46 und 47).

 

Die Radarmessstelle wurde vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen geprüft und in Ordnung befunden. Den Film, auf welchem die gegenständliche Messung dokumentiert ist, hat der als Zeuge einvernommene RI B eingelegt. Beim Filmwechseln geht dieser immer wie folgt vor: Er stellt das Radargerät vom automatischen Betrieb auf händischen Betrieb um, dann erscheint im Display die Meldung "Quarztest in Ordnung", daraufhin überprüft er Datum und Uhrzeit sowie, ob der Film voll ist. In weiterer Folge legt er die neue Filmkassette ein, stellt den Bedienteil auf Null und löst den Testvorgang aus. Bei diesem Testvorgang werden vom Gerät automatisch drei Fotos angefertigt. Im konkreten Fall war der Film am Anfang überbelichtet, weshalb diese drei Fotos nicht ausgedruckt werden können. Beim Umschalten auf manuelle Bedienung - normalerweise läuft die Radarmessung bei stationären Radars automatisch - erscheinen am Bedienungsgerät folgende Anzeigen: "F888" und in weiterer Folge "Quarztest in Ordnung". Nach dem Wechseln des Filmes beobachtet der Zeuge die Messungen noch einige Zeit am Bedienungsgerät und überprüft, ob die gemessenen Geschwindigkeiten mit den von ihm geschätzten übereinstimmen. Nur wenn das alles der Fall ist, lässt der Zeuge das Radargerät automatisch weiterlaufen. Wenn die Überprüfungen einen Fehler ergeben, dann muss der Zeuge das Radargerät herausnehmen und zur Reparatur einsenden. Die Geschwindigkeitsanzeige, welche auf dem Radarfoto eingeblendet ist, kommt direkt von der Steuereinheit sowohl auf das Radarfoto als auch auf das Bedienungsgerät (auf dieses aber nur, wenn auf manuelle Bedienung geschaltet ist). Daraus ergibt sich, dass ein eventueller Ausfall auf dem Display des Bedienungsgerätes sich nicht auf die gemessene und am Radarfoto eingeblendete Geschwindigkeit auswirkt.

 

Vom Sachverständigen für Verkehrstechnik wurde folgendes Gutachten erstattet: Aufgrund der durchgeführten fotogrammetrischen Geschwindigkeitskontrollen ergab sich ein Kontrollwert von + 3,6 % und ein Winkelfehler von - 1,2°, diese Werte liegen innerhalb des Toleranzbereiches die vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen mit 10 % bzw. 3° angegeben sind. Durch das Ergebnis der fotogrammetrischen Auswertung ist auch aus messtechnischer Sicht eine Verfälschung des Messergebnisses durch die auf dem Radarfoto ersichtlichen Verkehrsleiteinrichtungen auszuschließen. Die Kontrollanzeige "F888" steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der späteren Geschwindigkeitsanzeige am Radarfoto. Wäre die Kontrollanzeige nicht erschienen und die Messgenauigkeit nicht gegeben gewesen, dann wäre am Display die Meldung "Quarztest in Ordnung" nicht erschienen und somit die Radarmessungen nicht begonnen worden. Wäre die Kontrollanzeige "F888" nicht erschienen, dann wäre vom Radargerät die Messgenauigkeit nicht mehr geprüft worden und somit die Radarmessungen nicht begonnen worden.

 

5. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Das Verkehrszeichen gemäß § 52 lit.a Abs.10a StVO "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

5.2. Das Vorbringen der Berufungswerberin hinsichtlich einer fehlenden bzw. gesetzwidrigen Kundmachung der gegenständlichen Verordnung sowie hinsichtlich der Zweifel am Tatort wurden durch den bei der Verhandlung festgestellten Sachverhalt widerlegt. Die Berufungswerberin konnte dazu wegen ihres Fehlens an der Verhandlung auch nicht näher befragt werden.

 

Das Sachverständigengutachten hat schlüssig und nachvollziehbar ergeben, dass die Radarmessung durch die Fahrleiteinrichtungen nicht beeinflusst wurde und dass die fehlenden Kalibrierfotos auf die Radarmessung keinen Einfluss haben.

 

Punkt 11 der Verwendungsbestimmungen der Zulassung Zl.41008/89 für die Verkehrsgeschwindigkeitsmesser Bauart MU VR 6FA besagt, dass beim Einschalten die einwandfreie Funktion des Verkehrsgeschwindigkeitsmessers durch einen automatisch ablaufenden Kontrollvorgang überprüft wird. Diese Überprüfung ist während der Messungen beim Einlegen eines neuen Filmes und danach in Abständen von höchstens 72 Stunden durch entsprechende manuelle Auslösung zu wiederholen. Wenn bei diesen Kontrollen die folgenden Bedingungen nicht eingehalten werden, gilt der Verkehrsgeschwindigkeitsmesser als fehlerhaft und darf nicht mehr im eichpflichtigen Verkehr verwendet werden:

Bei der Kontrolle der Anzeige muss am Bedienungsgerät die fehlerfreie Kontrollanzeige "F888", am zugehörigen Kontrollfoto das vollständige Ziffernbild der Zahl "8888" aufscheinen.

Bei der Kontrolle der Messgenauigkeit (dabei wird kein Foto ausgelöst) muss am Bedienungsgerät die Meldung "Quarztest in Ordnung" erscheinen. Diese Kontrolle erfolgt auch automatisch bei jeder Messung. Wird eine Fehlfunktion des Verkehrsgeschwindigkeitsmessers festgestellt, so wird die Messung sofort automatisch unterbunden und am Bedienungsgerät erscheint die Meldung "Fehler im Quarztest".

 

Die Zeugenaussage ergab eindeutig, dass die Kontrollanzeige "F888" am Bedienungsgerät fehlerfrei war und auch die Kontrolle der Messgenauigkeit "Quarztest in Ordnung" ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Kontrollvorgang nach der manuellen Auslösung automatisch abläuft. Der Sachverständige hat nachvollziehbar dargelegt, dass bei einem festgestellten Fehler in der Kontrollanzeige das Radargerät die weitere Prüfung der Messgenauigkeit nicht mehr durchführt und dann auch nicht mit der Messung begonnen hätte. Die Tatsache, dass das Radargerät mit der automatischen Messung begonnen hat, bedeutet daher, dass die vorherigen Kontrollen keinen Mangel ergeben haben. Der Umstand, dass die - zwar angefertigten - Kontrollfotos wegen Überbelichtung des Filmanfanges nicht entwickelt werden konnten, ändert daran nichts. Letztlich muss auch berücksichtigt werden, dass die fotogrammetrische Auswertung die Richtigkeit der Radarmessung ergeben hat.

 

Die Berufungswerberin hat daher die Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten. Hinweise auf ein mangelndes Verschulden hat sie nicht glaubhaft gemacht, weshalb ihr die Verwaltungsübertretung auch subjektiv zuzurechnen ist (§ 5 VStG).

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gerade im Bereich von Autobahnbaustellen kommt es immer wieder zu gefährlichen Situationen und auch zu Verkehrsunfällen, weshalb der Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in diesen Bereichen besondere Bedeutung zukommt. Die verhängte Geldstrafe beträgt ohnedies nur ca. 7 % der gesetzlich vorgesehenen Höchststrafe von 726 Euro. Die Erstinstanz hat die bisherige Unbescholtenheit der Berufungswerberin zu Recht als Milderungsgrund berücksichtigt, weitere Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe sind auch im Berufungsverfahren nicht hervorgekommen. Die Geldstrafe entspricht auch den persönlichen Verhältnissen der Berufungswerberin, wobei die bereits von der Erstinstanz durchgeführte Schätzung zugrunde gelegt werden musste, weil die Berufungswerberin dieser nicht entgegengetreten ist.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Z ö b l

 
 

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