Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109304/7/Zo/Pe

Linz, 11.12.2003

 

 

 VwSen-109304/7/Zo/Pe Linz, am 11. Dezember 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn FH, vom 7.10.2003 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Steyr vom 29.9.2003, Zl. S 7300/ST/03, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 1. Dezember 2003 und mündlicher Verkündung zu Recht erkannt:

  1. Die Berufung wird hinsichtlich der Schuldsprüche abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt.
  2.  

  3. Die verhängten Strafen werden wie folgt herabgesetzt:
  4. zu Punkt 1 des Straferkenntnisses Geldstrafe 650 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe acht Tage

    zu Punkt 2 des Straferkenntnisses Ermahnung gemäß § 21 Abs.1 VStG

     

  5. Der Berufungswerber hat keine Verfahrenskosten zu bezahlen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG.

zu II.: § 99 Abs.1b StVO und § 21 Abs.1 VStG.

zu III.: § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Polizeidirektor von Steyr hat über den Berufungswerber mit Straferkenntnis vom 29.9.2003 insgesamt drei Strafen verhängt, weil dieser am 27.9.2003 um 21.45 Uhr in 4400 Steyr, vom Wieserfeldplatz kommend auf die Mittere Gasse, Richtung stadtauswärts weiter Richtung Sierninger Straße bis gegenüber Haus Sierninger Straße das vierrädrige Leichtkraftfahrzeug mit dem Kennzeichen gelenkt habe, wobei er

  1. dieses in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, wobei der Alkoholgehalt der Atemluft 0,48 mg/l betragen habe,
  2. wobei er das Vorschriftszeichen "Fahrverbot" mit der Zusatztafel von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr, ausgenommen Anrainer, Taxi, Radfahrer und Linienbusse missachtet habe und
  3. wobei er die durch Vorschriftszeichen "Zonenbeschränkung 30 km/h" zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h überschritten habe, weil die Fahrgeschwindigkeit 53 km/h betragen habe.

 

Der Berufungswerber habe deshalb Verwaltungsübertretungen gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 zu 1), § 52 lit.a Z1 StVO 1960 zu 2) und § 52a Z11a StVO 1960 zu 3) begangen, weshalb über ihn Geldstrafen von 800 Euro zu 1), 50 Euro zu 2) und 50 Euro zu 3) sowie entsprechende Ersatzfreiheitsstrafen verhängt wurden. Ein Verfahrenskostenbeitrag wurde dem Berufungswerber nicht vorgeschrieben.

 

2. Der Berufungswerber hat am 7.10.2003 bei der BPD Steyr mündlich gegen die Punkte 1 und 2 des Straferkenntnisses Berufung erhoben und darin vorgebracht, dass er damals verschiedene Medikamente eingenommen habe und zwar wegen seiner Leberbeschwerden je ein Profenid morgens und abends, 3 Apihepar-Kapseln sowie gegen seine Bandscheibenbeschwerden Tramal und Deflamant. Weiters habe er Hustentropfen eingenommen. Er zweifle deshalb das Ergebnis der Alkomatmessung an. Er habe zwar ein Bier mittags getrunken, glaube aber nicht, dass er dadurch einen so hohen Alkoholwert zusammengebracht hätte. Hinsichtlich des Fahrverbotes gab der Berufungswerber an, dass er einem Zustelldienst angehöre und auch Taxis vom Fahrverbot ausgenommen seien. Der Zustelldienst habe bisher dort immer hineinfahren können. Hinsichtlich Punkt 3 des Straferkenntnisses (Geschwindigkeitsüberschreitung) hat der Berufungswerber kein Rechtsmittel eingelegt.

 

3. Der Polizeidirektor von Steyr hat den Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 1.12.2003. Bei dieser Verhandlung wurden der Berufungswerber und die Erstinstanz gehört sowie der Meldungsleger RI F nach Wahrheitserinnerung als Zeuge einvernommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 27.9.2003 um 21.45 Uhr das vierrädrige Leichtkraftfahrzeug vom Wieserfeldplatz kommend auf die Mittere Gasse und in weiterer Folge stadtauswärts, wobei er anschließend nach links auf die Sierninger Straße einbog und gegenüber dem Haus Sierninger Straße zu einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle angehalten wurde. Für die Mittere Gasse besteht ein Fahrverbot für die Zeit von 20.00 bis 6.00 Uhr, ausgenommen von diesem Fahrverbot sind Anrainer, Linienbusse, Taxi und Radfahrer. Bei der Verkehrskontrolle stellt der Zeuge beim Berufungswerber Alkoholgeruch fest und schloss auch aus seinem sonstigen Gehaben, dass der Berufungswerber Alkohol konsumiert habe. Der Berufungswerber hat dem Polizeibeamten gegenüber auf dessen ausdrückliche Frage vorerst behauptet, dass er keinerlei Alkohol getrunken habe. Da der Zeuge aber den Alkoholgeruch feststellen konnte, hat er den Berufungswerber zum Alkotest aufgefordert. Dieser wurde um 22.04 Uhr am Wachzimmer Tomitzstraße mit dem gültig geeichten Alkomat Nr. w 02-385 durchgeführt. Der Alkotest ergab einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,48 mg/l bei der ersten Messung um 22.04 Uhr bzw. von 0,50 mg/l bei der Messung um 22.05 Uhr. Dem Verfahren ist der niedrigere Messwert von 0,48 mg/l zugrunde zu legen.

 

Der Berufungswerber hat am Vorfallstag zu Mittag einen halben Liter Bier getrunken, weiters hat er folgende Medikamente eingenommen: morgens und abends jeweils eine Kapsel Profenid, sowie morgens, mittags und abends jeweils eine Apihepar-Kapsel, 2 oder 3 x Deflamant und Tramal. Aus dem Beipackzettel des Medikamentes Tramal ergibt sich, dass dieses die Reaktionsfähigkeit und Verkehrstüchtigkeit beeinträchtigen kann. Der Berufungswerber nimmt diese Medikamente regelmäßig jeden Tag ein und ist auch bisher trotz dieser Medikamente zumindest dann, wenn er arbeiten musste, mit dem gegenständlichen vierrädrigen Leichtkraftfahrzeug gefahren. Der Arzt hat dem Berufungswerber im Zusammenhang mit diesen Medikamenten empfohlen, generell keinen Alkohol zu trinken.

 

Der Berufungswerber musste damals mit dem als "Pizza-Mann" gekennzeichneten Fahrzeug Pizzen ausliefern. Von den meisten Exekutivbeamten der BPD Steyr wird es toleriert, wenn "der Pizza-Mann" im gegenständlichen Fahrverbotsbereich Zustellungen vornimmt. Im konkreten Fall ist der Berufungswerber aber durch den Fahrverbotsbereich durchgefahren, ohne in diesem Bereich eine Lieferung durchzuführen.

 

Dieser Sachverhalt ist aufgrund der in sich schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben sowohl des Zeugen als auch des Berufungswerbers als erwiesen anzusehen.

 

5. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

5.1. Gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 darf, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 581 Euro bis 3.633 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

Das Verkehrszeichen "Fahrverbot" gemäß § 52 lit.a Z1 StVO 1960 zeigt an, dass das Fahren in beiden Fahrtrichtungen verboten ist; das Schieben eines Fahrrades ist erlaubt.

5.2. Zu der Problematik einer durch Alkohol und Medikamente gemeinsam verursachten Fahruntüchtigkeit wird auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen (siehe z.B. VwGH vom 13.9.1991, 91/18/0086). Demnach beinhaltet der zweite Satz des § 5 Abs.1 StVO 1960 die Rechtsvermutung, wonach der Zustand einer Person bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l und darüber auf jeden Fall als beeinträchtigt gilt. Ein Gegenbeweis wäre lediglich durch die Feststellung des Blutalkoholgehaltes möglich. Dabei macht es auch keinen Unterschied, ob die Alkoholbeeinträchtigung sich ausschließlich durch die Konsumation von alkoholischen Getränken ergibt oder ob allenfalls ein Teil der Alkoholbeeinträchtigung auch durch die Einnahme von alkoholhältigen Medikamenten mitverursacht wurde. Im gegenständlichen Fall ist zu berücksichtigen, dass die eingenommenen Medikamente zwar allenfalls ganz geringe Mengen Alkohol beinhalten, eine maßgebliche Verfälschung des gemessenen Atemluftalkoholgehaltes aufgrund der ganz geringen Alkoholmengen aber jedenfalls ausgeschlossen ist. Auch eine beim Berufungswerber möglicher Weise bestehende Alkoholintoleranz wegen seines Leberleidens ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unbeachtlich. In diesem Zusammenhang muss der Berufungswerber darauf hingewiesen werden, dass er eben - so wie ihm dies auch sein Hausarzt empfohlen hat - keinerlei alkoholische Getränke konsumieren soll, wenn er damit rechnen muss, noch ein Fahrzeug zu lenken.

Der Berufungswerber hat daher die ihm in Punkt 1 vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver und subjektiver Hinsicht zu verantworten. Hinsichtlich des Fahrverbotes (Punkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses) ist der Tatbestand ebenfalls erwiesen. Der Berufungswerber machte lediglich geltend, dass bisher das Zufahren in die Fahrverbotszone toleriert worden sei. Damit kann er aber sein Verschulden an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung nicht ausschließen, weil er eben im konkreten Fall nicht bloß für eine Lieferung in den Fahrverbotsbereich hineingefahren ist, sondern diesen ohne Lieferung zur Gänze durchfahren hat. Er hat deshalb auch diese Verwaltungsübertretung jedenfalls zu vertreten.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Als straferschwerend musste eine einschlägige Vormerkung gewertet werden. Die Teilnahme am Straßenverkehr als Kraftfahrzeuglenker im alkoholbeeinträchtigten Zustand stellt eine der schwerwiegendsten verkehrsrechtlichen Übertretungen dar. Es bedarf daher nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates der Geldstrafe in dieser Höhe, um den Berufungswerber von der Begehung ähnlicher Übertretungen in der Zukunft abzuhalten. Im Hinblick auf die vom Berufungswerber glaubhaft dargelegte ungünstige Vermögenssituation (derzeit kein Einkommen, Sorgepflicht für ein Kind) war es aber möglich die Geldstrafe auf 650 Euro und damit zusammenhängend die Ersatzfreiheitsstrafe auf acht Tage zu reduzieren.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Hinsichtlich des Fahrverbotes erscheint eine Ermahnung des Berufungswerbers ausreichend, weil der Berufungswerber aufgrund des bisherigen Verhaltens der Exekutive davon ausgehen durfte, dass diese Übertretung toleriert würde. Auch der Meldungsleger hat in seiner Aussage dargelegt, dass die Missachtung des Fahrverbotes gemeinsam mit der Geschwindigkeitsüberschreitung zwar der unmittelbare Grund für die Verkehrskontrolle gewesen sind, bezüglich des Fahrverbotes aber durchaus mit einer Abmahnung hätte vorgegangen werden können, wenn eben nicht aus den anderen Gründen Anzeige zu erstatten gewesen wäre.

Zu III.:

Dem Berufungswerber wurden im erstinstanzlichen Verfahren keine Verfahrenskosten vorgeschrieben. Die Verfahrenskosten der ersten Instanz können nicht von der Berufungsinstanz vorgeschrieben werden, für das Berufungsverfahren entfällt der Verfahrenskostenbeitrag, weil der Berufung teilweise Folge gegeben wurde.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Z ö b l

 
 

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