Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109382/5/Br/Be

Linz, 11.12.2003

 

 

 

 

 

VwSen-109382/5/Br/Be Linz, am 11. Dezember 2003

DVR.0690392 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M K, geb. , W, K, vertreten durch Rechtsanwalt R A. S, L, K , gegen Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels, vom 4. November 2003, Zl. III-S-7091/03, zu Recht:

 


Der Berufung wird keine Folge gegeben; sie wird als unbegründet

abgewiesen

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr.51, idF BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG iVm § 24, § 49 Abs.1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, idF BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid hat die Bundespolizeidirektion Wels den Einspruch des Berufungswerbers gegen die Strafverfügung vom 1.10.2003, (AZ wie oben) als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

 

 

1.1. Dieser Bescheid wurde dem Berufungswerber am 10.11.2003 im Wege seines ausgewiesenen Rechtsvertreters zugestellt. Dagegen erhob er mit Schreiben vom 15.11.2003 fristgerecht Berufung, wobei diese per FAX am 17.11.2003 bei der Behörde erster Instanz einlangte.

Im Ergebnis wurde darin unter Hinweis auf den Zustellnachweis ausgeführt, dass dem Berufungswerber die Strafverfügung am 18.10.2003 zugestellt worden sei. Eine persönliche Übernahme der Strafverfügung vom 13.10.2003 sei nicht aktenkundig. Gehe man vom Datum der Zustellung per 18.10.2003 aus falle das Ende der
14-tägigen Einspruchsfrist auf den 1. November 2003 was die Frist auf den
3. November 2003 verlängere. Dem zur Folge sei der am 3. November 2003 per FAX übermittelte Einspruch als rechtzeitig zu werten.

 

2. Mit der Aktenvorlage wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates begründet. Dieser ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Da hier nach dem ergänzend gewährten Parteiengehör der Sachverhalt in schlüssiger Weise feststeht, konnte mangels gesonderten Antrages eine öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z1 VStG).

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsakt. Ferner wurde dem Berufungswerber im Wege seines Rechtsvertreters das Datum des Zustellnachweises "per 13.10" mit h. Schreiben vom 25. November 2003 zur Kenntnis gebracht.

Dieses wurde mit nachfolgend wiedergegebener Mitteilung beantwortet:
"Sehr geehrte Damen und Herren,

in der vorstehenden Verwaltungssache nehme ich Bezug auf den Hinweis des Senats vom 25. November 2003 und teile hierzu Folgendes mit:

Die Unterschrift unter dem in Kopie beigefügten Postabholdokument stammt nicht vom Beschuldigten, sondern von seinem Sohn, der die Postsendung abgeholt hatte. Auf beiliegende eidesstattliche Versicherung des Sohnes wird hingewiesen.

Ebenso beigefügt ist eine Bescheinigung des Arbeitgebers des Beschuldigten, Fa- S R Transporte e. K, vom 1, Dezember 2003. Hiernach befand sich der Beschuldigte vom
8. Oktober 2003 bis 30. Oktober 2003 unterwegs in Europa und war nicht zu Hause. Er ist als Kraftfahrer tätig.
Ich bitte deshalb nochmals, dem Wiedereinsetzungsgesuch stattzugeben.
 
Mit freundlichen Grüßen" (unterfertigt vom Rechtsvertreter).
 

 

3.1. Ungeachtet des Umstandes, dass dieses Vorbringen mit den Ausführungen in der Berufung - worin die Zustellung mit 18. Oktober 2003 eingeräumt wird - in Widerspruch steht, ist hier von der Zustellung der Strafverfügung am 13. Oktober 2003 auszugehen. Dies ist durch den Zustellnachweis eines an der Wohnadresse die Übernahme vornehmenden Familienmitgliedes belegt. Unerfindlich ist daher, inwiefern einerseits der offenbar zur Übernahme dieses Schriftstückes ermächtigt gewesene Sohn des Berufungswerbers, andererseits der Rechtsmittelwerber selbst, an der Formulierung des Einspruches gehindert gewesen sein sollte. Angesichts der

in unserer Zeit nahezu permanent möglichen Telekommunikation wäre es geradezu unwahrscheinlich, dass der Berufungswerber ab dem 13. Oktober 2003 nicht auch tatsächlich von der Zustellung Kenntnis erlangen hätte können und vermutlich auch tatsächlich auch erlangt hat. Das Unterbleiben des fristgerechten Rechtsmittels muss daher jedenfalls als Verletzung der zumutbaren Sorgfaltspflicht in eigenen Sachen gewertet werden.

 

4. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Bei rechtzeitigem Einspruch ist gemäß § 49 Abs.2 VStG das ordentliche Verfahren einzuleiten. Wurde der Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben, dann ist nach § 49 Abs.3 VStG die Strafverfügung zu vollstrecken.

Ein nicht rechtzeitig erhobener Einspruch ist von der Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, mit Bescheid zurückzuweisen (vgl Hauer/Leukauff, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 1996, Anm 11 zu § 49 VStG; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, 217, Anm 9 zu § 49 VStG).

Nach § 32 Abs.2 AVG (iVm § 24 VStG) enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen können gemäß § 33 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG weder verkürzt noch verlängert werden.

 

5.2. Nach deutscher Rechtslage ist in § 3 Abs.3 Verwaltungszustellungsgesetz (dBGBI. I 1952, 379, geändert mit dBGB I. 2001, 1206) und in entsprechenden Bestimmungen des Verwaltungszustellgesetzes der Länder für das Zustellen durch den Postbediensteten die Anwendung von Zustellvorschriften der §§ 177 bis 181 der Zivilprozessordnung (dZPO) vorgesehen.

§ 178 der Zivilprozessordnung besagt, dass, wenn die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen wird, das Schriftstück zugestellt werden kann

1. in der Wohnung einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner

2. in Geschäftsräumen einer dort beschäftigten Person,

3. in Gemeinschaftseinrichtungen beim Leiter der Einrichtung oder einem dazu ermächtigten Vertreter.
 

5.2.2. Nach § 180 Zivilprozessordnung kann ferner ein Schriftstück, wenn die Zustellung nach § 178 nicht ausführbar ist, in einem zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstückes das Datum der Zustellung.

Im gegenständlichen Fall erfolgte die Zustellung im Wege eines Familienmitglieds. Daraus folgt, dass, wenn alleine schon eine Zustellung durch Einlegung in eine zu der Wohnung gehörenden, einem Briefkasten ähnliche Vorrichtung im Sinne des
§ 180 dZPO rechtswirksam zugestellt werden kann, jedenfalls auch die Ausfolgung an eine im Familienverband wohnhafte Person - hier dem Sohn des Berufungswerbers - diese Rechtswirkung entfaltet. Die Einspruchsfrist begann somit mit dem Datum der Übernahme (den 13.10.2003 zu laufen) und endete demnach - wie von der Behörde erster Instanz im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt - mit Ablauf des 27. Oktober 2003.

Wenn der Rechtsvertreter des Berufungswerbers in seiner Stellungnahme vom
9. Dezember 2003 nunmehr von einem Wiedereinsetzungsantrag spricht ist dazu zu bemerken, dass er einen solchen Antrag spätestens binnen zwei Wochen ab Wegfall des Hindernisses bei der Behörde erster Instanz zu stellen gehabt hätte.

Die Rechtswirksamkeit der Zustellung hängt nicht davon ab ob allenfalls ein an der rechtzeitigen Ergreifung des Rechtsmittels (hier des Einspruches) entgegen stehendes Hindernis auftrat welches für den Berufungswerber unvorhergesehen war (vgl VwGH 26.2.1992, 91/01/0193). Hindernde Umstände könnten allenfalls einen Wiedereinsetzungsgrund gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG bilden. Dies kann jedoch im Rahmen der Beurteilung der hier verfahrensgegenständlichen Zustellung auf sich bewenden.

Würde man der vom Berufungswerber angedeuteten Rechtsauffassung folgen, könnten an einem Fernfahrer letztlich überhaupt keine wirksamen Zustellungen erfolgen, weil dieser sich in aller Regel jederzeit auf Abwesenheiten von einigen Wochen berufen können wird. Ein solcher Inhalt kann den Zustellvorschriften unter Hinweis auf die obigen Ausführungen einer staatszielorientierten Rechtsgestaltung selbst aus der Sicht des normunterworfenen Staatsbürgers wohl kaum zugesonnen werden.

Die Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid der belangten Behörde war daher als unbegründet abzuweisen.

 

Rechtsmittelbelehrung:
 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 
 

Dr. B l e i e r

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