Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-109393/2/Sch/Pe

Linz, 11.12.2003

 

 

 VwSen-109393/2/Sch/Pe Linz, am 11. Dezember 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung der EFF, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. EH, Dr. RL, vom 17. November 2003, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 5. November 2003, VerkR96-2821-2002-Br, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch anstelle der Wortfolge "Ihr Einspruch vom 2.9.2002, welcher sich ausdrücklich gegen das Ausmaß der verhängten Strafe richtet, wird abgewiesen" Folgendes zu treten hat:
  2. "Sie haben am 21. Mai 2002 um 9.06 Uhr als Lenkerin des Pkw mit dem Kennzeichen in Linz, A7 Mühlkreisautobahn, nächst km 15,8, Rfb Süd, zu dem vor Ihnen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre.

    Sie haben bei einer Fahrgeschwindigkeit von 105 km/h nur einen Abstand von 12,80 m eingehalten, was einem zeitlichen Abstand von 0,44 Sekunden entspricht.

    Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 begangen und wird über Sie gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 145 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt.

    Der Kostenbeitrag zum Verfahren beträgt 14,50 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe)."

     

  3. Die Berufungswerberin hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 29 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit Straferkenntnis vom 5. November 2003, VerkR96-2821-2002-Br, über Frau EFF, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 145 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 48 Stunden verhängt, indem sie den nach ihrer Ansicht auf das Strafausmaß beschränkten Einspruch vom 2. September 2003 gegen die Strafverfügung vom 21. August 2003, VerkR-96-2821-2002, abgewiesen hat.

 

Überdies wurde die Berufungswerberin zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 14,50 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Berufungswerberin rechtzeitig eine auf das Strafausmaß beschränkte Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.2ff VStG).

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Zur Änderung bzw. Ergänzung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses ist zu bemerken, dass entgegen der Annahme der Erstbehörde sich der gegen die ursprünglich erlassene Strafverfügung erhobene Einspruch keinesfalls ausschließlich gegen die Strafhöhe gerichtet hat. Der relevante Text in der Eingabe lautet:

"Durch ihren Vertreter erhebt sohin die Beschuldigte binnen offener Frist gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 21.08.2002 den Einspruch und beantragt die Aufhebung der Strafverfügung sowie die Einleitung des ordentlichen Verfahrens.

Die Beschuldigte bekennt sich der ihr angelasteten Verwaltungsübertretungen für nicht schuldig."

 

Erst in der in der Folge ergangenen Stellungnahme im Verwaltungsstrafverfahren vom 10. April 2003 wird von der Berufungswerberin "zugestanden, die angelastete Verwaltungsübertretung begangen zu haben."

Die weiteren Ausführungen beschränken sich auf die Strafhöhe.

 

Gemäß § 49 Abs.2 dritter bzw. vierter Satz VStG hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, wenn nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder der Kosten angefochten wird, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft.

 

Aus der zitierten Bestimmung erhellt zweifelsfrei, dass das Außerkrafttreten einer Strafverfügung die gesetzliche Folge eines nicht nur auf das Strafausmaß (oder die Kosten) beschränkten Einspruches darstellt. Es kann daher auch nicht mehr in der Disposition des Einspruchwerbers liegen, diesen später einzuschränken oder gänzlich zurückzuziehen.

 

Die Behörde hat dieser Rechtslage nicht Genüge getan und den Spruch des Straferkenntnisses ausschließlich auf einen - nicht vorhandenen - ausdrücklichen Einspruch gegen das Ausmaß der verhängten Strafe der ergangenen Strafverfügung beschränkt. Die Berufungsbehörde hatte sohin in Anwendung der Bestimmung des § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG anstelle der Erstbehörde die Ergänzung des Spruches des Straferkenntnisses im erforderlichen Ausmaß zu verfügen. Anderenfalls wäre kein Spruch eines Strafbescheides, der die Tat wiedergibt, vorhanden gewesen (§ 44a Z1 VStG).

 

Im Hinblick auf die Begründung kann sich der Oö. Verwaltungssenat angesichts der in der Berufung unbestritten gebliebenen Übertretung - unbeschadet der ohnedies eindeutigen Beweislage - auf Ausführungen zur Strafbemessung beschränken. Dazu ist im Einzelnen zu bemerken:

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Aus der Bestimmung des § 18 Abs.1 StVO 1960 geht zweifelsfrei hervor, dass der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten hat, der mindestens dem Reaktionsweg entspricht. Dieser ist die während der Reaktionszeit zurückgelegte Strecke. Die Reaktionszeit (Zeit vom Erkennen einer Gefahr bis zum Beginn der Bremshandlung) beträgt notwendiger Weise ca. 1 Sekunde. Sie umfasst die sogenannte "Schrecksekunde" (bis zu einer halben Sekunde) und die eigentliche Reaktionszeit.

 

Dabei ist naturgemäß zu beachten, dass dieser Einsekundenwert faktisch kaum mehr Raum lässt für Umstände, die allenfalls eine längere Reaktionszeit bedingen könnten. Dazu gehören etwa schlechte Disposition des Lenkers (z.B. Übermüdung, Unaufmerksamkeit, Ablenkung durch innere oder äußere Vorgänge, Schreckwirkung, Beeinträchtigung der Sehkraft, auch etwa durch Blendung, etc.), aber auch weitere Umstände, wie komplizierte, unübersichtliche, unberechenbare und seltene Verkehrssituationen, können eine Verlängerung der Reaktionszeit bewirken.

 

Um auch solche Aspekte im Hinblick auf den Reaktionsweg wirksam berücksichtigen zu können, ist weitgehend herrschende Ansicht und wird auch im Rahmen der Ausbildung von Kfz-Lenkern so gelehrt, dass der Reaktionsweg - in der zeitlichen Dimension - 2 Sekunden zu betragen hätte.

 

Im gegenständlichen Fall hat dieser zeitliche Abstand lediglich 0,44 Sekunden betragen, ist also massiv auch schon unter dem ersteren Wert gelegen gewesen.

 

Durch Nichteinhaltung der notwendigen Sicherheitsabstände kommt es, wie allgemein bekannt, immer wieder zu schweren Auffahrunfällen. Häufig ist ein Fahrzeuglenker, der einen Auffahrunfall durch Nichteinhaltung des Sicherheitsabstandes verursacht hat, noch dazu kausal für weitere nachfolgende Unfälle, also eine der Ursachen - neben überhöhter Fahrgeschwindigkeit etwa bei schlechten Fahrbahn- oder Sichtverhältnissen - für sogenannte "Massenkarambolagen".

 

Die von der Erstbehörde angesichts dieser anzustellenden Erwägungen verhängte Geldstrafe in der Höhe von 145 Euro kann keinesfalls als überhöht angesehen werden. Dazu kommt noch im Hinblick auf das Ausmaß des Verschuldens, dass einem Fahrzeuglenker eine derart gravierende Unterschreitung des Sicherheitsabstandes zum Vordermann in der Regel nicht mehr fahrlässig unterlaufen kann, sondern bewusst in Kauf genommen wird. Es kann dahingestellt werden, ob dies allenfalls in einem übermäßigen Aufschließen vor einem geplanten Überholmanöver begründet ist oder es sich um einen sogenannten "Drängler" handelt.

 

Es ist gegenständlich der der Berufungswerberin zukommende Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit hinreichend berücksichtigt worden, vom Milderungsgrund des Vorliegens eines Geständnisses kann entgegen ihrer Ansicht nicht die Rede sein, lässt sie doch angesichts der unzweifelhaften Beweislage (Feststellung durch ein Videoaufzeichnungsgerät der Type VKS 3.0) lediglich den Tatvorwurf letztendlich außer Streit.

 

Selbst wenn die Berufungswerberin, wie behauptet, über ein monatliches Einkommen von nur 450 Euro verfügen sollte, kann dieser Umstand alleine eine Herabsetzung der Strafe nicht rechtfertigen; allenfalls könnte ihr von der Erstbehörde über einen entsprechenden Antrag hin die Bezahlung der Verwaltungsstrafe im Ratenwege bewilligt werden.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

S c h ö n

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum