Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109894/5/Br/Gam

Linz, 07.09.2004

 

 

 VwSen-109894/5/Br/Gam Linz, am 7. September 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn P T, G ,B G, vertreten durch die Rechtsanwälte K Z & M, G L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, vom 24. Juni 2004, Zl: VerkR96-2288-2004, wegen zweier Übertretungen der StVO 1960, nach der am 7. September 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird in beiden Punkten behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.
 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch, BGBl.I Nr. 117/2002 VStG.

 

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge;
 


Rechtsgrundlage:
§§ 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem o.a. Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen einer Übertretung nach § 99 Abs.3 lit. a u. j, iVm § 24 Abs.1 lit.e und § 97 Abs.4 erster Satz StVO 1960 Geldstrafen in der Höhe von 72 und 36 Euro und für den Nichteinbringungsfall 34 und 17 Stunden Ersatzfreiheitsstrafen verhängt, weil er am 25.02.2004 um 15:45 Uhr den Omnibus in Gosau auf der Gosausee Straße L 1291 bei der Talstation Hornlift

1. im Haltestellenbereich eines Massenbeförderungsmittels innerhalb von 15 Meter vor und nach der Haltestellentafel während der Betriebszeit gehalten;

  1. die Anordnung eines Straßenaufsichtsorganes nicht befolgte, obwohl dies ohne Gefährdung von Personen und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre.

 

1. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:

"Sie haben den Omnibus mit dem Kennzeichen am 25.02.2004 um 15:45 Uhr in Gosau auf der Gosausee Straße im Haltestellenbereich eines Massenbeföderungsmittels gehalten. Der Aufforderung des Sicherheitswacheorgans, Ihr Fahrzeug unverzüglich zu entfernen, haben Sie weiters nicht Folge geleistet.
 

Der angeführte Sachverhalt wurde am 26.02.2004 von Insp. P P des Gendarmeriepostens Gosau angezeigt und der ha. Behörde am 27.02.2004 übermittelt. Danach hätte der Linienbus der Post die Gosausee Straße zum Aus- und Einsteigen der Fahrgäste benützen müssen, wodurch der Fließverkehr in beiden Richtungen zum Erliegen gekommen sei.
 

Gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 01.03.2004 erhoben Sie fristgerecht Einspruch und ersuchten um Aktenübersendung.
 

Nach Kenntnisnahme des Akteninhalts rechtfertigten Sie sich mit Schriftsatz vom 25.03.2004 dahingehend, dass zum Tatzeitpunkt der Pkw-Parkplatz beim Hornspitzlift Gosau völlig ausgelastet gewesen sei. Sie hätten daher weder auf diesen Parkplätzen noch entlang der Gosausee Straße eine Stelle vorfinden können, an welcher ein sicheres und ungeflährdetes Einsteigen der Schülergruppe möglich gewesen sei, weshalb Sie am äußerst südlichen Ende der Haltestellenbucht angehalten hätten. Jedoch sei Ihre Anhalteposition keinesfalls innerhalb der 15 m vor oder nach der Haltestellentafel gelegen. Auch seien auf Grund der Schneefahrbahn keinerlei Bodenmarkierungen sichtbar gewesen. Auch seien Sie während der gesamten Zeit im Bus gewesen, weshalb Sie bei Bedarf jederzeit wegfahren hätten können. Auch sei die ggst. Haltestellenbucht derart groß, dass zwei Busse Platz finden würden. Durch Ihr Verhalten sei es zu keiner Einschränkung bzw. Behinderung im Betrieb des Massenbeförderungsunternehmens gekommen. Auch hätte der anzeigende Beamte vorerst sein Dienstkraftfahrzeug hinter Ihren Bus abgestellt und hätte sich von diesem entfernt, weshalb auch nicht von einer "Gefahr im Verzug" gesprochen werden konnte. Als der Gendarmeriebeamte wieder zum Dienstkraftfahrzeug zurückkehrte, sei die Schülergruppe bereits beim Einsteigen gewesen. Der Beamte hätte Sie aufgefordert, unverzüglich die Bushaltestelle zu verlassen. Sie hätten jedoch die Schülergruppe noch zur Gänze einsteigen lassen wollen, um anschließend wegzufahren. Dies hätte zu einer längeren Auseinandersetzung mit dem Beamten geführt. Erst nachdem alle Schüler eingestiegen waren, hätte sich ein Postbus genähert, welcher jedoch nicht in die Haltestellenbucht einfahren konnte, da das Dienstfahrzeug diese blockiert hätte. Sie hätten jedoch weniger als 10 Minuten in der Haltestellenbucht angehalten, wären Sie vom Gendarmeriebeamten nicht aufgehalten worden. Weiters verwiesen Sie darauf, das im Bereich des Halteverbots gemäß § 24 Abs. 1 lit. e) zum Aus- und Einsteigen kurz angehalten werden darf. Da die Aufforderung zum Verlassen des Haltestellenbereichs vor Abschluss des Einsteigevorgangs gesetzwidrige gewesen sei, sei die "Missachtung" dieser auch gerechtfertigt, weshalb Ihnen kein Verwaltungsübertretung zur Last gelegt werden könne. Sie beantragten die Einstellung des anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens.
 

Am 08.04.2004 wurde GI P P niederschriftlich als Zeuge vor dem Gemeindeamt Gosau einvernommen. Hiebei gab dieser an, dass er um ca. 15:40 Uhr bei der Talstation Hornlift eintraf, um eine Schiunfallaufnahme zu machen, wo er dann Ihren Omnibus in der Bushaltestelle stehen sah. Da er zum oa. Schiunfall musste, hätte er Sie - nachdem er sich noch im Dienst-Kfz schriftliche Notizen über den Schiunfall machte - aufgefordert, den Haltestellenbereich raschest möglich zu verlassen bzw. im Bereich des Hornspitzareals zu parken, da dort genügend Platz frei war. Im Schulbus hätten sich einige Kinder befunden, jedoch konnte kein Ein- bzw. Aussteigen festgestellt werden. Anschließend verließ er den Tatort, um den Schiunfall aufzunehmen. Gegen 15:55 Uhr sei er wieder zum Dienstkraftwagen zurückgekehrt und merkte, dass der oa. Schulbus immer noch im Haltestellenbereich stand und weder die Alarmblinkanlage noch die gelbroten Warnleuchten eingeschaltet hatte. Er hätte Sie neuerlich aufgefordert, den Haltestellenbereich zu verlassen, da um 16:00 Uhr der Linienbus eintreffen würde. Sie jedoch hätten dies verweigert, da Sie als Schulbuslenker im Haltestellenbereich halten dürfen. Außerdem würden Sie nur die Weisungen Ihres Chefs befolgen, welcher Ihnen das Abstellen des Busses im Haltestellenbereich erlaubt hätte. Sodann hätte er Sie aufgefordert, ihm Ihre Fahrzeugpapiere auszuhändigen. Sie hätten ihm ein Etui mit Fahrzeugpapieren gegeben, jedoch fehlte in diesem der Führerschein, weshalb er neuerlich zu Ihrem Bus ging und diesen verlangt hätte. Nunmehr wäre jedoch bereits der Linienbus gekommen, welcher auf der Gosausee Straße anhalten musste. Dadurch wäre es zu Verkehrsbehinderungen gekommen. Da jedoch eine nunmehrige Fortführung der Amtshandlung auf Grund der Verkehrslage nicht möglich gewesen wäre, hätten er - nach Ihrer Zustimmung Ihren Führerschein sowie Zulassungsschein mit auf den Gendarmerieposten genommen und vereinbart, dass Sie sich diese Papiere bei der Talfahrt wieder abholen würden, jedoch wurde dies von Ihnen nicht gemacht. Weiters führte er noch an, dass auf dem Parkplatzareal der Hornlift zahlreiche freie Parkplätze zur Verfügung stünden.
 

Am 18.05.2004 wurde Frau C L niederschriftlich vor der Bezirkshauptmannschaft Gmunden als Zeugin einvernommen. Hiebei gab diese an, dass Sie um 15:46 Uhr zum Bus kam, um eine Schülerin - welche sich verspätet hatte - in den Bus zu bringen. Anschließend sei Sie mit ihrem Privat-Pkw weggefahren und könnte daher nicht angeben, wann der Schulbus weggefahren ist. Auch könne Sie keine Angaben über die Amtshandlung tätigen, da Sie sich ausschließlich auf die Schüler konzentriert habe. Ob der Schulbus im Haltestellenbereich abgestellt war, könne sie nicht sagen, bzw. auch nicht, ob noch ein Bus im Haltestellenbereich Platz gehabt hätte.
 

Mit Schreiben vom 18.05.2004 wurden Ihnen die oa. Niederschriften zur Kenntnis gebracht. Da eine weitere Stellungnahme Ihrerseits jedoch unterblieb, musste nach dem vorliegenden Sachverhalt entschieden werden.
 

Über diesen Sachverhalt hat die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als Organ der Landesverwaltung in 1. Instanz erwogen:
 

Die Angaben des Anzeigers anlässlich der Anzeigeerstattung sowie seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Gemeindeamt Gosau sind schlüssig und in sich widerspruchsfrei, weshalb die erkennende Behörde keinen Grund dafür erblicken kann, am Wahrheitsgehalt dieser Angaben zu zweifeln.
 

Einem Gendarmeriebeamten in Ausübung seines Dienstes ist es durchaus zuzumuten, feststellen zu können, ob ein Fahrzeug innerhalb der 15-m-Zone vor oder nach der Haltestellentafel abgestellt ist.
 

Davon, dass der Lenker eines Fahrzeuges lediglich "zum Aussteigenlassen oder Einsteigenlassen kurz gehalten" hat, kann für den Fall, dass der Lenker innerhalb eines Zeitraumes von ungefähr 15 Minuten (Ankunft des Gendarmeriebeamten: 15:40 Uhr; Wiederkehr nach Aufnahme des Schiunfallprotokolls: 15:55 Uhr) gehalten hat, während der er die Schüler nicht bloß einsteigen oder aussteigen ließ, keine Rede sein. Auch darf ein solches Halten nicht länger dauern, als es für die genannten Zwecke unbedingt erforderlich ist. Es darf nur "kurz" gehalten, also nicht die ansonsten erlaubte, 10-minütige Fahrtunterbrechung ausgeschöpft werden. Die zulässige Dauer ergibt sich aus dem Zweck der Erlaubnis, nämlich dem Halten zum Ein- und Aussteigen von Personen. Warten auf einen Fahrgast ist nicht mit dem raschen Ein- oder Aussteigenlassen eines Fahrgastes gleichzusetzen. Da lt. Angaben des Gendarmeriebeamten kein dauerndes Ein- und Aussteigen vorgelegen ist, kann im ggst. Fall von der Ausnahmebestimmung des § 24 Abs. 2a nicht Gebrauch gemacht werden.

 

Gemäß § 24 Abs. 1 lit. e) StVO 1960 ist das Halten und Parken im Haltestellenbereich eines Massenbeförderungsmittels, das ist der Bereich innerhalb von 15 m vor und nach den Haltestellentafeln, während der Betriebszeiten des Massenbeförderungsmittels verboten.
 

Gemäß § 97 Abs. 4, erster Satz, StVO 1960 sind die Organe der Straßenaufsicht sowie die nach Abs. 3 betrauten Organe, wenn es die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs erfordert, berechtigt, einzelnen Straßenbenützern für den Einzelfall Anordnungen für die Benützung der Straße zu erteilen, und zwar auch solche, die von den sonstigen diesbezüglichen Bestimmungen abweichen.
 

Der Begriff "Massenbeförderungsmittel" umfasst Straßenbahn, Omnibusse und Oberleitungsbusse sowie andere Beförderungsmittel, sofern diese linienmäßig (also mit festen Betriebszeiten) betrieben werden und eine allgemeine Beförderungspflicht besteht (vgl. §§ 8, 12 KflG). Ein Schulbus ist demnach kein Massenbeförderungsmittel.
 

Die nach § 97 Abs 4 StVO von einem Straßenaufsichtsorgan gegebene Anordnung ist eine individuelle Weisung, welche die Verpflichtung des Straßenbenützers mit sich zieht, ihr unter den in dieser Gesetzesstelle angeführten Voraussetzungen Folge zu leisten (vgl. VwGH 88/03/0078 v. 24.05.1989). Die erteilten Weisungen müssen der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehres dienen. Das dieser zum Zeitpunkt der Erteilung der Weisung bereits behindert sein muss, geht aus dem Wortlaut des Gesetzes nicht hervor (vgl. VwGH 1323/69 v. 29.06.1970).
 

Das oben dargestellte Verhalten erfüllt die objektiven Tatbilder der Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretungen, und, da keine Schuldausschließungsgründe geltend gemacht wurden, auch deren subjektiven Tatseiten und sind daher die strafbaren Tatbestände gegeben.
 

Bei der Strafbemessung wurden die Bestimmungen des § 19 Abs. 1 und 2 VStG in ihrem gesamten Umfange entsprechend berücksichtigt. Mildernd konnte Ihre bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertete werden. Erschwerende Umstände lagen nicht vor.
 

Die gegen Sie verhängten Geldstrafen erscheinen dem Unrechtsgehalt der Taten sowie dem Grad des Verschuldens und auch Ihren persönlichen Verhältnissen (da Sie diese trotz Aufforderung nicht bekannt gaben, wird Ihr monatliches Nettoeinkommen von der Behörde auf 1400 Euro geschätzt bzw. wird davon ausgegangen, dass Sie über kein Vermögen verfügen und auch keine Sorgepflichten zu tragen haben) angepasst und erforderlich, um Sie in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Straftaten abzuhalten.
 

Überdies ließ sich die erkennende Behörde bei der Strafzumessung auch vom Gedanken der Generalprävention leiten, da die Verhängung von Geldstrafen auch einen potentiellen Täter von der Begehung gleichartiger Straftaten abzuhalten geeignet ist.
 

Die Vorschreibung der Strafverfahrenskosten gründet sich auf die im Spruch angeführte Gesetzesstelle.
 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung und führt diese folgendermaßen aus:

"In umseits angeführter Angelegenheit erhebt der Beschuldigte gegen das Straferkenntnis der BH Gmunden vom 24.06.2004, zugestellt am 06.07.2004, somit innerhalb offener Frist nachfolgende
 

BERUFUNG:
 

Das Straferkenntnis wird wegen unrichtiger Sachverhaltsfeststellung, sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung zur Gänze angefochten. Im einzelnen wird Folgendes ausgeführt:
 

1. Der Zeuge Inspektor P gab bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 08.04.2004 unter anderem an: "Diesen (den Beschuldigten) forderte ich kurz auf, den Haltestellenbereich raschestmöglich zu verlassen bzw. einen im Bereich des Hornspitzareals anbietenden Parkplatzes zu bedienen, wo genügend Platz frei ist. "Weites gab der Zeuge P an: " den PW ließ ich hinter dem Schulbus versperrt zurück (Zu diesem Zeitpukt war in der Nähe der Talstation Hornspitz wegen des Ansturmes der Schifahrer nämlich kein Parkplatz mehr vorhanden). "
 

Es mutet geradezu grotesk an, dass gleichzeitig am Homspitzareal eine Parkplatzmöglichkeit für einen Bus vorhanden sein soll, andererseits aber nicht einmal eine Parkplatzmöglichkeit für einen PKW gegeben ist. Die erstinstanzliche Behörde setzt sich jedoch mit dieser bereits in sich widersprüchlichen Aussage des Zeugen P überhaupt nicht auseinander. Daraus zeigt sich aber, dass die Aufforderung des Sicherheitswacheorgans, den Haltestellenbereich raschest möglich zu verlassen bzw. im Bereich des Hornspitzareals zu parken, vom Beschuldigten nicht befolgt werden konnte.
 

Darüber hinaus gab der Zeuge P ausdrücklich an: "Dieser (gemeint der taleinwärtsfahrende Postbus) konnte wegen der von mir durchgeführten Amtshandlung mit T aber "nicht in die Bushaltestelle einfahren ". Der Zeuge P räumt daher ausdrücklich ein, dass die Bushaltestelle nicht durch den vom Beschuldigten gelenkten Bus "versperrt" war, sondern durch die vom Zeugen P durchgeführte Amtshandlung, genauer gesagt durch den vom Zeugen P ebenfalls in der Bushaltestelle abgestellten Polizeikraftwagen!
 

Berücksichtigt man, dass auf dem Homspitzareal keine Parkplatzmöglichkeit für den vom Beschuldigten gelenkten Bus bestanden hat, so hätte der Beschuldigte nur die Möglichkeit gehabt, an einer anderen Stelle der Gosauseestraße - und zwar außerhalb des Haltestellenbereiches - halten hätte müssen, um den Aus- und Einsteigevorgang durchzuführen. Daraus folgt aber, dass die vom Zeugen P erteilte Weisung nicht der Sicherheit Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs gedient hätte. Dadurch wäre nämlich der gesamte talauswärtsführende Fahrstreifen blockiert gewesen, sodass nicht nur der Postbus, sondern auch der gesamte sonstige Verkehr behindert gewesen wäre. Aufgrund der am Vorfallstag herrschenden Schneemassen war nämlich der eigentliche Fahrbahnbereich der Gosauseestraße stark verengt. Die vom Zeugen P erteilte Weisung erfüllte daher nicht die Voraussetzungen gem. § 97 Absatz 4 StVO. Darüber hinaus hätte das Befolgen der Weisung mit sich gezogen, dass die Schulkinder im Fahrbahnbereich der Straße (und nicht im Haltestellenbereich) ein- und aussteigen hätten müssen; dies hätte eine Gefährdung der Schulkinder nach sich gezogen. Nachdem die vom Zeugen P erteilte Weisung daher ungerechtfertigt und gesetzwidrig war, stellt die Missachtung dieser Weisung keine Verwaltungsübertretung dar.
 

2. Die erstinstanzliche Behörde hat sich nicht nur mit den internen Widersprüchen der Zeugenaussagen P auseinandergesetzt, sondern auch mit den Widersprüchen der Aussagen zu den Angaben des Beschuldigten. Der lapidare Hinweis, dass einem Gendarmeriebeamten in Ausübung seines Dienstes durchaus zuzumuten sei, feststellen zu können, ob ein Fahrzeug innerhalb der 15-Meter-Zone vor oder nach der Haltestellentafel abgestellt ist, stellt keine ausreichende Beweiswürdigung dar. Völlig unzutreffend sind insbesondere die Angaben des Zeugen P über die Dauer des gegenständlichen Vorfalles. Der Zeuge P gab an, dass er mit seinem Dienstwagen bei der Talstation um ca. 15.40 Uhr eingetroffen ist. Der Einschreiter hat bereits in seiner Stellungnahme vom 25.03.2004 darauf hingewiesen, dass der Einsteigevorgang der Schülergruppe unmittelbar danach begonnen hat, nachdem sich der Gendarmerieinspektor P von seinem Dienstkraftwagen entfernt hatte. Die Zeugin Linhard gab an, dass um 15.46 Uhr der Beschuldigte bereits mit dem Gendarmeriebeamten gesprochen hat. Der vom Zeugen P angegebene Zeitraum ist daher nicht durch das Warten auf die Schüler bzw. das Ein- und Aussteigen verstrichen, sondern ausschließlich durch die vom Zeugen P begonnene Amtshandlung. Ein Zeitraum von 6 Minuten kann aber für den Einsteigevorgang einer Gruppe von Schülern wohl nicht als übermäßig betrachtet werden. Der Beschuldigte hatte bereits ebenfalls in seiner Stellungnahme vom 25.03.2004 betont, dass die Amtshandlung bzw. die Rückkehr des Meldungslegers zum Dienstkraftwagen erst erfolgte, als der Einsteigevorgang bereits beendet war.
 

Die erstinstanzliche Behörde übersieht daher völlig, dass die Angaben des Zeugen P zum zeitlichen Ablauf des Geschehens in sich unschlüssig, im Widerspruch zu den Angaben des Beschuldigten und insbesondere auch im Widerspruch zu den Angaben der Zeugin L sind. Dennoch nimmt die erstinstanzliche Behörde unreflektiert die Angaben des Zeugen P als wahr an. Dies ist jedoch unzutreffend.
 

3. Es mag stimmen, dass einem Gendarmeriebeamten in Ausübung seines Dienstes durchaus zuzumuten ist, dass er feststellen kann, ob ein Fahrzeug innerhalb der 15-Meter-Zone vor oder nach der Haltestellentafel abgestellt ist. Die Frage, was einem Gendarmeriebeamten zuzumuten ist, ändert jedoch nichts daran, dass die erstinstanzliche Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung die Tatsachen festzustellen hat. Auch einem Berufskraftwagenfahrer ist es nämlich durchaus zuzumuten, festzustellen, ob er innerhalb oder außerhalb der 15-Meter-Zone das Fahrzeug abgestellt hat.

Beachtenswert ist, dass der Zeuge P in seiner Niederschrift vom 08.04.2004 einräumt, dass ein Postbus in der Haltestellenbucht problemlos noch Platz gehabt hätte, wenn das Polizeifahrzeug auf dem Platz des Schulbusses gestanden wäre. Auch die Zeugin L führte aus, dass die Bushaltestelle relativ lang ist und jedenfalls noch ein weiterer Bus - hinter dem abgestellten Schulbus - einfahren hätte können. Ob der Beschuldigte den Bus im Haltestellenbereich abgestellt hat oder nicht, konnte sie nicht mehr genau angeben. Auch mit diesen Beweisergebnissen hat sich die erstinstanzliche Behörde nicht auseinandergesetzt. Wenn alleine mit den einem Gendarmeriebeamten "zumutbaren" Fähigkeiten argumentiert wird, so kann dies dies widersprüchlichen Beweisergebnisse nicht ausreichend berücksichtigen.
 

Richtigerweise hätte daher die erstinstanzliche Behörde zu der Feststellung gelangen müssen, dass der Schulbus außerhalb der 15-Meter-Zone vor oder nach der Haltestellentafel abgestellt war.

Überhaupt nicht berücksichtigt hat die erstinstanzliche Behörde die zum Vorfallszeitpunkt herrschenden Witterungsbedingungen. Wie - von sonstigen Beweisergebnissen unwidersprochen - der Beschuldigte in seiner Stellungnahme vom 25.03.2004 vorgebracht hat, waren aufgrund er Schneefahrbahn keinerlei Bodenmarkierungen ersichtlich. Selbst daher dann, wenn der Schulbus im geringen Ausmaß innerhalb der 15-Meter-Zone gestanden sein sollte, so trifft den Beschuldigten daran kein Verschulden. Nachdem nämlich die Bodenmarkierungen nicht sichtbar waren und die Haltestellenbucht - wie von der Zeugin L bestätigt - relativ lang ist, kann eine allfällige geringfügige Fehleinschätzung des 15-Meter-Abstandes von der Haltestellentafel kein Verschulden begründen.

 

4. Der Zeuge P hat in seinen niederschriftlichen Angaben vom 08.04.2004 mehrfach betont, dass am Schulbus weder die Alarmblinkanlage, noch die gelb-roten Warnleuchten eingeschaltet waren. Dies zeigt die offenbare Verkennung der Rechtslage durch den Zeugen P (vergl. Niederschrift vom 08.04.2004, Seite 1 und Seite 2). Berücksichtigt man die vom Beschuldigten und der Zeugin L enthaltenen Zeitangaben, so hat das Aus- und Einsteigen ca. 6 Minuten gedauert. Es kann auch kein Rede davon sein, dass der  

Beschuldigte mit seinem Schulbus auf einen Fahrgast gewartet hätte. Entgegen der erstinstanzlichen Behörde war daher der Beschuldigte gem. § 24 Absatz 2a StVO zum Anhalten im Haltestellenbereich berechtigt.

 

Aus den angeführten Gründen wird daher der

 

ANTRAG
 

gestellt, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge
 

1. eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen,

2. das Straferkenntnis der BH Gmunden aufheben und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren einstellen.
 
Linz, am 16. Juli 2004 P T"
 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Verfahrensakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates wurde damit begründet. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wegen der Bestreitung der zur Last gelegten Übertretung ist dem Grunde nach in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Gmunden und durch die zeugenschaftliche Vernehmung des G P im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Beigeschafft und verlesen wurde auch der Beschwerdeakt hinsichtlich der im Zusammenhang mit dieser Amtshandlung h. Maßnahmebeschwerdeverfahren, VwSen-420398/Sr. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung nicht teil.

 

Ferner wurden Lichtbilder von der Busbucht und Luftaufnahmen vom fraglichen Bereich erstellt und die Länge der Bucht vermessen.

 

4. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen:

 

4.1. Der Berufungswerber hielt den Schulbus im vorderen Teil der stadteinwärts liegenden Seite der 51 m langen Busbucht an, um von der dort unmittelbar angrenzenden von der Liftstation zehn Schulkinder zusteigen zu lassen. Während des Einsteigevorganges, welche bedingt durch die Skiausrüstung der Kinder naturgemäß etwas länger dauerte, wies der zu einem Skiunfall an diese Örtlichkeit gerufene Meldungsleger den Buslenker (den Berufungswerber) an, von der Busbucht wegzufahren um nicht den bereits erwarteten Linienbus zu behindern. Dies verweigerte der Berufungswerber mit dem Hinweis auf den Einsteigevorgang der Kinder. Über den Hinweis, dass er sich etwa auch auf dem gegenüberliegenden Parkplatz abstellen könne, dessen Realisierbarkeit wohl bezweifelt werden muss nahm der Berufungswerber mit seinem Arbeitgeber Kontakt auf. Dieser wies den Berufungswerber an, dass er die Kinder an genannter Stelle einsteigen lassen müsse. Dies bestätigte der Arbeitgeber auch gegenüber dem einschreitenden Gendarmeriebeamten, welchem der Berufungswerber das Handy übergab um diesem mit seinem Arbeitgeber sprechen zu lassen.

Unstrittig ist, dass auch der Meldungsleger sein Fahrzeug etwa zwei Meter hinter dem Bus des Berufungswerbers abgestellt hatte, was letztlich bedingt durch die Schneelage die Busbucht derart verkleinerte, dass der ca. 12 m lange Linienbus die Bucht nicht mehr benützen konnte.

Die Angaben des Berufungswerbers und des Meldungslegers sind im Ergebnis nicht widersprüchlich. Lediglich in der rechtlichen Einschätzung war man gegensätzlicher Auffassung. Nicht widersprochen wurde vom Meldungsleger schließlich der Darstellung des Berufungswerbers, dass die Kinder im Falle der Befolgung der Weisung von der genannten Örtlichkeit wegzufahren einen Fußweg über die Straße in Kauf zu nehmen gehabt hätten. Ebenfalls unstrittig ist, dass zum Zeitpunkt des Schlusses des Liftbetriebes an dieser Örtlichkeit ein starkes Verkehrsaufkommen herrschte, was bei logischer Betrachtung auch für den Meldungsleger, welcher neben der Besorgung eines geordneten Verkehrsflusses, zusätzlich auch noch einen Skiunfall aufzunehmen hatte, eine hohe Arbeits- und auch Stressbelastung zur Folge hatte.

Dass die in dieser Situation die in der Überzeugung der rechtlichen Richtigkeit eingeleitete Amtshandlung nicht im Bus zu Ende geführt werden wollte und die Amtshandlung am Posten fortgesetzt werden sollte, ist angesichts dieser Voraussetzungen durchaus begreiflich. Wenn sich jedoch in weiterer Folge die Einbehaltung der Fahrzeugpapiere und die sich ergebende Verzögerung bei der Ausfolgung als wenig zweckmäßig erwies, mag dies auch in der Belastungssituation des Zeugen G P gelegen sein.

Im Ergebnis beurteilt der Unabhängige Verwaltungssenat die Situation so und folgt damit dem Berufungswerber dass diesem kein Vorwurf zu machen ist, wenn er in Wahrnehmung seine Verantwortung den mit Skiern ausgerüsteten Kindern den Weg über die Straße und eine damit wohl zweifellos verbundene Gefährdung - selbst wenn sich die Kinder in Begleitung einer Lehrerin befunden haben - ersparte und eben die Busbucht nächst dem Lift für das Einsteigen wählte. Im Rahmen einer Rechtsgüterabwägung ist jedenfalls der Schutz der Kinder höher zu bewerten, als dies mit der Hintanhaltung einer allenfalls mit der durch das Anhalten des Linienbusses parallel zur Bucht kurzfristig herbeigeführten Behinderung des Fließverkehrs der Fall gewesen wäre.

 

Auf die Ungereimtheiten Hinsichtlich des Grundes der Behinderung des Linienbusses in der an sich für zwei derartige Fahrzeuge dimensionierten Bucht, sowie die divergierenden Darstellung der Zeitdauer des Einsteigevorganges ist hier nicht näher einzugehen.

 

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich Folgendes erwogen:

 

6.1. Nach § 24 Abs.1 lit.e ist das Halten und das Parken im Haltestellenbereich eines Massenbeförderungsmittels, das ist der Bereich innerhalb von 15 m vor und nach den Haltestellentafeln, während der Betriebszeiten des Massenbeförderungsmittels verboten. Da hier von keinem Halten, sondern von einem bloßen Anhalten auszugehen ist liegt ein Verstoß gegen die genannte Bestimmung nicht vor (OGH 23.5.1985, 8 Ob 17/85, Hinweis auf ZVR 1986/1 S 13);

 

Der VwGH schloss sich der Rechtsansicht des OGH an, wonach das Stehenbleiben eines Fahrzeuges des Kraftfahrlinienverkehrs bei einer Haltestelle, um das Aus- und Einsteigen von Fahrgästen zu ermöglichen, unabhängig von der Dauer des Fahrzeugstillstandes als Anhalten iSd § 2 Abs. 1 Z 26 StVO 1960 zu werten ist. Dies müsse auch dann gelten, wenn das Linienfahrzeug deswegen, weil der Haltestellenbereich (gesetzwidrig) verparkt ist, nicht unmittelbar an der Haltestelle angehalten werden kann, sondern im Nahbereich einer Haltestelle angehalten werden muss. Daraus folgt, dass die Vorschrift des § 23 Abs. 2 StVO 1960 auf ein solches Zum-Stillstand-Bringen eines Kraftfahrzeuges des Linienverkehrs nicht unmittelbar anzuwenden ist, weil es sich dabei eben um kein Halten oder Parken (§ 2 Abs.1 Z 27 und Z 28 StVO 1960), sondern um ein Anhalten (§ 2 Abs. 1 Z26 StVO 1960) handelt (VwGH 21.11.2002, 2000/02/0066). Sich dieser Rechtsansicht, mit Blick auf eine möglichst hohe Sicherheit im Sinne der von der Liftstation mit einem Schulbus abzuholenden Schulkinder zu gewährleisten, anzuschließen, kann nur als sinnvoll und als rechtlich geboten erachtet werden. Es war demnach dem Berufungswerber zu folgen, wenn er sich dahingehend rechtfertigt, dass die 10 Schulkinder im Falle der Befolgung der Weisung den Weg auf der stark frequentierten Straße zu einem entfernter gelegenen Parkplatz zurückzulegen gehabt hätten. Ein solches Ergebnis könnte wohl mit Interessen der Verkehrssicherheit - welche insbesondere bei Gruppen von Schulkindern in einem lebensnahen Beurteilungshorizont zu bringen ist - nicht in Einklang gebracht werden.

 

6.2. Nach § 97 Abs.4 StVO 1960 erster Satz, sind die Organe der Straßenaufsicht sowie die nach Abs. 3 betrauten Organe, wenn es die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs erfordert, berechtigt, einzelnen Straßenbenützern für den Einzelfall Anordnungen für die Benützung der Straße zu erteilen, und zwar auch solche, die von den sonstigen diesbezüglichen Bestimmungen abweichen (P/S - StVO-Kommentar, zu § 97, E 26 mit Hinweis auf VwGH 12.10.1984, 84/02/0054 u. ZVR 2001/44).

Wenn jedoch - so wie es hier als erwiesen anzunehmen ist - das als Anhalten zu wertende Verweilen mit dem Bus im genannten Haltestellenbereich als zulässig zu erachten war und demnach die Weisung zum Wegfahren im Sinne des § 97 Abs.4 StVO in der gegebenen Situation mit Blick auf die vorzunehmende Rechtsgüterabwägung nicht tunlich war, entbehrt auch die Nichtbeachtung dieser Anordnung der Strafbarkeit. Ob auch hier das Straßenaufsichtsorgan subjektiv der Meinung gewesen sein mag zu dieser Anordnung berechtigt gewesen zu sein ist unerheblich (vgl. VwGH 20.10.1999, 99/03/0265).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180,00 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r
 
 

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