Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280290/13/Ga/Km

Linz, 11.08.1998

VwSen-280290/13/Ga/Km Linz, am 11. August 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des G F A in O gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 24. September 1996, Ge96-76-1996, wegen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes (AZG), zu Recht erkannt: I. Hinsichtlich der Schuld wird die Berufung abgewiesen; das angefochtene Straferkenntnis wird insoweit mit der Maßgabe bestätigt, daß als verletzte Rechtsvorschrift (Spruchteil gemäß § 44a Z2 VStG) "Art.7 Abs.1 und 2 der Verordnung des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschrif- ten im Straßenverkehr (EG-VO 3820/85) iVm § 28 Abs.1a Z6 AZG" und als Strafverhängungsnorm (Spruchteil gemäß § 44a Z3 VStG) "§ 28 Abs.1a AZG" anzuführen sind. II. Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung hingegen teilweise stattgegeben; die verhängte Geldstrafe wird auf 2.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 16 Stunden und der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der Strafbehörde auf 200 S herabgesetzt. Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG,. §§ 24; 19 , 51 Abs.1, 51c, 51e Abs.2, 64 f VStG.

Entscheidungsgründe: 1. Das angefochtene Straferkenntnis lastet dem Berufungswerber als Verwaltungsübertretung an, er habe den in seinem Betrieb mit näher angegebenem Standort in der Gemeinde O "beschäftigten Lenker, Herrn A H, am 16.7.1996 eingesetzt, wobei nach einer ununterbrochenen Lenkzeit von 4,5 Stunden die gesetzlich vorgeschriebene Lenkpause nicht eingelegt" worden sei. Dadurch habe er § 15 Abs.2 und 3 AZG iVm dem Kollektivvertrag sowie Art.7 Abs.1 und 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates verletzt. Über ihn wurde eine Geldstrafe in der Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: ein Tag) kostenpflichtig verhängt.

2. Der Berufungswerber bestreitet nicht den im Schuldspruch umschriebenen Lebenssachverhalt als solchen, bekämpft jedoch, daß er für die Nichteinhaltung der Lenkpause haftbar sei und führt aus: "Ich sehe jedoch nicht ein, warum ich für diese Übertretung verantwortlich sein soll. Der Lenker, Herr A H, hatte den Auftrag, die vorgeschriebene Lenkpause einzuhalten. Da der Lenker auf dem Heimweg war, wurde die vorgeschriebene Lenkpause vom Lenker nicht eingehalten." Er begehrt Aufhebung und Verfahrenseinstellung. Das zur Berufung angehörte Arbeitsinspektorat verwies darauf, daß der Beschuldigte ein Kontrollsystem weder behauptet noch glaubhaft gemacht habe und sprach sich für die Bestätigung des Straferkenntnisses aus.

3. Mit dem h. Erkenntnis vom 30. Juli 1997, Zl. VwSen-280290/4/ GA/Ha, wurde der Berufung stattgegeben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Begründend vertrat der O.ö. Verwaltungssenat die Auffassung, unter dem in § 28 Abs.1a Z6 AZG unter Strafe gestellten "Nichtgewähren" könne - nach gänzlicher Neufassung der Strafbestimmungen zufolge Anpassung des AZG an die Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und der dadurch bewirkten Abkehr vom System des bis dahin geltenden Blankettstraftatbestandes - nur ein zielgerichtetes, vorsätzliches Verhalten des Arbeitgebers verstanden werden. Diesen Anforderungen genüge das im Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses verwendete Wort "einsetzen" nicht, weil darin ein Vorwurf eines Versagungsverhaltens des Arbeitgebers nicht zu erkennen sei. Die Formulierung des Spruches lege die Deutung nahe, daß dem Beschuldigten Fahrlässigkeit wegen nicht wahrgenommener Kontrollpflichten angelastet werde. Ein solches Ergebnis sei aber seit der zitierten Novelle nicht mehr rechtens.

4. Gegen dieses Erkenntnis hat die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit- und Soziales Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben und darin den Standpunkt vertreten, daß nach wie vor von einem Ungehorsamsdelikt, für das Fahrlässigkeitsschuld genüge, ausgegangen werden müsse. Zur näheren Begründung wurde auf die sogenannte Kontrollsystem-Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, die im gegebenen Zusammenhang allerdings zur Rechtslage vor der Novelle BGBl.Nr. 446/1994 entwickelt wurde, hingewiesen.

5.1. Der Verwaltungsgerichtshof gab der Beschwerde mit Erkenntnis vom 21. April 1998, Zl. 97/11/0284, statt und hob das h. Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

Den Entscheidungsgründen ist im wesentlichen zu entnehmen, daß sich die durch die AZG-Novelle BGBl.Nr. 446/1994 geschaffene Rechtslage von jener vor dieser Novelle nicht in der vom O.ö. Verwaltungssenat entwickelten Interpretation unterscheide. Nach § 28 Abs.1 AZG in der Fassung vor jener Novelle waren Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zuwiderhandelten, zu bestrafen. Der Gerichtshof hat zu dieser Bestimmung in Verbindung mit den verschiedensten Übertretungsnormen des AZG die Auffassung vertreten, daß es sich um Ungehorsamsdelikte handle. Ein Zuwiderhandeln im Sinne des § 28 Abs.1 AZG erfordere kein tätiges Verhalten des Arbeitgebers, sondern könne auch in Unterlassungen bestehen, hinsichtlich welcher ihm bloß Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne. Diese Rechtsauffassung habe der Verwaltungsgerichtshof auch bei Verstößen gegen § 12 AZG vertreten. Nach dieser Bestimmung ist den Arbeitnehmern nach Beendigung der Tagesarbeitszeit eine näher umschriebene Mindestruhezeit "zu gewähren". Der Verwaltungsgerichtshof hat demnach für das "Zuwiderhandeln" gegen das Gebot "zu gewähren" kein zielgerichtetes, vorsätzliches Verhalten gefordert, sondern die Ansicht vertreten, daß dafür auch fahrlässiges Verhalten, das im Unterlassen entsprechender Kontrollen und Maßnahmen bestehen kann, ausreicht. Zwischen dem "Zuwiderhandeln" gegen ein Gebot, etwas "zu gewähren", und dem "Nichtgewähren" sei ein Unterschied in dem vom O.ö. Verwaltungssenat erblickten Sinn aber nicht zu erkennen, sodaß kein Grund bestehe, nunmehr die Auffassung zu vertreten, das "Nichtgewähren" könne nur durch ein zielgerichtetes, vorsätzliches Verhalten verwirklicht werden, dies umso weniger, als die Gesetzesmaterialien zu BGBl.Nr. 446/1994 nicht den geringsten Anhaltspunkt für eine derartige Absicht des Gesetzgebers böten.

5.2. An diese - wenngleich vom h. Tribunal nicht geteilte - Rechtsansicht ist der O.ö. Verwaltungssenat bei der Erlassung des nunmehrigen Ersatzbescheides gemäß § 63 Abs.1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 gebunden. Für diesen Ersatzbescheid wird der dem angefochtenen Schuldspruch zugrunde gelegte und vom Berufungswerber ausdrücklich als "richtig" anerkannte Hergang (oben 1.) als maßgebender Sachverhalt festgestellt.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

6.1. Gemäß Art.7 Abs.1 EG-VO 3820/85 ist nach einer Lenkzeit von 41/2 Stunden eine Unterbrechung von mindestens 45 Minuten einzulegen, sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt. Diese Unterbrechung kann gemäß Abs.2 leg.cit. durch Unterbrechungen von jeweils mindestens 15 Minuten ersetzt werden, die in die Lenkzeit oder unmittelbar nach dieser so einzufügen sind, daß Abs.1 leg.cit. eingehalten wird. Gemäß § 28 Abs.1a AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 1.000 S bis 25.000 S zu bestrafen, wenn sie gemäß Z6 dieser Vorschrift die Lenkpausen gemäß Art.7 Abs.1, 2 oder 4 EG-VO 3820/85 nicht gewähren.

6.2. Vor diesem Hintergrund steht fest, daß im Berufungsfall die vorgeschriebene Lenkpause durch den involvierten Lenker nicht eingehalten wurde und der Berufungswerber als dessen Arbeitgeber für diese Übertretung - gemäß der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes - verwaltungsstrafrechtlich auch einzustehen hat. Schuldseitig ist nämlich nunmehr davon auszugehen, daß der Regelverstoß dem Berufungswerber im Grunde des § 5 Abs.1 VStG wegen eines ihm jedenfalls aus Fahrlässigkeit unterlaufenen Sorgfaltsmangels zurechenbar ist, weil er das von der Judikatur geforderte System von wirksamen Maßnahmen zur Hintanhaltung eigenmächtiger (gegen das AZG verstoßender) Verhaltensweisen seiner Lenker schon behauptungsmäßig nicht dargetan hat (hier wäre zufolge Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das zur Sicherung der Einhaltung ua. der Lenkpausen durch die Fahrer im Betrieb des Beschuldigten eingerichtete und wirksam auch gehandhabte System von Kontrollen, Sanktionen und anderen Maßnahmen detailliert zu schildern gewesen). Aus allen diesen Gründen war zur Schuldfrage wie im Spruch zu erkennen; die gleichzeitig verfügte Berichtigung bedeutet keine Erweiterung des Abspruchsgegenstandes.

7. Was hingegen die Höhe der verhängten - vom Berufungswerber konkret nicht bekämpften - Geldstrafe anbelangt, ist im Sinne des § 19 Abs.1 VStG der Unrechtsgehalt, der dem Nichteinrichten eines wirksamen Kontrollsystems zur Verhinderung von Lenker-Eigenmacht innewohnt, als nicht bloß unbeträchtlich zu werten. Andererseits aber ist im Sinne des § 19 Abs.2 VStG mildernd zu berücksichtigen, daß das (auch selbstgefährdende, jedenfalls aber) eigenmächtige Verhalten des Lenkers in diesem Fall das dem Berufungswerber zurechenbare Verschulden nicht unwesentlich zurücknimmt. Einer noch stärkeren Herabsetzung steht allerdings der - von der belangten Behörde zu Recht gewertete - Erschwerungsgrund zweier noch nicht getilgter, einschlägiger Vorstrafen entgegen. Bei diesem Verfahrensergebnis waren Kosten des Berufungsverfahrens nicht aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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