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VwSen-110149/6/Ga/La

Linz, 30.06.2000

VwSen-110149/6/Ga/La Linz, am 30. Juni 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die

5. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Grof, dem Berichter Mag. Gallnbrunner und dem Beisitzer Dr. Schön über die Berufung des T C, vertreten durch Dipl. Ing. J (G) F in Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 14. März 2000, Zl. VerkGe96-10-2000, wegen Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995 - GütbefG, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 14. März 2000 wurde der Berufungs-werber einer Übertretung des GütbefG für schuldig befunden. Näherhin wurde ihm vorgeworfen, er habe am 21. Dezember 1999 § 23 Abs.1 Z3 und Abs.2 iVm §§ 7

bis 9 GütbefG dadurch verletzt, dass er als Lenker eines bestimmten Sattelkraftfahr-

zeuges eine gewerbsmäßige Beförderung von bestimmten Gütern durch Österreich durchgeführt habe, ohne jedoch bei der güterbeförderungsrechtlichen Kontrolle (Ausgangsabfertigung beim Zollamt W) eine gültige Bewilligung vorweisen zu können.

Zwar sei die von ihm im Zuge der Kontrolle vorgelegte "Genehmigung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr" gültig gewesen, jedoch nur für Lastkraftwagen, die der CEMT-Resolution Nr. 91/2 entsprechen und habe er jedoch ein entsprechendes CEMT-Kontrolldokument für "lärm- und schadstoffarme Kraftfahrzeuge (green lorry)", worin die Erfüllung der technischen Voraussetzungen der CEMT-Resolution Nr. 91/2 bestätigt werde, jedoch nicht vorlegen können.

Über den Berufungswerber wurde eine Geldstrafe von 18.168,18 S kosten-pflichtig verhängt (dieser Betrag ergebe sich aus der vom Berufungswerber ein-

gehobenen Sicherheitsleistung von 20.000 S minus Bankspesen).

Die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung erwies sich nach vom h Tribunal durchgeführten ergänzenden Erhebungen, in die auch eine gerichtlich bestellte Dolmetscherin eingebunden war, als rechtzeitig durch einen mit aus-drücklicher schriftlicher Vollmacht ausgewiesenen Vertreter erhoben. Über diese Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat, nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt, erwogen:

Gemäß § 23 Abs.1 Z3 GütbefG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hiefür erforderliche Bewilligung durch-

führt oder Gebote oder Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht einhält.

Zunächst fällt auf, dass der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit erkennen lässt, welche der in den §§ 7 bis 9 GütbefG geregelten Bewilligungen - die Beförderungsbewilligung nach § 7 Abs.1 leg.cit. oder die Kontingenterlaubnis nach § 8 Abs.2 leg.cit. - bei der in Rede stehenden Beförderung schon von Anfang an nicht erwirkt gewesen (arg: "ohne die hiefür erforderliche Bewilligung durchführt") oder welche konkrete Gebots- oder Verbotsvorschrift einer zwischenstaatlichen Vereinbarung nicht eingehalten worden sein soll.

Die spruchgemäße Formulierung, wonach der Berufungswerber eine gültige Bewilligung nicht habe vorweisen bzw ein bestimmtes Kontrolldokument nicht habe vorlegen können, lässt allerdings vermuten, es habe die belangte Behörde als Über-

tretung vielmehr anlasten wollen, dass der Berufungswerber das fragliche (allerdings, wie aufgezeigt, unbestimmt gebliebene) Dokument iSd § 7 Abs.3 GütbefG den Aufsichtsorganen auf deren Verlangen bloß nicht habe vorweisen können. Dieses Verhalten jedoch wäre nicht unter den Straftatbestand gemäß § 23 Abs.1 Z3 leg.cit., sondern vielmehr unter jenen des § 23 Abs.1 Z6 leg.cit. zu subsumieren gewesen. Davon abgesehen, wäre ua wesentliches Merkmal eines auf letzten Tatbestand gestützten Vorwurfs, dass die Aufsichtsorgane ein solches "Verlangen" (nämlich, die erteilte und mitzuführende Bewilligung den Organen vorzuweisen) an den kon-trollierten Lenker auch tatsächlich gerichtet haben. Insofern wäre eine Tatanlastung ohne das wesentliche Merkmal "auf Verlangen der Aufsichtsorgane" im Lichte des Bestimmtheitsgebotes gemäß § 44a Z1 VStG und der hiezu entwickelten Judikatur zur Unterbrechung der Verfolgungsverjährungsfrist untauglich.

Davon aber abgesehen liegt ein Grund für die Aufhebung des angefochte-

nen Straferkenntnisses bereits in folgenden Umständen:

Der Berufungswerber hat nicht nur das angefochtene Straferkenntnis, sondern auch schon die Aufforderung zur Rechtfertigung (AzR) vom 13. Jänner 2000 (als vorliegend erste Verfolgungshandlung - mit wortidentem Tatvorwurf) unmittelbar durch die Post an seine, wie nach der Aktenlage zu vermuten ist, Wohnadresse in der tschechischen Republik zugestellt erhalten. Die AzR war jedoch, ebenso wie das Straferkenntnis selbst, nur in deutscher Sprache abgefasst, eine Übersetzung in die tschechische Sprache hat offenbar nicht stattgefunden; jedenfalls war, nach der Aktenlage, eine solche Übersetzung der Postsendung nicht angeschlossen. Auch auf andere Weise hatte der Berufungswerber keine Kenntnis in seiner eigenen Sprache vom Tatvorwurf und von der Rechtsmittelbelehrung erhalten. Nach der Aktenlage war weiters davon auszugehen, dass der Berufungswerber des Deutschen nicht mächtig ist, jedenfalls nicht in einem solchen Maße, dass er den hier fraglichen, schon für einen durchschnittlich gebildeten deutschsprachigen Leser kaum verständlichen Tatvorwurf in seiner eigentümlichen Bedeutung und Reichweite hätte verstehen können.

Die unter solchen Umständen vorgenommene Zustellung der AzR an den Berufungswerber im Ausland war im Lichte der hiefür maßgeblichen Folgerungen aus dem fair-trial-Gebot des Art.6 MRK unwirksam, dh die Zustellung der AzR gilt als nicht erfolgt (vgl zu diesem Problemkreis die gutachtliche Stellungnahme des BKA-Verfassungsdienstes vom 14. April 2000, GZ: 601.468/32-V/2/99, "Notwendig-keit der Übersetzung von Straferkenntnissen bei Zustellung im nichtdeutschspra-chigen Ausland"). Das h Tribunal sieht keinen Grund, die unter Punkt 7. zusammen-gefassten Ergebnisse des Gutachtens auf den vorliegenden Fall, der einem der im Gutachten abgehandelten Falltypen entspricht, nicht anzuwenden.

Stand aber im Lichte dieser Umstände fest, dass schon die AzR von vornherein ungeeignet war, die spezifische Wirkung des Hoheitsaktes zu entfalten, so erweist sie sich als eine zur Verjährungsunterbrechung untaugliche behördliche Maßnahme, weshalb auch aus diesem Grund wie im Spruch zu entscheiden war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Grof

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