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VwSen-110564/3/Li/Rd/Gam

Linz, 15.10.2004

 

 VwSen-110564/3/Li/Rd/Gam Linz, am 15. Oktober 2004

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Linkesch über die Berufung des G, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 19. Februar 2004, VerkGe96-5-1-2004, wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 2, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 19. Februar 2004, VerkGe96-5-1-2004, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 1.453 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z9 GütbefG iVm Art.3 Abs.1 und Art.6 Abs.4 erster Satz der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 vom 1.3.2002, über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten, verhängt, weil er als Unternehmer mit dem Sitz in D, am 30.12.2003 gegen 9.25 Uhr auf der Innkreisautobahn A8, bei Strkm 75,200, Gemeindegebiet Suben, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen, deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen hat, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: G, D, Lenker: P A, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats ist (Staatsbürgerschaft: Türkei), einen grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr und zwar eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (Sammelgut) von der Türkei nach Österreich mit einem Zielort in Deutschland durchgeführt habe, ohne dem Fahrer eine Fahrerbescheinigung, in der dieser genannt ist, zur Verfügung gestellt zu haben.

 

Begründend wurde dabei vorgebracht, dass nach der Aktenlagen feststehe, dass der Fahrer A P, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats (Türkei) ist, anlässlich des im Spruch näher konkretisierten grenzüberschreitenden Güterkraftverkehres keine Fahrerbescheinigung mitgeführt und der Bw ihm diese nicht zur Verfügung gestellt habe.

Die Rechtfertigungsangaben des Bw seien insofern ins Leere gegangen, da ihm die Ausstellung der beantragten Fahrerbescheinigung genau aus dem Grund vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Bonn, verweigert worden sei, aus welchem innerhalb der EU eine Fahrerbescheinigung für Staatsangehörige von Drittstaaten eingeführt worden sei.

Der objektive Tatbestand sei daher erfüllt.

Zur Strafbemessung wurde ausgeführt, dass die gesetzliche Mindeststrafe von 1.453 Euro über den Bw verhängt worden sei. Von der Anwendung des § 20 VStG sei von der belangten Behörde Abstand genommen worden, da die hiefür notwendigen Voraussetzungen nicht vorgelegen seien.

 

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und beantragt, dass angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw einzustellen, dies nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Begründend wurde ausgeführt, dass nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtes in Wiesbaden, die in Deutschland ansässigen Transportunternehmer keine EU-Fahrerbescheinigung ausgestellt bekommen. Daher könne für die vom Bw durchgeführten Transporte mit deutschen Fahrzeugen und türkischen Fahrern mit Hauptsitz in der Türkei keine Fahrerbescheinigung für die Durchführung von grenzüberschreitenden Verkehren verlangt werden.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung.

 

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Bw als Unternehmer mit dem Sitz D, vorgeworfen, die im Spruch des Straferkenntnisses näher angeführte gewerbsmäßige Güterbeförderung durch einen Lenker, welcher türkischer Staatsangehöriger ist, durchgeführt zu haben, ohne dem Fahrer eine Fahrerbescheinigung, in der dieser genannt ist, zur Verfügung gestellt zu haben.

 

Mit diesem Tatvorwurf wird dem Bw zur Last gelegt, dem namentlich genannten Fahrer die erforderliche Fahrerbescheinigung nicht zur Verfügung gestellt zu haben und somit eine Zuwiderhandlung gegen die Anordnung gemäß Art.6 Abs.4 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 begangen zu haben, wonach die Fahrerbescheinigung Eigentum des Verkehrsunternehmers ist, der sie dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stellt, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führt.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z9 GütbefG idgF begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu bestrafen ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.

 

Gemäß § 2 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Eine Übertretung ist im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist.

 

Nach dem zitierten Tatvorwurf hat der Bw der bereits näher ausgeführten Verpflichtung der Zurverfügungstellung einer Fahrerbescheinigung nicht entsprochen, also nicht gehandelt, obwohl er hätte handeln sollen. Allerdings ist die Handlung am Sitz des Güterbeförderungsunternehmens vorzunehmen, weil von dort aus die Fahrerbescheinigung beantragt und dann auch dem jeweiligen Fahrer zur Verfügung gestellt wird bzw. die beglaubigte Abschrift der Fahrerbescheinigung in den Geschäftsräumen des Verkehrsunternehmers aufzubewahren ist. Tatort im Sinne der vorzitierten Bestimmung des § 2 Abs.2 VStG ist daher der Sitz der Firma G Internationale Spedition in Deutschland. Gemäß der Regelung des § 2 Abs.1 VStG sind aber nur im Inland begangene Verwaltungsübertretungen strafbar.

 

Es ist daher die gegenständliche Verwaltungsübertretung mangels eines Tatortes im Inland nicht strafbar, wodurch das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war.

 

 

5. Eine ausdrückliche gesetzliche Sonderregelung, die § 2 Abs.1 erster Halbsatz VStG einräumt, wurde nicht getroffen.

 

Gemäß § 23 Abs.3 GütbefG wird nämlich eine Sonderregelung nur dahingehend normiert, dass ein Unternehmer auch dann nach Abs.1 Z3 oder Z6 strafbar ist, wenn er die in §§ 7 bis 9 genannten Verpflichtungen im Ausland verletzt. Verwaltungsübertretungen nach Abs.1 Z9 werden von dieser Sonderregelung nicht erfasst.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z3 GütbefG wird unter Strafe gestellt, wer als Unternehmer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hiefür erforderliche Bewilligung durchführt.

 

In § 7 Abs.1 GütbefG sind die Berechtigungen taxativ aufgezählt und ist in Z1 dieser Gesetzesstelle die Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 angeführt. Auf die allenfalls mit einer Gemeinschaftslizenz verbundene Fahrerbescheinigung wird nicht Bezug genommen. Gemäß dem Grundsatz der restriktiven Auslegung von Verwaltungsstraftatbeständen und dem Grundsatz, dass als Verwaltungsübertretung eine Tat nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war (§ 1 Abs.1 VStG), war daher die Sonderregelung über einen im Inland liegenden Tatort nicht auf die gegenständliche Verwaltungsübertretung auszudehnen. Auch gemäß § 9 Abs.1 GütbefG hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs.1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden. Da ausdrücklich auf die angeführten Berechtigungen Bezug genommen und dort nur die Gemeinschaftslizenz angeführt wird, war auch auf diesem Wege eine Sonderregelung hinsichtlich der Strafbarkeit nach § 23 Abs.3 GütbefG nicht abzuleiten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

6. Weil der Berufung Erfolg beschieden war, entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 

Dr. Linkesch
 
 

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