Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110224/3/Le/La

Linz, 19.06.2001

VwSen-110224/3/Le/La Linz, am 19. Juni 2001 DVR.0690392      

E R K E N N T N I S  

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 11. Kammer (Vorsitzender: Dr. Weiß, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des H K, S 20a, D P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 13.2.2001, Zl. VerkGe96-21-7-2000-Nit, wegen Übertretung des Gelegenheitsverkehrsgesetzes, zu Recht erkannt:  

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straf-erkenntnis vollinhaltlich bestätigt.   II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungs-verfahrens in Höhe von 4.000 S (entspricht 290,69 Euro) zu entrichten.   Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.4 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF. Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.     Entscheidungsgründe:   Zu I.:   1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 13.2.2001 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 15 Abs.1 Z4 Gelegenheitsverkehrsgesetz iVm Art.11 der Verordnung (EG) Nr. 11/98 (zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 684/1992 zur Einführung gemeinsamer Regeln für den grenzüberschreitenden Personenverkehr mit Kraftomnibussen) eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 60 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.   Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 3.9.2000, wie bei der Ausreisekontrolle am Zollamt W festgestellt wurde, mit dem Omnibus mit dem amtlichen deutschen Kennzeichen R einen grenzüberschreitenden Personengelegenheitsverkehr mit 30 Insassen durchgeführt und konnte den einschreitenden Beamten kein Fahrtenblatt gemäß Verordnung (EWG) Nr. 684/1992 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 11/98 vorweisen.   (Mit Bescheid vom 13.2.2001 wurde der nunmehrige Berufungswerber ermahnt, weil er bei derselben Kontrolle den einschreitenden Beamten keine Gemeinschaftslizenz gemäß Art.3a der Verordnung (EG) Nr. 11/98 vorweisen konnte. Diese Ermahnung wurde vom Berufungswerber nicht angefochten).   2. Gegen das Straferkenntnis vom 13.2.2001 richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 1.3.2001, mit der beantragt wird, das Straferkenntnis in eine Ermahnung gemäß § 21 VStG umzuwandeln. Zur Begründung brachte der Berufungswerber vor, dass er sein Reisebüro nur nebenberuflich betreibe; sein Haupterwerb sei ein selbständiger Früchtegroßhandel. Das Reisebüro habe er 1996 gegründet, um 4 bis 5 Busreisen für den Gartenbauverein, Freundes- und Kollegenkreis seines Vaters korrekt abwickeln zu können. Des weiteren wickle er noch seine Aushilfstätigkeiten für verschiedene Verkehrsunternehmer über dieses Reisebüro auf selbständiger Basis ab. Am Markt trete er jedoch nicht auf. Laut Bilanz 1999 habe der Gewinn aus diesem Reisebüro 7.170,07 DM betragen. Zum Vorwurf der Fahrlässigkeit bezüglich des Nicht-Mitführens des Fahrtenblattes meinte der Berufungswerber, dass dies seines Erachtens ausschließlich Aufgabe des Verkehrsunternehmers und zugegebenermaßen auch des Fahrers sei. Er leugne nicht, dass er über die Pflicht zum Mitführen des Fahrtenblattes informiert gewesen sei, doch hätte er bis zum 3.9.2000 nur die Ausgabe gekannt, die zum Zeitpunkt seines Führerscheinerwerbs gültig gewesen sei und diese wäre auch im Bus bei der Ausreise vorhanden gewesen. Da für Busfahrer keine theoretische Fortbildung stattfinde und er als Aushilfsfahrer bei verschiedenen Unternehmen auch nicht an unternehmensinternen Schulungen teilnehmen könne bzw. nicht über Neuerungen informiert werde, müsse er sich darauf verlassen können, dass der Verkehrsunternehmer dafür Sorge trage, dass sich im Bus die gültigen Dokumente befinden.   3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.   Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht und sich die eingebrachte Berufung im Grunde nur gegen die Strafhöhe richtet, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.   4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:   4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG).   4.2. Art. 11 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 11/98 bestimmt, dass bei den in Art.4 Abs.1 genannten Verkehrsdiensten ein Fahrtenblatt mitzuführen ist. Bei den in Art.4 Abs.1 genannten Verkehrsdiensten handelt es sich um Gelegenheitsverkehr, worunter gemäß Art.2 Nr. 3.1. der Verkehrsdienst verstanden wird, der nicht der Begriffsbestimmung des Linienverkehrs, einschließlich der Sonderformen des Linienverkehrs, entspricht und für den insbesondere kennzeichnend ist, dass auf Initiative eines Auftraggebers oder des Verkehrsunternehmers selbst vorab gebildete Fahrgastgruppen befördert werden.   Art. 11 Abs.2 der genannten Verordnung bestimmt, dass Verkehrsunternehmer, die Beförderungen im Gelegenheitsverkehr durchführen, vor Antritt jeder Fahrt das Fahrtenblatt ausfüllen müssen.   Nach Abs.3 leg.cit. enthält das Fahrtenblatt mindestens folgende Angaben: a) Art des Streckendienstes, b) Hauptstreckenführung, c) den oder die beteiligten Verkehrsunternehmer.   Gemäß Abs.4 leg.cit. werden die Fahrtenblatthefte von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaates, in dem der Verkehrsunternehmer ansässig ist oder von durch sie benannten Stellen ausgegeben.   Es ist unbestritten, dass der Berufungswerber zur Tatzeit mit dem Omnibus RO-AD875 einen grenzüberschreitenden Personenverkehr in Form eines Gelegenheitsverkehrs durchgeführt hat. Nach Art. 11 der Verordnung 11/98 hätte er dabei das vom Verkehrsunternehmer ausgefüllte Fahrtenblatt mitführen müssen. Dadurch, dass er dieses Fahrtenblatt tatsächlich nicht mitgeführt hat, hat er gegen die zitierte Bestimmung verstoßen und somit die angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht verwirklicht.   4.3. Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, dass dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.   Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muss dabei nicht eingetreten sein.   Der Berufungswerber bestreitet nicht, den Tatvorwurf in objektiver Hinsicht verwirklicht zu haben, er stellt jedoch sein Verschulden an dieser Verwaltungs-übertretung in Zweifel. Gleichzeitig räumt er in diesem Zusammenhang aber ein, dass er nicht leugne, über die Pflicht zum Mitführen des Fahrtenblattes informiert gewesen zu sein, doch hätte er bis zum 3.9.2000 nur die Ausgabe (wovon ?) gekannt, die zum Zeitpunkt seines Führerscheinerwerbes (wann ?) gültig gewesen sei.   Es ist dem Berufungswerber damit nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft: Rechtsgrundlage des verfahrensgegenständlichen Fahrtenblattes ist immerhin eine Verordnung der Europäischen Union, die schon seit 1992 in Geltung ist. Bereits die ursprüngliche Fassung der Verordnung, nämlich die Verordnung (EWG) Nr. 684/92, hat in Art. 11 Abs.1 bestimmt, dass bei den in Art.4 Abs.1 genannten Verkehrsdiensten ein Kontrollpapier mitzuführen ist. Nach Abs.2 dieser Bestimmung besteht das Kontrollpapier aus einem Fahrtenblatt und einer Sammlung der Übersetzungen des Fahrtenblattes.   Durch die nunmehr gegenständliche Fassung der Verordnung (EG) Nr. 11/98 wurde diese Verpflichtung vereinfacht. Aus der Präambel zu dieser Verordnung geht hervor, dass zur Einführung einer gemeinsamen Verkehrspolitik die Aufstellung gemeinsamer Regeln für den grenzüberschreitenden Personenverkehr auf der Straße gehöre. Rechtsgrundlage dieser Verpflichtung ist sohin eine EU-Verordnung, die europaweit gilt. Als Lenker eines Omnibusses hatte der Berufungswerber jedenfalls die Verpflichtung, vor Antritt der Fahrt Erkundigungen über die einschlägigen Rechtsvorschriften einzuholen und die nötigen Dokumente auch tatsächlich mitzuführen. Dass er dies verabsäumt hat, muss ihm als Verschulden, zumindest in Form der Fahrlässigkeit, angelastet werden. Der Berufungswerber hat somit auch die subjektive Tatseite erfüllt.   4.4. Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass gemäß § 15 Abs.1 Z4 Gelegenheitsverkehrsgesetz Verstöße gegen die Gebote oder Verbote der Verordnung (EWG) Nr. 684/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 11/98 Verwaltungsübertretungen darstellen; durch Abs.2 leg.cit. wurde bei diesen Verwaltungsübertretungen eine Mindeststrafe in Höhe von 20.000 S festgelegt.   Die von der Erstbehörde verhängte Strafe stellt somit die gesetzliche Mindeststrafe dar. Aus diesem Grunde war das vom Berufungswerber vorgebrachte Argument, der Gewinn seines Reisebüros hätte 1999 lediglich 7.170,07 DM betragen, nicht zu berücksichtigen.   Die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes gemäß § 20 VStG ist im vorliegenden Fall ausgeschlossen, weil als Milderungsgrund lediglich die absolute Unbescholtenheit gewertet werden kann. Von einem "beträchtlichen Überwiegen" der Milderungsgründe kann daher nicht gesprochen werden.   Auch für die beantragte Anwendung des § 21 VStG bestand kein Anlass, zumal das Verschulden nicht geringfügig, sondern eher durchschnittlich erscheint. Es ist von einem ordentlichen Lenker eines Omnibusses im Gelegenheitsverkehr zu erwarten, dass dieser die für die Beförderung erforderlichen Dokumente besorgt und bei der Fahrt auch mitführt. Dass der Berufungswerber dies bei der gegenständlichen Fahrt unterlassen hat, kann ihm nicht als geringfügiges Verschulden zugerechnet werden.   Es darf darauf hingewiesen werden, dass der Berufungswerber wegen des Nichtmitführens der Gemeinschaftslizenz ohnedies nur ermahnt wurde, obwohl auch für dieses Delikt eine Mindeststrafe von 20.000 S möglich gewesen wäre.   Zu II.: Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines Unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da im vorliegenden Fall eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 4.000 S.     Rechtsmittelbelehrung:   Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.   Hinweis:   Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.       Dr. W e i ß     Beschlagwortung: Fehlendes Fahrtenblatt im grenzüberschreitenden Gelegenheitsverkehr.
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