Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-150176/2/Kei/An

Linz, 27.09.2002

VwSen-150176/2/Kei/An Linz, am 27. September 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des O W, vertreten durch die Rechtsanwältin K K, L,M, B D, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 6. Juli 2001, Zl. BauR96-38-2001, zu Recht:

Der Berufung wird mit der Maßgabe, dass im Spruch des angefochtenen Bescheides anstelle von "§ 49 VStG" gesetzt wird "§ 49 Abs.1 und § 49 Abs.3 VStG", keine Folge gegeben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 49 Abs.1 und § 49 Abs. 3 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1 Über den Berufungswerber (Bw) wurde mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 28. März 2001, Zl. BauR96-38-2001, eine Strafe verhängt. Gegen diese Strafverfügung hat der Bw Einspruch erhoben.

1.2. Mit dem nun angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 6. Juli 2001, Zl. BauR96-38-2001, wurde der oa. Einspruch als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

1.3. Gegen den in Punkt 1.2. angeführten Bescheid hat der Bw Berufung erhoben.

Zur Frage der Rechtzeitigkeit der Berufung:

Der Zustellnachweis betreffend den in Punkt 1.2. angeführten Bescheid ist beim Oö. Verwaltungssenat nicht eingelangt. Laut Auskunft der belangten Behörde ist dieser Zustellnachweis auch bei der belangten Behörde nicht eingelangt. Vor diesem Hintergrund geht der Oö. Verwaltungssenat zugunsten des Bw davon aus, dass die Berufung gegen diesen Bescheid fristgerecht erhoben wurde.

Der Bw brachte in der Berufung vor (auszugsweise Wiedergabe):

"Der Einspruch vom 03.07.2001 war nicht verspätet eingebracht, da die Strafverfügung meinem Mandanten erst am 27.06.2001 zugegangen ist.

Eine Zustellung durch Niederlegung ist gemäß § 182 ZPO nur zulässig, wenn zuvor eine Ersatzzustellung erfolglos versucht worden ist.

Im konkreten Falle hätte ein Zustellungsversuch nach § 181 ZPO durchaus Erfolg gehabt, da die Unterzeichnete im selben Haus ansässig und als Vertreterin des Vermieters zur Entgegennahme des Schriftstückes bereit gewesen wäre.

Offensichtlich ist dies überhaupt nicht probiert worden.

Eine Zustellung durch Niederlegung ist für einen abwesenden Empfänger sehr gefährlich und daher nur als letzte Alternative zulässig. Mein Mandant ist bekanntermaßen F und war in der Zeit vom 05.05.2001 bis zum 27.06.2001 nicht zu Hause. Erst am 27.06.2001 hat er das niedergelegte Schriftstück entgegennehmen können.

Ist eine Zustellung durch Niederlegung unwirksam, weil eine Ersatzzustellung nicht versucht worden ist gilt frühestens der Zeitpunkt der tatsächlichen Entgegennahme durch den Betroffenen als maßgebend § 187 ZPO.

Da meinem Mandanten die Strafverfügung erst am 27.06.2001 zugegangen ist war der Einspruch vom 03.07.2001 durchaus fristgerecht, so daß der Berufung stattzugeben ist."

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 31. August 2001, Zl. BauR96-38-2001, Einsicht genommen.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1.1. Gemäß § 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Bei rechtzeitigem Einspruch ist gemäß § 49 Abs.2 VStG das ordentliche Verfahren einzuleiten. Wurde der Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben, dann ist nach § 49 Abs.3 VStG die Strafverfügung zu vollstrecken.

Ein nicht rechtzeitig erhobener Einspruch ist von der Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, mit Bescheid zurückzuweisen (vgl. Hauer/Leukauf, "Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens", Anm. 11 zu § 49 VStG; Walter/Thienel, "Verwaltungsverfahrensgesetze", 217, Anm. 9 zu § 49 VStG).

Nach § 32 Abs.2 AVG iVm § 24 VStG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen können gemäß § 33 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG weder verkürzt noch verlängert werden.

3.1.2. Gemäß Art. 3 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen (BGBl. Nr. 526/1990) wird Amts- und Rechtshilfe nach dem Recht des ersuchten Staates geleistet.

Art. 10 Abs.1 Satz 1 dieses Vertrages sieht zunächst die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungsverfahren unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr geltenden Vorschriften vor. Kann eine solche Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist dies nach Art und Inhalt des Schriftstückes nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen (Art. 10 Abs.1 Satz 3). Die Vertragsstaaten teilen einander diese Stellen mit.

Nach deutscher Rechtslage ist etwa in § 3 Abs.3 Verwaltungszustellungsgesetz (dBGBl I 1952, 379, geändert mit dBGBl. I 2001,1206) und in entsprechenden Bestimmungen der Verwaltungszustellgesetze der Länder für das Zustellen durch den Postbediensteten die Anwendung von Zustellvorschriften der §§ 180 bis 186 und 195 Abs.2 der bundesdeutschen Zivilprozessordnung (dZPO) vorgesehen.

Bei Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde ist für den Fall, dass der Adressat in der Wohnung nicht angetroffen wird, nach dem verwiesenen § 181 Abs.1 dZPO die Möglichkeit einer Ersatzzustellung durch Niederlegung bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle vorgesehen, wobei über die Niederlegung eine schriftliche Mitteilung auf einem Vordruck unter der Anschrift des Adressaten in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise abzugeben, oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Tür der Wohnung, des Geschäftsraums oder der Gemeinschaftseinrichtung anzuheften ist. Das Schriftstück gilt mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung. Gemäß § 181 Abs.2 dZPO ist das niedergelegte Schriftstück drei Monate zur Abholung bereitzuhalten. Nicht abgeholte Schriftstücke sind danach an den Absender zurückzusenden.

Voraussetzung für die Rechtswirksamkeit der Zustellung durch Niederlegung ist, dass der Adressat am Ort eine Wohnung hat, die er tatsächlich bewohnt, wobei aber vorübergehende Abwesenheiten wie etwa Urlaub, kurzer Krankenhausaufenthalt und Ähnliches unerheblich sind. Keine Wohnung iSd Zustellrechts am bisherigen Ort liegt allerdings vor, wenn jemand längere Zeit mit fester, dauernder Unterkunft abwesend war und keine fortdauernde Beziehung zur bisherigen Wohnung aufrechterhalten hat (vgl. Erk. des VwGH vom 18.3.1998, Zl. 96/03/0030, unter Hinweis auf Kopp in "Verwaltungsverfahrensgesetz", Anm. 12 zu § 41 VwVG).

3.2. Im gegenständlichen Fall konnte die Strafverfügung der belangten Behörde vom 28. März 2001, Zl. BauR96-38-2001, durch das Ersuchen der belangten Behörde an die Bezirksregierung L um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zugestellt werden. Diese Zustellung über Vermittlung der Bezirksregierung L erfolgte entsprechend dem gestellten Ersuchen im Wege der Post mit Postzustellungsurkunde eigenhändig. Aus den Angaben des Postbediensteten im verwendeten Vordruck "Postzustellungsurkunde" geht hervor, dass er am 5. Mai 2001 einen Zustellversuch am Ort der Wohnung des Bw vorgenommen und die schriftliche Benachrichtigung über die vorzunehmende Niederlegung - wie bei gewöhnlichen Briefen üblich - in den Hausbriefkasten eingelegt hat. Als Ort der Niederlegung wird das Postamt M und als Datum der Niederlegung der 5. Mai 2001 genannt.

Da der Bw am Ort der Zustellung in L, M, B D, über eine Wohnung verfügt hat und ein Zustellmangel nicht erkennbar ist, konnte die Zustellung durch Niederlegung entsprechend den deutschen Vorschriften rechtswirksam vorgenommen werden. Mit der schriftlichen Benachrichtigung von der Niederlegung durch den Postbediensteten am 5. Mai 2001 galt das Schriftstück iSd § 181 Abs.1 dZPO als zugestellt.

Die Strafverfügung wurde daher durch Niederlegung (entspricht im Wesentlichen der Hinterlegung gemäß § 17 Zustellgesetz) rechtswirksam zugestellt und es begann mit 5. Mai 2001 die unabänderliche Einspruchsfrist von zwei Wochen zu laufen. Sie endete am 21. Mai 2001 (siehe § 33 Abs.2 AVG). Da gemäß § 33 Abs.3 AVG die Tage des Postlaufes in die Frist nicht eingerechnet werden, hätte der Einspruch gegen die Strafverfügung spätestens am 21. Mai 2001 abgesendet werden müssen. Mit dem Ablauf dieses Tages war der Einspruch als verfristet anzusehen. Der vom Bw erst am 3. Juli 2001 abgesendete Einspruch erfolgte daher verspätet.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Keinberger

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum