Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150366/13/Lg/Gru

Linz, 16.05.2006

 

 

VwSen-150366/13/Lg/Gru Linz, am 16. Mai 2006

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach der am 27. April 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des H S, vertreten durch Rechtsanwälte S & Kollegen, O, M, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 10. Oktober 2005, Zl. BauR96-104-2005, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2.  

  3. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs. 1 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Pkw mit dem deutschen Kennzeichen am 8.12.2004, um 19.01 Uhr, die A 8 (Innkreisautobahn), Parkplatz der Raststätte Aistersheim, ABKM 33,600, Gemeinde Aistersheim, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich, benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten. Es sei am Fahrzeug eine Mautvignette nicht mit dem Originalkleber angebracht gewesen, wodurch der Selbstzerstörungseffekt beim Ablösen der Vignette verhindert werde.

 

In der Begründung des Straferkenntnisses wird auf die Anzeige der A vom 8.12.2004 bzw. auf die Stellungnahme vom 14.6.2005 Bezug genommen. Ferner wird darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit zur nachträglichen Ersatzmautzahlung ungenutzt geblieben sei. Zudem seien die angebotenen Fotografien als Beweismittel wegen der Unschärfe der Bilder zum einen und der Entfernung zur Vignette zum anderen nicht geeignet, um Rückschlüsse auf die Art der Anbringung ziehen zu können. Außerdem seien die Fotografien erst nach dem Tattag aufgenommen worden. Weiters widerspräche es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass zum einen jemand, quasi präventiv, die Beweissicherung eines ordnungsgemäßen Zustandes betreibe und zum andren eine neue Vignette bereits im Dezember des Vorjahres am Fahrzeug anbringe. Dass eine Jahresvignette 2005 bereits am Fahrzeug angebracht gewesen sei, sei weder in der Anzeige der A noch durch eine Aussage des Bw dokumentiert worden.

Die Feststellung der Mautorgane, dass die Vignette mit Klebestreifen angebracht gewesen sei, sei wegen der spezifischen Schulung, der langen Praxis und der Vereidigung der Mautorgane glaubwürdiger, als die Angaben des Bw, der ohne Konsequenzen oder Sanktionen befürchten zu müssen, zu seiner Verteidigung auch die Unwahrheit darbieten könne. Dass vom Dienstgeber regelmäßig eine Jahresvignette zur Verfügung gestellt werde, entkräfte den Vorwurf der Mautprellerei nicht, da gerade das Anbringen der Vignette mit Klebestreifen am Dienstfahrzeug die Verwendung derselben für Fahrten mit einem anderen PKW erst ermöglichen würde. Weiters sei die Einvernahme des Entlastungszeugen mangels ladungsfähiger Adresse nicht möglich gewesen.

 

In der Berufung wird vom Bw bestritten, dass die Vignette zum Tatzeitpunkt mit Klebestreifen befestigt gewesen sei. Auf den Fotos sei deutlich zu erkennen, dass keinerlei Klebestreifen verwendet worden seien und dass die vorgelegten Fotos unscharf seien, sei unrichtig. Weiters wird die Aussage des Arbeitskollegen J J zum Beweis der ordnungsgemäßen Befestigung der Vignette angeboten und dessen ladungsfähige Adresse angegeben.

Der Bw verwehre sich massiv gegen die Unterstellung, die Fotos seien nach einer entsprechenden Manipulation zur Irreführung der Behörden angefertigt worden. Die Fotos seien keineswegs zur Beweissicherung "präventiv", sondern im Zuge eines Windschutzscheibenaustausches infolge eines Unfalles angefertigt worden. Dies sei auch die Erklärung, warum sich trotz fortgeschrittenen Alters des Fahrzeuges nur zwei Vignetten auf der Windschutzscheibe befänden.

Außerdem weist der Bw darauf hin, dass er unmittelbar nachdem er die Benachrichtigung an seinem Fahrzeug bemerkt habe, die Polizeistation Laakirchen aufgesucht habe. Desinteressiert habe man ihm mitgeteilt, dass sie Belange der A nichts angingen.

Grob rechtsfehlerhaft sei die Wertung, dass Aussagen der Mautorgane auf Grund der langen Praxis und Vereidigung generell der Vorzug zu geben sei. Die tatsächliche Praktizierung würde zu einer unzulässigen Beweislastumkehr führen und sei mit dem in der österreichischen und europarechtlichen Verfassung statuiertem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar.

Das streitgegenständliche Fahrzeug benutze der Bw auch privat, da er über kein anderes Fahrzeug verfüge. Insofern bestünde kein Grund, die Vignette nicht ordnungsgemäß zu befestigen.

Beantragt wird die Aufhebung des Bescheides.

Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A vom 8.12.2004 zu Grunde, wonach am Fahrzeug eine Mautvignette mit der Nr. 14268015 B04 nicht mit dem Originalkleber, sondern mittels Klebestreifen angebracht gewesen sei, wodurch der Selbstzerstörungseffekt bei Ablösen der Vignette verhindert werde.

 

Nach Strafverfügung vom 23. Mai 2005 äußerte sich der Bw im Wesentlichen wie in der später eingebrachten Berufung. Weiters wird darauf hingewiesen, dass zur Beweissicherung Fotografien vorgenommen worden seien, welche mit Schreiben vom 15.6.2005 an die Behörde übermittelt wurden. Seitens des Arbeitgebers des Bw wird in einem Fax vom 1.6.2005 mitgeteilt, dass der Bw (mit dem Kennzeichen ) jedes Jahr seit 1999 im Besitz einer gültigen Jahresvignette gewesen sei. Weiters wird als Zeuge Herr J J namhaft gemacht und angekündigt, dass eine ladungsfähige Adresse nachgereicht werde.

 

In einem ergänzenden Schreiben der A vom 14.6.2005 wurde darauf hingewiesen, dass laut dienstlicher Wahrnehmung des Mautaufsichtsorgane die Vignette mittels Klebestreifen angebracht gewesen sei. Da anlässlich der Fahrzeugkontrolle der Lenker offensichtlich nicht anwesend war, sei eine Aufforderung zur Ersatzmautzahlung am Fahrzeug hinterlassen worden. Zudem wird darauf hingewiesen, dass der Lenker nach der Kontrolle die Möglichkeit gehabt hätte, etwaige Klebestreifen nachträglich zu entfernen und die Vignette ordnungsgemäß anzubringen.

 

Zum Ergebnis der Beweisaufnahme liegt im Akt - trotz eingeräumter Möglichkeit - keine Gegenäußerung des Bw auf. Auch wurde die angekündigte ladungsfähige Adresse des angebotenen Zeugen nicht nachgereicht.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27. April 2006 wurde dem Bw vorgehalten, dass die gegenständliche Jahresvignette 2004 (rot) auf den von ihm vorgelegten Fotos tatsächlich kaum erkennbar und daher auch nicht feststellbar sei, auf welche Art und Weise die Vignette überhaupt befestigt worden sei. Dazu entgegnete der Bw, dass am unteren Ende der Vignette kein Klebestreifen zu sehen sei und wenn sie nur oben mit Klebestreifen befestigt gewesen wäre, dann hätte sie unten, wie auf dem Foto ersichtlich, an der Scheibe nicht so gut haften können. Auf die Frage, wann die Fotos gemacht worden seien, wurde vom Bw mitgeteilt, dass diese Fotos nach dem Tattag angefertigt worden seien. Zum seinerzeitigen Vorbringen, dass diese Fotos zur Beweissicherung für diesen Fall gemacht worden seien, wurde vom Bw eingewendet, dass im gegenständlichen Schreiben nicht der Eindruck erweckt werden sollte, dass diese Aufnahmen vor dem Tattag gemacht worden seien. Weiters brachte der Bw vor, dass er seit 10 Jahren von der Firma eine Jahresvignette bekäme, die er nur für das Firmenfahrzeug verwende, welches er auch privat nutze, da er kein eigenes Auto habe. Es würde daher keinen Sinn machen, die Vignette falsch anzukleben.

 

Der Bw erläuterte, dass er einmal wöchentlich mit dem Auto von M nach S fahre, um Kaffee und Kaffeemaschinen zu transportieren. Nach einer Pause auf einem Parkplatz habe er einen Zettel bemerkt, der zwischen Windschutzscheibe und Wischer eingeklemmt gewesen sei. Er sei am nächsten Parkplatz wieder abgefahren, habe den Zettel eingesteckt und sei weiter nach S gefahren. Da es schon finster gewesen sei, habe er am nächsten Tag auf dem Polizeirevier in Laakirchen die Sache klären wollen. Der Polizist dort habe aber erklärt, dass er dafür nicht zuständig sei.

Nach einem telefonischen Kontakt mit der A sei ihm erklärt worden, er solle sich nicht aufregen und auf eine schriftliche Verständigung für eine Anhörung warten. Stattdessen habe er aber später eine Strafverfügung mit der Aufforderung bekommen, 400 Euro zu bezahlen, da die Vignette nicht ordnungsgemäß angebracht gewesen sei. Daraufhin habe er die Behörde informiert, dass die Vignette sehr wohl ordnungsgemäß angebracht gewesen sei.

 

Befragt, warum er den Zeugen J namhaft gemacht habe, antwortete der Bw, dass J ein Arbeitskollege sei, welcher ihn in S erwartet und bestätigt habe, dass die Vignette ordnungsgemäß angebracht sei.

 

Der Zeuge J sagte aus, er sei der Cheftechniker der Firma E in S, fahre ca. 80.000 km im Jahr, weshalb er eine Autobahnvignette verwende und auch reichhaltigste Erfahrungen mit Gebühren als Kraftfahrzeuglenker habe. Es sei ihm auch bekannt, dass man beim Aufkleben der Vignette vorher die Folie abziehe und dann an die Scheibe klebe. Ein Befestigen mit Klebstoff oder anderen Materialien sei nicht erlaubt.

Weiters sagte der Zeuge aus, dass er sich an einem Dezembertag im Jahr 2004 erinnern könne, weil der Bw ganz aufgeregt zu ihm gekommen sei und vorbrachte, dass es Schwierigkeiten mit seiner Vignette gäbe, obwohl er sie doch ordnungsgemäß aufgeklebt habe. Daraufhin sei der Zeuge zum Auto gegangen und habe festgestellt, dass auf jeden Fall keine auffällige Folie über die Vignette hinausgeragt habe. Es sei dem Bw vom Zeugen empfohlen worden, die Angelegenheit bei der Gendarmerie aufzuklären. Darüber, ob er der Meinung sei, dass die Vignette zum Tatzeitpunkt hinter dem Tönungsstreifen gewesen sei, sagte der Zeuge nach mehrmaligem Nachfragen und Vorhalt der Fotos aus, das wisse er nicht mehr.

 

Das Meldungsorgan G sagte zeugenschaftlich aus, dass er sich an die konkrete Kontrolle nicht mehr erinnern könne. Auf dem von ihm von der A eingeholten Auszug sei seine damalige handschriftliche Notiz "mit Klebestreifen angeklebt" vermerkt. Es habe damals solche Fälle gegeben, wo die Vignetten mit Klebestreifen befestigt worden seien. Ob dies auch beim gegenständlichen Fahrzeug der Fall gewesen sei, wisse er nicht mehr.

 

Zur Zwischenbemerkung des Verhandlungsleiters, dass auf dem Foto nicht erkennbar sei, ob die in der Anzeige erwähnte Vignettennummer mit derjenigen die im gegenständlichen Fall verwendet wurde, übereinstimme, erklärte der Zeuge, dass im Dienst schon immer eine Vieraugenkontrolle gemacht worden sei. Das eine oder andere Mal sei dieses Prinzip nicht eingehalten worden. Wie es gegenständlich gewesen sei, wisse er nicht mehr. Offenbar habe er damals die visuelle Wahrnehmung gehabt, dass die Vignette mittels Klebestreifen angebracht gewesen sei. Dass man sich irren könne, entspräche der Natur der Sache. Ein solcher Irrtum sei aber auf Grund der entsprechenden Berufserfahrung nicht wahrscheinlich und er habe auch kein Interesse, Dinge zur Anzeige zu bringen, die nicht der Wahrheit entsprechen würden.

Im Anschluss daran legte der Zeuge die für den gegenständlichen Fall relevante Kopie der Zahlungsaufforderung (Ersatzmautangebot) vor, in der als Tatzeit der 8.12.04, 19.48 Uhr (im Gegensatz zur A-Anzeige, in der als Tatzeit 19.01 Uhr angeführt ist), festgehalten ist. Er verwies auf den ebenfalls vorgelegten Computerauszug, in der als Tatzeit 20.01 Uhr eingetragen worden sei. Dies sei dadurch erklärbar, dass er die Anzeige im Wege der EDV noch der A zur Kenntnis gebracht habe und dies sei offenbar um 20.01 Uhr geschehen. Weiters wurde ein Dienstbericht der Mautaufsichtsorgane vom 8.12.2004 zum Akt genommen.

Zum Einwand, dass damals noch keine Fotos von den ohne ordnungsgemäße zeitabhängige Mautentrichtung betretenen Fahrzeugen gemacht worden seien, erklärte der Zeuge, dass es so gewesen sei, wenn er sich bei einer Kontrolle nicht sicher gewesen sei, dass die Vignette mit Klebefolie befestigt gewesen sei, dann habe er von einer Anzeige abgesehen.

 

Es erfolgten keine weiteren Beweisanträge.

Beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen. Das Ermittlungsverfahren habe nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit ergeben, dass die Vignette nicht ordnungsgemäß aufgeklebt gewesen sei. Außerdem wird auf die Diskrepanz zwischen der in den Notizen des Meldungslegers angegebenen Uhrzeit und der dem Bw vorgeworfenen Uhrzeit hinsichtlich der Tat hingewiesen.

 

5.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Der Einwand des Bw, dass das Ersatzmautangebot einen vom Tatvorwurf unterschiedlichen Tatzeitpunkt angibt, entspricht den Tatsachen. Fraglich erscheint, welche rechtlichen Folgen sich an eine solche Diskrepanz knüpfen. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit und eines geordneten Gesetzesvollzugs wird man davon auszugehen haben, dass sich ein Ersatzmautangebot - bei sonstiger Unwirksamkeit - auf den durch die Uhrzeit definierten Tatvorwurf beziehen muss. Da eine wirksame Ersatzmautaufforderung Strafbarkeitsvoraussetzung ist (vgl. z.B. das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 22.11.2004, VwSen-150249/9/Lg/Hu) war spruchgemäß zu entscheiden. Bei diesem Ergebnis konnten die übrigen Einwendungen des Bw unerörtert bleiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Langeder

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